Kapitel 4. Elias

Mit ernster Miene ließ ich mich von Paul zur Firma fahren. Während ich im Auto bereits einige E-Mails beantwortete, dachte ich über Celest Dickson nach. Ich war mehr als zufrieden mit meiner Wahl. Sie hatte sich professionell verhalten und war nicht auf mein Flirten eingegangen. Wäre sie auch nur einmal darauf eingestiegen, hätte ich sie sofort fristlos gekündigt und jemand anderen eingestellt. Sie war jedoch die Beste von allen Bewerberinnen und ich war ein Mann, der immer das Beste wollte.

Als Paul vor dem imposanten Haupteingang meiner Firma anhielt, klappte ich meinen Laptop zu und sah auf, als er die Tür für mich öffnete. Ein Blitzlichtgewitter begrüßte mich, während meine Sicherheitskräfte alle Hände voll zu tun hatten, die Fragen der Presse abzuwehren. Fragen über die Scheidung von meiner Frau und ob ich eine neue Frau an meiner Seite hätte, hallten durch den Eingangsbereich. Ich ignorierte die Fragen, betrat mein Bürogebäude und stieg in den Aufzug.

Meine Mitarbeiter grüßten mich, als ich an ihnen vorbeiging, und ich nickte ihnen kurz zu. Paul folgte mir bis zur obersten Etage, in mein Büro mit der riesigen Glasfront, die einen beeindruckenden Blick auf die Skyline bot. Mein Büro war geschmackvoll eingerichtet mit einem großen Flachbildschirm, einer Sofalandschaft, mehreren Pflanzen und Kunstwerken an den Wänden. Auf der anderen Seite stand mein massiver Schreibtisch mit zwei Bildschirmen und einem schwarzen Schreibtischstuhl, umgeben von Bücherregalen und Teppichen. Ein Badezimmer und ein kleines Ankleidezimmer komplettierten die Ausstattung. Ich ließ mich in meinen Stuhl fallen und lehnte mich zurück.
»Was steht heute an, Paul?«, fragte ich desinteressiert und ließ meinen Blick zur Skyline schweifen.

***

Nachdem ich mehrere Geschäftsgespräche geführt, Verträge geprüft und unterschrieben, zwei Kündigungen unterzeichnet und einen Termin mit meiner Frau hinter mich gebracht hatte, war ich erleichtert, als ich nach Hause kam. Ich ließ mich auf das Sofa vor dem alten Kamin sinken und legte meinen Arm über meine Augen.
Aylin wollte über die Hälfte meines Vermögens. Diese dumme Bitch, die glaubte, mit ihrer irrsinnigen Forderung durchzukommen. Zum Glück hatte mein Anwalt bestätigt, dass das nach ihrem Betrug nicht möglich war.

»Scheiße«, zischte ich und holte eine Zigarettenschachtel aus der Jackentasche. Ich wollte sie gerade anzünden, als mir die Worte von Miss Dickson einfielen. Seufzend erhob ich mich und ging in den Wintergarten, um dort bei einer Zigarette den Garten zu betrachten.

Plötzlich hörte ich Miss Dickson aus der oberen Etage rufen. »Sag mal, geht's noch?! Willst du mich verarschen?«
Ich zog an der Zigarette, ließ den Rauch langsam zwischen meinen Lippen gleiten und hörte zu. Es war überraschend, dass sie so laut werden konnte. Offenbar hatte nicht nur ich mit nervigen Telefonaten zu kämpfen.

»Ich bitte dich, was ist das für eine beschissene Ausrede?«, fuhr sie fort, während sie mit einem Stapel Unterlagen und ihrem Handy zwischen Ohr und Schulter die Treppe hinabging. »Na, weil es sich nach einer anhört.« Sie schnaubte und kam ins Schlingern, fiel dann die letzten Stufen hinunter. Ihre Papiere flogen in die Luft, und ihr Handy rutschte über den Boden.

Ich drückte die Zigarette aus und ging schnell ins Wohnzimmer. Ich hockte mich neben sie, drehte sie vorsichtig auf den Rücken und hob sie hoch. Sie wog tatsächlich kaum etwas. Ich trug sie ins Wohnzimmer und setzte sie sanft auf das Sofa.

