Kapitel 22: Sonntagsessen
Kapitel 22:
Sonntagsessen
~*~
Hermine stand vor dem Fuchsbau und atmete tief durch. Ihre Hand zitterte leicht, als sie zur Haustür trat. Sie hatte viele Monate in London verbracht, hatte sich immer wieder gesagt, dass es der Abstand war, den sie brauchte. Doch nun, als sie hier vor der Tür stand, fühlte sie sich nicht mehr sicher. Sie hatte ihre Freunde und ihre Familie zurückgelassen, ohne ihnen wirklich eine Erklärung zu geben. Es war ein Verlassen, das in ihren Gedanken nie richtig abgeschlossen war. Und jetzt wusste sie nicht, wie sie wieder zurückfinden sollte.
Es war Sonntag, der Tag, an dem die ganze Familie normalerweise versammelt war. Sie wusste, dass sie alle hier sein würden, aber sie hatte keine Ahnung, wie sie empfangen werden würde. Was würden sie denken?
Doch jetzt, da sie hier stand, war die Sehnsucht nach Zuhause stärker als alles andere.
Sie atmete tief ein, klingelte und wartete.
„Hermine?"
Es war Ginny, die ihr die Tür öffnete. Ihre Augen weiteten sich, und für einen Moment war da nur Stille. Dann stürzte sie auf sie zu, ohne ein weiteres Wort zu verlieren, und zog sie in eine Umarmung, die fast schmerzhaft fest war.
„Du bist zurück!" flüsterte Ginny in ihr Ohr, ihre Stimme ein Gemisch aus Erstaunen und Freude.
Die Brünette hatte kaum Zeit, etwas zu erwidern, da war Ginny schon einen Schritt zurückgetreten, um sie mit weit geöffneten Augen anzusehen, als könne sie kaum glauben, dass sie wirklich vor ihr stand. „Ich kann es kaum fassen, dass du wieder hier bist."
„Ich hab mir solche Sorgen gemacht, du hast nicht auf meinen Brief geantwortet und...", erklärte die Gryffindor.
„Brief", fragt die Weasleys stirnrunzelnd, „Ich habe keinen Brief erhalten, ich wusste nicht, dass du mir geschrieben hattest Mione."
„Merlin, ich dachte ihr wolltet mir nicht antworten, ich wusste nicht, dass er nicht angekommen ist, Ginny", antwortete die junge Hexe.
„Oh Mione, egal wie weit weg zu ziehst, ich würde dir immer antworten."
Hermine öffnete den Mund, wollte etwas erwidern, doch ihre Stimme versagte. Stattdessen trat sie einfach einen Schritt weiter in den Raum, und in diesem Moment hörte sie Stimmen aus dem Esszimmer.
Und dann, wie aus dem Nichts, kamen Ron und Harry um die Ecke. Ihre Blicke trafen den ihren, und es dauerte nur einen Augenblick, bis Ron vor ihr stand, seine Arme weit geöffnet. Ohne ein Wort zog er sie an sich und drückte sie fest an sich, fast so, als wollte er sicherstellen, dass sie wirklich hier war.
„Hermine... du bist wirklich hier", anfwortete er leise, fast ungläubig.
„Du hast uns wirklich gefehlt", ergänzte Harry, der hinter Ron stand. Auch er trat einen Schritt auf sie zu, seine Miene ein Gemisch aus Erleichterung und Freude. „Wirklich, Hermine."
Der Raum schien sich um sie herum zu füllen, und bevor sie richtig realisieren konnte, was gerade passiert war, wurde sie von allen umarmt. Es war, als ob die Zeit stillstand und alles, was sie in den letzten Monaten vermisst hatte – all die Vertrautheit, die Nähe, die Menschen, die sie liebte – auf einmal wieder zurück war.
„Es war anders ohne dich", murmelte Ginny noch einmal, diesmal mit einem leichten Lächeln, während sie sich ein wenig zurückzog, um Hermine die Möglichkeit zu geben, sich zu sammeln. Sie hatten in den letzten Monaten ab und zu geschrieben, aber es war nicht das gleiche gewesen, wie jetzt hier zu sein. Es war einfach unfassbar... sie war wieder hier.
„Komm, setz dich", sagte Ron und schob sie sanft in Richtung des Tisches. „Alle werden sich freuen, dass du wieder da bist."
