Kapitel 24...Ein schlechtes Gewissen

Tyler kam spät nach Hause. Er war die Treppen des Manor hinauf in die erste Etage gegangen und betrat leise das Schlafzimmer von ihm und Lara. Er saß auf ihrer Betthälfte und beobachtete sie im Schlaf. Sie schlief friedlich und hatte sich in ihre Zudecke eingekuschelt. Leise erhob er sich vom Bett, drückte ihr noch einen Kuss auf ihre Stirn und verließ das gemeinsame Schlafzimmer.

Tyler ging in die Zentrale, um nach den Überwachungskameras zu sehen. Auf dem Weg dorthin ging ihm der Abend in der Limousine durch den Kopf, denn er war mit Großmutter Mirren noch unterwegs gewesen.
Er fuhr sie heim und diese Fahrt war so voller wütender Gespräche von Mirren, so dass Tyler unterwegs anhielt und Mirren aussteigen ließ. Er konnte sich partout nicht mehr auf den abendlichen Straßenverkehr konzentrieren.

Auf die Frage, wieso er dies getan hatte, antwortete er: "Gehen Sie in die Wälder, Mirren und schreien Sie da drin herum, so laut Sie nur wollen und können!", antwortete er darauf und zeigte mit seinen Händen auf den Wald, der rechts vor ihnen lag.

"Wieso sollte ich das ihrer Meinung nach tun, Tyler?", fragte sie ihn neugierig und lächelte in sich hinein.

"Wieso? Weil Ihnen dort niemand widerspricht oder ihnen über den Mund fährt, um Ihnen mitzuteilen, dass Sie in vieler Hinsicht nicht im Recht sind!", antwortete er leicht wütend.

Mirren begann ihn anzufahren. "Ist denn das die Möglichkeit? Was erdreisten Sie sich? Vielleicht gehe ich in den Wald und schreie mir die Kehle aus meinem Hals! Denken Sie nicht, dass da drin irgendwer herumläuft und mir zuhört? Vielleicht rennt da ein Irrer herum und bringt mich um!", herrschte sie ihn wütend an.

"Genau das ist der Punkt, Mirren Stanwyck! Alles muss sich nur um Sie drehen! Alles! Ohne Rücksicht! Und ohne Gnade! Glauben Sie nicht, dass das niemanden auf dem Wecker geht? Sie legen so ein kindisches Verhalten an den Tag, dass Sie es schon gar nicht mehr merken! Wie lange wollen Sie dieses Spiel noch mit ihrer Familie spielen?...Und wenn da drin ein Irrer herum rennt und Sie um die Ecke bringt, dann bestellen Sie ihm einen schönen Gruß von mir, dass ich ihm herzlichst dafür danken werde, weil er Sie verstummen ließ! Merken Sie nicht selbst, wie Sie uns alle anstrengen und Nerven kosten?"

"Oh! Sie nennen das ein Spiel? Na wenn das so ist? Ich kann es aushalten!", kritisierte sie.

"Noch ein Grund mehr Sie in die Wälder zu schicken!", murrte Tyler auf der Straße herum.

"Was haben Sie da gesagt, Mister Castello?", fragte sie ihn leicht nach vorn gebeugt, als habe sie seine Aussage nicht verstanden.

"Sie haben richtig gehört, Misses Mirren!", blieb er standhaft ihr gegenüber.

"Sie haben mir gar nichts zu sagen! Sie sind nur ein Leibwächter meiner Tochter...!", knirschte sie.

"...und ihr Freund!", legte Tyler noch einen drauf.

"Schlimm genug Sie noch länger zu ertragen, finden Sie nicht, Castello?"

"Ich heiße Tyler, Misses Mirren!", berichtigte Tyler schroff und knöpfte seine schwarze Jacke zu.

"Ist mir egal, Castello! Ob Tyler oder Grünschnabel, wen interessiert es?"

"Sie! Denn Sie sind Diejenige, die nach Hause will, mit der Limousine ihres Sohnes. Ich kann Sie jederzeit laufen lassen...wäre ja wohl nicht das erste Mal, oder irre ich mich da?"

Mirren wurde stiller und überlegte sich bereits jedes Wort, das ihr über ihre Lippen kommen wollte.

Tyler öffnete die Fahrertür und sah Mirren genervt an. Dann fragte er sie: "Haben Sie nicht irgendwann genug von diesem Cholerikerverhalten? Merken Sie denn nicht, dass ihre Familie darunter leidet? Wenn Sie so weiter machen, stehen Sie und Eduardo und Pascal alleine da...kein Mason mehr und keine Enkeltochter. Und nicht zu vergessen, Myles. Er kämpft jeden Tag um ihr Vertrauen. Schlimm genug, dass Sie ihn nicht behalten haben und dabei an ihren Sohn Mason dachten..."

