Kapitel 3

Ich hockte mit angezogenen Beinen auf dem kalten steinigen Boden. Mein Kleid war bereits schmutzig sowie meine Haut, doch störrte mich das nicht im geringsten - all die Tage in der Wildnis hatten mich an Schlimmeres gewöhnt. Einzelne Haarsträhnen, die sich aus meiner Frisur gelöst hatten, fielen mir ins Gesicht, doch machte ich keine Anstalten, sie zu entfernen.
Die Tür wurde geöffnet und ein Soldat trat ein. Als er aus dem Weg ging, erkannte ich Lady Margaery, und sofort erhob ich mich.
Die Frau nickte dem Soldaten zu und dieser ging. Nun sah sie zu mir. »Ich wollte nach Euch sehen, M'lady.«
»Das habt Ihr ja nun«, gab ich trocken zurück.
»Wir stehen auf derselben Seite«, sagte Margaery und trat einige Schritte auf mich zu. »Ich will Euch nichts Böses. Eure Schwester und ich, wir haben uns gut verstanden. Ich habe auf sie geachtet und sie beschützt.«
»Konntet Ihr sie vor den Schlägen beschützen? Vor den Erniedrigungen? Vor den Vorwürfen und den Männern, die sie vergewaltigen wollten?«, fragte ich.
»Nein«, gestand die Frau.
»Nein«, wiederholte ich und nickte; eine Zustimmung, die an mich gerichtet war. »Ihr nanntet sie Schwester, doch ward Ihr keine.«
»Ihr habt recht.« Margaery nickte. »Ich habe sie nicht vor Joffrey beschützt. Nicht wirklich. Und nun ist sie fort, und ich kann Euch nicht sagen, ob sie in Sicherheit ist oder nicht. Das einzige, was ich Euch sagen, ist, dass sie bei Lord Tyrion gut aufgehoben war.«
Ich musterte sie schweigend, dann wandte ich mich mit einem Augenverdrehen ab. »Was wollt Ihr?«
»Ich will Euch helfen.«
»Helfen?« Ich lachte leise und lehnte meinen Kopf gegen die Wand. »Niemand kann mir helfen. Niemand kann überhaupt irgendjemandem helfen.«
»Ich werde die zukünftige Königin sein. Tommen wird zu sehr von seiner Mutter beeinflusst, doch er hört auch auf mich. Ich muss nur mit ihm reden -«
»Er ist doch kein Spielzeug«, entgegnete ich.
Margaery sah mich verblüfft an, erwiderte jedoch nichts.
»Er mag der König sein, doch mein König ist er nicht. Er ist ein Lennister, und ich habe mir geschworen -«
»- sich an den Lennistern für das, was sie Eurer Familie angetan haben, zu rächen«, endete Margaery. »Ich kann Euch verstehen, wirklich, doch ist Tommen bei Weitem nicht der schlimmste Lennister.« Die Frau trat noch näher. »Es ist Cersei. Es ist immer nur Cersei. Lasst Euch von mir helfen, vertraut mir, und ich helfe Euch bei Eurer Rache.«
Unentschlossen sah ich Margaery an. Sie schien eine ehrliche und aufrichtige Frau zu sein, und zum ersten Mal in meinem Leben hatte ich das Gefühl, den richtigen Weg zu wählen.

Ich kniete vor den Stufen des Throns. Das schmutzige Kleid berührte den Boden sowie meine Knie, die kalt und zittrig waren. Ich hatte Margaerys Hilfe angenommen und nun hatte ich Audienz beim König, einem Jungen, der gerade mal so alt war, wie ich, als ich Winterfell verlassen hatte.
»Euer Gnaden erlässt Eure Anschuldigungen, wenn Ihr schwört, nie wieder solch eine Tat zu begehen«, sagte Maester Pycelle.
Ich schluckte schwer und nickte langsam. »Ja, ich schwöre.«
»Nun, dann wäre das geklärt.« Pycelle nickte dem König zu. »Euer Gnaden.«
Tommen erhob sich und lief die Stufen zu mir hinunter. Ich hielt den Blick gesenkt - ein wenig Anstand kannte ich noch. Auf einmal erschien eine Hand vor. Zögernd blickte ich auf; der König stand vor mir, und ich ergriff seine Hand und ließ mir von ihm aufhelfen.
»Ihr werdet wieder ein Zimmer erhalten. Eure Wölfe -«, als er dieses Wort erwähnte, setzte mein Herz kurz aus, »- sind wohl auf.« Erleichtert atmete ich auf. Ich spürte, wie Tränen in meine Augen stiegen, und sofort presste ich meine Lippen aufeinander, um sie zu unterdrücken.
»Ich danke Euch, Euer Gnaden«, sagte ich. »Ich danke Euch.«
»Eure Wölfe haben nichts getan«, erklärte Tommen. »Und es wurde bereits genügend Blut vergossen.« Der Junge nickte einigen Goldröcken zu. »Bringt Lady Sienna zurück zu ihren Gemächern.« Er wandte sich an mich. »Falls Ihr in den Garten wollt, sagt es der Königsgarde. Ihr erhaltet Euren eigenen Schutz.«
»Danke, Euer Gnaden«, sagte ich mit gesenktem Kopf und nach einem Knicks ging ich davon.