Der große Esstisch war wie immer voll, die Weasleys und ein paar Gäste waren versammelt, und die Atmosphäre war laut und lebendig. Mrs. Weasley stand in der Nähe, mit einem breiten Lächeln, das fast schon die ganze Küche erleuchtete. „Hermine, mein Schatz!" rief sie aus, als sie sie erblickte. „Du bist wieder da...Es tut so gut, dich zu sehen!"
Sie öffnete ihre Arme, und Hermine wurde wieder in eine Umarmung gezogen. Es war eine dieser Umarmungen, die den ganzen Raum einnahm und in der sich Hermine endlich wieder ein Stück zu Hause fühlte.
„Ich habe euch so vermisst", sagte die Hexe, ihre Stimme zitterte, als sie versuchte, die Tränen zurückzuhalten, die plötzlich in ihre Augen stiegen. Es war kein Weinen vor Schmerz – es war Weinen vor Erleichterung. Es war das Gefühl, endlich wieder unter den Menschen zu sein, die sie liebte und die sie so lange vermisst hatte.
„Arthur, sieh mal, wer wieder hier ist!" Mrs. Weasley drehte sich mit einem breiten Lächeln zu ihrem Ehemann, der gerade aus dem Arbeitszimmer kam. „Setz dich, Liebes, Ronnie Spätzchen, hol doch Hermine einen Teller, ja?"
Ron, der gerade dabei war, sich an den Esstisch zu setzen, sprang sofort auf und eilte in die Küche. Die vertraute Hektik des Fuchshauses umhüllte sie wie eine warme Decke. Hermine konnte das laute, fröhliche Durcheinander wieder hören, das sie immer begleitet hatte: das Klirren von Tassen und Tellern, das fröhliche Plappern von Ginny und Fred, das Scherzen von George und das gelegentliche Auflachen von Percy, der in einer Diskussion mit Bill vertieft war.
Ginny setzte sich neben sie und nahm ihre Hand. Ihr Lächeln war so herzlich wie immer.
Die Brünette sah sich um, die vertrauten Gesichter ihrer Freunde, die sie so lange nicht gesehen hatte. Und plötzlich fühlte es sich richtig an. Alles war in Ordnung. Sie war wieder zu Hause.
„Es tut gut, wieder hier zu sein", sagte Hermine, ihre Stimme fast stockend. Doch während ihre Augen nach den vertrauten Gesichtern suchten, konnte sie spüren, wie die Luft um sie herum kälter wurde.
„Hermine! Du bist wirklich hier?", rief Bill und sprang auf, als er sie endlich erblickte. Sein Lächeln war breiter, als sie es erwartet hatte, aber in seinen Augen lag auch eine Spur von Besorgnis. Er trat auf sie zu, und für einen Moment stand die Welt still. Dann zog er sie vorsichtig in eine Umarmung.
„Isch kann es nicht glauben. 'Ermine!", sagte Fleur, die von der Küchentür aus herüberblickte. „Es ist so lange her..."
„Es tut mir so leid", flüsterte Hermine, ihre Hand auf Bills Schulter legend, als sie die Tiefe der Stille in ihren eigenen Worten spürte. Sie wusste, dass ihre Entscheidung, sich zurückzuziehen und nach New York zu gehen, viele Fragen aufgeworfen hatte, aber auch eine Kluft geschaffen hatte, die sich nun wieder zu füllen versuchte.
„Komm, nimm dir was zu essen", sagte Percy, der sich ein Stück vom Nudelaufkauf anschnitt „Wir haben dich alle vermisst, aber wir wissen auch, dass du deinen Raum gebraucht hast. Es ist gut, dass du jetzt wieder hier bist."
Hermine nickte, ihre Kehle eng, als sie sich langsam in Richtung des Esstisches bewegte, wo die Zwillinge sie fast gleichzeitig mit einem „Na, wer ist denn da?" begrüßten.
„Hermine! Wir haben so viel zu erzählen", sagte George, während Fred ein grinsendes „Endlich zurück!" hinterherwarf.
„Wie geht's dir, Hermine?", fragte Arthur, der in der Ecke saß und ihr zuwinkte. „Es ist so lange her, dass wir dich gesehen haben. Fühl dich wie zu Hause."
Die Hexe nickte, ihr Blick auf die vertrauten Gesichter gerichtet. Es war fast überwältigend. So viel Liebe, so viel Freude, und dennoch war sie von einer leisen Unruhe erfüllt. Sie hatte sich gewünscht, dass alles wieder so war wie vorher, aber sie wusste, dass sie sich verändert hatte, und es war nicht leicht, diese Veränderungen auszublenden.
