Kapitel 5...Unstimmigkeiten

Großmutter Mirren indes lief in Laras Büro auf und ab und wartete ungeduldig auf ihre Enkelin, die eigentlich jeden Moment durch diese Tür hereinspazieren müsste. Heute Morgen gab sie ihrem Eduardo das "Ja - Wort". Doch als Tyler und Myles den Strauß, den Lara anfertigen ließ, ihr vor die Haustür gelegt hatten, explodierte Mirren förmlich. Sie hatte ihre Familie zu recht nicht zu ihrer Hochzeit eingeladen. Ihr Sohn Mason war eh in seinen eigenen Flitterwochen mit Glen. Sie nahm es ihm sehr übel, dass er sich nicht bei ihr bedankt hatte, dass sie seinen Sohn Myles gerettet hatte.

Mason dachte allerdings anders darüber. Das war für ihn keine Rettung. Für ihn war es mehr oder weniger eine Tat der Verzweiflung und Ahnungslosigkeit,...Nein, es grenzte schon an Blödheit, dass seine Mutter Myles in die Babyklappe gelegt hatte. Obwohl sie wusste, dass er Myles Vater war und sie das Kind jederzeit zu ihm bringen hätte können. Was sie nicht getan hatte. Und diese Tatsache, dass sie weiterhin mit Glen den Kontakt hielt, nachdem Glen ihn verließ und seine Mutter offensichtlich von Anfang an über die Schwangerschaft bescheid wusste und sie ihm gegenüber Stillschweigen bewahrte, machte das Verhältnis zwischen Mason und seiner Mutter Mirren auch nicht besser.

Und da nun der Salon für Lara Neuland hieß, versuchte Mirren mitzumischen und wollte alles besser wissen. Doch Lara wurde von Carmen, die ehemalige Sekretärin ihrer Mutter Emilia, eingearbeitet und machte sie mit allem vertraut. Um das richtige Gefühl für all die Bereiche, was die Schönheit der Frauen anbelangte, zu bekommen, verbrachte sie so manche ihrer Arbeitszeiten damit, ihre Kundschaft während des Wellness oder der Maniküre oder des Make - up - Auflegens kennenzulernen, indem sie selbst Einsatz zeigte, anstatt ihren Hintern im Büro platt zu drücken. Lara wollte selbst erfahren, was ihre Angestellten am Tag leisteten, ehe der Feierabend heran gerückt war.

Wenn sie mal wieder ihre Angestellten dabei unterstützte, die Kunden zufrieden zu stellen, nahm sie auch mal Arbeit mit nach Hause. Und wenn kleine Partys statt fanden, um neue Produkte kennenzulernen oder sie auszuprobieren und sie dann für den Salon zu gewinnen, so durfte jeder ihrer Angestellten daran teilnehmen, einer nach dem anderen.

Doch Lara sah stets zu, dass sie nicht ihrer Mutter über dem Weg lief. Denn sie war ihre größte Konkurrentin in dieser Branche. Sie kannte ihre Mutter. Sie würde ihre eigene Tochter zerstören und deren Erfolg zunichte machen.

Seit Mason sich von Emilia scheiden ließ, hatte auch Lara mit ihr gebrochen.

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Nach einer Stunde betrat Lara ihr Büro mit der Aktentasche in der einen und Kaffee in der anderen Hand. Sie schob mit ihrem rechten Fuß die Tür hinter sich so laut zu, so dass ihre Großmutter mitbekam, dass sie nun anwesend war.

Mirren erhob sich von der Couch und rückte ihren weißen Hochzeitsanzug zurecht.

Lara ging auf ihren Schreibtisch zu und tat so, als würde sie nicht wissen, dass ihre Großmutter bereits seit eineinhalb Stunden auf sie wartete.

"Wird auch langsam Zeit, dass du dich hier blicken lässt, Lara! Ich warte schon seit über einer Stunde und dreißig Minuten auf dich.", maulte Mirren ihre Enkelin gekränkt an.

Lara grinste in sich hinein und stellte ihren Kaffee auf dem Tisch ab und legte ihre Aktentasche daneben. "Ich arbeite, Großmutter! Andere heiraten!...Was ist passiert? Bist du vor dem Traualtar abgehauen, weil du hier bist?"

