11
Los Angeles
Ariel
Vier Wochen später
Es war in den dunkelsten Momenten meiner Tage, in Momenten, als meine zerrüttete Seele sich am meisten nach ihm sehnte, dass ich mich in einen einsamen Wolf verwandelte, der sich nach dem Brennen einer Zigarre in seiner Kehle lechzte. Einen einsamen Wolf, der sich nach der bittersüßen Versuchung des scharfen Brandes und des süßen Aromas einer Zigarre sehnte.
Das dicke braune Mundende steckt zwischen meinen Lippen, während mein Daumen über die Schleifscheibe des Feuerzeugs fährt. Die Flamme entzündet sich und ein paar quälend langsame Sekunden lang halte ich das Feuerzeug still und beobachte die rot-gelbe Flamme, die nun vor mir aus dem Ende des Feuerzeugs flackert. Flackernde Hitze, die in der Lage wäre, alles um mich herum zu zerstören, auch den menschlichen Körper. Einschließlich des menschlichen Herzens.
Sekunden vergehen, während ich das Feuerzeug leicht hin und her bewege und die Zunge der Flamme beobachte. Schließlich höre ich auf und halte die Flamme an das Ende der Zigarre. Eine Weile vergeht, bis sie endlich aufflammt. Ich schließe meine Augen, nehme einen tiefen Zug und lasse meinen Kopf dabei auf die Kopfstütze des Autos fallen. Ich halte den Rauch eine Weile in meiner Lunge, bevor ich ihn anschließend auspuste. Weiße Rauschwaden füllen das Auto, während ich mit unruhigen Händen einen weiteren Zug nehme. Ich schließe meine Augen und atme ein weiteres Mal aus.
Hinter meinen geschlossenen Augenlidern verwandelt sich der Traum der letzten Nacht in einen Tagtraum. Ein Traum, der so stark war, dass er mich fast jede Nacht heimsuchte.
Mein Atem geht schneller und ich spüre, wie sich etwas in meiner hohlen Brust regt, als ich nun Jays kantiges Gesicht lebendig vor mir sehe. Als ob es kein Tagtraum wäre, sondern die Realität. Sein Gesicht schwebt über meinem, während der warme Atem seiner vollen Lippen nun über meinen leicht geöffneten Mund streicht. Unsere Atemzüge vermischen sich, bis sie eins werden. Ein Schauer läuft mir über den Rücken, als eine seiner tätowierten Hände meinen nackten Oberkörper hinauf fährt, der leicht gebräunte Ton seiner Haut ein Kontrast zu meiner blasseren Haut. Eine Gänsehaut macht sich auf meinem Körper breit, ein fiebriges Gefühl erfasst mich, als ich spüre, wie seine Handfläche nun über die weiche Haut meiner Brust streicht und schließlich weiter nach oben wandert. Weiter nach oben, bis er meinen Hals erreicht. Es fühlt sich so real an, als ob es kein Traum wäre.
Ein Keuchen verlässt meinen offenen Mund, als seine Handsanft meinen Nacken ergreift und seine Finger ihn besitzergreifend umschließen. Mein Brustkorb pocht unregelmäßig, als er sanft zudrückt. In seinem eisblauen Blick brennt eine Intensität, während er auf mich herunterschaut. Eine Intensität die mich von innen heraus verbrennt und mich dazu bringt, in ihm zu versinken. Uns aneinander zu binden, wie zwei verlorene Seelen. Zwei verlorene Seelen, die ein Zuhause gefunden haben.
Sein Gesicht kommt näher, während mein Hinterkopf in seiner Handfläche liegt. Seine Lippen sind nur wenige Zentimeter von meinen entfernt, Wasser streift dabei die Spitzen meines Haares.
„Ich liebe dich.", haucht er gegen meine Lippen, seine Stimme ist wie dunkler Samt, der meinen nackten Körper bedeckt.
Es klingt so echt.
Tränen treten in meine Augen, als Jays Hand, die sich so real anfühlt, über die weiche Haut an meinem Hals wandert und sich schließlich um meine Wange legt. Sie ist rau und warm an meinem Gesicht und lässt meine Haut vor Verlangen und Verzweiflung kribbeln. Sein Daumen wandert zur Seite, streicht über meine Unterlippe und zieht daran, bis sich meine Lippen weiter für ihn öffnen. Seine eisblauen Augen sind nun voller wilder, ungehemmter Emotionen.
