Kapitel 8...Geschwisterliebe...grausam, kleine Schwester!

Lara saß, nach dem gemeinsamen Abendbrot in der Küche bei Adele, Isaak, Tyler und Matt. Sie alle waren in einer angeregten Unterhaltung vertieft...außer Lara. Sie vermisste ihren Vater.

"Entschuldigt mich!", warf sie in die Runde und schob ihren Stuhl nach hinten. Sie verließ die Küche und lief ins Freie. Sie ging in die Beuge und holte tief Luft. Dann griff sie zu ihrem Telefon und wählte die Nummer ihres Vaters. Sie wusste, er war mit Glen in den Flitterwochen. Aber sie vermisste ihn und wollte einfach nur seine Stimme hören. Das letzte Mal, als er solange weg war, da war Lara noch ein Kind, ungefähr neun. Er war damals für ein Projekt bis nach Los Angeles geflogen und war fast ein Vierteljahr lang weg.

Lara wartete in der Leitung. Seine Mailbox ging sofort dran, es versuchte erst gar nicht zu klingeln. Lara machte ihr Handy wieder aus und steckte es in ihre hintere, rechte Hosentasche zurück.

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Eine Stunde später traf Myles von der Baustelle ein. Er suchte Lara im Büro ihres Vaters auf. Myles trat nach einem Klopfen ein und Lara drehte sich zu ihm um. "Du bist schon hier? Ich dachte, du kommst morgen erst zurück!...Na dann frage ich dich doch lieber:...Endlich Feierabend großer Bruder?", fragte sie ihn beherzt mit dem Bleistift zwischen ihren Lippen.

"Ja, kleine Schwester! Endlich Feierabend!", und Myles stellte seine Reisetasche neben der Tür ab und ging auf den Schreibtisch zu. Er nahm sie in seine Umarmung und knuddelte sie ein wenig.
"Was machst du gerade?", wollte Myles wissen, ließ sie los und stellte sich vor die Zeichnung.

"Das zweite Obergeschoß...für dein Projekt. Dad meinte, ein Balkon oder kleine Terrasse könnte das kleine Stück dort oben ausfüllen. Was meinst du dazu?"

Myles starrte fünf Minuten still schweigend auf die Zeichnung und auf den Querschnitt auf der anderen Zeichnung, die das erste Obergeschoß aufzeichnete. "Könnten wir nicht eine halbrunde Terrasse dort anbringen?...In der ersten Etage ist dieses Stück ebenfalls halbrund. Es wäre nicht schlecht, das da oben drüber ebenfalls halbrund anzugleichen...mit einer Terrasse von mir aus. Gib mir mal den Stift, Schwesterherz, falls du ihn noch nicht verschluckt hast."

Lara gab ihm grinsend den Bleistift und Myles nahm ihn ihr ab und schnappte sich noch den Radierer und machte sich an die Zeichnung des zweiten Obergeschosses zu schaffen.

Lara stand hinter ihm mit verschränkten Armen vor ihrem Oberkörper und beobachtete ihn dabei, wie er dünne Linien mit dem Stift und dem Lineal und dem Winkelmesser zog. "Du lernst schnell!", lobte sie ihn lächelnd. "Nicht schlecht großer Bruder!"

Myles ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. "Dein Vater ist ein hervorragender Lehrer, Lara..."

"Unser Vater!...Vom Leibwächter zum Architekten...Das will schon was heißen!", ließ Lara verlauten und setzte sich an den Laptop. "Gib mir bitte mal die Maße für die Terrasse. Ich übertrage das hier in die Skizze und dann drucke ich es dir aus...Hoffentlich gefällt dem Käufer diese Veränderung." Lara druckte die Skizze aus und nahm sie in die Hand.

Myles beäugte die Skizze auf dem Schreibtisch liegend über Laras rechte Schulter und segnete es ab. "Mir gefällts. Ich würde die Villa sofort kaufen, Schwesterherz. Wenn ich nicht schon ein Dach über dem Kopf hätte.", schmachtete er ihr ins Ohr. "Gib's her! Das packe ich nachher gleich mit in die Bauanleitung rein.", und er nahm Lara die Zeichnung aus ihren Händen.

"Na schön! Dann werde ich dich halt hinaus werfen. Einen Grund dafür werde ich schon noch finden.", scherzte Lara und stand vom Schreibtisch auf. Sie schubste ihn mit ihren verschränkten Armen in die linke Seite und versuchte ihn etwas aus der Fassung zu bringen.

