8

Birmingham

Das rhythmische, stetige Geräusch des Ozeans dringt ein letztes Mal, durch die offene Terassentür, an meine Ohren. Ich würde Miami vermissen. Aber es ist Zeit zu gehen. Meine drei Wochen hier waren um.

Mit einer letzten raschen Bewegung falte ich mein letztes Kleidungsstück und lege es auf den Kleiderstapel in meinen Koffer. Dann greife ich nach der Pistole, die auf meinem Bett liegt. Seit Jay sie mir gegeben hatte, war sie mein stetiger Begleiter. Sie gab mir Sicherheit und hielt mich davon ab angsterfüllt durch die Straßen zu laufen. Ich trug sie in meiner Handtasche und sie lag nachts auf meiner Nachttischkommode, wenn ich schlief. Ich würde nie wieder Jemanden die Gelegenheit geben, mir ein Messer an die Kehle zu halten. Niemals wieder.

Für einen kurzen Moment wandern meine Gedanken zu Jay. Er hatte mich in meinem verletzlichsten Moment gesehen und mir gleichzeitig mein Leben gerettet. Ich würde ihm für immer dankbar sein.

Ich stecke die Pistole schließlich in das Seitenfach meines Koffers und mache den Reißverschluss zu. Dann blicke ich ein letztes Mal wehmütig auf das Cottage zurück, bevor ich meinen Koffer vom Bett hieve und schließlich durch die Tür nach draußen in die Mittagshitze trete.

Vor dem Cottage wartet bereits Onkel Iker in seinem Van auf mich. Sobald ich den Bürgersteig betreten habe, gehen die hinteren Schiebetüren auf und ich werde sofort von den Mädels begrüßt.

„Ernsthaft chica?", ruft mir Ximena lachend zu. „Wo um Gotteswillen hast du die Schuhe schon wieder her?", sie blickt auf meine braunen Cowboyboots, die ich nun an meinen Füßen trage.

„Ava hat sie mir geschenkt ", sage ich mit einem Sprung in meinem Schritt. „Sie fand, dass ich nicht nach Alabama reisen könne, ohne ein paar richtige Cowboyboots zu besitzen", ich zucke mit den Schulter und versuche gleichzeitig das schlechte Gewissen über das Geschenk abzuschütteln. Es war zu viel gewesen, aber Ava hatte darauf bestanden, dass ich die Schuhe behielt.

Ich lasse mich schließlich auf den Sitz neben Ximena gleiten, mein weißes Kleid rutscht ein Stück meine Oberschenkel hinauf. Ich ziehe es ein Stück herunter, als Lupita die Tür des Vans schließt. Onkel Iker fährt sofort los.

„In was für einem Club arbeitest du überhaupt in Birmingham?", fragt Lupita schließlich in die Stille hinein, die zwischen uns in den letzten zehn Minuten ausgebrochen ist. Ich weiß es ist für uns alle nicht einfach. Ich würde sie schrecklich vermissen. Destiny's Child's „Girl" dringt aus dem Radio und macht mich noch wehmütiger, dass ich sie verlassen muss.

„Im wicked kiss", antworte ich ein bisschen verzögert, weil ich so in Gedanken versunken bin und ziehe mein Handy hervor, um ihnen die Stellenausschreibung des Clubs, auf die ich mich beworben hatte, zu zeigen.

Vorgestern hatte mich Henry der Clubbesitzer des wicked kiss angerufen, um mir mitzuteilen, dass er mich für die nächsten drei Wochen in seinem Club gerne anstellen würde.

„Chica, el club no es ni la mitad de bueno que el nuestro", stellt Ximena nach längerem Betrachten der Bilder des Clubs fest. Chica, der Club ist nicht halb so cool wie unser.

„Sé." Ich weiß. „Aber ihr wisst auch, dass ich weiter muss", sage ich sanft.

Amaia nickt, während Onkel Iker, in den Busbahnhof einfährt. Seine Fahrkünste waren ein bisschen wild, weshalb ich, als er eine Kurve nimmt, leicht von meinem Sitz rutsche. Ich halte mich an einem der Türgriffe fest und warte bis er den Wagen wieder auf eine Gerade strecke lenkt.