„Mein, Sweetheart.", seufzt er tief, seine Atem streicht dabei über mein Gesicht, bevor er schließlich den letzten Abstand zwischen uns schließt und seine vollen Lippen auf meine legt.
Tränen treten mir in die Augen, gefolgt von einem wimmernden Schluchzen das meinen Mund verlässt, als seine Lippen schließlich über meine streichen. Ein Prickeln breitet sich auf meiner Haut aus, während meine Hände sich danach sehnen ihn zu berühren. Fordernd öffnet er meinen Mund, seine Zungenspitze gleitet dabei zwischen meine Lippen und lässt mich in seinen Mund keuchen.
Wie konnte es nicht real sein, wenn es sich so intensiv anfühlt?
Seine warme Zunge findet meine und beginnt sie zu streicheln, als wäre es das Natürlichste auf dieser Welt. Ein Kribbeln breitet sich auf meiner Haut aus, als hätte man mich unter Strom gestellt. Seine Augen verlassen meine nicht, in ihnen eine wilde, rohe Intensität, die mir den Atem raubt. Die Emotionen in seinen Augen nun so stark, dass ich seinen Blick nicht länger standhalten kann, ohne innerlich zu zerbrechen. Meine Augen fallen zu und ich lasse mich stattdessen von den Streicheleinheiten seiner Zunge mitreißen.
Ich falle in sein starkes, leidenschaftliches Netz und nehme kaum wahr, dass sein Oberkörper meinen Körper nun nach unten drückt. Ich wusste nicht mehr, was echt und was unecht war. Mein Kopf konstruiert die schönsten, intimsten Szenen. Szenen, in denen ich ertrinken und nie wieder auftauchen wollte.
Das Wasser der Badewanne bedeckt allmählich mein Haar, meine Schultern und mein Nacken sinken tiefer ins eiskalte Wasser. Das Kältegefühl auf meiner Haut lässt mich in Jays Mund keuchen. Es steht im Kontrast zu der Hitze von seiner Zunge, die stets weiter meinen Mund erkundet.
Mein Atem stockt in dem Moment, als ich spüre wie seine Hand von meiner Wange gleitet. Was vorher ein weicher Griff um meinen Hals war, wird jetzt zu einem harten, aggressiven Griff. Erschrocken reiße ich die Augen auf, kurz bevor Jays Lippen die meinen mit einer letzten liebevollen Berührung verlassen. Der Druck um meinen Hals wird noch stärker, als seine Hand mich jetzt nach unten drückt und mich schließlich weiter in die eiskalte Tiefe der Badewanne zwingt.
Jays eisblauen Augen sind jetzt hart wie Stahl, eine Maske legt sich direkt vor meinen Augen auf sein Gesicht. Mein Herz gefriert bei dem Anblick, gefolgt von einem Stechen, das meinen Körper durchfährt. Fort war der Mann, den ich liebte, stattdessen schwebte jetzt ein Fremder über mir.
„Ich bin nicht dein Prinz.", bringt Jay mit harter, eiskalter Stimme hervor.
Eine Stimme, die in meinen Ohren so fremd und gefühllos klingt, dass sie mich erschaudern lässt. Sie fährt über meine Haut, als würden scharfe Nägel an meiner Haut reißen und lässt dabei meine Augen brennen. Er wirft mir einen kalten, leblosen Blick zu, bevor er mit einem letzten Schub meinen Kopf schließlich vollständig unter Wasser drückt. Ich schreie. Der Ton so schrill und hoch in meinen Ohren, so qualvoll, dass er jeden meiner Sinne durchdringt und mich somit unverzüglich in die Realität zurückholt.
Meine Brust hebt sich unregelmäßig, während ich versuche zu Atem zu kommen. Der Traum hatte sich in mein Gehirn gebrannt, wie ein andauernder Albtraum, den ich nie vergessen würde. Ich huste und blinzele durch den weißen Rauch der Zigarre, der inzwischen dichter geworden ist. Die Fenster des Autos sind geschlossen. Mein Spiegelbild eine undeutliche, hohle Silhouette in dem beschlagenen Fenster, gezeichnet durch das Rot meiner Locken, die mir nun über die Schultern fallen.
