Das Kennenlernen
Robyns Kopf tat fürchterlich weh.
Nicht so, wie wenn sie mal wieder zu viel Wein getrunken hatte, oder wenn sie mit der Matheklausur fertig war- Nein, es war ein dumpfes, aber dennoch tiefes Klopfen, welches mit jedem Atemzug erneut auflebte. Es war, als würde es ihren ganzen Körper übernehmen und sie fest halten.
Auch fühlte sich ihr Glieder schwer und kraftlos an. Wenn sie es nicht besser wissen würde, könnte man meinen, dass sie einen Autounfall hatte und ihr ganzer Körper sich nun mit voller Kraft bemerkbar machte.
"Das sollte die Schmerzen lindern."
Ihre Überraschung über die unerwartete Stimme wurde vom Schock abgelöst, als sie etwas zart an der Stirn berührte und sämtlicher Schmerz fort war.
Augenblicklich öffnete sie ihre Augen und versuchte ihre Umgebung zu erkennen. Doch helles Licht ließ Robyn ihre Augen sofort wieder schließen und abwehrend ihre Hand vor ihr Gesicht heben.
"Oh.", ertönte erneut die Stimme. "Öffne deine Augen, nun sollte es besser sein."
Etwas unsicher, aber dennoch neugierig, wie verwirrt, tat sie wie ihr gesagt wurde.
Zu ihrer Überraschung stand da niemand in schwarzer Kleidung und mit einem Strumpf über den Kopf gezogen, sondern genau das Gegenteil.
Robyn konnte einen jungen Mann sehen, der ein altmodisches Gewand anhatte, welches in einem tiefen Lila gefärbt war. Nicht nur war dadurch die halbe Brust zu sehen, sondern auch die langen Beinen und Arme, welche von Goldringen umschlossen wurden. An den Füßen trug er goldene Sandalen, deren Schnüre sich um seine Waden wanden. Das ganze Oufit wurde von einem ebenso lilanen Umhang ergänzt, der durch zwei Sonnenbroschen an das Gewand gebunden war.
Erst jetzt schaffte sie es ihrem gegenüber ins Gesicht zu blicken.
Kaum war es soweit, atmete sie laut ein. Seine Schönheit war atemberaubend. Noch nie hatte sie solche Gesichtszüge erblicken dürfen und war sich sicher, dass ihre Fantasie niemals groß genug sein konnte, um solch ein Wesen zu erschaffen.
Das schmale, aber dennoch kantige Gesicht spiegelte Macht und Wissen wieder. Seine blauen Augen erinnerten sie an den Himmel, aber es schien, als würde sich das Blau genauso oft verändern. Obwohl seine dichten dunklen Augenbrauen ernst zusammengezogen waren, zeigte das amüsierte Lächeln um seine Lippen, dass ihre Reaktion ihn zufriedenstellte. Seine volle schwarzen Locken, wurden von einem golden Sonnenkranz gezähmt.
"Gefällt dir, was du erblickst?", fragte der Fremde sie mit einer Stimme, deren Klang, wie ein noch nie erhörtes Instrument klang.
Tatsächlich überfordert mit dem Anblick, stemmte sich Robyn auf und mied somit weiteren Augenkontakt. Ihr war nicht mehr schwindlig oder heiß. Ebenso war sie nicht gefesselt. Doch zu ihrer Verwirrung erinnerte der Raum, indem sie sich befand, an die Tempel, welche sie erst vor kurzem besucht hatte. Nur dass es keine Landschaft weit und breit zu sehen gab, sondern Wolken.
"Wo zur Hölle bin ich?", fragte sie also direkt hinaus, während sie den Mann anstarrte, ohne schwach zu erscheinen. Was wirklich hart war, da alles in ihr schrie, auf die Knie zu gehen und zu betteln.
"Nicht bei Hades.", konnte sie ihn flüstern hören, bevor er um das Bett ging, in welchem sie lag.
Instinktiv wich sie zurück, was ihn erneut grinsen ließ. Mit jedem Schritt seinerseits, stieg auch die Hitze um sie herum an.
Etwas in ihr, ließ sie ahnen, wer vor ihr stand. Aber das war einfach nicht möglich, da all das nicht existierte und sie wahrscheinlich irgendwelche Drogen bekommen hatte.
"Ängstlich?"