„Du kommst uns aber Thanksgiving besuchen oder?", fragt Amaia hoffnungsvoll, als ich mich wieder in einer geraden Position befinde.

„Und du rufst uns zwischendurch auch an!", wirft Lupita dazwischen.

„Claro!", rufe ich aus, streiche mir eine meiner Haarsträhnen aus dem Gesicht und lächele alle drei an.

„Te extrañarè Ariel", flüstert Ximena plötzlich. Ich werde dich vermissen, Ariel.

Tränen, die ich herunterschlucken muss, steigen bei ihren Worten in meine Augen.

„No te atrevas a hacerme Ilorar!", sage ich zwischen Tränen. Wag es ja nicht mich zum Weinen zu bringen.

Ximena lacht auf und zieht mich schließlich in eine Umarmung.

„No nunca", flüstert sie mir sanft ins Ohr, während sie mich fest an sich drückt. Nein niemals.

♥♥♥

„Sweet Home Alabama" von Lynyrd Skynrd dröhnt in meine Ohren, während ich aus dem Fenster des Busses blicke. Nach einer 13 stündigen Fahrt haben wir endlich den Staat verlassen und befinden uns nun in Georgia. Man wusste manchmal selbst nicht wie groß Amerika überhaupt war, bis man mit dem Auto durch es hindurch fuhr und merkte, dass man mehr als die Hälfte eines Tages brauchte um einen einzelnen Staat zu verlassen.

Als der Bus einen Zwischenstopp in Tifton macht, steigt eine alte Dame in den Bus ein, die sofort meinen Blick auf sich zieht. Meine Augen können nicht anders, als in Bewunderung ihr Outfit entlangzufahren. Die Frau musste mindestens 65 sein und hatte Stil wie eine 25 Jährige. Sofort fühle ich mich zu ihr hingezogen.

Sie trägt einen langen, beigefarbenen, engen Bleistiftrock mit einem Blumenmuster. Gepaart hat sie ihn mit einem süßen Top mit Rüschen an den Ärmeln. Sie nimmt den ganzen Raum des Busses mit ihrer Präsenz ein und ich habe das Gefühl eine ältere Coco Chanel hätte den Bus betreten. Als meine Augen auf ihre weißen High-Heel Sandalen fallen, aus denen ihre Pink lackierten Zehennägel hervorschauen, bin ich mir endgültig sicher.

Coco Chanels Reinkarnation steht vor mir.

Auf einmal setzt sich die Dame neben mich. Ein süßes, blumiges Parfüm dringt in meine Nase, als sie ihren Kopf zur Seite dreht und mich durch ihre schwarzen, großen Sonnenbrillengläser anschaut.

„Süße Schuhe.", sagt sie schließlich.

Ich nicke und schenke ihr ein strahlendes Lächeln.

„Ich weiß", sage ich. „Ich mag ihre auch. Ich hab so Ähnliche"

„Sie sind echte Goldschätze, oder?", zwitschert die alte Frau und streckt ihren Fuß ein Stück hervor, während der Bus wieder losfährt.

„Diamanten", korrigiere ich sie, bevor ich ihr meine Hand entgegenstrecke. „Ich bin Ariel."

„Joanne Pearl Clark", sie nimmt meine Hand entgegen und schüttelt sie. „Was bringt so eine hübsche, junge Frau wie dich nach Alabama?"

„Woher wissen Sie, dass ich nach Alabama möchte?", frage ich sie leicht überrascht.

Joanne lacht auf und deutet auf meine Kopfhörer, die noch immer an meinem Ohr hängen. Die Endmelodie von „Sweet Home Alabama" dringt durch sie hindurch.

„Oh..", sage ich lachend und stelle die Musik an meinem I Phone aus. „Die Arbeit. Ich tanze in einem Club", antworte ich anschließend.

„Oh, in welchem denn?", fragt mich Joanne interessiert.

„Im wicked kiss.", sage ich schamlos. Ich hatte keine Probleme damit, Leuten von meiner Arbeit zu erzählen. Leute würden einen sowieso für irgendwas verurteilen. So war die Menschheit nun mal.

Für einen kurzen Moment ist Joanne still, dann schiebt sie sich schließlich ihre Sonnenbrille auf den Kopf, um mich nun mit ihren blauen Augen zu fixieren.

