Sonnenaufgang
Keuchend schloss Robyn die schwere Tür hinter sich.
Dabei realisierte sie, wie trocken ihre Kehle war und wie schnell ihr Herz gegen ihren Brustkorb schlug. Durch das laute Rauschen in ihren Ohren, wie das Gefühl, nun erst auf das Geschehene zu reagieren, bemerkte sie Apollo nicht.
Nicht einmal, wie er direkt vor ihr stand und sie mehrmals ansprach.
Erst als sie ihren Blick hob und die zusammengezogenen Augenbrauen über den Augen, welche an den Himmel bei einem Sommerstorm erinnerten, hörte sie seine strenge Stimme.
"Was ist passiert, Mensch?"
Bilder schossen in ihrem Kopf und sie konnte sich nicht daran hindern, vor Furcht zusammenzuzucken.
"I-Ich weiß nicht so richtig.", brachte sie dennoch hervor und vermied dabei Apollos Augen.
Sie halfen nicht besonders dabei sich beruhigen oder gar sicher zu fühlen. Auch schrie etwas in ihr, dass sie die Wahrheit sprechen sollte. Es fühlte sich schrecklich an.
"Du lügst. Ich weiß das. Genauso wie du weißt, dass ich das weiß. Also, Mensch, was ist da passiert? Oder muss ich mich selbst informieren."
Das Letztere war kein Vorschlag oder gar eine Frage. Ganz im Gegenteil. Es war eine Warnung.
Wodurch die innere Stimme, welche Robyns Urinstinkt war, immer lauter wurde, bis sie es nicht mehr ignorieren konnte.
"Ich habe jemanden getroffen-"
"Jemanden?"
"Hermes."
Als sie den Namen aussprach, spürte sie einen kalten Luftzug. Robyn war bewusst, dass sie gerade einen Fehler begangen hatte. Einen sehr großen sogar. Doch als sie Apollos Gesicht sah, wusste sie sofort, dass sie diesen Fehler gerne hinnahm.
Sein Gesicht spiegelte absoluten Zorn wieder.
Obwohl sie wusste, dass diese Emotion nicht an sie gerichtet war, war ihr der momentane Augenblick dennoch nicht geheuer.
"Hat er dir weh getan? Hat er dich angefasst?" Apollo gab ihr nicht einmal die Chance zu sprechen, bevor er scharf Luft einzog. Keine Sekunde später zog er Robyn zu sich und begutachtete ihren Arm.
Dort hatten sich am Oberarm, sowie am Handgelenk, Blutergüsse entwickelt, welche nicht sehr freundlich aussahen. Ganz im Gegenteil. Sogar Robyn war von ihrer tiefen Farbe und die kurzen Zeit, in der sie sich entwickelt hatten, schockiert. Als wäre das noch nicht schlimm genug, drückte Apollo zaghaft dagegen.
Naja, eher zaghaft im göttlichen Sinne, da er wohl wieder vergessen hatte, dass vor ihm kein Gott stand.
Ungewollt zischte Robyn und verkniff sich einen Fluch. Obwohl die Augen des Gottes immer noch stürmisch aussahen, erkannte sie so etwas wie eine Entschuldigung darin. Er hatte wohl doch etwas Verstand...
"Wieso hat er das getan?"
Erneut klangen seine Worte nicht wirklich wie eine Frage. Sein Gesicht war nun eine Maske, durch die nichts mehr hindurch dringen konnte.
Robyn war zwar seine intensive Gefühle nicht ganz recht, aber es war doch etwas was sie kannte. Etwas menschliches. Doch mit dieser Maske erinnerte Apollo mehr an die Statuen in den Museen und Tempeln. Jung und perfekt. Göttlich.
"Hast du ihn erzürnt?" Seine mittlerweile wieder hellblauen Augen stachen durch sie.
An sich hatte sie etwas Angst, ihn erneut so aufzuwühlen, aber seine Frage war frech und ungerecht.
Wieso war es ihr Fehler, dass Hermes sich nicht zusammenreißen konnte?
"Entschuldigung, aber obwohl ich ein Mensch bin, heißt das noch lange nicht, dass es meine Worte sind, die euch Götter das Recht geben, mir zu drohen oder gar weh zu tun! DU hast gemeint, dass ich niemanden trauen soll und nur du mir helfen wirst, solange ich hier bin und genau das habe ich getan. Was diesem Idioten nicht gefallen hat und er mich deswegen in den Himmel gehalten hat und mich fast fallen hat lassen!"