"Mein Lehrer wird wissen, wo ich mich befinde und die Polizei alarmieren. Bald weiß die ganze Welt bescheid und wird mich überall suchen." Sie fühlte sich dumm. Wie als wäre sie in einem schlechten Krimifilm und gleich würde jemand die Szene unterbrechen, nur um ihr zu sagen, dass sie sich mehr anstrengen sollte.
"Dann soll die Welt mal suchen. Wenn sie es überhaupt als wichtig genug ersieht, einen Menschen ohne Wert finden zu müssen."
"Was?", nun war Robyn wirklich verwirrt.
Der Mann ging nicht auf ihre Frage ein. Stattdessen Schritt er zu einer langen Kommode, auf der mehrer Gläser, Flaschen und Fruchtschüsseln standen. Elegant schenkte er sich etwas ein und nahm einen großen Schluck, bevor er sie erneut anblickte.
Robyn wusste, dass nichts ihn davon abhalten würde, sie wie ein offenes Buch zu lesen. Genauso wurde ihr bewusst, wie unvorteilhaft ihre Position war. Denn sie saß noch immer auf dem Bett.
"Was ist draußen vor dem Tempel passiert?", fragte sie also zaghaft und stand dabei langsam auf.
Jede ihrer Bewegungen wurde von seinen klaren Blick verfolgt. Während sie sich durcheinander und müde fühlte- Sie wollte nur nach Hause.
"Du bist zusammengebrochen."
"Und?"
"Dann habe ich dich hochgehoben und hierher gebracht."
"Wieso?"
"Weil ich mein Wort halte. Das Kissen wird dir keine gute Waffe sein." Seine Stimme klang amüsiert und etwas in Robyn drang sie, ebenfalls zu lächeln.
Doch die nüchterne Wahrheit, dass das Kissen in ihrer Hand definitiv nicht helfen wird, sich zu wehren, hielt sie davon ab.
"Dennoch muss ich etwas zwischen dir und mir bringen. Schließlich könntest du alles sein. Entführer, Verrückter, Vergewaltiger, Mörder?"
Nun war der Fremde überrascht und starrte sie sekundenlang an.
"Ich bin kein Verrückter.", sagte er bestimmt.
"Sicherlich!"
Wieso diskutierte sie überhaupt mit ihm? Robyn sollte versuchen zu fliehen. Sofort!
"Ich bin bei all meinen Sinnen." Nun klang er zornig.
"Sicherlich. Wirst du mich versklaven? Vergewaltigen?-"
"Hey! Ich hab das aufgegeben!"
"-Umbringen? Und was meinst du mit aufgeben?"
Der Mann seufzte leise und rieb sich kurz am Nacken, dann schaute er ernst auf und machte eine schnelle Handbewegung. Bevor Robyn verstand, was passierte, saß sie wieder auf dem Bett, aber konnte sich nicht bewegen. Schockiert stellte sie auch fest, dass sie nicht sprechen konnte. Nichts funktionierte mehr.
"Ich hasse es schon, wenn die anderen dazwischen reden, aber ein Mensch? Nein. So weit wird es nicht kommen.", zischte der Fremde und schaute sie genervt an. "Ich bin Apollo. Kein Verrückter. Kein Vergewaltiger und für dich auch kein Mörder. Deine Anwesenheit hat einen Grund, den ich dir später genauer erklären werde, aber nun musst du nur wissen, dass du mein Gast bist und ich dir nicht schaden werde. Ganz im Gegenteil. Ich werde dich beschützen, ehren und akzeptieren. Was eine große Ehre ist. Das ist alles, was du bis jetzt wissen musst."
Mit weiten Augen hörte sie ihm zu und versuchte mit jedem weiteren Wort, das Schreien in ihrem Kopf zu ignorieren. Sie hätte selbst geschrien, aber ihre momentane Situation verbat es ihr. Auch war es ein Schock zu realisieren, dass die kleine Stimme im Hinterkopf recht hatte und sie tatsächlich vor einem Gott saß.
Und sie wollte sich mit einem Kissen verteidigen...
"Ich erlaube dir nun, wieder frei über deinen Körper zu herrschen, also versuche dich zu benehmen.", warnte er sie mit sehr ruhigem Ton.
Kaum waren seine Worte gesprochen, spürte sie, wie sie erneut Kontrolle über ihren Körper hatte.
"Ich dachte, dass ihr nur die Fantasie von den alten Griechen gewesen seid!", kam es sofort aus ihr hinaus.