~*~
Der Nachmittag im Fuchsbau verlief, wie Hermine es aus ihrer Schulzeit kannte: voller Leben, voller Chaos und voller Wärme. Nach dem ausgiebigen Essen hatten sich alle in die gemütliche Wohnzimmernische des Hauses zurückgezogen, wo die Gespräche munter weitergingen. Das prasselnde Feuer im Kamin tauchte den Raum in ein warmes Licht, während die Zwillinge sich daran machten, die anderen zu unterhalten.
„Also, Percy", begann Fred mit einem gespielt ernsten Gesichtsausdruck, „wann genau hast du entschieden, ein vollwertiger Mensch zu werden?"
„Ja, Percy", fügte George hinzu und legte ihm die Hand auf die Schulter, „wir sind alle so stolz auf dich. Du bist vom lebenden Gesetzbuch zum—" Er machte eine bedeutungsvolle Pause. „Na ja, zum fast normalen Menschen mutiert."
Percy verzog das Gesicht, konnte sich aber ein Schmunzeln nicht verkneifen. „Ich nehme das als Kompliment", entgegnete er trocken. „Aber wenn ihr so viel Energie darauf verwendet, mich zu analysieren, wer kümmert sich dann um euren Laden? Oder habt ihr endlich jemanden gefunden, der tatsächlich Verantwortung übernehmen kann?"
„Frech wie eh und je", murmelte Fred und lehnte sich grinsend zurück. „Aber wir verzeihen dir. Familienzusammenhalt und so."
„Genau", stimmte George zu, „aber nur, weil Mom uns sonst mit einem ihrer Kochlöffel jagt."
Mrs. Weasley, die auf einem Sessel am Fenster saß, warf ihnen einen scharfen Blick zu. „Ihr beide seid erwachsen, also benehmt euch bitte auch so."
„Natürlich, Mum", sagten die Zwillinge im Chor, wobei sie unschuldige Mienen aufsetzten. Das brachte Fleur zum Kichern, und Bill schüttelte leicht den Kopf. „Wir können nur nicht glauben, dass Percy plötzlich durchschnittlich werden will."
Ginny, die neben Hermine auf dem Sofa saß, lehnte sich zurück und grinste. „Ich muss schon sagen, dieser Sinneswandel ist kosmisch. Aber zumindest lebt er jetzt mal."
Hermine nickte, lächelte und ließ ihren Blick durch den Raum schweifen. Es fühlte sich an wie früher, wie ein Stück Heimat, das sie verloren geglaubt hatte. Doch je mehr sie die familiäre Wärme genoss, desto mehr spürte sie das Gewicht ihrer Neuigkeiten, das auf ihr lastete. Sie wusste, dass sie die große Neuigkeit irgendwann verkünden musste – besser früher als später.
„Und Hermine", begann Arthur, der seinen Tee in der Hand hielt, „was hast du all die Monate in New York so getrieben? Es ist wirklich gut, dich wieder hier zu haben."
Alle Gespräche verstummten langsam, und die Aufmerksamkeit richtete sich auf sie. Sie spürte, wie ihr Herz schneller schlug.
„Oh", begann sie zögernd, „Ich habe in der magischen Forschung gearbeitet. Besonders in der Untersuchung von Artefakten."
„Natürlich, typisch Hermine", sagte Ron mit einem schiefen Grinsen. „Immer die Nase in Büchern oder alten Dingen."
„Es ist faszinierend, Ron", entgegnete sie trocken. „Aber ja, es war viel Arbeit. Und ich habe..." Sie hielt inne, suchte nach den richtigen Worten. „...auch jemanden kennengelernt."
„Jemanden?" Ginny hob eine Augenbraue. „Das klingt interessant."
„Ja", sagte Hermine langsam. Sie spürte, wie sich alle Blicke auf sie richteten. „Ich bin in einer Beziehung."
„Das ist großartig!", sagte Bill sofort. Fleur nickte ermutigend, während die Zwillinge neugierige Blicke austauschten.
„Warte, warte", unterbrach George und hob die Hand. „Wer ist der Glückliche?"
„Oder die Glückliche?", ergänzte Fred grinsend.
Hermine nahm einen tiefen Atemzug. „Draco."
Die Stille, die daraufhin im Raum eintrat, war fast greifbar. Jeder sah sie an, als hätte sie gerade verkündet, dass sie sich entschieden hatte, auf den Mond zu ziehen.
