25
Laguna Beach
Ariel
Ein eiskaltes Kribbeln läuft mir über den Rücken, sobald das Wort mein Ohr erreicht.
Schwanger.
Meine Hand verkrampft sich schlagartig um das Handy und mein Puls beschleunigt sich, als ich versuche mich auf einen gegenüberliegenden Punkt an der Wand zu fokussieren. Die Welt um mich herum beginnt sich zu drehen. Der Arzt spricht weiterhin mit mir, seine Stimme so nah an meinem Ohr und doch so fern.
Das... Das kann nicht sein.
Ich konnte es einfach nicht sein.
Ich atme zitternd aus, während die Hand welche das Handy umfasst hält beginnt ebenfalls zu zittern.
„Ariel, bist du noch dran?", dringt die Stimme des Arztes plötzlich dumpf an mein Ohr.
„Sind Sie sich sicher?", atme ich schließlich schwer aus, meine eigene Stimme hört sich unglaublich fremd in meinen Ohren an.
„Zu 99%", antwortet er. „Blutproben sind noch genauer als Urintests", fährt er fort. Die Antwort des Doktors lässt mich scharf nach Luft schnappen.
„Herzlichen Glückwünsch", höre ich noch seine letzten Worte an mein Ohr dringen, bevor er schließlich das Gespräch beendet.
Mein Brustkorb schnürt sich zu, als ich das Handy immer noch fest umklammert an meinem Ohr halte. Ein erneuter Schauer läuft mir den Rücken herunter.
„Ariel?", eine Stimme fragt nach mir und auf einmal stehe ich Taz gegenüber. Seine Hand ruht auf meiner Schulter, seine andere hält er nach mir ausgestreckt. Stumm lege ich schließlich das Handy zurück in seine ausgestreckte Hand.
„Was hat der Arzt gesagt?"
Mir fällt es schwer die Worte auszusprechen, stattdessen gleitet mein Blick an ihm vorbei. Meine Augen verlieren ihren Fokus, einzig allein ein Wort hallt in meinem Kopf wieder. Ich höre meinen Puls laut in meinen Ohren dröhnen.
„Sweetheart."
Ich drehe meinen Kopf und blicke in eisblaue Augen, die eine Sanftheit in sich tragen, die ich zuvor noch nie so gesehen hatte. Ich schnappe nach Luft, als die Erkenntnis, dass ich in die Augen des Vaters meines Kindes schaue, mich wie ein fahrender Lastwagen trifft.
Ich bin schwanger.
Tränen schießen in meine Augen, als mich eine Welle von Emotionen überrollt.
„Oh mein Gott", flüstere ich, gefolgt von einem Donnergrollen, welches durch das Haus schallt. „Oh mein Gott!", stoße ich erneut aus, als ich nun einen Schritt zurück mache. Tazs Hand fällt augenblicklich von meiner Schulter.
Ich kann nicht schwanger sein. Mein ganzes Leben lang hat man mir gesagt, ich könnte nicht schwanger werden.
Ein erstickter Laut kommt über meine Lippen, als ich mich panisch umdrehe und schließlich beginne zu rennen. Wie ein eingeengtes Tier, das versucht zu fliehen.
„HEY!", höre ich Taz hinter mir herrufen, als ich durch die offene Tür des Schlafzimmers fliehe. Tränen laufen nun mein Gesicht herunter , während mir unberechenbare Gedanken durch den Kopf schießen.
Ich kann nicht schwanger sein. Ich kann keine Mutter sein. Ich kann nicht für ein Kind verantwortlich sein. Wie kann ich für jemanden verantwortlich sein? Wie kann ich für jemanden verantwortlich sein, wenn ich nicht weiß, ob ich sie oder ihn alleine lassen würde?
Ein Schluchzen entweicht meinen Lippen und meine Unterlippe beginnt zu zittern, als ich nun barfuß durch den Flur renne. Ich stolpere auf die Eingangstür zu und reiße sie schließlich auf, gerade in dem Moment als ich eine vertraute Stimme hinter mir wahrnehme.
„Ariel!"
Für eine Sekunde will ich stoppen. Mein Körper auf seine Stimme eingestellt, mein Herz, das sich nach seiner Nähe sehnt. Nach seinen Armen, die sich um mich legen und mir sagen, dass alles gut wird.
Aber nur für eine Sekunde. Für diese einzelne Sekunde inmitten all der Angst, die ich in diesem Moment fühle.
Meine Schritte werden immer schneller, als nun kleine Regentropfen vom Himmel auf mich herab fallen. Ein lauter Schuss hallt durch die Luft. Die Kugel verfielt mich um Haaresbreite. Ich keuche erschrocken auf.
„Nicht schießen!", höre ich Jay hinter mir brüllen, während ich auf die Sicherheitstür zu stürme.
„Scheiße nehmt eure Waffen runter!", seine Stimme durchsticht schrill die Luft um uns herum, während meine Füße über den feuchten Rasen schlittern. Ein erneutes Donnergrollen rollt über meinen Kopf hinweg. Die Wolken haben sich verzogen und lassen den Himmel wie einen dunklen Vorhang aussehen, der nun über mir hängt.
