Kapitel 7

»Seid Ihr die Hand des Königs?«, fragte Kevan Lennister seine Nichte, als sie sich auf dem Stuhl der Hand niederließ.
»Nein, aber ich«, sagte ich, bevor Cersei reagieren konnte.
Die Königin Mutter hob ihren Kopf. Alle Emotionen waren aus ihrem Gesicht gewichen.
»Ihr?«, wiederholte Maester Pycelle ungläubig. »Aber Ihr seid eine Frau.«
»Das habt ihr richtig erkannt, Großmaester«, meinte ich, während ich auf den Tisch zulief. Eindringlich sah ich Cersei an. »Würdet Ihr Euch nun bitte von meinem Stuhl erheben?«
»Eine Frau kann nicht die Rechte Hand des Königs werden«, gab diese zurück.
Ich tippte auf die Brosche, die Oberhalb meiner Brust am Kleid befestigt war. »Wenn Euch das nicht genügt, geht und fragt den König selbst, ob es der Wahrheit entspricht. Doch zuvor bitte ich Euch, meinen Stuhl zu verlassen.«
»Ich bin hier, um meinen Sohn zu beraten, bis er volljährig ist. Dann kann er sich eine Hand aussuchen«, knurrte die Lennister.
»Ich denke, das hat er bereits«, meinte ihr Onkel - sein amüsierter Unterton war nicht zu überhören. »Ihr zweifelt doch nicht etwa an des Königs Entscheidungsfindung? Schließlich beratet Ihr ihn ja.«
Cersei funkelte den Mann wütend an. Sie hatte die Lippen fest aufeinandergepresst. Sie wollte etwas sagen, doch schließlich besann sie sich, erhob sich und setzte sich auf den freien Stuhl mir gegenüber.
»Wenn ich das Wort übernehmen dürfte«, sagte Cersei mit gerecktem Kinn.
Ich nickte. »Bitte.«
Cersei blickte zu Margaerys Vater. »Lord Tyrell, neben Eurer Stelle als Meister der Schiffe hat Euch der König als Meister der Münze ernannt.«
»Oh, Euer Gnaden -«
»Er bezeichnet Euer Wissen und Eure Erfahrung in finanziellen Dingen als beispiellos. Er sagt, es wäre ihm eine Ehre, wenn Ihr die Interessen der Krone auf diesem Gebiet vertreten würdet. Ist dem nicht so, Lady Sienna?«
»Natürlich«, sagte ich, Cerseis intensiven Blick mit erhobenem Haupt standhaltend.
»Die Ehre ist ganz meinerseits, Euer Gnaden«, meinte Lord Tyrell.
»Euer Gnaden, früher und in zahlrreichen Fällen dienten Großmaester als Hand des Königs«, begann Pycelle.
»Wir haben bereits eine Hand, wie Ihr sehen könnt«, gab Cersei augenblicklich zurück. »Zudem bestimmt der König Qyburn zum neuen Meister der Flüsterer.« Der von Cersei genannte Mann saß zu meiner Rechten. Ich kannte ihn nicht, doch sein Auftreten verleihte etwas Düsteres.
»Euer Gnaden!«, rief Pycelle empört. »Er? Dieser ... dieser Mann? Diese Peinlichkeit für die Zitadelle? Euer Gnaden, welche Qualifikationen besitzt er für diesen Posten?«
»Die Qualifiaktionen der Loyalität, Großmaester«, gab Cersei tonlos zurück. »Mehr als der Eunuch jemals hatte. Mehr als die meisten hier vorweisen.«
Pycelle atmete tief durch. »Ich muss schon sagen, ich weiß nicht, was ich dazu -«
»Onkel Kevan«, wandte Cersei sich an den Lennister zu meiner Rechten, ohne weiter auf den Großmaester einzugehen. »Angesichts Eurer Stellung als Kommandant der Lennister-Armeen gefiele es dem König Euch zu seinem Meister des Kriegs zu ernennen. Keine lebende Person ist dieses Titels würdiger.«
»Sehr gütig, dass Ihr das sagt«, meinte der Mann. »Ich würde es gern vom König selbst hören.«
»Der König ist im Moment sehr beschäftigt.«
»Er sollte hier sein und lernen, was es heißt, zu herrschen«, erwiderte der Lennister.
»Das lernt er ja. In dieser Angelegenheit, in seiner Eigenschaft als Herrscher, bat er mich, in seinem Namen zu sprechen.«
»Ich kam zurück in die Hauptstadt, um meinem Bruder meinen Respekt zu zollen. Und Euch. Und um dem König zu dienen. Ich kehrte nicht zurück in die Hauptstadt, um als Eure Marionette zu dienen, um zuzusehen, wie Ihr den Kleinen Rat mit Speichelleckern zersetzt, Euren eigenen Bruder fortschickt, damit er nicht anwes-«
»Mein Bruder hat die Hauptstadt wegen eines heiklen diplomatischen Auftrags verlassen«, unterbrach Cersei kühl.
»Was für ein Auftrag?«, verlangte ihr Onkel sofort zu wissen.
»Das betrifft Euch nicht als Meister des Kriegs«, meinte die Frau kühl.
»Ich erkenne Eure Autorität nicht an, Vorschriften darüber zu machen, was mich betrifft und was nicht. Ihr seid die Königin Mutter, weiter nichts.« Der Lennister erhob sich und wandte sich zum Gehen.
Cerseis Gesicht verfinsterte sich noch mehr, als es bereits war, doch sah man deutlich, dass sie die Worte des Mannes getroffen hatten. »Ihr wollt Euren König in Zeiten der Not im Stich lassen?«
»Falls er beschließt, nach mir schicken zu wollen, warte ich auf ihn - auf Casterlystein.« Die Stimme des Mannes war hart, und ohne ein weiteres Wort verließ er den Raum. Schweigend blickten wir ihm hinterher. Er war ein Lennister, doch bei Weitem nicht der Schlimmste, und obwohl ich mir geschworen hatte, die Familie Cerseis zu vernichten, war ich mir doch sicher, dass dieser Mann mir noch bei vielen Dingen unter die Arme greifen könnte.

