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Für  @Liesmeinbuch, weil du mich auch schon von Anfang an, bei dieser Geschichte unterstützt und cupcake, genauso sehr liebst wie ich :) 

San Antonio

„Bitte sag mir, dass ich halluziniere, Sweetheart", bringt Jay mit tränenerstickter Stimme hervor, in seinen dunklen Augen ein gequälter Ausdruck.

„Rocket...", Blakes gebrochene Stimme folgt der seines großen Bruders. Seine Worte sind an mich adressiert, dennoch sind seine nun schwermütigen, grünen Augen immer noch auf Jay gerichtet, der vor ihm zusammengebrochen auf dem Boden kauert.

„Ich war mir nicht sicher, ob du noch am Leben bist, Jay- Jay", flüstert Blake mit gepresster Stimme. Mein Herz bricht in tausend Einzelteile, als der Kosename, der Blakes Lippen plötzlich verlässt, an mein Ohr dringt.

Blake macht einen Schritt nach vorn und hebt schließlich seine Hand, welche etwas kleiner ist, als die seines Bruders. In seinen grünen Augen schwimmen Tränen, als er mit einem ungläubigen Blick auf Jay herunter blickt. Als ob er nicht real wäre, sondern ein Fiebertraum, den er sich nur einbilden würde.

Einige Sekunden lang verweilt seine Hand schwebend in der Luft, bis er schließlich ganz langsam seine Hand senkt und sie auf Jays Kopf ablegt. So, als ob er sicherstellen will, dass sein Bruder wirklich real ist. Sanft streichen seine Finger über das dunkle Haar seines großen Bruders. Mein Herz wird schwer und ich spüre, wie mir die Tränen in die Augen steigen.

Ein Heulen, fast wie das eines verwundeten Tieres, verlässt auf einmal Jays Mund, bevor er seinen Arm um Blakes Mitte schlingt und seinen kleinen Bruder fest an sich presst. Sein Gesicht in Blakes Shirt gedrückt, entweicht ihm ein herzzerreißender Schluchzer.

„Niemals, Blaze. Ich würde dich nie verlassen", bringt Jay mit erstickter Stimme hervor. „Niemals, hörst du", Jays Hand krallt sich in den Stoff von Blakes Shirt und drückt seinen jüngeren Bruder an sich, als wäre er ein Anker, der ihn in den dunklen, stürmischen Wellen seines Lebens über Wasser halten würde. Der Anblick bricht mir das Herz und bringt den Damm in meinem Inneren endgültig zum Einsturz. Stille Tränen laufen mir über das Gesicht, während ich die beiden einfach nur ansehe. Ihre Gesichtszüge sind etwas anders, aber dennoch, während sie sich hier direkt vor mir umarmen, kann ich sie nicht für etwas anderes als Brüder halten. Es ist das selbe Herz, das auf ihrem Gesicht zu sehen ist, wenn sie etwas betrachten, was ihnen wichtig ist.

Ein Schniefen dringt nun durch das Apartment. „Ich hab dich vermisst Jay-Jay", presst Blake mit gebrochener Stimme hervor.

Jay löst seine Hand von Blakes Shirt und zieht sich wieder auf die Beine. Sein Körper überragt den seines kleinen Bruders, während sich seine glasigen Augen nun in die von Blake bohren.

„Ich dich auch, Blaze."

„Jay, was machst du hier?", stößt Blake plötzlich aus, so als ob er erst jetzt realisieren würde, dass es merkwürdig war, dass sein großer Bruder hier war. Hier bei mir war. Umgehend hebt Blake seinen Kopf, seine grünen Augen plötzlich auf mir. Sein Blick wandert meinen Körper hinunter, der in nichts anderem steckt, als dem Hemd seines Bruders.

„Rocket...?", beginnt er fragend.

„Als sie erfahren hat, dass ich dein Bruder bin, wollte sie mich nicht mehr loslassen", antwortet Jay plötzlich für mich und hebt seinen Kopf dabei. Seine Stimme ist von Emotionen überlagert, als sich seine klaren, eisblauen Augen in meine brennen.

„Ich habe es versucht, aber sie war sehr hartnäckig", fügt Jay mit tiefer, rauer Stimme hinzu. „Seitdem ist sie mit mir zusammen", meine Augen weiten sich leicht, bei seinen Worten. Eine emotionale Welle zerrt an meinem Herzen, als ich in seine nun sanften blauen Augen blicke.