„Erzähl mir alles, Schatz", fordert sie mich schließlich neugierig auf.

Ich lache auf und beginne danach zu sprechen.

♥♥♥

In den nächsten vier Stunden habe ich Joanne alles von meinem Job erzählt. Ich hatte selten einen Menschen getroffen, der so interessiert an meinem Job war. Sie fragte mich über alles aus. Von meinen Outfits, über die Tanzbewegungen bis hin zu meinem Publikum. Es freute mich und ich erzählte ihr alles enthusiastisch bis ins kleinste Detail.

Ich hatte ebenfalls herausgefunden, dass Joanne ein Diner in Birmingham besaß und sie daraufhin gefragt, ob sie noch eine Kellnerin für ein paar Wochen suchte. Sie hatte mir sofort freudig eine Stelle angeboten. Sie mochte meine Gesellschaft und war der festen Überzeugung, dass meine Präsenz dem Diner gut tun würde. Was immer das auch hieß.

Als der Bus schließlich in Birmingham hält, trennen sich unsere Wege. Wir verabreden uns für den nächsten Tag an ihrem Diner. Sie gibt mir die Adresse, die ich mir in meinem Handy notiere, bevor ich meinen Weg zum Club mache. Zum Glück war er nur zwanzig Minuten zu Fuß von der Bushaltestelle entfernt, weshalb ich nicht Ewigkeiten mit meinem Koffer durch die Straßen von Alabama laufen musste.

Am Club angekommen begrüßen mich zwei blonde Männer. Einer von ihnen ist im mittleren Alter, der andere ein wenig jünger. Die Beiden stellen sich als Henry, der Clubbesitzer, und sein Bruder James vor. Wie sich herausstellt sind die beiden Briten und vor ein paar Jahren in die Staaten ausgewandert. Der erste Eindruck ist nett, dennoch bin ich auf der Hut.

„Ach, bevor ich es vergesse... hier ist der Schlüssel für dein Apartment Liebling", sagt Henry, nachdem er mit mir die Regeln des Clubs durchgegangen ist und mir einmal den Club und auch die Umkleidekabine gezeigt hat. Er zieht einen kleinen Schlüssel aus seiner Jeans und drückt ihn mir in die Hand.

„Und hier die Adresse", er steckt mir ein Papier, auf dem er die Adresse notiert hat, zu.

„Dein Leihwagen steht ebenfalls draußen vor der Tür. Es ist der kleine weiße Twingo", wirft James in einem breiten, britischen Akzent ein und hält mir nun einen Autoschlüssel vors Gesicht. „Normalerweise fährt meine Frau ihn, aber für die nächsten Wochen braucht sie ihn nicht", James schenkt mir ein Lächeln.

„Danke", sage ich freundlich und nehme den Autoschlüssel entgegen. „Wann beginnt die Show heute Abend?"

„Um zehn", antwortet Henry mir, während wir durch den Club auf die Tür zulaufen.

Ich nicke nur, als Zeichen meines Verständnisses.

„Dann bis später", sage ich, greife nach der Türklinke, öffne sie und trete mit meinem Koffer nach draußen auf der Suche nach meinem Leihwagen.

♥♥♥

Die Absätze meiner hellblauen High-Heels hallen auf dem Bürgersteig wieder, als ich meinen Weg von der Stelle, an der ich meinen Wagen abgestellt habe, zum Club mache. Ich weiß selbst nicht, was heute in mich gefahren ist, aber ich trage Jays übergroßes, hellblaues Shirt mit einem schwarzen Gürtel, der das Shirt enger an meiner Taille macht. Eng um meine Schulter geschlungen ist meine Tasche, in der sich Jays Pistole befindet. Es ist bereits dunkel, was mich meine Schritte beschleunigen lässt. Seit dem Überfall fühlte ich mich nicht mehr wohl, wenn es draußen dunkel wurde.

Bildlich stelle ich mir vor ich sei Black Widow aus dem Marvel Universum, weil sie erstens, übermenschliche Kräfte hatte und zweitens, Scarlett Johansson super heiß war. Es beruhigt mich irgendwie.