Ich hebe meine freie, etwas dünnere Hand und drücke den Fensterheberschalter, bis das Fenster sich einen Spalt weit öffnet. Der dünne Absatz meines roten Stilettos klopft derweilen ungeduldig auf den Boden des Fußraums. Nach ein paar Sekunden beobachte ich, wie der Zigarrenrauch sich von dem Fenster löst. Ein klares Spiegelbild von mir selbst schaut mich für ein paar kurze Sekunden mit hohlen grünen Augen an, bevor es plötzlich zu seinem wird. Mein Verstand spielt mir einen Streich, wie der ständige Bastard, der er in diesen Tagen war. Eisblaue Augen, liegen in dem schönsten gemeißelten Gesicht, das ich je gesehen habe und blicken mich nun intensiv an. Meine Augen brennen, als ich ein weiteren Zug von meiner Zigarre nehme, den Atem anhalte und langsam ausatme.
„Fick dich, du Arschloch!", schreie ich schließlich mit brüchiger Stimme aus, bevor sich meine freie Hand in Bewegung setzt und mein Zeigefinger beginnt über das Fensterglas zu schreiben.
Der dunkle Totenkopfring von Rider kratzt gegen die Fensterscheibe, als ich die Worte in das Spiegelbild von Jay Nolan, dem Fluch meiner Existenz und dem Gefährten meiner Seele, niederschreibe.
„Fick dich!", thront jetzt in Großbuchstaben geschrieben auf dem Fensterglas des Beifahrerfensters von Snakes Wagen.
Mein Finger ist immer noch gegen das Glas gepresst, verweilt in dem H, während die Reflexion von Jay nicht verschwindet. Tränen verschleiern meine Sicht , als meine ganze Hand sich nun an das Glas drückt und die Illusion von Jays Wange streichelt.
„Ich vermisse dich, du Arschloch.", schluchze ich, während meine Finger ihn weiter streicheln.
Das Salz meiner Tränen rinnt über meine Lippen, während meine Brust auf eine Art und Weise brennt, die sich anfühlt, als würde jemand mein Inneres foltern. Oder was davon noch übrig war.
Ein plötzliches Klicken erfüllt das Auto, gefolgt von dem geschäftigen Lärm der Stadt, der immer präsent war. Meine Kehle schnürt sich zusammen, als ich merke, dass jemand die hintere Autotür geöffnet hat und nun auf den Rücksitz gleitet. In einer hektischen Bewegung schnippe ich die Zigarre aus dem Fenster. Ein kurzer Blick in den Rückspiegel zeigt eine dunkle Gestalt mit Kapuze. Meine Brust gefriert und meine Hand bewegt sich wie automatisch zum Handschuhfach. Ich hatte nur Sekunden.
Hastig ziehe ich meine Glock hervor. Jays Glock. Meine Hände sind sofort am Abzug, ich bewege meinen Körper leicht zur Seite, bevor ich mich schnell umdrehe und die Waffe auf den Kopf des Eindringlings richte. Mir stockt der Atem, als der Kerl den Kopf hebt und meine Augen mit vertrautem Grün kollidieren. In einem Augenblick fällt meine Hand vom Auslöser, die Pistole zittert in meiner Hand. Mit leicht geweiteten Augen sehe ich wie der Typ sich seine Kapuze runter zieht und sein hellbraunes Haar freigelegt. Eine Nuance heller als sein Bruder. Tränen steigen mir in die Augen und ein emotionales Wimmern verlässt meine Lippen.
Wie...?
„Blakey?", meine Stimme ist ein erschrockenes Keuchen, während meine Augen auf seinem Gesicht verweilen, weil ich Angst habe, dass wenn ich nur blinzele er plötzlich verschwinden würde.
Wie eine Illusion, die mein Gehirn zusammengesetzt hat.
Mein Körper ist wie eingefroren. Ich kann mich nicht bewegen. Blake ist hier. Der Bruder des Mannes, den ich liebe ist hier. Hier bei mir.