Ich saß am Rand des Brunnens und ließ meine Hand durch das kühle Wasser gleiten. Die Sonne schien auf meinen nackten Rücken - das neue Kleid hatte weniger Stoff als jenes zuvor; es glich der dornischen Art. Ich beachtete das Ebenbild Joffreys nicht, welches in der Mitte des Brunnens stand, zu seinen Füßen ein toter Wolf liegend und in der Hand eine Armbrust haltend - ich hätte es eingerissen, wenn ich könnte, doch da dem nicht so war, blieb mir nur die Ignoranz.
Es quietschte und ich sah auf. Jaime Lennister stand einige Meter von mir entfernt, die Hand auf den Heft seines Schwertes gelegt.
»Was wollt Ihr?«, fragte ich abgeneigt.
»Ich bin zu Eurem Schutz eingeteilt«, erklärte der Mann.
»Ich will Euch nicht als meinen Schutz«, zischte ich.
Er trat auf mich zu. »Ich habe geschworen, Euch heil zu Eurer Mutter zurückzubringen. Eure Mutter ist tot, doch das entbindet mich nicht von meinem Eid. Ich werde immer ein Auge auf Euch haben.«
»Sagte der Mann, der seinen König umgebracht hatte«, sagte ich. »Ihr hattet damals bereits einen Eid geschworen: Eurem König zu dienen und zu schützen - auch diesen habt Ihr gebrochen.«
Der Lennister sah mich schweigend an.
»Ihr könnt gehen«, meinte ich.
»Seine Majestät befahl mir -«
»Sicher, mich zu beschützen. Das könnt Ihr auch von dort drüben.« Ich deutete auf eine große Hecke, einige Meter von mir entfernt.
Die Miene des Mannes war ernst, er schien etwas erwidern zu wollen, doch unterließ er es und verbeugte sich stattdessen nur. Ein bestimmtes »M'lady« war noch zu vernehmen, bevor er davonging.
Der Kies knirschte, doch war es nicht Jaime. Der unbekannte Mann, der neben Pycelle neben dem Thron gestanden hatte, erschien vor mir.
»Wir hatten noch nicht die Ehre. Mein Name ist Kevan Lennister. Tywin war mein Bruder.«
Ich erhob mich und ließ mir von den Mann einen Kuss auf die Hand hauchen. »Freut mich sehr, M'lord. Ich denke, Ihr wisst, wer ich bin.«
Der Mann lachte. »Ihr habt sehr für Aufruhen gesorgt.« Wir begannen langsam durch den Garten zu laufen. »Jeder möchte die verschollende Lady von Winterfell sehen; es wird sogar über Euer Aussehen spekuliert.«
Ich zwang mir ein Lächeln auf die Lippen. Dieser Lennister schien weniger schlimm zu sein als Cersei, doch kannte ich ihn nicht und es war falsch, voreilige Schlüsse zu ziehen.
»Ich habe gehört, was passiert ist - Ihr habt meine Nichte mit einem Messer angegriffen. Wie ich Cersei kenne, hat sie sicher dafür gesorgt.« Kevan blieb stehen und sah mich an. »Ich will Euch sagen, dass Cersei hier nicht die Befehlsgewalt hat. Sie mag Euch für eine Nacht in eine Zelle gesperrt haben, doch ein weiteres Mal kann sie das nicht. Sie ist nur die Königin Mutter. Ihr seid hier sicher, und falls Ihr Hilfe benötigt, könnt Ihr mich gerne aufsuchen.«
»Ihr sagt, ich bin hier sicher. Das heißt wohl, ich darf Königsmund nicht verlassen«, sagte ich.
»Nein.« Die Stimme des Mannes war ernst. »Ihr seid die Erbin Winterfells. Falls wir Euch gestatten, zu gehen, werden andere Eure Klauen in Euch schlagen - und es dauert nicht, lange, bis man Euch zerfetzt. Bisher ist es nur ein Gerücht, doch wenn ganz Westeros erfährt, dass Ihr am Leben seid, wäre Eure Schwester Schlimmem ausgesetzt. Sie wäre Eure Nachfolgerin und solange Ihr lebt, ist sie wertlos. Wir werden Eure Rückkehr, so gut es geht, als Schall und Rauch aufrechterhalten, und das ist nur möglich, wenn Ihr im Roten Bergfried bleibt.«
Die Worte des Lennisters trafen mich wie ein Schlag ins Gesicht. Er hatte recht. Nun, da ich wieder unter die Lebenden getreten war, war Sansa in der Folge um Winterfell und dem Norden heruntergerutscht. Ich war die Erbin meiner Heimat, und das Schlimmste war, dass die Lennisters mich nun in der Hand hatten.
»Wenn Ihr erlaubt, M'lord: Man ist nirgendswo sicher, am wenigsten in Königsmund«, sagte ich mit fester Stimme. Mit einem knappen Nicken raffte ich meinen Rock und schritt über den Kies davon.

1329 Wörter

Sienna teilt aus ^^

Ich habe einen zweiten Insta-Acc ( _fangirlsruletheworld_ ), wo ich neben Fandom-Stuff auch Dinge über meine Bücher poste. Schaut vorbei.

Frage an Euch:

Wie, denkt ihr, wird Sienna jetzt gegen Cersei vorgehen?

Ich habe überlegt, euch immer eine Frage zu stellen am Ende eines Kapis. Würde mich freuen, wenn ihr antwortet. Wundert euch nicht, wenn ich nicht auf eure Kommis manchmal antworte. Wattpad spinnt bei mir in letzter Zeit.

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