"Das sehe ich, wie du hier arbeitest. Du tauchst hier irgendwann in der Mittagszeit auf, während alle anderen ihren Job hier um acht Uhr beginnen...Wenn der Laden mir gehört hätte, dann wärst du im hohen Bogen draußen..."

Lara setzte sich gemütlich auf ihren Stuhl und schaltete ihren Laptop ein. "WENN...!", betonte Lara laut und deutlich. "...Tut es aber nicht!...", fiel Lara ihrer Großmutter obendrein noch ins Wort. "...Du weißt, dass ich Vormittags meinem Vater und Myles unter die Arme greife. Dann erledige ich meinen zweiten Job. Ich bin eine viel beschäftigte Frau, wie du siehst!..."

"...viel beschäftigte Frau, dass ich nicht lache!...Von der Literatur zur Geschäftsfrau! Du hast es wohl weit gebracht, Lara Stanwyck!...Sag die Wahrheit und lüg mir nicht ins Gesicht: Dein Leibwächter nagelt dich im Bett fest und vögelt dir die Seele aus dem Leib.", giftete Großmutter Mirren verärgert hinter dem Laptop ihre Enkelin an.

Lara blieb die Ruhe selbst und nuschelte nur leise: "Alles Gute zum Hochzeitstag!" Beleidigungen ihrer Großmutter kannte sie genug, in denen ihre Mutter in nichts nachstand. Auf dieses Niveau wollte sie sich keinesfalls herab lassen. Lara interessierte etwas ganz anderes.

"Wieso bist du hier? Solltest du nicht bei deinem frisch angetrauten Ehemann sein und mit ihm eure Hochzeit feiern?", fragte Lara sie neugierig.

"Das würde ich ja, wenn nicht ein paar Idioten vor unserer Tür einen Blumenstrauß abgelegt hätten, den ich nicht haben wollte und einen Saustall hinterlassen haben.", brummte Mirren herum.

Lara sah zu ihr auf. "Gratuliere Großmutter! Ich wünsche dir alles Gute!...Wenigstens ein Dankeschön hätte auch gereicht!", schmeichelte sie gekonnt und setzte dazu ein gemachtes Lächeln für ihre Großmutter auf. In Gedanken aber lachte sie sich gerade tot über die Tat der Jungs.

"Ist der Strauß etwa von dir?", fragte Mirren aufgemotzt ihre Enkelin. "Ist das auf deinen Mist gewachsen, die Blüten von dem Strauß abzureißen und sie vor der Tür zu verstreuen und die Hälfte der Stiele in den Briefkasten zu stecken?", zeterte Mirren.

Lara musste sich ein Grinsen verkneifen. Und "Nein"! Damit hatte sie bei Weitem nichts zu tun. Aber das war keine schlechte Idee von den Jungs etwas herum zu sauen...wenn auch etwas übertrieben. Und sie hatten sicher ihren Spaß dabei.

Während Mirren Lara in die Schranken zu weisen versuchte, suchte sie verzweifelt in ihrer Anzugjackentasche nach ihren Zigaretten.

"Du kannst sie stecken lassen, Großmutter. Hier drinnen und auf dem gesamten Gelände und im Salon wird nicht geraucht."

"Bei deiner Mutter hat das keine Rolle gespielt. Da glühte der Glimmstengel durchweg.", beschwerte sich Mirren grimmig und steckte ihre Zigarettenschachtel wieder weg.

"Aber ich bin nicht meine Mutter!...Und könntest du zurück zu deiner Hochzeitsgesellschaft gehen und mich in aller Ruhe arbeiten lassen?", bemerkte Lara nebenbei.

Mirren starrte ihre Enkelin an, als hätte sie nicht verstanden, um was Lara sie gerade gebeten hatte. "Wie sprichst du denn mit mir?", fragte sie entsetzt und erhob sich aus ihrem Stuhl.

"So, wie es jeder verdient, Großmutter! Ich wünsche dir noch einen schönen Tag!", sagte Lara zu ihr, die an ihrem Laptop auf die Tastatur wütend einschlug.

Grimmig verließ Mirren das Büro und Lara begann seicht zu lächeln. Dann legte sie ihre Arbeit nieder und griff nach ihrem Handy.

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