»Haben Sie sich verletzt?«, fragte ich besorgt und musterte sie genau. Wenn sie sich verletzt hatte, müsste ich dennoch für sie zahlen, auch wenn sie vorübergehend arbeitsunfähig wäre.

Miss Dickson blinzelte benommen und pustete eine Strähne aus dem Gesicht. »Nein, es geht schon, Sie können mich ... runterlassen, Mr. Gelbero. Ich-« Sie sah über meine Schulter und fluchte leise: »Scheiße! Das war alles alphabetisch und nach Jahres-Einschätzung, wie Geldwert sortiert. Es wird eine Ewigkeit dauern, das neu zu machen! So ein blöder Hurensohn!«  Sie erschrak, hielt sich die Hände vor den Mund und flüsterte: »Oh Gott, es tut mir leid, Mr. Gelbero. Das war wirklich nicht angebracht.«

Ich ließ sie behutsam auf die Couch sinken und sah auf den Papierhaufen. »Interessante Wortwahl«, bemerkte ich und setzte mich auf den Tisch vor ihr. »Sind Sie wirklich nicht verletzt?«, fragte ich noch einmal genauer und prüfte ihren Körper, während ich sie wieder siezte. »Falls doch, müsste ich diesem Hurensohn wohl mal die Meinung sagen.«

Miss Dickson wurde rot und setzte sich auf. Nach einem Moment sagte sie: »Entschuldigen Sie. Das nächste Mal fluche ich auf Portugiesisch. Dann ist die Wortwahl weniger unpassend.«

Ich hob neugierig eine Braue. »Sind Sie Portugiesin?«, fragte ich und ging in die Küche, um ein Glas Wasser zu holen. Ich setzte mich wieder vor sie und reichte es ihr. »Trinken Sie etwas.«

Sie grinste, richtete ihren messy Bun und nahm das Glas. »Nein, bin ich nicht. Aber danke.«
»Und wieso sprechen Sie dann Portugiesisch?« fragte ich weiter, während ich sie beobachtete. Ihre Arbeit war beeindruckend, auch wenn sie jetzt auf dem Boden lag.

»Ich habe nie gesagt, dass ich es kann. Aber ich werde mir ein paar passable Flüche heraus suchen, nur um Sie nicht weiter zu belästigen.« Sie seufzte und beugte sich über das Sofa, um die Papiere aufzusammeln. Dabei streckte sie mir ihren Hintern entgegen.

Meine Augen folgten ihrem Hintern, und ich dachte kurz daran, wie es sich wohl anfühlen würde. Verdammt, ich stand echt auf Hintern. Da ich jedoch ihr Chef war, erhob ich mich und ging um das Sofa herum. »Telefonieren Sie einfach nicht mehr, wenn Sie auf der Treppe sind. Ihre privaten Telefonate sollten Sie in Ihrer Freizeit führen.«

Miss Dickson sah mich an. »Sie wissen aber schon, dass ich keine richtige Freizeit habe. Der Zeitraum, in dem ich fertig sein soll, wurde nur geschätzt. Das heißt«, sie ging zu dem Chaos aus Papieren, »ich kann meine Freizeit nach Belieben einteilen, Mr. Gelbero.«

»Nun, dann teilen Sie Ihre Freizeit anders ein« antwortete ich schmunzelnd und stieg über die Blätter hinweg. »Und sagen Sie Ihrem Hurensohn, dass er sich mit mir auseinandersetzen soll, wenn er dafür sorgt, dass Sie noch einmal die Treppe hinunterfallen.« Ich sagte das zwar mit einem amüsierten Ton, meinte es aber ernst. Es schien mir, dass dieser Freund von ihr ein ziemliches Arschloch war.

