Kapitel 8
Bei den Toren angekommen, halte ich erst einmal an, um Newt alles Wichtige mitteilen zu können. Es ist schließlich eine wichtige Aufgabe und es ist das erste Mal, dass er im Labyrinth ist. Da er die Regeln noch nicht kennt, muss ich sie ihm heute näherbringen. Während sich die anderen Läufer schon für den Tag bereit machen und nacheinander im Labyrinth verschwinden, inspiziere ich ihn. Ich muss wirklich fast würgen, wenn ich daran denke, dass Ella ihn auf die Wange geküsst hat. Ich habe mich ja schon gewundert, dass er es überhaupt ausgehalten hat, so viel mit den Mädchen zu reden, doch dass er nun sogar vielleicht noch mit einem von ihnen etwas anfängt, ist für mich unvorstellbar. Nein! Einfach nein! Er wird das noch so bereuen! „May? Du wolltest mir doch irgendetwas sagen, bevor wir losgehen oder? Ich glaube, wir sollten uns nicht zu viel Zeit lassen!" „Ja, du hast vollkommen recht", stimme ich ihm zu. Dass er mich vollkommen aus meinen Gedanken gerissen hat, versuche ich mir nicht anmerken zu lassen. Newt lächelt mich an. Er scheint wohl wirklich motiviert für den heutigen Tag zu sein. Ich wünsche mir, dass er im Labyrinth noch immer so motiviert ist, denn es wäre wirklich eine wahnsinnig große Hilfe, wenn er etwas herausfinden würde. „Die wichtigste Regel ist erst einmal, dass du bei mir in der Nähe bleibst und dich auf keinen Fall zu weit entfernst. Man kann sich wahnsinnig schnell verlaufen und wenn die Griewer auftauchen, was sie in letzter Zeit öfter mal am Tag machen, wird es richtig gefährlich. Versprich mir, dass du in meiner Nähe bleibst." Newt lächelt noch immer, er scheint nicht abgeschreckt und fährt sich durch die Haare. „Ja klar, das mache ich, ist gar kein Problem. Ich bin dir sowieso total dankbar, dass du mich vor meinem Tag bei den Läufern mit ins Labyrinth nimmst und mir somit erlaubst, dir zu helfen. Ich werde mir so viel Mühe wie möglich geben und versuchen, dir so wenig wie möglich in die Quere zu kommen." „Das wirst du nicht, Newt, keine Sorge. Heute sind wir Partner." Mit einem beruhigten Gefühl hole ich unsere mittlerweile schon gepackten Rucksäcke und begebe mich mit ihm die ersten Schritte ins Labyrinth hinein. Schon nach den ersten Metern spürt man die Kälte, die einen umgibt. Alles wird total dunkel und man hat das Gefühl, in einer völlig neuen Welt zu sein. Deswegen bin ich auch nicht so gerne im Labyrinth. Ich grusele mich insgeheim vor diesen komischen Welt und bin immer total froh, wenn ich wieder auf der Lichtung bin und sich die Tore abends dann wieder schließen. Zuerst laufe ich einmal die natürliche Route, die zu Abschnitt vier führt. Dieser ist nämlich diese Nacht geöffnet gewesen und ich will nachsehen, ob es dort irgendwelche Hinweise gibt. Oder vielleicht auch etwas Auffälliges, was die Griewer getan haben. Ich werde Newt nichts groß berichten, da er so vielleicht mehr bemerkt, so ist zumindest meine Hoffnung. Anfangs joggen wir schweigend nebeneinander her. Ich hätte jetzt eigentlich genug Zeit, um wieder zu grübeln und mich zu fragen, was er allgemein von der Gruppe Mädchen und dann auch noch besonders von Ella will. Doch ich zwinge mein Gehirn dazu, zu schweigen und einfach mal die Stille zu genießen. Das ist wirklich nicht so leicht. Ich habe immer so viel um die Ohren und mache mir dazu noch so viele Gedanken, dass es fast unmöglich für mich ist, an nichts zu denken und einfach nur joggen zu können. Ich könnte ja mit Newt reden, um mich abzulenken, doch irgendwie will ich das Gespräch auch nicht anfangen. Das soll schon er machen. „Du bist nicht wirklich zuversichtlich oder? Du weißt beinahe schon, dass ich auch nichts finden werde und wir den anderen dann die schlechte Nachricht übermitteln müssen, dass wir für immer hier gefangen sind. Du hast Angst vor ihren Reaktionen, dass sie denken, dass du eine schlechte Anführerin bist und sie sich von dir abwenden ..." Newt macht kurz eine Pause, die immer länger wird und ich denke mir schon fast, dass er gar nicht mehr weiterreden wird, „sie verehren dich alle, auch die Mädchen, von denen du das gar nicht denkst. Sie sind eifersüchtig auf dich, deswegen verhalten sie sich auch so, doch sie wissen auch, wie schwer dein Job sein kann und was für eine große Verantwortung auf deinen Schultern lastet." So etwas mal gesagt zu bekommen, tut mir wirklich gut. Er hat insgeheim recht, obwohl ich mir das alles nie eingestehen würde. Und ich wundere mich auch, dass er denkt, dass die Mädchen mich gar nicht so sehr hassen, denn so kommt es mir wirklich vor. Wir sind zum Glück nun bei Abschnitt vier angekommen, deswegen kann ich mich drücken und muss ihm keine Antwort auf das geben. Vielleicht spricht er mich ja auf dem Rückweg noch einmal darauf an. „Dies ist der vierte Abschnitt, der sich heute Nacht geöffnet hat. Das bedeutet, dass sich in der letzten Nacht alles hier abgespielt hat. Die Griewer sind hier aus ihren Nestern gekrochen und haben sich auf den Weg ins Labyrinth gemacht und hier sind sie wieder zurückgekommen. Du sollst mir auf jeden Fall Bescheid geben, wenn dir irgendetwas auffällt, was ungewöhnlich ist. Das alles könnte uns wirklich helfen." Newt lässt seinen Blick durch die Gegend schweifen und sieht sehr erstaunt aus. Die hohen Mauern und dadurch, dass alles grau ist, kann einen sehr beeindrucken und natürlich auch einschüchtern. Newt macht die ersten Schritte nach vorne, ohne mir zu antworten. Er inspiziert den Boden und die Wände, als wäre er ein Wissenschaftler. Anscheinend scheint er nichts zu finden. Ich versuche bisher nicht allzu enttäuscht zu sein, damit habe ich insgeheim schon gerechnet, aber immerhin haben wir noch ein bisschen etwas vor uns. „Hey, May, komm mal her, ich will mal sehen, was sich in diesem Spalt befindet!" Schnell renne ich zu ihm hin. „Warte kurz, ich sehe vorher nach, dann kannst du rein." Ich setze einen Schritt in den Spalt und will gerade weiterlaufen, als mich etwas Kaltes, Metallisches am Bein berührt. Erschrocken blicke ich nach unten und sehe die Spikes eines Griewers.
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