„Das klingt ganz nach, rocket", dringt auf einmal Blakes Stimme an mein Ohr, in ihr schwingt ein leichtes Lächeln mit. Mir wird warm ums Herz, bei seinen Worten.

„Blakey", bringe ich hervor, löse meinen Blick von dem älteren, der beiden Brüder und richte ihn auf den jüngeren. Und dann stürze ich mich auf Blake und reiße ihn fast um, als ich ihn an mich drücke.

Ein frischer, seifiger Geruch, kombiniert mit dem Geruch, der so unverwechselbar, der von Blake ist, steigt in meine Nase.

„Ich hab dich vermisst, cupcake. So, so sehr", presse ich hervor, während ich mich von ihm löse und mich auf Zehenspitzen stelle um ihm einen Kuss auf die Wange zu drücken. Ich verfehle die Stelle um einen Zentimeter, meine Lippen landen stattdessen knapp unterhalb seinem Kinn.

„Du bist fast so schlimm wie dein Bruder, cupcake! Ich schwöre, ihr Nolan-Brüder seid Riesen!", rufe ich lachend aus.

Ein tiefes Glucksen verlässt Jays Lippen, gefolgt von Blakes jugendlichen Lachen. Mir fällt ein schwerer Stein vom Herzen.

„Vielleicht bist du auch nur ein Zwerg", scherzt Blake.

„Das könnte stimmen", stimmt ihm Jay mit tiefer Stimme zu

Ich ziehe eine Augenbraue hoch und drehe meinen Kopf langsam zu Jay. „Ernsthaft, Babe? Er ist erst seit ein paar Minuten hier und ihr habt euch beide schon gegen mich verbündet?", mein Blick wandert von Jays blauen Augen zu Blakes grünen, in denen nun Schalk glitzert.

Jay zuckt nur mit den Schultern. „Brüder lassen sich nie wirklich gegenseitig allein", sagt er leise, seine blauen Augen sind jetzt ein Pool von sanften Emotionen, die auf Blake gerichtet sind.

♥♥♥

Frischgeduscht, bekleidet mit nichts als meinem ärmellosen, dunkelroten Body, bewege ich mich barfuß zu der sinnlichen Melodie, die durch meine Kopfhörer in meine Ohren dröhnt.

„I put a spell on you, because you're mine..." meine Lippen bewegen sich lautlos zu der rauchigen Stimme von Annie Lennox mit, während ich mich mit geschlossenen Augen zum Takt des Songs bewege. Mit einem Lächeln auf meinen Lippen, lasse ich meine Füße über die grauen Feinsteinfliesen wandern. Völlig im Einklang mit meinem Körper, verliere ich mich in meinen Bewegungen und in der Musik.

Die Reise nach Texas hat Blake völlig außer Gefecht gesetzt, weshalb er nun im Schlafzimmer schläft. Jay war vor ein paar Stunden von Cian angerufen worden und hatte sich auf den Weg nach Houston gemacht.

Ein erschrockener Schrei dringt über meine Lippen, als sich plötzlich wie aus dem nichts ein Arm von hinten, um mich schlingt und mein Körper an eine harte Muskelwand gepresst wird. Ein warmer Duft von Zimt umhüllt mich und weiches Leder streift meinen Oberarm.

Sekunden später wird einer meiner Ohrstöpsel aus meinem Ohr gezogen und ich werde herumgewirbelt. Mein Blick trifft sofort auf Jays Augen. Das Blau seiner Augen ist durch den geschwollenen Bluterguss an seinem Auge leicht getrübt. Schmerz zerrt an meiner Brust, als ich ihn ansehe. Der fehlende Ohrstöpsel steckt jetzt in seinem rechten Ohr. Ohne etwas zu sagen, legt sich seine Hand um meine Taille und zieht mich dicht an seinen Körper. Langsam beginnt er sich mit mir zu der Musik zu bewegen.

„Ich dachte du tanzt nicht?", frage ich ihn mit hochgezogener Augenbraue, ein leichtes Lächeln dringt jetzt doch auf meine Lippen.

„Tue ich auch nicht", entgegnet er mir mit tiefer Stimme, seine Hüften bewegen sich im gleichen Takt, wie meine.