„Du meinst den Malfoy. Draco Malfoy?", fragte Charlie schließlich mit hochgezogenen Augenbrauen.
„Ja, genau den", sagte Hermine ruhig. Sie hatte erwartet, dass die Reaktionen intensiv ausfallen würden, aber die Mischung aus Unglauben und Schock in den Gesichtern war dennoch überwältigend.
„Du machst einen Witz, oder?", fragte Ron, seine Stimme etwas höher als normal. „Das... das ist ein Scherz, richtig?"
„Es ist kein Scherz, Ron", sagte Hermine fest. „Wir sind seit einigen Monaten zusammen."
„Hermine, du weißt schon, dass Malfoy—" begann Ron, wurde aber von Harry unterbrochen.
„Ron", sagte Harry leise, aber bestimmt. Er sah Hermine mit einem durchdringenden Blick an. „Ist das wirklich wahr?"
„Ja", antwortete die Hexe und hielt seinem Blick stand. „Es ist wahr. Und ich weiß, dass das schwer zu verstehen ist, aber... er hat sich verändert."
„Verändert?", wiederholte Ginny und sah aus, als versuche sie, die Worte zu verarbeiten. „Hermine, wir reden von Malfoy. Dem Typen, der uns alle in der Schule gehasst hat."
„Ich weiß, was ihr denkt", antwortete Hermine schnell, ihre Stimme fester werdend. „Und ihr habt jedes Recht, skeptisch zu sein. Aber ich habe ihn kennengelernt, wie er wirklich ist. Er hat sich verändert, und ich... ich denke ich liebe ihn."
„Liebe?", fragte Ron ungläubig und sah aus, als hätte er einen Schlag in den Magen bekommen. „Hermine, das ist Malfoy! Wie—"
„Ron", fiel Harry ihm erneut ins Wort. Dieses Mal war seine Stimme sanft, aber auch nachdenklich. „Hermine weiß, was sie tut. Und wenn sie sagt, dass er sich verändert hat, dann... sollten wir ihr zumindest zuhören."
„Ich weiß, dass das ein Schock ist", gab die Brünette ehrlich zu und sah jeden im Raum an. „Und ich erwarte nicht, dass ihr es sofort versteht. Aber bitte, vertraut mir."
Für einen Moment herrschte wieder Stille, doch dann nickte Ginny langsam. „Wenn du glücklich bist, Hermine, dann unterstütze ich dich. Auch wenn ich ehrlich gesagt erstmal ein Glas Wein brauche, um das zu verdauen."
Das brachte ein leichtes Lachen in den Raum, und sogar Fred und George grinsten wieder.
„Wir werden ihn wohl kennenlernen müssen", sagte Fred mit einem Augenzwinkern. „Und ihm klarmachen, was passiert, wenn er dich nicht gut behandelt."
„Genau", stimmte George zu. „Malfoy oder nicht, niemand legt sich mit unserer Hermine an."
Hermine lächelte schwach, während Ron und Harry immer noch skeptisch aussahen. Doch sie wusste, dass sie mit der Zeit verstehen würden, warum sie diese Entscheidung getroffen hatte.
~*~
Ron saß während die Gespräche weiterliefen, schweigend da, den Blick auf seinen Kuchen gerichtet. Hermine bemerkte, wie er nervös mit seinen Händen spielte und ab und zu flüchtig zu ihr aufsah, als würde er nach den richtigen Worten suchen.
„Ron", begann sie schließlich leise, als die Zwillinge gerade dabei waren, Percy weiter aufzuziehen. „Alles in Ordnung bei dir?"
Er sah sie an, und für einen Moment spiegelte sich eine Mischung aus Schmerz, Verwirrung und einem Hauch von Unsicherheit in seinen Augen. „Ja, natürlich", murmelte er und wandte sich dann wieder seinem Teller zu. Doch seine Stimme klang nicht so fest, wie er wohl gehofft hatte.
Ginny, die an seiner Seite saß, stieß ihn sanft mit dem Ellenbogen an. „Ron, komm schon. Du bist doch sonst nicht so sprachlos. Sag doch was."
„Was soll ich sagen?", platzte es aus ihm heraus, lauter, als er offenbar beabsichtigt hatte. Die Gespräche am Tisch verstummten für einen Moment, und alle Augen wandten sich ihm zu. „Dass ich's großartig finde, dass sie jetzt mit Malfoy zusammen ist? Dass ich das total locker nehme?"
