Kapitel 1
Ethan:
Ich stieg langsam aus dem Zug aus und sah mich um. Es war alles so anders. Keiner schien mich zu beachten. Ich wäre am liebsten wieder zurück in den Zug gestiegen und wäre nach Hause gefahren aber das ging nicht. Stattdessen kramte ich den Zettel mit der Adresse meines Internats aus der Tasche und sah sie mir, wahrscheinlich schon zum zehnten Mal, an. Ich hatte keine Ahnung wo ich mich befand oder wo ich hin musste. An mir strömten dutzende Menschen vorbei, die mich nicht zu bemerken schienen. Ich suchte nach einer Person, die mir vielleicht helfen könnte. Nach ein paar Minuten fiel mir ein Junge auf der aussah als würde er auf jemanden warten. Er hatte blonde Haare, war ziemlich muskulös, aber mindestens einen Kopf kleiner als ich.
Ich lief langsam auf ihn zu und tippte ihn vorsichtig an. Er drehte sich zu mir um. Erst sah er mich mit einem etwas säuerlichen Gesichtsausdruck an und ich wünschte mir ich hätte ihn nie angetippt, aber jetzt musste ich es durchziehen. ,,Hey!", begann ich. ,,Kann ich dich was fragen?" Sein Gesichtsausdruck veränderte sich zu einem schiefen Grinsen. Ich wusste nicht, wieso aber ich mochte diesen Jungen. ,,Ausländer hm?", fragte der auf einmal ohne auf meine Frage einzugehen. Ich senkte den Kopf. Ich wusste nicht, dass man meinen Akzent so stark heraushörte. ,,Hey!", sagte der Junge auf einmal und legte die Hand auf meine Schulter, was etwas witzig aussah, wenn man den Größenunterschied betrachtete. ,,Alles gut! Was hast du denn für eine Frage?", fragte er mich nun. Ich sah ihn erleichtert an und gab ihm den Zettel mit der Adresse. ,,Weißt du wo das sein?", fragte ich ihn. Der Junge sah es eine Zeitlang an und dann sagte er: ,,Klar, wenn du willst, kann ich dich hinbringen. Da muss ich auch hin." Ich war total erleichtert und nickte. ,,Wenn du noch kurz wartest, meine Freundin kommt gleich mit dem Zug", sagte er dann. ,,Okay!", antwortete ich. Nach einer Weile fragte er: ,,Wie heißt du eigentlich?" Ich zögerte kurz, dann sagte ich ihm meinen Namen: ,,Ethan, ich komme aus London und du?"
,,Ich heiße Bryan und komme von hier", antwortete er. ,,Sein Bryan nicht english?", fragte ich zögernd. Bryan zuckte mit den Achseln und sah wieder auf das Gleis. ,,Also sein du in Bremen geboren?", hakte ich vorsichtig nach. Er nickte. ,,Und übrigens, das heißt bist, nicht sein", lachte er plötzlich. Mir war es ein bisschen peinlich. ,,Sorry!", sagte ich kurz. Bryan schüttelte den Kopf. ,,Alles gut, wenn du willst, kann ich dir in Deutsch helfen." Jetzt drehte er sich wieder zu mir um und lächelte entschuldigend. Ich war total überrascht, aber bevor ich antworten konnte, fuhr der Zug ein. Bryan ging ein paar Schritte vorwärts und als die Türen sich öffneten, suchte er angestrengt nach seiner Freundin. Plötzlich stieg ein Mädchen aus dem Zug aus und rannte auf Bryan zu. Sie hatte braune Haare und war etwas größer als Bryan, aber kleiner als ich.