„Und was denkst du, was du gerade machst?", kontere ich.

„Dich verzaubern", flüstert er und zieht mich dabei noch enger an seinen Körper. Eine schmerzhafte Faust schlingt sich um meine Brust, als ich in sein geschwollenes Gesicht blicke. Ich schlucke, um mich zu beruhigen. Vorsichtig strecke ich meine Hand aus und umschließe Jays Wange mit meiner Hand. Er neigt sein Gesicht, in einer fast unmerklichen Bewegung, leicht zur Seite. So, dass seine Wange nun in meiner Hand liegt. Ein zärtliches, fast schon beschützendes Gefühl steigt in meiner Brust auf.

„Hast du Schmerzen, Jay?", presse ich mit belegter Stimme hervor, während meine Fingerspitzen nun sanft über sein geschwollenes Augenlid gleiten.

Er schließt die Augen und ein leiser Seufzer verlässt seine Lippen.

„Nein. Nicht mehr", bringt er mit rauer Stimme hervor. Mein ohnehin schon weiches Herz scheint bei seinen Worten zu einer Pfütze aus Emotionen zu zerschmelzen.

„Bist du glücklich, dass er hier ist?", fahre ich fort, meine Stimme emotionsbehangen.

Jay nickt langsam und öffnet seine Augen. „Ja", antwortet er mit belegter Stimme. „Aber es ist auch zu gefährlich. Wenn sie rausfinden, dass er hier ist..." Jays Stimme bricht, als er erneut seine Augen schließt.

„Hey...", bringe ich sanft hervor, während meine andere Hand ebenfalls sein Gesicht umschließt. „Sieh mich an", befehle ich ihm mit warmer Stimme. Er öffnet sofort seine blauen Augen und schaut mich an.

„Sie werden ihn nicht verletzen. Du bist nicht der Einzige, der ihn liebt, Jay. Ich werde alles tun, um ihn zu beschützen", bringe ich mit emotionsbehangener Stimme über meine Lippen, während ich ihm tief in die eisblauen Augen blicke. „Alles", presse ich noch einmal nachdrücklicher hervor.

Eine Welle von Emotionen durchfährt Jays Augen, bevor er mit seiner Hand meinen Nacken umschließt, mich zu sich zieht und mir einen herzzerreißenden Kuss gibt. Er reißt mir mein Herz auf und füllt es mit Liebe für diesen Mann, Für meinen starken, wilden Löwen mit dem gebrochenen Herzen. Für Jay.

Jay löst sich schließlich von mir, seine Finger streichen mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Ich hab heute Abend wieder eine Waffenlieferung.", bringt er schließlich hervor, seine Augen auf meine gerichtet. „Cian hat sich ein Morelzimmer in Sequin genommen. Ich will, dass du den Cuda nimmst und Blake vor deiner Arbeit zu ihm fährst. Er ist der Einzige, der Blake beschützen kann, wenn wir beide nicht da sind."

„Jay...", keuche ich aus, als ich den ernsten Ausdruck in seinen eisblauen Augen in mich aufnehme. „Muss ich Angst haben?"

„Nein, nur einige Vorsichtsmaßnahmen", verneint Jay kopfschüttelnd. „Du weißt, wie Blake ist. Er wird mit mir mitkommen wollen."

Ich nicke schwach bei seiner Antwort, bis mir plötzlich wieder etwas einfällt.

„Aber werden sie nicht herausfinden, dass er bei Cian ist?"

Jay schüttelt erneut seinen Kopf. „Cian arbeitet eher im Hintergrund. Für die Calicos ist er nur der Computer-Typ. Jeder, der nicht täglich Menschen Angst macht, tötet oder Waffen mit sich herumträgt, ist es nicht wert von ihnen beschattet zu werden.", fügt er mit dunkler, erdiger Stimme hinzu.

Ich schlucke, während ich in Jays Augen blicke. Die Töne von Drakes „Elevate" dringen nun leise an meine Ohren. Plötzlich nimmt Jay wieder mein Gesicht in seine Hand, sein Daumen streicht sanft über meine Wange dabei. „Die Leute mit denen ich heute zu tun habe, willst du nicht einmal in deinen Alpträumen treffen", beginnt er mit finsterer Stimme, seine Augen nun wie dunkle, donnernde Wolken, die sich in meine bohren. „Du musst ihn sicher nach Sequin fahren, Sweetheart. Es gibt niemanden, dem ich mehr vertraue, als dir", presst er mit belegter Stimme hervor.