Als ich schließlich die Hintertür des Clubs erreicht habe und somit den Club wenige Sekunden später betrete, atme ich erleichtert auf. Der Weg zur Umkleidekabine ist nicht weit. Es war jedes Mal aufs Neue aufregend, die anderen Tänzerinnen das erste Mal kennenzulernen. Ich ziehe meine Schultern ein Stück zurück, strecke meine Brust leicht raus, als ich die Türklinke zur Umkleidekabine runterdrücke.

Sofort landen mehrere Augenpaare auf mir. Ich lächele einmal in die Runde und winke den Mädels zu.

„Hi, ich bin Coco, die Neue", rufe ich aus.

Zuerst stellte ich mich immer mit meinem Tanznamen vor. Nur wenigen Vertrauten verriet ich meinen richtigen Namen. Es half mir mein Berufsleben von meinem Privatleben zu trennen.

„Hi Coco!", ruft mir eine Rothaarige vom Schminktisch zu und winkt mir dabei wild zu. „In der Mitte ist noch ein Platz frei", zwitschert sie lächelnd und deutet auf einen freien Sitz am Tisch.

Ich schenke ihr ebenfalls ein Lächeln und mache meinen Weg zu meinem Platz. Als ich mich auf ihm fallen lasse, quatscht mich sofort eine der Tänzerinnen, die neben mir sitzt, an. Sie trägt eine lila, lockige Langhaarperücke. Auf ihrem Kopf eine schwarze Polizistenmütze.

„Hi ich bin Kitty", stellt sie sich mir vor. „Die Outfits hängen einen Raum weiter an der Stange. Du kannst dir davon eins aussuchen", zwinkert sie mir zu. Sie selbst trägt eine sexy Polizistenuniform mit Handschellen.

„Sexy Outfit", sage ich und zwinkere ihr schließlich ebenfalls zu. Sie lacht und nickt.

„Ja ich weiß", flötet sie. „Officer Kitty muss dich leider verhaften, weil du ein böser Junge warst", fügt sie mit verführerischer, tiefer Stimme hinzu und holt ihre Handschellen raus.

Ich verdrehe die Augen, gleichzeitig ziehen sich meine Lippen nach oben. „Lass mich raten, das zieht jedes Mal?"

Sie lacht und zuckt mit den Schultern „Männer, halt", gibt sie von sich. „Ich hab gehört du tanzt an der Stange?"

„Genau", sage ich enthusiastisch nickend.

„Cool, ich auch", sagt sie und steht schließlich von ihrem Platz auf. „ Komm. Dann lass uns am besten ein Outfit aussuchen, was den Männern Vielfalt bietet"

♥♥♥

Meine Augen schweifen abwechselnd zu den einzelnen lila Sitzen, während ich auf dem niedrigen Podest, an meiner Stange zu den letzten Tönen von „Blurred Lines" tanze. Ich hasse diesen Song. Trotzdem muss ich gute Miene zum bösen Spiel machen.

Kittys Podest ist direkt neben mir. Aus den Augenwinkeln bekomme ich mit, wie sie sich die Stange hochzieht und sie anschließend Stück für Stück langsam heruntergleitet. Ich stattdessen, lasse meine Hüften leicht in einer aufreizenden Bewegung kreisen. Ich bin noch nicht ganz bei der Sache, den Männern scheint es aber trotzdem zu gefallen, denn die Dollarscheine regnen auf unser Podest. Die Männer sind überall, denn wir befinden uns in der Mitte von einem Viereck von Sitzen, auf jedem einzelnen von ihnen ein Mann, der uns anstarrt. Wir sind der Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Die Podeste sind so niedrig, dass wir fast auf dem Boden tanzen. Ich bin froh, dass am Ende der Reihen von Sitzen jeweils ein Security Mann steht. Auf meinen roten High-Heels, laufe ich in meinem roten sexy Teufelsoutfit nun auf die Stange zu, mein kleiner Teufelsschwanz schlägt dabei leicht gegen meinen Hintern.

Plötzlich wechselt der Song und keine Sekunde später dringt Drakes Stimme aus den Lautsprechern.

„Baby I like your style...." singt er, im selben Moment jauchze ich innerlich auf. Das Licht wird ein bisschen gedimmt, so dass sich nur noch ein kleiner Lichtkegel auf mir und Kitty befindet.