Was macht er hier?
„Rocket?", flüstert er, seine Stimme ist von Emotionen geprägt, seine weichen, jungen Gesichtszüge zu einem Ausdruck des Schocks geformt.
Ein erneuter Laut kommt über meine Lippen, eine Mischung zwischen einem Schluchzen und Wimmern. Mein Körper bewegt sich sofort. Ich lehne mich zu ihm hin, die Vertrautheit seiner Stimme ruft mich zu ihm.
„Cupcake?", meine Stimme kommt in einem atemlosen, halben Schluchzen heraus. „Was machst du hier?"
„Cian hat mich angerufen.", gibt er leise von sich, seine grünen Augen halten dabei meinen Blick.
Anschließend wandern sie über mein Gesicht, Kummer flackert dabei kurz in seinen Augen auf.
„Es tut mir leid, Rocket.", seufzt er schließlich schwerfällig.
Seine Hand fährt dabei durch sein Haar. Er seufzt, bevor er seinen Mund wieder öffnet, aber ich komme ihm zuvor.
„Sag mir nicht, dass es mir gut gehen wird.", stoße ich hervor, mein Körper zittert, weil ich versuche meine Tränen zurückzuhalten.
Blakes Gesicht fällt in sich zusammen und er schüttelt seinen Kopf .
„Nein...das würde ich nie tun.", bringt er mit heiser Stimme hervor, seine Augen blicken aufrichtig in meine.
Darunter verbirgt sich jedoch eine Verletzlichkeit und eine Liebe für mich, die mich augenblicklich dazu bringt, über die Mittelkonsole auf den Rücksitz zu steigen. Sobald ich mich auf die Rückbank setze, fällt mein Kopf auf Blakes Schulter. Augenblicklich legt er seinen Arm um mich und drückt mich an seine Seite. Meine Augen füllen sich mit Tränen, als seine vertraute Wärme mich einhüllt. Er riecht nicht wie sein Bruder und er ist kleiner, aber er ist ein Nolan. Und er ist hier, obwohl ich nicht mehr mit seinem Bruder zusammen bin.
Ich beginne zu weinen. Hässliche Schluchzer entweichen meinen Lippen, während ich mein Gesicht an seine mit Pullover bedeckte Schulter presse. Seine Hand wandert zu meinem Hinterkopf und streicht dort über meine Perücke. Er versucht mich mit Worten zu beruhigen, aber ich weine noch mehr. Abwesend spüre ich, wie seine Hand unter meine Perücke fährt und sie mir vom Kopf zieht.
„Das ist besser.", höre ich ihn durch meine Schluchzer murmeln, gleichzeitig beginnt seine Hand mein Haar nun zu streicheln.
Eine Hand, die auf dieselbe Weise entstanden ist wie die, die ich mir wünschte, dass sie nun mein Haar streicheln würde.
„Es tut immer noch weh.", weine ich in seine Schulter, mein Herz ein leerer Ort.
„Ich weiß, Rocket.", flüstert er ernsthaft.
Zu ernst für sein 19-jähriges Ich.
Ich hebe langsam den Kopf und sehe Blake mit tränenumrandeten Augen an. Seine jungenhaften Züge sind zu einem Bild des Schmerzes verzerrt.
„Es tut mir leid, Blakey.", wimmere ich und meine Lippen zittern. „Du...du musst dich nicht um mich kümmern . I...Ich bin die Ex-Freundin deines Bruders und du...du hast keine Verpflichtungen mir gegenüber." , würge ich heraus, neue Tränen laufen nun über mein Gesicht.
Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich bereits wie ein Waschbar aussehe. Blake verzieht das Gesicht bei meinen Worten.
„Wovon redest du da, Rocket?", fragt er mich irritiert. „Als ich dich kennengelernt hab, wusste ich nicht einmal, dass du und mein Bruder ein Paar sind.", erklärt er und sieht mich mit nüchternen grünen Augen an.
„Ich hab meine beste Freundin vermisst....", beginnt er „Ich habe meine Schwester vermisst..." er schenkt mir ein warmes Lächeln, das meinen Lippen ein emotionales Wimmern entlockt. „Und ich habe mir nach dem Gespräch mit Cian Sorgen um dich gemacht. Deshalb bin ich zu Besuch gekommen."