Als Apollo Anstalt machte, ihre Rede zu unterbrechen, hob Robyn ihren Finger in sein Gesicht und warnte ihn mit ihrem Blick.
"Du vergisst, dass ich ungewollt hier gelandet bin und festgehalten werde! Mir wurde einfach aus dem Nichts gesagt, dass Götter und alles um sie herum real sind und sie tatsächlich über uns entscheiden. Außerdem wurde mir unerlaubt meine Beine enthaart, was eine Frechheit in der heutigen modernen Kultur ist, vor allem, wenn der Grund, ein Typ ist! Und dann muss ich mir anhören, dass es meine Schuld ist, dass ein möchtegern Gott mich nun fast fallen hat lassen, weil ich gesprochen habe?" Mittlerweile war Robyns Finger auf Apollos Brust und stach immer wieder dagegen. Was dieser nur mit funkelnden Augen wahrnahm. "Scheiß auf eure kaputte Denkweise! Scheiß auf Hermes! Scheiß auf deine Launen! Die einzig normale Person bisher war Athene und das auch nur, weil sie mich gerettet hat!"
Schwer atmend beendete Robyn ihren Ausbruch. Weswegen sie erst jetzt die Hitze um sie spürte. Genauso wie der unzufriedene Ausdrucks von Apollo.
"Das sind viele Informationen, vermischt mit deiner eignen Meinung. Wir werden später darüber reden." Ohne auf sie zu achten, zog er sie zu einem Chariot mit vier weißen Pferden. Wieso hatte Robyn sie noch nicht davor bemerkt? "Aber sei dir sicher, dass wenn du erneut mit mir so sprechen solltest, ich dich bei lebendigen Leib verbrennen werde und eine Nymphe dein Ersatz spielen werde lassen."
Empört und gegen ihren Instinkt antwortete sie dem Gott.
"Du hast mir versprochen, mir nicht weh zu tun!"
Mit einer fließenden Bewegung hob er sie auf den Chariot und stellte sich hinter sie.
"Ja, aber meine Geduld hat ihre Grenzen. Welche meist bei Menschen ist", knurrte er in ihr Ohr und ließ die Zügel schnallen.
Augenblicklich rannten die Pferde laut wiehernd los, weswegen sich Robyn am Chariot festhielt. Bevor sie fragen konnte, wohin sie nun gingen, realisierte sie, dass sie ins nichts rannten. Mit zusammengekniffenen Augen erwartete sie den Fall, doch verspürte nur den Wind. Zögerlich öffnete sie ihre Augen wieder.
Was sie sah, ließ sie für einen kurzen Moment, die letzten Stunden vergessen.
Der Himmel war nicht mehr dunkel und voller Sterne, sondern ging in die Farben der Morgendämmerung über. Orange, rose, lila und gelb prägten den Himmel und verwandelten ihn somit in ein Kunstwerk. Als wäre das nicht schon wunderschön genug, flog an ihnen tatsächlich eine Frau mit riesigen weißen Flügeln vorbei.
"Eos.", hauchte Robyn ohne zu wissen, wie sie sich sicher sein konnte.
Doch das Lächeln, welche besagte Frau ihr zusand, war Beweis genug. Etwas unelegant verdreht, versuchte Robyn solange es geht, der Göttin mit ihrem Blick zu folgen. Wie eine Feder glitt Eos durch den Himmel und berührte hier und da eine Wolke. Dabei wehte ihr schlichtes Gewand und ihr stechend rotes Haar schien mit dem Wind zu spielen.
Leider dauerte es nicht lange, bis die Göttin aus ihrem Blickfeld verschwand. Enttäuscht wand sich Robyn wieder nach vorne und war überrascht, dass vor ihnen ein Palast schwebte.
Ja, er schwebte. Auf Wolken. Wie bei Barbie im Film.
"Wo sind wir?", traute sich Robyn die Stille zwischen ihr und Apollo zu unterbrechen.
"Mein Palast.", konnte sie nur hören. Die Stimme distanziert und kalt.
Gut, wenn das eben nun seine Weise war mit der Auseinandersetzung umzugehen.
Er hat sie schließlich hierher geholt und es waren seine Worte gewesen, an welche sie sich gehalten hatte. Außerdem musste er erstmal erklären, was Sache war.
Und obwohl, ihr Instinkt sie davor warnte, war Robyn sich sicher, dass nun in "seinem" Palast herauszufinden.
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