Emotionen verstopfen meine Kehle und ziehen meine Brust zusammen. Meine Hand wandert zu meinem Gesicht und ergreift Jays Hand. Meine Finger verschränken sich mit seinen. Langsam hebe ich unsere verschlungen Hände an und presse, kleine Küsse auf Jays Fingerknöchel, meine Augen halten dabei die ganze Zeit seine fest.

„Ich verspreche es", sage ich in meinen Augen ein Meer von Gefühlen.

♥♥♥

„Rocket, ich brauche keinen Babysitter!", widerholt Blake zum mindestens zehnten Mal, als ich den Cuda vor einem kleinen Motel in Sequin parke. „Ich passe seit über einem Jahr alleine auf mich auf", fügt er hinzu, während ich die Zündung des Wagens ausschalte. Ich drehe mein Gesicht zu ihm, die kurzen Strähnen meiner Perücke streifen dabei mein Gesicht.

„Er ist dein Bruder, Blakey, Er macht sich Sorgen", sage ich leise und schaue ihm dabei ernst ins Gesicht.

Ein Seufzer entweicht Blakes Lippen, während er sich mit seiner Hand durch sein hellbraunes Haar fährt. „Ich weiß. Ich kenne diesen Cian einfach nicht und... warum kann ich nicht mit dir in den Club kommen? Ich habe meinen gefälschten Ausweis dabei", spricht er nun schneller, während seine Hand nun in der Tasche seines kurzärmeligen Hoodies verschwindet und er schließlich seinen gefälschten Ausweis hervorholt.

„Siehst du? Keine große Sache. Ich zeige den Türstehern einfach dieses Baby und sie lassen mich rein."

„Ja, weil das beim letzten Mal auch so gut funktioniert hat", sage ich trocken.

„Das war nur dieses eine Mal, rocket. Ich schwöre..."

„Blake", unterbreche ich ihn. Die Benutzung seines vollen Namens, führt nun dazu, dass er mir seine komplette Aufmerksamkeit schenkt. „Dein Bruder ist nicht der Einzige, der sich Sorgen macht, okay?", sage ich leise, als ich nun nach seiner Hand greife.

„Ich mache mir auch Sorgen. Diese Leute, mit denen Jay sich trifft...die sind schlimmer als alle deine und meine Alpträume zusammen. Was glaubst du, warum das Gesicht deines Bruders so aussieht?"

Ein Gefühl der Reue überkommt Blakes Gesicht, bei meinen Worten. Ich sehe wie er seinen Kopf senkt und sich seinen gefälschten Ausweis wieder in die Tasche seines Hoodies steckt.

„Es tut mir leid, Ariel. Du hast Recht", gibt er kleinlaut von sich und hebt dabei seinen Kopf wieder. Seine grünen Augen sind nun emotionsbehangen. „Ich hab so viel Zeit getrennt von dir und vor allem von ihm verbracht ... ich will nur...", seine Stimme bricht ab.

„Ich weiß, cupcake", entgegne ich ihm sanft. „Er liebt dich. So sehr. Ich hoffe das weißt du...", gebe ich mit brüchiger Stimme von mir.

Blake beißt sich auf die Unterlippe bei meinen Worten und nickt.

„Heilige Scheiß-Maria!", ruft er auf einmal aus, gleichzeitig werden seine Augen doppelt so groß. Sein Blick ist auf das Fahrerfenster hinter mir gerichtet.

Abrupt drehe ich mich um und mein Blick trifft zuerst auf riesige, schwarze Pfoten, die gegen die Scheibe gepresst sind.

„Was zum Teufel?!", keuche ich aus, als meine Augen nun zu dem breiten Kopf eines massigen, muskulösen Hundes schweift. Seine riesige Schnauze schwebt kurz vor der Fensterscheibe.

Ein lauter Pfiff, dringt durch das Fenster zu uns. Der Hund lässt sofort von der Scheibe ab und rennt mit wedelndem Schwanz über den Parkplatz zu seinem Besitzer, der sich als kein Geringerer, als Cian herausstellt, der nun völlig in Leder gekleidet, im Vorgarten des Motels steht. Er bückt sich sofort und klopft der Bestie leicht auf den Kopf.