Mirren senkte ihren Kopf. Die nächsten Worte, die sie jetzt aussprach, kamen ihr etwas leiser über ihre Lippen. Tyler kam etwas näher heran und vernahm folgende Aussage von ihr.
"Ich habe damals falsch gehandelt und denken Sie ja nicht, dass es mir nicht leid getan hätte oder dass mir diese Entscheidung leicht fiel, Mister Castello! Ich habe viele Jahre darunter gelitten und Alpträume deswegen gehabt, weil ich den kleinen Jungen nicht an seinen leiblichen Vater sofort nach der Geburt abgeben habe. Ich konnte es ihm nicht sagen! Myles war so ein süßer, kleiner Junge!...Bitte sagen Sie das den anderen nicht! Ich kann auch anders sein! Ich habe auch Gefühle!"

Mirren begann leise zu weinen. "Glen verlangte Stillschweigen von mir über ihren Verbleib und über Myles! Ich rief den Rettungswagen an, als sie bewusstlos wurde. Ich nahm den Jungen an mich, eingewickelt in Glens Jacke. Ich hatte mit ihr noch diesen Brief geschrieben und ich verabschiedete mich von ihr. Ich dachte...ich dachte, sie sei in dieser Nacht gestorben...

All die Jahre musste ich damit leben, weil ich sie im Stich gelassen habe und einfach gegangen bin, nachdem ich den Notruf abgesetzt hatte und fand nie meinen Frieden damit, Mister Castello! Sie wissen nicht, wie schlecht es mir damit geht!"

Tyler hörte ihr die ganze Zeit zu und sagte zu ihr: "Das möchte ich auch nicht bezweifeln, dass Sie womöglich ein schlechtes Gewissen deswegen haben! Doch nun müssen Sie damit leben, Misses Mirren!...Aber das gibt Ihnen noch lange nicht das Recht, ihre Familie das spüren zu lassen und ihre Last auf sie zu übertragen!"

"Was wissen Sie denn schon über die Familie, Mister Castello? Sie haben nicht mal eine! Und Sie wollen mich über mein Verhältnis zu meiner Familie aufklären!", spottete Mirren und ihre Worte verletzten Tyler sehr.

Er zeigte es ihr nicht, wie sehr sie ihn damit angegriffen hatte und wenn es nur für diesen einen Moment war. Dann sagte er mit fester Stimme ihr gegenüber: "Ich habe eine Familie Misses Stanwyck!...Ich habe Lara, Myles...er ist wie ein kleiner Bruder für mich...Adele, Isaak, Glen und Mason! Ist ihnen das - Familie - genug?", belehrte Tyler sie eines Besseren.

Mirren knurrte nur vor sich hin. Die Stanwycks waren ihre Familie und nicht Tylers. Das sollte er mal ganz schnell vergessen.

Tyler öffnete ihr die hintere Beifahrertür der Limousine. "Misses Mirren! Ich gebe Ihnen einen guten Rat!"

Mirren grinste verwegen, als sie einen Fuß in den Wagen stellte. "Was? Sie wollen mir einen guten Rat erteilen? Behalten Sie ihre Ratschläge für sich, Mister Castello! Verbreiten Sie die unter Lara oder meinem Sohn und ihrem kleinen Bruder, aber nicht an mich! Vergessen Sie's! Schlimm genug, dass Sie bald zur Familie gehören, wenn Sie meine Enkelin heiraten wollen! Überlegen Sie es sich gut, Tyler, wie ihre Zukunft aussehen wird. Denken Sie daran: Sie werden mich für den Rest ihres Lebens am Hals haben!", und sie stieg ein.

Tyler hielt sie zurück. "Meine Zukunft wird sich ohne Sie abspielen, Misses Stanwyck!"

"Sind Sie sich da so sicher, Mister Castello?"

Er blieb ernst und verzog keine Miene. Dann kam es wie aus der Pistole geschossen. "Ich heirate Lara...und nicht Sie! Ich sage es Ihnen nur ungern noch einmal: Ändern Sie sich ihrer Familie gegenüber. Sonst werden Sie bald keine Familie mehr haben!..."

Tyler hatte genug von ihr gehört. Die Frau war nicht zur Vernunft zu bringen. Er hatte es versucht. Als Leibwächter beobachtete man nicht nur oder beschützte. Tyler kannte solche Menschen wie Mirren zu genüge. Sie endeten alle als Einzelgänger.

"Steigen Sie ein! Ich bringe Sie nach Hause!", waren seine letzten Worte zu Mirren Stanwyck.

Sie setzte sich auf die Rückbank und schnalle sich an. Tyler ließ die Tür ins Schloss fallen und stieg vorn ein.

Er schüttelte nur den Kopf. Mirren war sehr verbohrt. Ihr Ehemann tat ihm jetzt schon leid. Aber das sollte nicht seine Sorge sein.
Eduardo hatte sein Schicksal selbst in die Hand genommen und sich auf diese Frau eingelassen.

Jetzt wollte er Mirren nur noch nach Hause bringen. Lara würde sicher schon auf ihn warten.

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