„Grips on your waist, front way, back away..." Ich umfasse die Stange und fange an zu tanzen.

„You know that I don't play..." mein kleiner Teufelsschwanz schwingt zur Seite, als ich mit meinen Hintern wackele, während ich die Hüften kreisen lasse.

Drake ist meine heimliche Liebe und jedes Mal, wenn ich einen Song von ihm hörte konnte ich nicht anders, als mich total gehen zu lassen. Ich lasse schließlich von der Stange ab und lege los, lasse mich vollkommen von der Musik führen. Zwischen meinen Moves fällt mein Blick auf einen jungen Mann, der mir gegenüber sitzt. Er hat ein breites, fast schon freches Grinsen auf dem Gesicht, während er mich anschaut. Im gedimmten Licht kann ich sehen, wie sich sein Oberkörper auf dem Sitz zum Song mitbewegt. Ich löse meinen Blick von ihm und führe meinen Tanz weiter fort.

Als der zweite Chorus anfängt, beobachte ich zu meinem Entsetzen, wie der junge Mann plötzlich aufsteht und in Sekundenschnelle auf mein kleines Podest springt und auf einmal anfängt zu tanzen. Lautes Grölen bricht um uns herum aus.

Im Scheinwerferlicht kann ich sein Gesicht erst richtig sehen. Er sieht jung aus. Auf jeden Fall jünger als ich. Ich bin mir noch nicht mal sicher, ob er volljährig ist. Er trägt eine Cap mit dem Schild nach hinten, seine grünen Augen voller Unfug, als er in geschmeidigen Bewegungen auf mich zu getanzt kommt. Seine weißen Sneaker fahren dabei in schnellen Bewegungen über das Podest, als er einen Slide macht, gefolgt von einer Snake. Ich gucke ich für eine kure Weile total fasziniert an, erhole mich jedoch schnell wieder und führe meinen Tanz fort. Die Türsteher würden sich schon um ihn kümmern und solange er nur auf der Bühne tanzte und mich nicht anfasste, war alles in Ordnung. Er war jung, vermutlich war es sein erster Besuch in so einem Lokal, wie unserem.

Kurz vor mir bleibt er stehen und beginnt mich schließlich anzutanzen. Er reibt seine Hüften dabei leicht an meine und ich muss lachen, weil der Typ echte Moves besaß und mir in meiner ganzen Karriere sowas noch nie passiert war. Ich spiele sein Spiel mit und beginne ihn schließlich ebenfalls anzutanzen. In seinen Augen funkelt der Schalk, während er leise die Worte des Songs mitsingt. In einer flüchtigen Bewegung umfasst er kurz meine Hüfte, um mich in einen Tanzmove zu ziehen, bei dem er meinen Oberkörper in einem leichten Dip nach unten senkt. Als er mit mir zusammen wieder hochkommt, löst er sich von mir und will nach meiner Hand greifen, doch im selben Moment, wird er mit einem Ruck an seinem Kapuzenpullover nach hinten gezogen.

Meine Augen weiten sich leicht, als einer der Türsteher ihn nun zu sich umdreht und ihn böse anknurrt. Ich höre nur ein paar Wortfetzen, die über die Musik zu mir dringen, aber ich weiß sofort, dass es ernst ist, weil der Türsteher den Typen nun in einem festen Griff hat. Um uns herum ertönt ein lautes „Oh".

„....und lass deine Griffel bei dir!", ist ein Wortfetzen, den ich mitbekomme, gefolgt von weiteren wütenden Wörtern, die der Security Mann dem jungen Mann an den Kopf schleudert.

Schnell laufe ich auf meinen High-Heels zu den Beiden hin, weil ich Ärger wittere.

„Deinen Ausweis, habe ich gesagt!", brüllt ihn der Security Typ böse an, während er den Typen nun über das Podest zieht.

„Ich hab doch gesagt, ich hab ihn nicht dabei", protestiert er, während er gleichzeitig versucht seinen Arm loszureißen.

„Sir!", rufe ich schließlich aus, doch der Security Mann hört mich nicht über die Musik. Er zieht den Typen nun etwas gewalttätiger über das Podest, die beiden sind bereits am Ende von ihm angekommen.