„Ron...", setzte Hermine an, doch er unterbrach sie mit einem bitteren Lächeln.
„Ist schon gut, Hermine. Wirklich. Ich meine, wir haben ja beschlossen, dass es besser ist, wenn wir nur Freunde sind, oder? Und dann bist du weggezogen, und ich dachte, du brauchst einfach Zeit für dich... aber ich hätte nie gedacht, dass..." Er stockte, seine Ohren liefen rot an, während er offenbar nach den richtigen Worten suchte.
„...dass ich jemanden wie Draco Malfoy treffen würde?", vollendete Hermine vorsichtig.
Ron nickte, ohne sie anzusehen. „Genau. Malfoy. Ausgerechnet Malfoy."
„Ron, ich verstehe, dass das schwer für dich ist", erwiderte sie sanft, während ihre Hände sich unruhig auf ihrem Schoß verschränkten. „Aber... du und ich, das hat einfach nicht funktioniert. Wir waren besser als Freunde, das weißt du. Und Draco... er ist nicht mehr der, der er damals war."
„Das mag sein", brummte Ron, während er seine kleine Gabel weglegte. „Aber das ändert nichts daran, dass es für mich... merkwürdig ist. Verdammt merkwürdig."
Harry, der bisher schweigend zugehört hatte, legte eine Hand auf Rons Schulter. „Ron, komm schon. Du weißt doch, dass Hermine ihre Entscheidungen nicht leichtfertig trifft. Und wenn sie sagt, dass Malfoy sich verändert hat, dann hat er das wahrscheinlich auch."
Der Weasley schnaubte leise, doch ein schwaches, beinahe wehmütiges Lächeln huschte über sein Gesicht. „Ja, vielleicht. Aber ich behalte ihn trotzdem im Auge. Nur zur Sicherheit."
„Natürlich wirst du das", sagte Ginny trocken und verdrehte die Augen.
Die Spannung löste sich langsam, als George sich plötzlich vorbeugte. „Also, Hermine... wie genau läuft das bei euch beiden? Ist er immer noch so ein arroganter Schnösel, oder hat er inzwischen einen Sinn für Humor entwickelt?"
Die Gryffindor lachte, und die Unterhaltung nahm wieder Fahrt auf, doch sie bemerkte, dass Ron sie hin und wieder aus dem Augenwinkel betrachtete. Vielleicht würde es Zeit brauchen, aber sie wusste, dass ihre Freundschaft stark genug war, um auch das zu überstehen.
„Du bist glücklich, oder?", fragte Harry etwas später, seine Stimme leise, aber ernst.
Hermine sah ihn an und nickte. „Ja, ich bin glücklich."
„Na dann", sagte Arthur, der plötzlich seine Stimme erhob, „würde ich sagen, dass wir ihr vertrauen. Wenn Hermine sagt, dass er sich geändert hat, dann hat er das auch."
„Vielleicht sollten wir ihn mal zum Abendessen einladen", warf Molly ein und wischte sich die Hände an ihrer Schürze ab.
„Ja, großartige Idee!", rief Fred. „Ich will ihn unbedingt sehen. Vielleicht können wir ihn stattdessen ein bisschen grillen."
„Oh, Fred", tadelte Molly, aber ein Lächeln zuckte um ihre Lippen.
Die Gespräche nahmen wieder Fahrt auf, und Hermine spürte, wie die Anspannung langsam aus ihrem Körper wich. Es würde Zeit brauchen, aber sie wusste, dass sie hier immer ein Zuhause haben würde – auch mit Draco an ihrer Seite.
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Hermine und Ginny standen in der Küche, die Ärmel hochgekrempelt, während sie die letzten Reste des Apfelkuchens auf einen großen Teller luden. Ginny griff nach einem Messer, um die Stücke gleichmäßig zu schneiden, doch Hermine schüttelte lachend den Kopf und nahm es ihr aus der Hand.
„Du hast immer noch keinen Sinn für Symmetrie, Ginny."
„Oh, entschuldige, Frau Perfektionistin."
Die beiden lachten leise, ehe sie den Teller zusammen zurück ins Esszimmer brachten. Dort herrschte weiterhin das typische Durcheinander: Percy sprach mit Arthur über Ministeriumsangelegenheiten, die Zwillinge neckten Fleur, und Molly wies Bill an, die leeren Gläser zu sammeln.