Ich schlucke. „Ich hab dich auch vermisst, Cupcake.", sage ich heiser und voller Emotionen.
Sein Lächeln wird weiter, seine grünen Augen funkeln jetzt.
„Gut.", erwidert er grinsend.
Ein ersticktes Lachen entweicht meinen Lippen, bevor ich mit den Händen über mein Gesicht fahre. Blake lacht wieder auf, ein sanfter Ausdruck zieht anschließend über sein Gesicht, bevor er den Kopf schüttelt.
„Selbst als Waschbär siehst du noch gut aus", stellt er fest.
Ich lächle ihn an, obwohl mir nicht danach zumute ist.
„Danke, aber...", beginne ich, während sich eine Frage in meinem Kopf formuliert. „Wie hast du mich gefunden?"
Ein frecher Ausdruck huscht über Blakes Gesicht, der mir sein Alter vor Augen führt.
„Rider und Kiki haben es mir erzählt.", erklärt er mir.
Ich ziehe die Stirn in Falten „Rider und Kiki?", frage ich ihn überrascht.
Blake nickt und öffnet die Hintertür des Wagens. Er ergreift meine Hand und bringt uns nach draußen.
Das erste, was ich sehe, ist der tiefrosafarbene Himmel, der sich über den gesamten Parkplatz des Clubs erstreckt. Palmen stehen am Rande des Parkplatzes, in der Ferne kann ich die Hügel der Küste des Pazifiks erkennen.
„Scheiße, ich muss los. Die Arbeit beginnt bald.", stürme ich hinaus, als ich realisiere, dass ich bereits zu spät dran war.
Hastig fahre ich mit meiner Hand über mein Gesicht. Meine Daumen fahren unter meine Augen und versuchen die Wimperntusche wegzuwischen. Ich musste ein komplett neues Make-up auftragen. Ich bin mir dessen komplett sicher.
„Marcos wird mich umbringen", sage ich, während ich mich auf meinen Stilettos vorwärts Richtung Eingang des Clubs bewege.
„Wird er nicht, Prinzessin. Du hast den Abend frei." , ein vertrauter Bariton schwingt zu mir herüber und bringt mich dazu mich umzudrehen.
Kein geringerer als Rider lehnt zwischen zwei Autos, hat eine Zigarette zwischen den Fingern und raucht.
„Was habe ich?", frage ich ihn zittrig.
„Frei, Prinzessin. Wir haben mit Marcos gesprochen und ihm gesagt, dass du einen freien Abend brauchst, da du einige familiäre Probleme hast." , antwortet Rider leichtfertig.
Seine langen Beine, die mit dunklen Jeans bekleidet sind, sind vor ihm lässig ausgestreckt, seine Knöchel sind gekreuzt. Mein Blick wandert nach oben und ich verweile ein paar Sekunden auf dem weißen Hemd, das er trägt, die Ärmel hochgekrempelt, so dass einige Tätowierungen an seinen Armen zum Vorschein kommen. Meine Lippen formen sich zu einem kleinen Lächeln, als mein Blick auf die schwarze Sonnenbrille und das schwarz-weiße Bandana, das er um seine Stirn gebunden hat, landet. Ich schüttele leicht belustigt den Kopf, während sich Riders Lippen ebenfalls zu einem Lächeln verziehen.
„Du hast ein heißes Date, was?", frage ich ihn mit verstopfter Stimme, auf meinen Lippen ein winziges Lächeln.
„Aber sicher, Prinzessin. Mein Date muss sich nur noch ein bisschen umziehen, aber dann sind wird startklar.", sagt er, bevor er sich die Sonnenbrille vom Gesicht nimmt und mir zuzwinkert.