Ungläubig blicke ich auf das Schauspiel vor mir. „Ist das Cian?", höre ich Blake neben mir ausstoßen. Ich nicke nur und öffne die Fahrertür. Meine Absätze landen im Schotter, während ich meinen Lederrock, der mir bis oberhalb des Knies geht, ein wenig glatt streiche. Von der Länge her wäre er ein relativ bescheidener Rock für mich, doch der gewagte Schlitz an der Seite von ihm, peppt das Outfit wieder auf.

Ich weiß, dass ich sexy aussehe. Und Cians Augen, die meinen Körper entlangfahren, bestätigen es.

„Du siehst gut aus, Darling. Ich hätte dich fast nicht erkannt mit diesem Haar. Scheint so, als ob Nolan das Beste aus beiden Welten bekommt", weht sein starker irischer Akzent, lachend zu mir herüber.

„Hallo auch an dich, Cian", begrüße ich ihn zwitschernd. „Wer ist das?", frage ich ihn schließlich, als meine Augen erneut auf den Hund, der neben Cian sitzt, landen.

„Leprechaun, mein Cane Corso", stellt er mir seinen Hund vor.

„Sieht aus, als ob er jemanden das Genick brechen könnte", ertönt plötzlich Blakes leicht ehrfürchtige Stimme von meiner Seite.

„Das hängt davon ab, wer versucht, seinen Besitzer zu bedrohen", entgegnet Cian nun mit dunkler Stimme, während er sich leicht am Bart kratzt. „Schön, den kleinen Nolan endlich kennenzulernen. Ich bin Cian", er streckt Blake seine Hand entgegen, woraufhin der Hund neben ihm einen Satz nach vorn macht und laut anfängt zu bellen.

„Aus, Leppy!", donnert Cian, woraufhin der Hund sich wieder auf sein Hinterteil platziert und uns aus seinen großen Augen anblickt.

„Danke, dass du das machst", richte ich mich schließlich wieder zu Cian.

„Kein Problem. Für Jay, immer.", sagt er aufrichtig. „Wir haben schon zu viel Scheiße zusammen durchgemacht, um uns gegenseitig im Stich zu lassen.", fügt er mit ernster Miene hinzu.

Ich nicke nur und wende mich schließlich wieder Jays kleinem Bruder zu. „Ich hol dich nach meiner Arbeit direkt hier wieder ab. Versuch dich zu benehmen, cupcake", den letzten Satz spreche ich ein wenig sanfter.

Blake rollt bei meinen Worten mit den Augen. „Danke, Mami.", gibt er ein wenig sarkastisch von sich. Ich rolle ebenfalls mit den Augen, mache einen Schritt nach vorn, stelle mich auf meine Zehenspitzen und verwuschele sein Haar ein wenig.

„Ich mein es Ernst, Blakey. Kein Schleichen in Clubs, keine Flucht vor der Polizei und kein Mary Jane."

„Was ist mit illegalen Autorennen?", fragt er todernst.

„Ich fahre eine Ducati.", wirft Cian auf einmal dazwischen.

„Okay, was ist mit illegalen Motorradrennen?", verbessert sich Blake, seine Augenbraue dabei nun hochgezogen.

„Blake...", beginne ich.

„Entspann dich, rocket. Ich hab dir versprochen, dass ich mich benehmen werde. Und versprochen ist versprochen.", sagt er sanft mit ernsten grünen Augen, die nun auf mir liegen. In eine schnellen Bewegung zieht er mich in eine Umarmung. „Geh und beweg deine Hüften zu einem sexy Beat, rocket.", murmelt er in mein Ohr. „Sei wild.", fügt er noch als letztes mit einem Lachen in der Stimme hinzu.

♥♥♥

Mein Körper glänzt vor Schweiß, während ich mich sinnlich an einer der Stangen rekele. Wir sind bereits vier Stunden lang dabei und so langsam spüre ich es an meinem Körper. Erschöpfung rinnt durch meine Glieder und die Fersen meiner Füße schmerzen. Mit einem aufgesetzten Lächeln im Gesicht tanze ich um die Stange herum und versuche abwechselnd Blickkontakt mit verschiedenen Männern zu halten. Gegen Ende hatte ich oft keine Kraft mehr mich an der Stange hochzuziehen, weshalb ich mich darauf konzentrieren musste, dass jede meiner einzelnen Bewegung die Verführung selbst war.