„Das wird Konsequenzen haben!", höre ich die zornige Stimme vom dem Security Mann über die Musik hinweg, zu mir dringen.

Kitty ignoriert das ganze Spektakel und tanzt getrost neben mir an der Stange weiter.

„Wenn wir rausfinden sollten, dass du minderjährig bist, dann wird das eine fette Geldstrafe geben", er zieht den jungen Mann mit sich, die kleine Treppe vom Podest runter.

„Sir!", rufe ich nun etwas lauter aus, während ich über das Podest laufe.

Ich wusste von selbst, dass diese Geldstrafen sehr hoch sein konnten. Und das hatte der Junge nicht verdient. Er wollte nur etwas Spaß haben und er hatte mich nicht mal ansatzweise anzüglich angefasst.

Der Security Mann hört mich immer noch nicht, was mich schließlich zur Weißglut bringt. Ich lege mir zwei Finger auf die Lippen und pfeife den Beiden laut hinterher.

„HEY!", brülle ich zusätzlich noch einmal laut über die Musik hinweg.

Der Security Mann hält endlich inne und dreht sich mit dem Typen an seinem Arm um. Ich überbrücke den Abstand zwischen uns und laufe ebenfalls die kleine Treppe herunter.

Aus den Augenwinkeln kann ich sehen, wie ein paar Männer, als ich das Podest verlasse, von ihren Sitzen aufspringen und ihren Weg in meine Richtung machen. Der Security Mann, hält sie allerdings mit einer seiner Hände, die er warnend hochhält, zurück.

„Was?", knurrt er mich schließlich an.

Ich schenke ihm ein aufreizendes Lächeln und strecke ihm meine Brüste dabei ein wenig ins Blickfeld. Er blickt flüchtig auf mein Dekolleté, bevor er seine Augen wieder auf mich richtet. Er ist vielleicht ein paar Jahre älter als ich und ich wusste, welche Fäden ich bei ihm zu ziehen hatte. Ich schraube meine Tonlage ein Stück höher, als ich beginne zu sprechen.

„Könnte ich ihn vielleicht zu Henry bringen?", frage ich ihn unschuldig und klimpere ein wenig mit meinen Wimpern dabei.

„Du?", fragt er mich leicht perplex.

„Ja", hauche ich. „Ich wollte schon immer mal einen bösen Jungen abführen", sage ich in einer süßlichen, verführerischen Stimme, obwohl ich innerlich bei meinen Worten zusammenzucken muss.

Plötzlich dringt ein anzügliches Grinsen auf das Gesicht des Türstehers. „Wenn das so ist Baby... nach meiner Schicht hätte ich ein paar Stunden Zeit", sagt er andeutend.

Ich schenke ihm ein aufreizendes Lächeln „Wirklich?", hauche ich und beiße mir dabei auf die Unterlippe.

Das Gesicht des Türstehers ist nun komplett auf mich gerichtet, in seinen Augen Lust. Ich entscheide mich noch eine Schippe drauf zu legen. Ich mache einen Schritt nach vorne und lege ihm eine Hand auf die Brust.

„Ich mag es ziemlich böse...", beginne ich, gleichzeitig verdunkeln sich seine Augen bei meinen Worten.

Ich wandere mit meiner Hand seine Brust hoch, lege meinen Arm schließlich um seinen Nacken und presse meine Brüste gegen seinen Oberkörper. Sofort, umfassen seine Hände meinen Hintern, den Typen vollkommen vergessen.

Erwischt!

Unauffällig kippe ich meinen Kopf leicht zur Seite, um den jungen Mann zu signalisieren, dass er verschwinden soll. Als ich aus den Augenwinkeln sehe, dass er hinter der Reihe von Sitzen verschwindet und seinen Weg zu der Eingangstür des Clubs macht, schaue ich wieder auf den Security Mann.

„Leider hab ich aber meine Periode", seufze ich gespielt theatralisch auf und mache schließlich einen Schritt auf die Bühne zurück. „Und speziell in den ersten Tagen verliere ich immer besonders viel Blut", füge ich weiterhin theatralisch zu. „Sorry. Vielleicht ein anderes Mal", zwinkere ich ihm schließlich zu, drehe mich um und laufe die kleine Treppe wieder zur Bühne hoch.