Anschließend schnippt er seine Zigarette weg und kommt mit seinen schwarzen Bikerboots, auf mich zu geschlendert. Seine Worte wirken nach und plötzlich steht mir Verwirrung ins Gesicht geschrieben. Ein hohes, melodisches Lachen dringt über den Parkplatz und auf einmal höre ich das leises Klicken von Absätzen. Meine Augen weiten sich leicht, als Kiki in Sichtweite kommt. Und ein Anblick ist sie. In kniehohen Wildlederstiefeln und einem übergroßen Scorpions-Shirt, welches Snake gehören musste, sieht sie aus wie eine Vision aus einem Rock'n Roll Film. Ihr pastellrosa Haar ist zu großen Locken gedreht, verdeckt von einem weiß-schwarzen Bandana mit Leopardenmuster. Sie trägt ebenfalls eine schwarze Sonnenbrille, die zu ihrem schwarzen Lippenstift passt. Große, silberne Creolen baumeln an ihren Ohren, als sie ihren Kopf leicht zur Seite neigt.
„Zuckerpuppe, du bist unser Date.", singt sie und geht ein paar Schritte auf mich zu.
„Du, Rider Boy hier, ich und dieser süße Zwerg ...", sie zeigt mit einem sanften Lächeln auf Blake. „Werden das Tanzbein schwingen. Die ganze Nacht lang.", sie betont das letzte Wort mit gespitzten Lippen.
„Ja, Prinzessin. Die ganze Nacht lang, ich und du. Unsere Körper aneinander gepresst, während du mit deinem süßen Hoheits-Po zu den wildesten Stücken wackelst.", haucht Rider spielerisch aus, ein freches Glitzern in seinen Augen.
„Alter, hör auf sie anzubaggern.", ruft Blake streng dazwischen, seine Augen sind nun auf Rider gerichtet, in ihnen brennt ein Sturm.
Ein Blick auf seine Hände zeigt, dass sie zu Fäusten geformt sind. Rider's Gesicht wird sofort nüchtern, anschließend hält er seine Hände in einer beschwichtigten Geste hoch.
„Ich hab nur einen Witz gemacht, Kumpel. Sie hat mir schon gesagt, dass sie mich nicht auf diese Weise haben will. Das heißt aber nicht, dass ich sie nicht beschützen und den Sitz auf meinem Motorrad für sie warm halten werde.", erwidert er ernst und blickt Blake mit festem Blick an. „Denn das ist, was sie verdient hat. Was jede Frau verdient hat.", erklärt er mit Nachdruck, während er meinen besten Freund direkt anschaut.
Eine ganze Minute lang starren Blake und Rider sich einfach nur an. Blakes Arme sind dabei über der Brust verschränkt, sein Gesichtsausdruck ist zunächst grimmig, bevor er sich in einen etwas Freundlicheren verwandelt. Plötzlich löst er seine Arme und streckt sein Kinn leicht vor.
„Danke, Mann.", sagt er lediglich.
Rider nickt nur kurz als Anerkennung, bevor sein Blick wieder zu mir wandert.
„Da das nun geregelt ist...", beginnt Kiki, ihre Absätze klacken wieder auf dem Pflaster, gefolgt von einer süßen Duftwolke, die mir in die Nase steigt. „Es ist Zeit sich umzuziehen.", fährt sie fort, bevor sie zu Snakes Oldtimer läuft und kurz anhält.
Mit ihrer Hand streichelt sie liebevoll die Seite des schwarzen Merkur-Comet von 1963. Rider wirft Kiki ein wissendes Grinsen zu.
„Sie ist gut geworden, Babe, nicht wahr? Wir haben uns in der Garage den Arsch aufgerissen dafür. Wir haben sie neu lackiert, neue Sitze eingebaut mit zusätzlicher Sitzheizung, weil wir euch Babes kennen..", sagt Rider augenzwinkernd. „Friert euch immer den süßen Arsch ab, sobald die ersten Blätter fallen", er lacht kurz auf, als hätte er einen Witz gerissen.
„Außerdem haben wir eine neue Stereoanlage eingebaut. Klingt jetzt so klar, wie das Führungszeugnis meiner Prinzessin.", sagt er mit einem frechen Grinsen und einem an mich gerichteten Augenzwinkern.
Kiki lacht laut auf, bevor sie die Hintertür des Kometen öffnet.
