Kapitel 20

“Tala, die Leitung hat sich besprochen und hat lange darüber nachgedacht, wie wir Ihnen weiterhelfen können”, beginnt Doktor Miller mit ernster Miene, “Nach langen Überlegungen, sind sie zum Entschluss gekommen, dass eine Zusammenarbeit hier bei uns auf einer solchen Basis nicht funktionieren kann. Da Sie Sich strikt weigern ihre Medikamente zu nehmen und vor allem nach dem Zwischenfall während Ihrer Besuchszeit, sind wir mit der Zustimmung Ihres Vaters, zu dem Ergebnis gekommen, dass Sie in einer geschlossenen Abteilung wohl besser versorgt wären.”

Mir bleibt die Luft weg.

 “Ich soll in eine geschlossene Anstalt!”

 “Wir haben hier im Haus eine spezielle Abteilung. Auf Ihren eigenen Wunsch hin, können wir Sie allerdings auch in eine andere Institution umsiedeln.”

Ich kann es nicht fassen. Inzwischen wird hier auch noch über meinen Kopf hinweg über mich entschieden. Dabei hat sich niemand die Mühe gemacht ein einziges Mal mit mir über meine Beweggründe und Empfindungen zu sprechen. Wenn das so weitergeht, sehe ich mich schon in einer Zwangsjacke in der Gummizelle sitzen.
Soweit werde ich es nicht kommen lassen.

 “Aber Sie hatten selbst gesagt, dass ich Fortschritte machen!”, versuche ich zu argumentieren.

Doch Doktor Miller legt die Stirn in Falten und verschränkt die Arme.

 “Tala, ich wurden auch von anderen Patienten angesprochen, die sich Sorgen machen. Sie haben darüber gesprochen, Lichter im Wald von Centralia gesehen zu haben, haben sich während des Ausflugs unerlaubt von der Gruppe entfernt, um diesen Lichter nachzujagen und berichteten von irgendwelchen Tierfantasien. Wir sollten nun handeln, bevor sich ihr Gesundheitszustand weiter verschlechtert.”

Ich kann kaum glauben, was ich da gerade höre. Miguel hat also mit Doktor Miller gesprochen und ich dachte wirklich, man könne ihm vertrauen.
Schützend schlinge ich die Arme um meinen Oberkörper, wobei ich mit den Tränen ringe. Die Erkenntnis, absolut keinem Menschen um mich herum vertrauen zu können, schmerzt.
Doktor Miller redet noch lange auf mich ein, erklärt mir irgendwelche Möglichkeiten verschiedener Therapien und medikamentösen Behandlungen, jedoch sträube ich mich innerlich auch nur ein weiteres Wort aufzunehmen. Regungslos sitze ich auf meinem Stuhl und schaue ins Leere, bis er die Sitzung für heute beendet.

Während des Mittagessens spreche ich kein Wort. Mit emotionsloser Miene sitze ich neben Sophie, gegenüber von Amy und Miguel. Es strengt mich an, mir meine Wut nicht anmerken zu lassen und zum Glück wagt es auch gerade niemand mich anzusprechen. Hier, mitten in der Mensa, möchte ich keine Szene machen.
 Also warte ich, auch wenn es mir noch so schwer fällt, bis alle gegessen habe und in den Garten wollen. Nun ergreife ich endlich die Gelegenheit Miguel zur Rede zu stellen.

 “Warum hast du das gemacht?”, zische ich zornig.

Mit großen Augen dreht sich Miguel zu mir um.

 “Was?”, fragt er gespielt ahnungslos aber seine Schauspielerei kann er sich sparen.

 “Warum bist du zu Doktor Miller gerannt?”, fordere ich eine Antwort.

Miguels Mundwinkel ziehen sich nach unten, seine Schultern sacken schuldbewusst zusammen.

 “Ich wollte nicht Petzen oder so. Ich habe mir Sorgen gemacht.”

 “Sorgen?”, schnaube ich verächtlich, “Dank dir werde ich in die Geschlossene verlegt! Bist du jetzt zufrieden?”

Erschrocken weiten sich seine Pupillen. Er setzt an noch etwas zu sagen aber ich lasse ihn stehen.
In mir nicht mein Blut, mein Herz hämmert gegen meine Brust und ich möchte auf gar keinen Fall vor ihm weinen.
Schnell renne ich durch die Kantine, will gerade die Treppe nach oben, als ich aufgehalten werde.

 “Hey, was ist los?”

Dayton kommt gerade bepackt mit zwei großen Kisten den Flur entlang. Als er mich erblickt, stellt er die Ware auf den Boden und kommt mir nach.

 “Hast du Ärger?”, fragt er besorgt, wobei seine Finger zärtlich meine Haare auf den Rücken streichen.

 “Alle denke, ich sei verrückt”, bricht es schluchzend aus mir heraus, “Jetzt wollen sie mich in die geschlossene Abteilung stecken und mit Tabletten vollzustopfen  Aber das bin ich nicht irre. Ich weiß genau, was hier los ist und ich weiß ... wer du bist.”

Der letzte Teil meines Satzes ist so leise, dass meine brüchige Stimme kaum mehr ein Wispern ist.
In Daytons Gesicht zeichnet sich ein Ausdruck ab, den ich nicht deuten kann. Vielleicht ist es Erstaunen, Verwunderung oder Erleichterung.

 “Wer bin ich denn?”

Es ist definitiv keine Frage. So wie er es sagt, ist es eine Herausforderung, obwohl seine Tonlage dabei so samtig wie immer bleibt.

 “Du konntest nicht wissen, dass ich meinen Knöchel verletzt habe. Ich hatte es meinen Vater erst erzählt, als wir zurück in der Klinik waren. Also warst du im Wald. Kein normaler Mensch schafft es aus dem dritten Stock auf Asphalt zu springen ohne sich etwas zu tun.”

Mehr brauche ich nicht zu sagen.

 "Und nun wollen sie dich wegsperren?”

Ich nicke und Dayton greift meine Hand.

 “Hast du Angst vor mir?”

Ich schüttele den Kopf.

 “Dann komm mit mir!”, sagt er entschlossen, “Packe deine Sachen bis heute Abend. Den Rest kannst du mir überlassen.
 

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