♥♥♥

Prasselndes Geräusch von Regen dringt an meine Ohren, als ich die Hintertür des Clubs öffne und schließlich nach draußen trete. Auf dem Bürgersteig unter mir haben sich bereits Pfützen gebildet. Die kleine Überdachung über meinem Kopf schützt mich davor, nass zu werden. Joanne hatte mir erzählt, dass es in Alabama nur elf trockene Tage im Juli gab. Anscheinend ist heute nicht einer dieser Tage.

Ich seufze kurz auf, gleichzeitig wandert meine Hand zu meiner Perücke. Ich will nicht, dass sie nass wird, denn sie trocken zu bekommen dauerte immer eine Ewigkeit. Außerdem bestand die Möglichkeit, dass sie sich verknotete und dann musste ich mir eine spezielle Bürste für Perücken anschaffen. Momentan schaffte ich es mit meiner normalen Bürste sie zu kämmen und das sollte auch so bleiben.

Ich ziehe meine Perücke von meinem Kopf und öffne schließlich meine Handtasche, um sie dort reinzustopfen. Es ist nicht die beste Option und würde sie vermutlich trotzdem verknoten, aber es ist besser, als dass sie nass wird. Dann setze ich mich in Bewegung. Das Geräusch meiner Absätze klingt durch das Geräusch des Regens an meine Ohren, als ich mich auf den Weg zu meinem Auto mache.

„Hey...warte!", ruft mir plötzlich eine Stimme hinterher.

Meine Hand wandert sofort zu meiner Tasche, in der sich meine Waffe befindet. Eng presse ich sie an meinen Körper, meine Finger bereits an der Schnalle, um sie zu öffnen. Ich hebe langsam meinen Kopf und drehe mich um, nur um im Regen eine männliche Gestalt zu sehen. In einer schnellen Bewegung fährt meine Hand in meine Tasche und ich umgreife die Pistole mit meiner Hand.

Als die Person jedoch näher kommt, kann ich erkennen, dass es der Typ aus dem Club ist. Erleichtert lasse ich meinen Griff an der Waffe los.

„Ich...", beginnt er sofort, zieht sich die Cap vom Kopf und wandert mit seinen Händen durch sein schokoladenbraunes Haar, das nun vom Regen durchnässt wird. Der Regen prasselt ebenfalls auf mein Haar und durchnässt es.

„Danke...", sagt er schließlich aufrichtig.

„Kein Problem", sage ich mit einem Lächeln und will mich wieder umdrehen, doch seine nächsten Worte lassen mich innehalten.

„Ich schätze, ich hab einfach einen Hang dazu, mich oft in brenzliche Situationen zubringen", ein wehmütiger Ausdruck huscht über sein Gesicht.

Ich spüre einen seltsamen Zug an meinem Herzen bei seinen Worten und dem Ausdruck dabei auf seinem Gesicht. Plötzlich kommt in mir ein Beschützerinstinkt auf und ich habe das Bedürfnis ihn in den Arm zu nehmen, denn ich wusste, wie man sich fühlte, wenn die wilde Seite in einem manchmal schwer gezähmt werden konnte.

„Wie auch immer", er schüttelt seinen Kopf. „Kann ich dich irgendwo hinbringen? So als Wiedergutmachung, weil du mir echt den Arsch gerettet hast. Mein Wagen steht direkt hier an der Straße...", er deutet mit seinem Finger auf die gegenüberliegende Seite der Straße, wo ein alter Jeep Wrangler steht.

Ich schüttele meinen Kopf. „Nein, ich hab selber ein Auto, aber danke fürs Angebot", sage ich mit einem Lächeln.

„Dann begleite ich dich zum Auto", sagt er bestimmend und macht einen Schritt auf mich zu. „Und lass mich, meinen Hoodie aus meinem Auto holen, der hat wenigstens eine Kapuze, dann wirst du nicht nass", fügt er hastig hinzu.

Meine Mundwinkel ziehen sich nach oben. „Für Jemanden in deinem Alter, bist du ein ganz schöner Gentleman.", rufe ich ihm lachend, über den Regen hinweg, zu.