„Lass mich raus!", rufe ich dem Mann, der an der Sicherheitstür steht weinend zu. „Bitte", flehe ich ihn an, meine Stimme verzweifelt. „Lass mich einfach raus...", weine ich jetzt noch extremer.
Er hat offensichtlich noch nie mit einer weinenden Frau zu tun gehabt, denn augenblicklich wird sein Gesicht aschfahl und er gibt hastig den Sicherheitscode ein, sodass die Tür mit einem Klick aufspringt und mich aus dem Vorgarten hinauslässt.
Mein Blick fällt auf das Meer unter mir. Seine Oberfläche wird durch Wellen durchbrochen, während dunkle Wolken über ihm hängen. Es sieht ruhiger aus, als ich mich innerlich fühle. Ein Schluchzen entweicht meinen Lippen, als ich die Treppen herunterstolpere. Ich weiß nicht, wohin ich gehen soll. Ich weiß nicht, was ich tun soll.
Ich bin schwanger.
Tränen gleiten mein Gesicht herunter, als härtere Regentropfen auf mich herabfallen. Sie vermischen sich mit meinen Tränen und verschleiern mir die Sicht. Sobald meine Füße den Strand berühren, höre ich seine Stimme erneut meinen Namen rufen. Ich laufe weiter, aber der Sand erschwert mir das Rennen. In einer unachtsamen Sekunde stolpere ich und falle fast, bis auf zwei Hände um meine Taille, die mich aufrechterhalten.
Augenblicklich fühle ich seine Wärme an meinem Rücken, mein Körper zittert. Mein Shirt ist nun durchnässt, während er mich an sich zieht. Seine muskulösen, vertrauten Arme schließen mich ein wie ein verängstigtes Kaninchen. Sein Duft hüllt mich ein, so vertraut, so warm. Es lässt mich noch mehr weinen.
„Sweetheart", flüstert er mir sanft ins Ohr, während ich um all das weine, was ich mir je gewünscht habe, aber nicht weiß, ob ich darauf vorbereitet bin.
Ich erschaudere bei seinen Worten und mein Herz sehnt sich danach, mich umzudrehen und mein Gesicht in seiner Halsbeuge zu vergraben. Der Regen fällt unbarmherzig um uns herum und lässt mich frösteln.
Ich schüttle den Kopf, während mir noch mehr Tränen übers Gesicht laufen. Ich öffne meinen Mund, aber kein Ton kommt mir über die Lippen. Stattdessen verschluckt das Tosen des Ozeans jedes Geräusch um uns herum. Ein Keuchen entweicht meinen Lippen, als Jay mich plötzlich zu sich dreht. Seine Hand ergreift mein Kinn und hebt es an, bis ich in seine Augen blicke. In seine eisblauen Augen, die mich gefangen halten. Ein Schauer läuft über meinen Rücken, als er den Augenkontakt beibehält. Das Tosen des Ozeans rückt in den Hintergrund, als ich seine Hand seitlich an meinem Gesicht spüre. Schwielen streifen mein Gesicht. Fingerspitzen streichen sanft über meine Wange, während ich mich in seinen blauen Augen verliere, wie ein kleines Mädchen, das sich im Meer verliert. Ein Seufzer entflieht meinen Lippen, während in meiner Magengrube ein Schwarm Schmetterlinge seine Runden dreht. Er hält meine Wange nun in seiner Hand und schaut mir dabei immer noch in die Augen, als wären sie das Faszinierendste, was er je gesehen hätte.
„Hör mir zu, Baby", raunt er mir zu, während mir die Tränen in den Augen stehen.
Ein zittriger Atemzug verlässt meine Lippen, als seine Hand von meinem Kinn fällt und er stattdessen meine Hand nimmt .
„Du wirst die verdammt beste Mutter für dieses Baby sein und ich versuche, der beste Vater zu sein, den es geben kann, hörst du?", bringt er nun fieberhaft hervor, bevor er meine kalte Hand anhebt und einen Kuss auf meinen Handrücken drückt. Seine Augen blicken zu mir auf und verweilen dort für einen Moment. Dann zieht er mich an seinen Körper und hüllt mich mit seiner Wärme ein, während der Regen uns beide durchnässt.
Mein Gesicht an seine Brust gepresst, verharren wir ein paar Sekunden so, bis Jay wieder zu sprechen beginnt.
„Und wenn du abtreiben willst, Sweetheart, dann ist das auch in Ordnung. Ich werde für dich da sein, egal, wie du dich entscheidest", sagt er leise und streicht mir mit der Hand über den Kopf . „Den ganzen Weg", raunt er mit Nachdruck in mein Ohr, während sich seine Arme um mich herum festigen.
„Jay", bringe ich heraus.
Er schüttelt seinen Kopf an meinem.
„Nein, Sweetheart. Du musst dich jetzt nicht entscheiden. Nimm dir ein paar Tage Zeit und dann werden wir sehen", beendet er seinen Satz, bevor er mir einen sanften Kuss auf den Kopf drückt.
„Und jetzt lass uns gehen. Es ist fucking kalt!"
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