Die Vorhänge wehten auf, als eine leichte Brise durch das Fenster in das Zimmer fegte. Der Junge stand vor dem offenem Fenster, den Blick schweigend auf die Stadt gerichtet. Sie schien so ruhig, nichts deutete darauf hin, dass die Bevölkerung litt - Hunger war eines ihrer größten Probleme.
»Ihr müsst der Löwe sein, nicht der Welpe«, meinte ich und trat auf ihn zu.
»Ich bin ein Baratheon. Das Wappentier ist ein Hirsch«, erwiderte Tommen, ohne sich umzudrehen.
»Eure Mutter ist eine Lennister. Ihr seid halb Hirsch, halb Löwe«, sagte ich, obwohl mein Kopf etwas anderes dachte.
Der Junge nickte und ließ den Blick sinken. Meine Gedanken schrien. Warum war er so anstrengend?
Ich lief näher auf ihn zu und legte meine Hand auf seine Schulter. Nun wandte er sich um, und ich lächelte ihm aufmunternd zu.
»Ich will Margaery nicht heiraten«, sagte er plötzlich. Ich setzte gerade zur Gegenfrage an, als auf einmal seine Lippen auf den meinen lagen. Er zog mich näher an sich heran und nur mit Mühen konnte ich mich aus seinem Griff befreien.
»Euer Gnaden«, sagte ich nach Luft ringend. »Ihr könnt das ... Es ist nicht richtig ...«
»Ich bin der König. Ich entscheide, was richtig ist«, erwiderte der Junge. Seine blauen Augen musterten mich intensiv. Er wollte meine Hände ergreifen, doch im rechten Moment wich ich zurück.
»Es ... es geht nicht«, meinte ich. »Ihr seid verlobt. Diese Hochzeit ist wichtig. Wichtig für das Reich, für Euer Volk. Das, was man will, und das, was getan werden muss, sind oft zwei verschiedene Dinge.«
»Aber Margaery würde es verstehen. Wenn ich mit ihr rede -«, begann der Junge hilflos.
Verzweifelt schüttelte ich den Kopf. »Versteht doch, ich kann Euch nicht das geben, wonach Ihr Euch sehnt!«
Tommen sah mich an, sprachlos, er wusste darauf nichts zu sagen. Ich wusste, in irgendeiner Weise mochte ich diesen Jungen, doch würde es nie so sein wie bei Jojen - oder Genry. In diesem Moment blieb mir nur der Gedanke an dem Reet-Junge, der andere war längst aus meinem Kopf verschwunden - doch würde sich dies in ferner Zukunft ändern.
»Ihr seid ein guter Junge, ein guter König«, sagte ich. »Verspielt Eure Karten nicht, indem Ihr einer Illusion nachgeht.« Mit diesen Worten verschwand ich.

1123 Wörter

Hat Sienna richtig gehandelt? Was denkt ihr bisher von der Story?

Danke für fast 1k Reads <3

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top