„Ich versuche es", gibt er leicht beschämt von sich.

„Du machst einen guten Job, cupcake", sage ich sanft. „Aber mir geht's gut. Ich bin schon alt genug, um alleine zu meinem Auto zu laufen", ich zwinkere ihm zu, drehe mich um und mache mich weiter auf den Weg zu meinem Auto.

„Warte...", ruft er mir hinterher, die Geräusche seiner Fußschritte, hallen über den Regen hinweg. „Bitte lass mich dich zu deinem Auto bringen. Ich fühl mich echt besser dabei. Ohne dich hätte ich echt eine Menge Geld bezahlen müssen, welches ich nicht habe"

Ich bleibe kurz stehen. „Wer hat das schon?", frage ich ihn sanft, als ich meinen Kopf zu ihm drehe. Er ist von Kopf bis Fuß durchnässt, seine Sneakers quietschen über den Bürgersteig, als wir weiterlaufen.

In meinen High-Heels hat sich inzwischen ebenfalls Wasser angestaut. Meine nackten Füße gleiten über das Fußbett. Ich zittere leicht.

Er zuckt schließlich mit den Schultern „Leute, die reich sind und keine Schulden machen brauchen", gibt er traurig von sich.

Seine Worte treffen einen Nerv bei mir. „Schulden sind die schlimmste Armut", sage ich ehrlich, während ich an die Zeit zurückdenke, in der meine Mutter mit Demenz diagnostiziert wurde und wir eine Unzahl von Arztrechnungen hatten, die ich nicht bezahlen konnte.

Er schluckt hart und nickt.

„Wie alt bist du?", frage ich ihn schließlich.

„19", antwortet er, während wir endlich an meinem Auto ankommen.

Meine Mundwinkel ziehen sich zu einem aufrichtigen Lächeln nach oben .

„Du hättest dich echt nicht in den Club schmuggeln sollen", necke ich ihn leicht.

Das bringt ihn kurz zum Lachen, bevor er mit den Schultern zuckt.

„Manche Verbote sind da um gebrochen zu werden", sagt er schließlich mit einem frechen Grinsen auf dem Gesicht.

„Ich würde dir ja sagen, dass das nicht stimmt...", beginne ich lachend. „Aber leider würde ich dann lügen."

Ich hole den Autoschlüssel aus meiner Handtasche hervor und öffne schließlich den Twingo.

„Hier wären wir, mein Auto", sage ich. „Danke...", beginne ich und stoppe, weil ich nicht weiß, bei wem ich mich bedanken soll.

„Blake", gibt er von sich.

„Danke Blake", sage ich, bevor ich die Fahrertür öffne und mich auf den Sitz gleiten lasse. Bevor ich die Tür allerdings hinter mir schließe, hebe ich noch einmal meinen Kopf und schaue auf Blake zurück, der immer noch an meiner Fahrertür steht. Der Regen prasselt auf ihn herunter, durchnässt ihn immer mehr, je länger er an meinem Auto verweilt.

„Weißt du...", sage ich schließlich über den Regen hinweg und schaue ihm dabei in sein junges Gesicht. „ Ein reicher Mann mag seine Schulden bezahlen können, aber ein armer Mann ohne Schulden lacht dafür öfter als ein reicher Mann, der all das Geld hat, um sie zu bezahlen", sage ich sanft.

„Pass auf dich auf Blake", füg ich noch als Letztes hinzu, bevor ich meine Autotür schließe.

Mit einem letzten Blick aus dem Fahrerfenster, stecke ich meinen Schlüssel ins Zündschloss und starte meinen Wagen. 

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Erst einmal, danke an alle die bis jetzt immer hier voten! Das bedeutet mir echt viel! Fühlt euch alle ganz doll gedrückt von mir <3 

Hier, ein neues Kapitel für euch :D ich hoffe es gefällt euch ! 

Für mich ist es ein Besonderes, weil ich Blake bereits jetzt schon ins Herz geschlossen habe.

Die Idee für ihn kam mir während einer Autofahrt und so gruselig sich das anhört, ich hab genau einen Satz aus diesem Kapitel in meinem Kopf gehört und dann wusste ich, dass er mit in das Buch muss <3 

Ich hoffe ihr mögt ihn auch :) 

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