"Bringst du das wirklich fertig, Stanwyck? Ich bin dein Bruder, man! Du kannst mich doch nicht einfach so raus schmeißen!...Das petze ich unserem Vater, wenn er wieder nach Hause kommt. Dann mach dich auf die Retourkutsche gefasst!", merkte Myles an und grinste.

"Oh! Darauf freue ich mich jetzt schon! Du bist so ein Schwächling, Myles!"

"Das ist nicht gerade das, was ich hören wollte, Lara! Ich finde es echt super von meiner kleinen Schwester, dass sie mich jedes Mal so erniedrigt und so herunter zieht...", tat Myles so, als hätte ihn das gerade sehr getroffen.

Lara entzog ihm die Skizze und legte einen Arm um seinen Nacken. "Weißt du was großer Bruder? Vielleicht sollte ich das öfter mit dir tun! Bei Tyler hat es auch immer gewirkt!", zog sie ihn auf.

"Ich bin aber nicht Tyler, klar? Du hast ihn sabotiert, manipuliert und gedemütigt!...Du hast ihn zu einem Opfer gemacht! Du bist eine grausame kleine Schwester!...Vergiss das mal schnell wieder, Stanwyck!", jammerte Myles aus Spaß.

"Ich habe ihm nur gezeigt, wo der Hammer hängt. Und? Hat es ihm geschadet?...Nein!", legte Lara die Karten auf den Tisch. "Und wenn ich das bei dir ebenfalls so anwenden muss, dann werde ich diese Schiene benutzen, Myles! Manchmal muss einem aufgezeigt werden, wer die Herrin im Hause ist!", versuchte sie ihn aufzumuntern.

"Und trotzdem ist er eingeknickt! Gib's zu! Er hat sich in dich verliebt und ist nicht mehr seiner Herr! Wie hast du das angestellt, dass er tut, was du willst? Mit was köderst du ihn?", wurde Myles mutig und wollte Lara aufziehen.

"Wie ich Tyler geködert habe?..."

"Jaap!"

"Gar nicht!", stellte Lara klar.

"Oh! Du lügst doch!", feixte Myles.

"Nein! Tu ich nicht!...Und wenn du nicht sofort deine Anklage einstellst, Myles, hole ich meine Knarre raus und erledige dich!", triumphierte Lara über ihn.

Myles sah an ihr herab und und ging um sie herum. "Du hast keinen Holster um, wo du eine Knarre verbergen kannst, Lara! Also!...Wie erledigst du mich dann?", und er grinste sie breit an.

Lara nahm den Stift vom Schreibtisch und das Lineal. Sie klatschte damit auf seinen Arm...einmal...zweimal...

"AU!...Das tut weh!", und Myles rieb sich die Stelle, an der das Lineal nieder gegangen war.

"Ach komm schon! Das zwiebelt nur ein bisschen! Hab dich nicht so großer Bruder!", ermahnte sie ihn. Lara klatschte ihm das Lineal auf die linke Schulter und dann auf die rechte Schulter. "AU!...Geht's noch?", protestierte er und sah Lara grimmig an.

Sie lachte allerdings und hielt ihm den Stift vor seine Nase. "Und wenn du jetzt nicht aufhörst zu jammern wie ein kleines Mädchen, dann kriegst du noch ein Smiley ins Gesicht, Bruderherz!"

"Ist ja schon gut, man! Jetzt wäre der Moment, wo ich sagen müsste, es wäre schön, wenn ich keine kleine Schwester hätte...!"

"Untersteh dich, das überhaupt auszusprechen, Myles!...Du hast nun mal eine kleine Schwester und zwar mich!...Finde dich damit ab, Myles!...Es gibt noch genügend Zeit, um dich aufzuziehen und zu ärgern!", und sie lachte.

Ihm blieb nichts anderes übrig, als ihr die Zunge heraus zu strecken. "Kann ich die Skizze wieder haben?", raunte er leise.

"Bitte!", forderte sie ihn auf.

"Na schön!...Bitte!", nörgelte er und sah dabei an die Zimmerdecke.

Sie streckte ihre rechte Hand mit der Skizze ihm entgegen und lächelte. "Bitte sehr!"

"Danke!", knurrte er sie an. Myles nahm die Skizze an sich und nuschelte. "Rache ist süß! Das zahl ich dir heim, Stanwyck!", und eingeschnappt verließ Myles das Büro seines Vaters.




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