„Lass Snake nicht hören, dass du mich Babe nennst, Rid.", schimpft sie liebevoll mit Rider, bevor sie fortfährt. „Auf geht's. Am besten fährst du uns zum Diner auf der anderen Seite des Blocks. Wir holen uns ein paar Burger und Pommes und den Milchshake, den du so magst und ich mache Missy hier fertig und du Muffin...", sie wendet sich an Blake, der sein Gesicht bei dem Spitznamen verzieht.
Ich schwöre ich höre ihn genervt „Frauen" unter seinem Atem murmeln, während er anschließend leicht mit den Augen rollt.
„Zieh dir etwas Passenderes an, als deinen Hoodie. Deine Hose sollte in Ordnung sein.", beendet sie schließlich ihre Ansprache, bevor sie auf die Rückbank des Wagens rutscht.
„Komm schon, Sugar.", ruft Kiki aus dem Wageninneren und tätschelt den Sitz neben sich.
Nur wenige Sekunden später finde ich mich eingequetscht zwischen Kiki und Blake auf dem Rücksitz von Snakes Auto wieder, während Rider den Wagen um den Block zum Diner fährt.
♥♥♥
„Gleich nach der Pause haben wir Lady Gaga, Harry Styles und Maisie Peters, bleiben Sie dran.", die Stimme des Radiosprechers dringt durch meine Gedanken, während Rider mit dem Auto durch die Straße der Stadt fährt.
Der Himmel hat sich bereits schwarz gefärbt, wir sind alle vollgestopft mit Essen und schick angezogen, um dorthin zu fahren, wo sie mich hinbringen wollen. Ich trage einen kurzen, schwarzen Lederrock von Kiki und ein schwarzes Crop-Top mit blauen Drachen darauf. Im Badezimmer des Diners, das erstaunlich gut beleuchtet war, bändigte Kiki meine Locken und legte einen Smokey-Eye Look auf, sodass ich nun irgendwie vorzeigbar aussehe. Ich trage immer noch meine Stilettos für die Arbeit, so dass ich jetzt so groß war, dass ich Blakes Kinn erreichte.
„Alles in Ordnung, Prinzessin?" , ertönt plötzlich die tiefe Stimme von Rider vom Fahrersitz.
Ich hebe meinen Kopf von Blakes Schulter und begegne seinem bernsteinfarbenen Blick im Rückspiegel.
„Ja.", sage ich leise, bevor eine Melodie im Radio zu spielen beginnt.
Es ist eine herzzerreißende Melodie, gefolgt von Maisie Peters trauriger Stimme, die davon singt nicht gut genug für einen Jungen zu sein. Sie trifft meine Brust, wie der Stich einer Säge.
Mir kommen sofort die Tränen, während Maisie weiter über eine verflossene Liebe singt und sich fragt, ob er es jemals ernst gemeint hat, als er sagte, er sei verliebt. Mein Magen dreht sich um und meine Kehle schnürt sich zu. Weitere Tränen laufen nun mein Gesicht herunter. Ich blicke nach unten und tue so als würde ich die Fußmatte des Wagens studieren.
Hat Jay es jemals ernst gemeint, als er sagte, er sei verliebt?
Ich schniefe leise und versuche unauffällig mein Gesicht mit meiner Hand zu trocknen. Plötzlich stoppt das Lied im Radio und ein paar Sekunden später erklingen ein paar tiefgreifende Gitarrenriffs vermischt mit ein paar Schlagzeugtönen. Es folgt die rockige Stimme von Axel Rose, die nun durch den Wagen dröhnt. Ich hebe den Kopf, genau in dem Moment, als Rider zu singen beginnt und Kiki nach meiner Hand greift.
„Take me down to the paradise city, where the grass is green and the girls are pretty", ich treffe Riders Blick im Rückspiegel und er zwinkert mir zu.
Ich rolle mit den Augen, während Blake meinen Oberschenkel leicht drückt um mich zu beruhigen. Als Antwort drückt Rider einen Knopf, woraufhin die Fenster neben Kiki und Blake sich öffnen. Fahrtwind fegt durch die Fenster und wirbelt mein Haar auf. Ich atme tief ein und schließe meine Augen, während die Gitarrenriffs direkt durch meinen Körper schießen, vermischt mit der Stimme von Axel Rose, der weiterhin seine Liebe zu Los Angeles verkündet.
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