„Lady Marmalade", dringt aus den Lautsprechern. Es war ein Klassiker und wurde in jedem Club, in dem ich arbeite jedes Mal, mindestens einmal gespielt.

Nach einer weiteren Stunde auf der Bühne, haben schließlich auch die letzten Gäste den Club verlassen. Erschöpft höre ich zu tanzen auf. Fast unisono entledigen sich die anderen Tänzerinnen und ich unserer Stilettos. Sofort schnappe ich sie mir und stürme von der Bühne. Ich musste Blake holen.

Barfuß laufe ich in das Ankleidezimmer, schlüpfe aus meinem heißen Outfit und werfe mir in Windeseile meine Sachen über. Als ich komplett fertig bin, kommen die anderen Tänzerinnen erst ins Ankleidezimmer.

„Wir sehen uns morgen!", rufe ich ihnen noch über meine Schulter zu, bevor ich barfuß mit meinen Stilettos in der Hand, mit wehenden silbernen Haaren, den Club verlasse.

Auf der Fahrt nach Sequin überschreite ich einige Geschwindigkeitsbegrenzungen, sodass ich statt 50 Minuten nur eine halbe Stunde für den Weg brauche. Mein Herz schlägt lauter in meiner Brust. Komplett unbegründet, denn so bald ich den Cuda vor Cian's Motel parke, sehe ich auch schon wie eine Tür geöffnet wird und eine Gestalt auf die kleine Terrasse tritt. Es ist Blake und direkt neben ihm Leprechaun.

Ich öffne die Fahrertür und überbrücke die letzten Meter zu ihm. Als ich näher komme, sehe ich wie Blake, den Kopf des Hundes krault.

„Wo ist Cian?", frage ich ihn, mein Blick schweift zu dem hellbeleuchteten Motelzimmer hinter ihm.

„Er hatte noch was zu erledigen. Er meinte, es würde nur eine Stunde dauern, höchstens zwei. Er hat Leprechaun bei mir gelassen, damit jemand bei mir ist, wenn was passiert. Wir haben uns Wiederholungen von Fast and Furious angeschaut, nicht wahr?", redet er jetzt in einer leicht höheren Stimme mit Leprechaun und krault diesen hinter den Ohren, ein sanfter Ausdruck auf seinem Gesicht dabei. Ein Lächeln umspielt meine Lippen bei dem Anblick.

„Wie lange ist er schon weg?", frage ich ihn schließlich.

„Fast zwei Stunden", erwidert Blake, im selben Moment ertönt das laute Röhren eines Motorrads hinter uns.

Wir beide heben unseren Kopf und blicken in zwei helle Scheinwerfer. Cian parkt die Ducati vor dem Motel, steigt ab und zieht sich den Helm schließlich vom Kopf. In langen Schritten kommt er auf uns zu, in seiner rechten Hand eine schwarze Tüte. Als er näher kommt, kann ich erkenne, dass das weiße Shirt unter seiner Lederweste blutverschmiert und zerrissen ist. Mein Blick fällt auf seine Hände, dessen Fingerknöchel geschwollen sind und an denen ebenfalls Blut klebt.

Mein Blick wandert an seiner Lederhose hinunter und landet auf seinen schwarzen Stiefeln, die ebenfalls mit Blutspritzern bedeckt sind.

„Cian, was ist passiert? Wo warst du?", frage ich sofort.

„Der Wichser hat ein zwölfjähriges Mädchen vergewaltigt und in den letzten Wochen mehrere Bestellungen von Kinderpornographie aufgeben. Es war nur eine Frage der Zeit, dass ich ihn finden würde", sagt er mit dunkler Stimme und presst sich schließlich an mir und einem Blake, dessen Augen nun weit aufgerissen sind, vorbei ins Motelzimmer.

Alles in mir schreit danach, ihn nicht zu fragen, aber dennoch kommen mir die Worte über die Lippen, als ich ihm mit Blake im Schlepptau ins Motelzimmer folge. „Was ist in der Tüte?"