Als Hermine den Kuchen abstellte, blickte sie sich um und bemerkte, dass Harry in der Küche geblieben war. Er lehnte entspannt an der Theke, sein Blick neugierig, als Hermine zu ihm zurückkehrte.
„Harry?" Ihre Stimme klang leiser, als sie es beabsichtigt hatte.
Er sah sofort auf, ein Lächeln auf den Lippen. „Was gibt's, Hermine?"
„Ich muss kurz mit dir reden. Es ist wichtig."
Sein Lächeln verschwand, und er nickte ernst. „Klar, immer. Was ist los?"
Sie zögerte für einen Moment, suchte nach den richtigen Worten. Sie ging näher an ihn heran, um sicherzustellen, dass niemand im Nebenzimmer sie hören konnte.
„Harry, das hier bleibt bitte unter uns, okay?"
„Natürlich."
Sie atmete tief ein und begann: „Ich war gestern mit Draco zu Besuch bei seiner Mutter. Und dort habe ich in einem Keller des Malfoy-Anwesens... etwas gefunden. Pläne, Listen mit Namen, Berichte über Strategien der Todesserbewegung... Es sieht aus, als hätten einige von ihnen während des Krieges Pläne geschmiedet, falls Voldemort fallen würde. Und ich glaube, einige dieser Pläne sind noch aktiv."
Harrys Augen weiteten sich leicht, aber er sagte nichts und ließ sie weitersprechen.
„Harrys Augen weiteten sich leicht, doch er blieb ruhig. „Du hast diese Unterlagen hier?"
„Ja." Sie nickte und verschränkte die Arme vor der Brust. „Ich habe sie mitgebracht, weil ich glaube, dass sie dir helfen könnten. Es gibt Namen, Hinweise auf Treffpunkte... Ich denke, sie könnten wichtig sein, um die Todesser, die noch frei herumlaufen, zu schnappen. Vielleicht auch, herauszufinden, ob sie... ob sie noch immer Anhänger rekrutieren oder Schlimmeres."
„Das ist...das würde uns sehr helfen. Du hast sicher von den Angriffen gehört, oder?"
„Ja. In New York wird ausführlich darüber berichtet. Ich brauche deine Hilfe, um sicherzustellen, dass es diskret bleibt. Wenn das an die Öffentlichkeit gerät, könnten wir wichtige Hinweise verlieren – oder die Todesser werden vorsichtiger. Und ehrlich gesagt..." Sie hielt inne und sah ihn direkt an. „Ich vertraue dir. Niemandem sonst."
Harrys Gesichtsausdruck war nun völlig ernst. Er verschränkte die Arme vor der Brust, seine Stirn leicht gerunzelt. „Danke dass du damit zu mir gekommen bist."
„Ich bin wirklich besorgt Harry...Ich weiß...es gibt noch Anhänger. Und sie suchen nach Wegen, wieder an Macht zu kommen. Vielleicht sogar nach neuen Anführern."
Er nickte langsam, seine Miene ernst. „Du hast recht, Ich werde mir die Unterlagen ansehen und schauen, wie wir das angehen können. Aber, Hermine..."
„Ja?
„Sei vorsichtig in der Sache. Wie auch immer du und Malfoy plant in der Sache vorzugehen, besprich es vorher mit mir..."
„Das...das werd ich."
Er nickte langsam, seine grünen Augen suchten ihren Blick. „Okay. Bring sie mir morgen früh ins Grimmauldplace. Ich werde sie durchgehen und sehen, was wir damit anfangen können.„
„Danke, Harry." Ein Hauch von Erleichterung durchzog ihre Stimme, und sie spürte, wie ein Teil der Last, die sie mit sich herumgetragen hatte, leichter wurde.
Harry lächelte leicht, ein Ausdruck, der ihr Mut machte. „Dafür sind Freunde da, oder?„
Sie nickte, ihre Lippen zu einem dünnen Lächeln verzogen, und für einen Moment war es, als wäre die Welt wieder ein wenig sicherer – zumindest für einen Augenblick.
~*~
„Und du bist sicher, dass du nicht hier übernachten willst", fragte sie Molly am Ende des Abends, während sie ihr ihren Mantel reichte.
„Viele Dank für das Angebot Molly. Aber Draco's Mutter hat uns bereits angeboten die Nacht im Manor zu verbringen."
„Nun denn..Melde dich falls du es dir noch anders überlegen solltest."