Apollo, wie auch Robyn, waren über ihre ersten Worte etwas enttäuscht. Aber sie würde genau das Gleiche auch eine Fee, Meerjungfrau oder einem Einhorn stellen.
"In meiner Fingerspitze allein fließt mehr Macht und Kraft als in deinem ganzen Körper. Also sag mir, Mensch, wie kann ich eine Fantasie sein, aber dennoch mehr Wahrheit sein, als du in deinem ganzen Leben."
Robyn zwinkerte ein paar Mal und versuchte dabei die Beleidigung zu ignorieren.
"Das war nicht nett.", flüsterte sie dennoch.
Ehrlich gesagt, wurde ihr erst jetzt klar, was passierte. Was passiert war. Auch, dass wenn sie von einem Entführer mit bösen Absichten, sie wusste die von Apollo noch nicht, entführt worden wäre, wahrscheinlich schon längst tot wäre. Da sie wirklich nichts gemacht hatte, was sie gerettet hätte und sie konnte sich das auch nicht selbst erklären.
Robyn wusste nicht, wieso sie so riskant und dumm diese ganze Situation angegangen war.
"Das ist mein Einfluss. Deine Urinstinkte wussten sofort, wo du dich befindest und wem du gegenüber stehst. Auch wenn wir als ein Mythos dargestellt werden, oder als Aberglaube, weiß jeder Mensch tief in sich, dass wir mehr sind und ein Teil der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Dein Kopf hat es zwar zuerst noch verweigert, aber dein Herz wusste es sofort: Hätte ich dir schaden wollen, wärst du schon längst bei meinem Onkel Hades.", erklärte Apollo ihr. Er hatte tatsächlich ihre Gedanken gelesen.
"Nur erahnt.", mischte er sich erneut ein. "Ebenso ein Einfluss von mir. Dein Wesen wird offener und deine Gefühle intensiver. Weil ich ein Gott bin und du nur ein Mensch."
Mit einem unschönen Gefühl versuchte Robyn die neuen Informationen zu verarbeiten. Irgendwie wollte sie wieder bewusstlos werden und versuchen, dem Ganzen aus dem Weg zu gehen.
"Es scheint viel zu sein, doch es wird sich lohnen." Langsam kam er zu ihr und kniete sich hin, damit sie direkten Augenkontakt hatten. "Ich bin dein Freund, solange ich hier bin. Das alleine ist eine große Ehre, Mensch."
"Aber wieso?", flüsterte sie, da sie tatsächlich eine schwere Müdigkeit verspürte.
Das "Wieso" bezog sich auf so viel.
Wieso war sie hier?
Wieso wussten die Menschen in ihrer Zeit nicht, dass die Götter mehr waren als ein Aberglaube?
Wieso lebte sie noch?
Wieso war Apollo selbst ihr angeblicher Freund?
Wieso hatte er sie mitgenommen- hoch in den Himmel?
"Später. Nun ruhe dich aus. Dein Körper ist noch immer schwach und es werden noch mehr von Ihnen kommen, um dich zu sehen. Außerdem haben wir noch eine lange Reise vor uns und deine Fragen werden sich verdoppeln. Glaube mir, Mensch.", antwortete er ihr erneut, ohne dass sie ein Wort sprach.
"Mein Name ist Robyn.", murrte sie etwas genervt.
Wie um ihr klar zu machen, dass das nicht von Wichtigkeit war, berührte Apollos Fingerspitze erneut ihre Stirn.
Sofort umschloss ein tiefer Schlaf Robyn.
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Hello!🌻
Vielen Dank erstmal für eure tollen Feedbacks, hinsichtlich dieser Story und auch die Freude!!! Das hat mich echt gefreut und überrascht!
Mein Grund, weshalb ich jetzt doch wieder was geschrieben habe, ist, dass ich in 4 Wochen zurück nach Deutschland gehe und etwas brauche, was mich entspannt und nicht zu sehr aufgeregt sein lässt.
Aber das ist jetzt auch egal!
Die 3. Person Perspektive ist neu für mich, aber aufgrund des ganzen Wissen über griechische Mythologie doch wichtig, damit auch Leute, welche noch nicht so viel darüber wissen, mitkommen!
Hoffe, ihr habt eine schöne Woche und sehen uns nächsten Montag wieder! 💛
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