„Schau selbst", sagt er mit finsterer Stimme, als er die Tüte auf einen kleinen Tisch an der Wand platziert. Ich schlucke, mache einen Schritt nach vorne und werfe einen Blick in die Tüte. Galle steigt in meiner Kehle auf, als mein Blick auf die Sachen in der Tüte fällt.

„Oh mein Gott ...", höre ich Blake's Stimme neben mir würgen. Ich habe nicht mal mitbekommen, dass er mitgekommen war.

„Sind das... sind das..?", beginnt er, während ich meinen Blick von der Tüte losreiße und nach Blakes Hand greife.

„Seine Hoden und seine Finger.", bestätigt Cian, als er nun in das angrenzende Badezimmer läuft.

„Warum behältst du sie noch?", krächze ich hervor.

„Um diesen Wichsern Fotos von ihnen zu schicken. Fickt mit ihrem Kopf und erinnert sie ständig daran, was passiert, wenn sie es wieder tun.", gibt er nonchalant mit seinem starken irischen Akzent von sich, so als ob er Gummibärchen in einer Tüte aufbewahren würde und keine Körperteile von Menschen.

„Gibt mir fünf Minuten und ich folge euch zurück ins Apartment.

♥♥♥

„Du musst nicht noch mit nach oben kommen", wende ich mich an Cian, als die Aufzugstüren hinter Blake, ihm und mir schließen.

„Klar, muss ich das. Ich habe die beiden wichtigsten Menschen von Nolan bei mir.", sagt er ernst, sein Finger schwebt über den Aufzugknöpfen. „Welches Stockwerk?"

„85.", gebe ich mit einem Seufzer von mir, woraufhin er den richtigen Knopf drückt und der Aufzug schließlich nach oben schießt.

Die ersten Stockwerke erfüllt Stille den Aufzug, bevor Cian auf einmal beginnt „Love in an Elevator" von Aerosmith vor sich hinzusingen.

Ein Glucksen kommt über Blakes Lippen, während ich die Augen rolle. Kurz bevor wir unser Stockwerk erreichen, hört Cian auf zu singen. Schließlich öffnen sich die Aufzugstüren im 85. Stockwerk und wir treten gemeinsam auf den Flur. Wir biegen um die Ecke und das ist, wenn ich ihn sehe.

Er lehnt sich an den Türrahmen, so als ob er sich abstützen muss, eine seiner Hände hält sich die Seite.

„Jay?", rufe ich leise aus. Er hört mich sofort.

Er hebt seinen Kopf und blickt mir mit schmerzerfüllten eisblauen Augen ins Gesicht.

Ein geschocktes Keuchen verlässt meinen Mund, als mein Blick auf den blutigen, tiefen Schnitt, entlang seines Gesichtes landet, der von seiner linken Augenbraue bis hinunter zu seinem Kinn läuft.

„Ariel?", presst er mit belegter Stimme über seine Lippen, seine Stimme verwundbar. Mein Herz krampft sich zusammen, während ich das erste Mal, seit ich ihn kennenglernt hatte, nur noch auf die Hülle eines Löwen blicke.

In Sekundenschnelle, renne ich los und ziehe Jay in meine Arme. Ziehe meinen verletzten Löwen in meine Arme und drücke ihn an mich. An meinen Körper, meine Wärme und mein Herz.



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Falls ihr Fehler entdeckt habt, tut es mir leid, ich hatte keine Zeit mehr ganz drüberzulesen ;) 

Die erste Hälfte des Kapitel hat mich so verdammt emotional gemacht. Ich hab so geweint beim Schreiben und musste erstmal einen Tag Pause machen, weil es mich emotional echt mitgenommen hat. 

Die zweite Hälfte hat total viel Spaß gemacht zu schreiben:) 

Ich hoffe euch gefällt das Kapitel auch und die Emotionen sind gut rübergekommen und mindestens einer musste auch weinen. 

Wie fandet ihr die Reunion der Beiden? 

Wie findet ihr Cian? 

Wusstet ihr das Leprechaun dieser kleine irische Kobold ist, der am Ende vom Regenbogen einen Topf Gold findet? Ich dachte das passt gut zu einem Hund irgendwie, weil die ja auch so frech sind. 

So: Jetzt wünsche ich euch noch ein schönes Wochenende !:) 

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