„Das werde ich"
Die Gryffindor zog ihren Mantel an, das vertraute Gewicht erinnerte sie daran, wie lange es her war, dass sie den Fuchsbau zuletzt verlassen hatte. Die Wärme des Abends hing noch in der Luft, doch das leise Rascheln der Bäume draußen klang wie ein sanfter Abschied.
„Danke, Molly. Für alles", sagte sie, ihre Stimme sanft, aber aufrichtig. „Es war schön, wieder hier zu sein. Wirklich."
Molly lächelte, ein warmes, mütterliches Lächeln, das der Hexe das Gefühl gab, immer willkommen zu sein. „Du gehörst doch zur Familie, Liebes. Egal, wo du bist, du wirst immer hierher zurückkommen können."
Mione nickte, unsicher, was sie darauf sagen sollte, und trat einen Schritt zurück, um die Tür zu öffnen.
„Pass auf dich auf", fügte Misses Weasley noch hinzu, ihre Stimme ein wenig ernster. „Und sag Draco, dass wir ihn irgendwann auch mal sehen wollen."
Die junge Hexe musste lachen, eine Mischung aus Nervosität und echter Belustigung. „Ich werde es ihm ausrichten. Versprochen."
~*~
Hermine apparierte zurück zum Manor, das in der nächtlichen Dunkelheit still und unberührt wirkte. Die steinernen Mauern schimmerten im fahlen Mondlicht, und die Luft war kühl und ruhig, ein deutlicher Kontrast zur Wärme und Lebhaftigkeit des Fuchsbaus.
Sie schritt über den Kiesweg zum Haupteingang, ihre Gedanken noch bei den Stunden, die sie bei den Weasleys verbracht hatte. Das Lachen, die liebevollen Sticheleien, selbst die kurzen, angespannten Momente – all das war ein Teil einer Welt, die sie vermisst hatte. Doch jetzt war sie zurück in einer anderen Realität, einer, die sie selbst gewählt hatte.
Als sie die schwere Holztür öffnete, bemerkte sie sofort das warme Licht, das aus dem Salon drang. Draco war wach.
Sie fand ihn in einem der großen Ledersessel vor dem Kamin, eine Tasse Tee in der Hand. Sein Blick hob sich, als sie den Raum betrat, und für einen Moment sagte keiner von beiden etwas.
„Du bist zurück", sagte er schließlich, seine Stimme ruhig, aber mit einem Hauch von Erleichterung.
Wie war es?", fragte er schließlich, die Worte so beiläufig, als hätte er sich vorgenommen, sie nicht zu drängen.
„Emotional", gab sie zu und lehnte sich an den Rahmen der Tür. „Aber es war schön. Es hat sich...richtig angefühlt, wieder dort zu sein."
Draco musterte sie aufmerksam, legte die Tasse beiseite und lehnte sich leicht nach vorne. „Und? Wurde ich in die Familie aufgenommen, oder haben sie dir den Kontakt zu mir verboten?"
Ein schwaches Lächeln spielte um ihre Lippen. „Molly will, dass du dich irgendwann offiziell vorstellst. Ich glaube, das zählt als Fortschritt."
Draco schnaubte leise, aber ein amüsiertes Funkeln lag in seinen Augen. „Natürlich will sie das. Ich nehme an, ich sollte mich darauf vorbereiten, einer Horde Weasleys Rede und Antwort zu stehen."
Hermine trat näher, ließ sich in den Sessel gegenüber von ihm fallen und streckte die Beine aus. „Sie sind neugierig. Aber sie verstehen, warum ich dich... warum ich bei dir bin. Das war mir wichtig."
Der Zauberer ließ seine Schultern etwas entspannen, bevor er antwortete. „Und was ist mit Potter? Hat er dir einen Vortrag über die Gefahren meiner dunklen Vergangenheit gehalten?"
„Nein", erwiderte sie ehrlich. „Er war... überraschend verständnisvoll. Aber ich habe mit ihm über die Unterlagen gesprochen. Er will sie morgen sehen."
Draco nickte langsam, sein Gesicht wurde wieder ernst. „Das ist gut. Potter mag vieles sein, aber er ist nicht inkompetent. Wenn jemand uns helfen kann, diese Leute aufzuhalten, dann er."
„Das habe ich mir auch gedacht." Die Hexe lehnte sich vor, ihre Ellbogen auf die Knie gestützt. „Es fühlt sich gut an, wieder etwas zu tun, das wichtig ist."
Malfoy nicke daraufhin nur zustimmend.