Sie fielen sich in die Arme. Es sah süß aus, ich fand, dass die beiden gut zusammen passten. Bryan fing an uns beide vorzustellen: ,,Darf ich vorstellen, das ist Ethan!", sagte er zu ihr und zeigte auf mich. Dann zeigte er auf sie und sah mich an: ,,Und das ist Lucy!" ,,Freut mich dich kennenzulernen!", lächelte Lucy. Sie war so unsagbar hübsch! Ihre langen, braunen Haare fielen ihr perfekt über die Schultern. Und ihre braunen Augen glänzten. Bryan räusperte sich und ich bemerkte, dass ich seine Freundin anstarrte. Ich sah ihm kurz ins Gesicht und sah, dass seine schwarzen Augen wütend funkelten. Ich sah beschämt zu Boden und antwortete schnell: ,,Ja freut mich auch dich kennenzulernen!" Bryans Wut war so schnell verflogen, wie sie gekommen war. Ich versuchte mich eher im Hintergrund zu halten während dem ich Lucy und Bryan folgte. Bryan hatte inzwischen seinen Arm um Lucys Schulter gelegt und die beiden redeten angeregt miteinander. Auf einmal blieb Bryan ruckartig stehen und drehte sich zu mir um. Ich hatte fast Angst, dass ich irgendwas falsch gemacht hatte, aber er grinste nur. ,,Weißt du was ich hoffe?", fragte er dann. Ich schüttelte den Kopf. ,,Ich hoffe, dass du in mein Zimmer kommst, ich halte es mit meinem Mitbewohner langsam echt nicht mehr aus! Und du scheinst ein ganz netter Kerl zu sein!" Ich lächelte. ,,Danke, schätze ich...", antwortete ich schließlich. Sie redeten eine Weile mit mir und ich hatte das Gefühl, dass wir uns gut verstehen würden. Nach einiger Zeit sagte Bryan plötzlich: ,,Dahinten ist es!" Ich konnte in der Ferne eine Art alte Burg erkennen. Das musste also mein neues zu Hause sein. Ich blieb kurz stehen und sah mir das riesige Gebäude an bevor ich ihnen weiter folgte. ,,Sollen wir nicht lieber die Abkürzung nehmen?", fragte Lucy plötzlich. Bryan schüttelte langsam den Kopf. ,,Ich glaube, Ethan sollte sich erstmal den einfachen Weg merken!", sagte Bryan schließlich und ich erkannte eine gewisse Abscheu in seiner Stimme. Ich fragte mich, ob ich etwas Falsches gesagt hatte. Wahrscheinlich gingen sie sonst immer die Abkürzung und meinetwegen mussten sie nun den normalen Weg gehen. ,,Schon okay!", sagte ich. ,,Wir können ruhig die Abkürzung nehmen." Bryan schüttelte überzeugt mit dem Kopf und Lucy zuckte nur mit den Schultern. Scheinbar hatte sie keine Lust sich mit Bryan anzulegen.
Nach einiger Zeit erreichten wir das Internat. Bryan hielt Lucy und mir die Tür auf. Wir brachten Lucy zu ihrem Zimmer und Bryan begleitete mich zum Sekretariat. ,,Ich warte hier auf dich!", sagte er und schlug mir mit seiner Faust auf die Schulter. ,,Na los! Wird schon schiefgehen." Ich nickte kurz, dann klopfte ich an die Tür. Mir war es peinlich vor Bryan so schüchtern zu sein, aber es war alles so neu für mich! Nach einigen Sekunden hörte ich eine Stimme ,,Herein!", rufen. Ich drehte mich ein letztes Mal zu Bryan um, der mir aufmunternd zu nickte und trat dann ein. Ich schloss die Tür hinter mir und begrüßte dann den Direktor. Ich war überrascht, er sah vollkommen anders aus als die Direktoren, die ich bis jetzt kannte! Er war ziemlich jung und sehr muskulös. Ich konnte mir gut vorstellen, dass er den Sportunterricht leitete. Der Direktor lächelte mich an. ,,Na du bist wohl auch neu hier?", fragte er. Ich nickte. Ich hatte sofort ein gutes Gefühl bei diesem Direktor. ,,Wie heißt du denn? Dann kann ich dir gleich deine Klasse und dein Zimmer zuteilen!", redete er weiter. ,,Ethan Brown", antwortete ich. Der Direktor nickte kurz und kreuzte meinen Namen, auf einem Papier an, dann sagte er: ,,Mein Name ist Robert Schwarz! Das hast du bestimmt schon auf der Tür gelesen" Ich nickte abermals. ,,Na dann! Dein Zimmer ist die Nummer 48 im dritten Stock. Deine Klasse ist die 9b. Deine Mitbewohner gehen in die gleiche Klasse also müsstest du ihnen einfach nur folgen!", erklärte er mir. Er legte einen Stapel Papiere auf den Tresen und deutete mir, dass ich näher kommen sollte. Ich nahm den Stapel in die Hände und bedankte mich. ,,Solltest du noch Fragen haben steht das Meiste in diesen Akten. Und wenn es Probleme gibt, bist du hier jederzeit willkommen!", lächelte er. Ich lächelte zurück und verließ dann das Zimmer. Bevor die Tür zu flog, bemerkte ich, dass Bryan, Herrn Schwarz einen wütenden Blick zu warf. Ich fragte mich, ob es schon Mal Probleme, zwischen den beiden gegeben hatte, sprach ihn aber nicht darauf an. ,,Und in welches Zimmer musst du?", fragte Bryan auf einmal hoffnungsvoll. ,,48", antwortete ich. Im Kopf hoffte ich in ständig darauf, dass wir das gleiche Zimmer hätten. Bryan fing an zu grinsen. ,,Jetzt hast du mich Tag und Nacht am Hals!", lachte er. ,,Yes!", rief ich und vergaß für einen Moment meine Schüchternheit. ,,Komm ich führe dich zu unserem Zimmer!"
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