Miss Dickson sah mir nach und dann auf die verstreuten Blätter. »Ich richte es ihm aus«, murmelte sie und fügte leiser hinzu: »Auch wenn es ihm wahrscheinlich egal ist. Wie so vieles.«

Mit leicht geknicktem Gesichtsausdruck kniete sie sich hin und begann, die Blätter einzusammeln, während sie kleine Stapel bildete.
Ich verschränkte die Arme vor der Brust und beobachtete sie eine Weile.  »Haben Sie Hunger, Miss Dickson?« fragte ich und holte mein Handy heraus.

Sie sah kurz auf, bevor sie wieder in ihre Arbeit vertieft war. »Es sah vielleicht nicht so aus, aber ich war im Begriff, etwas zu kochen. Jetzt ... nein, ich mache das erst fertig.« Ihr Magen knurrte laut, was sie mit einem wütenden Schnauben kommentierte. »Danach kann ich mir ja Freizeit einrichten.«

Ich ignorierte ihren Kommentar und tippte auf meinem Handy herum. »Also, ich bestelle mir jetzt Pasta. Was möchten Sie?« fragte ich, während ich sie ansah.

»Noch vier weitere Hände wären nützlich«, antwortete sie und widmete sich wieder dem Papierchaos. Sie schien mich bereits vollständig zu ignorieren.

»Also auch Pasta, alles klar.« sagte ich und bestellte drei verschiedene Pasta-Gerichte und einen guten Wein. Als ich das Handy gerade weglegen wollte, sah ich, dass Aylin mich anrief. Ich hatte jetzt wirklich keine Lust, mit ihr zu sprechen, also drückte ich den Anruf weg und wandte mich ab. Ich holte Teller, Weingläser und Besteck und richtete den Esstisch in der Küche her.
Als es an der Tür klingelte, öffnete ich sie, nahm die Bestellung entgegen und bezahlte schnell. Dann ging ich zurück ins Wohnzimmer, wo Miss Dickson noch immer am Boden saß.
»Essen ist da.« sagte ich, als ich vor ihr stand.

Unsicher stand sie auf und folgte mir in die Küche. Sie strich mit beiden Händen über den Tisch, während sie tief einatmete.

»Setzen Sie sich« befahl ich und packte das Essen auf den Tisch. Ich öffnete den Wein und schüttete zuerst ihr und dann mir ein Glas voll. »Auf Ihren Job« sagte ich, hob mein Glas und trank einen langen Schluck.

Miss Dickson hob ihr Glas und lächelte. »Auf Ihre Bereitschaft, mir eine Menge Geld zu zahlen. Denn wenn es in jedem Raum so weitergeht, wird der Prozentsatz, den ich für den Wert des Schwätzens bekomme, fast schon lächerlich hoch.«

»Das war mir schon klar. Aber gut, dass Sie es jetzt auch herausgefunden haben« sagte ich grinsend und öffnete die Pasta-Packungen. »Welche Pasta möchten Sie? Die anderen beiden werde ich essen.« erklärte ich. Ja, ich konnte viel essen, aber ich trainierte auch viermal die Woche und benötigte diese Kalorien, um mein Gewicht und meine Muskeln zu halten.

Sie nahm einen Schluck Wein und schnupperte an den Nudeln, bevor sie lächelte. »Aglio e olio, bitte. Und der Wein«, sie hob das Glas, »ist wirklich gut. Wenn auch etwas trocken.«

Ich schob ihr die Packung hin und nahm die anderen beiden. Während ich meine Gabel nahm, antwortete ich: »Ich mag es trocken.« Mein Blick war auf sie gerichtet, als ich eine volle Gabel Nudeln in den Mund schob. Während ich kaute, leckte ich mir über die Lippen und stöhnte zufrieden. »Verdammt, endlich etwas zu essen.« Als mir bewusst wurde, was ich gesagt hatte, grinste ich schief. »Ich muss wohl auch an meiner Ausdrucksweise arbeiten«, fügte ich amüsiert hinzu und blinzelte. Miss Dickson sah im warmen Licht der Küche wirklich hübsch aus. Ihr freundliches Gesicht und die harte Arbeit machten sie zu einer angenehmen Abwechslung, auch wenn unsere Beziehung nur auf einer beruflichen Grundlage basieren würde.

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