Für einen Moment war alles andere vergessen – die Unterlagen, die Gefahren, die bevorstanden. Es war nur der Augenblick, der zählte, und die Gewissheit, dass sie zusammen waren, egal, was kommen mochte.
~*~
Malfoy lehnte sich ein wenig später zurück und betrachtete Hermine mit einem amüsierten Ausdruck, als er beiläufig bemerkte: „Übrigens, meine Mutter hat uns ein Doppelzimmer vorbereitet."
Die Gryffindor hielt inne, ihre Hand noch an einer Tasse Tee, die sie gerade an ihre Lippen führen wollte. „Ein... ein Doppelzimmer?" wiederholte sie, ihre Stimme eine Nuance höher als gewöhnlich.
Draco grinste, sichtlich amüsiert von ihrer Reaktion.
„Komm Granger, ich zeig's dir."
Ein wenig später blieb die Brünette in der Tür des Zimmers stehen, ihre Augen auf das große, perfekt hergerichtete Bett in der Mitte gerichtet. Es war kein Geheimnis, dass das Malfoy Manor auch nach all den Jahren noch einen Hauch von Eleganz und Überfluss ausstrahlte, aber das hier fühlte sich... intim an.
Draco schob sie sanft zur Seite und trat ins Zimmer, seinen Mantel über einen Stuhl werfend. „Das ist es also", sagte er beiläufig.
„Yep", wiederholte Hermine leise, ihre Stirn leicht gerunzelt.
Draco drehte sich zu ihr um, ein amüsiertes Glitzern in seinen Augen. „Was hast du erwartet? Zwei Einzelzimmer? Wir sind zusammen Granger."
„Ich..." Hermine spürte, wie ihre Wangen heiß wurden. Sie strich nervös eine Strähne hinter ihr Ohr. „Ich glaube, ich habe einfach nicht darüber nachgedacht. Wir haben nie... weißt du... zusammen geschlafen."
Dracos Amüsement wich einem kurzen Moment der Überraschung. Er hob eine Augenbraue, bevor sich ein schiefes Lächeln auf sein Gesicht schlich. „Du meinst, wir haben nie ein Bett geteilt."
„Ja, genau das meine ich", erwiderte die Brünette, den Blick starr auf das Bett gerichtet. Sie spürte, wie die Verlegenheit in ihr aufstieg.
Der Malfoy trat näher und verschränkte die Arme vor der Brust. „Granger, wir sind zusammen, richtig? Wir sind in ein Haus eingebrochen, haben dunkle Artefakte gemeinsam untersucht, und jetzt machst du dir Sorgen, mit mir ein Bett zu teilen?"
„Das ist nicht... ich mache mir keine Sorgen!" protestierte sie schnell, ihre Stimme eine Spur zu hoch. „Es ist nur... neu. Und ich weiß nicht, ob—"
„Ob ich schnarche?" unterbrach er sie grinsend. „Oder dich im Schlaf mit einem Kissen angreife?"
Hermine warf ihm einen scharfen Blick zu, konnte aber das leichte Lächeln, das ihre Lippen umspielte, nicht verbergen. „Du weißt genau, dass das nicht das Problem ist."
Draco trat einen Schritt zurück und hob beschwichtigend die Hände. „Hör zu. Wenn es dir unangenehm ist, kann ich mich auch aufs Sofa legen. Ich bin ein Gentleman, wenn es darauf ankommt."
Hermine schüttelte den Kopf und seufzte. „Nein, das ist albern. Es ist nur... ich muss mich daran gewöhnen, denke ich."
„Dann fang heute damit an", erwiderte der Malfoy ruhig, seine Stimme diesmal ohne den üblichen Sarkasmus. „Wir haben einen langen Tag hinter uns und morgen einen noch längeren vor uns. Schlaf einfach, Granger. Niemand beißt."
Sie sah ihn an, suchte in seinen Augen nach dem üblichen Spott, fand aber nur eine ungewohnte Sanftheit. Schließlich nickte sie langsam. „Okay. Aber ich nehme die Seite am Fenster."
Draco schmunzelte, während er begann, die Tagesdecke zurückzuschlagen. „Wie du willst. Ich bin großzügig, wie du weißt."
Die Hexe lächelte leicht und zog sich ihre Schuhe aus. Vielleicht war es nicht so seltsam, wie sie befürchtet hatte. Vielleicht war es einfach der nächste Schritt – einer, den sie gemeinsam gehen konnten.
tbc..
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