Kapitel 27
Anspannung. Stille. Angst. Das beschreibt die letzte halbe Stunde etwa. Auch wenn es mir vorkommt, als wenn schon mehrere Stunden vergangen wären, bin ich mir sicher, dass das nicht der Fall ist. Ich kenne das, im Aufzug habe ich auch gedacht, dass die anderen und ich mehrere Stunden festgesteckt hätten, doch es war nur etwa ein halbe Stunde gewesen. Bis jetzt habe ich zumindest noch keine Schreie von Lichtern gehört. Somit hoffe ich, dass es allen noch gut geht und keiner verletzt wurde. daran, dass die Griewer sie getötet haben könnten, bevor sie überhaupt die Zeit gehabt haben könnten, zu schreien, will ich gar nicht denken. Ich muss als Anführerin positiv denken und eigentlich dafür sein, die anderen zu beruhigen, doch ich bin ein einziges Nervenbündel. Hoffentlich kommt keiner zu mir und will, dass ich etwas Beruhigendes antworte, denn dann kann es passieren, dass ich vollkommen ausraste und dann kann ich für gar nichts mehr garantieren. Ich höre nur ständig die Griewer, die sich auf der Lichtung fortbewegen. Ich denke, dass sie sicherlich schon sehr bald den ersten Unterschlupf von uns finden werden und dass dann das Gemetzel losgeht. Ich bin sauer auf mich, dass ich nicht daran gedacht habe, wenigstens die Spritzen für diejenigen, die gestochen wurden sind, zu verteilen. Doch es ging alles so schnell, dass jetzt alles bei uns im Gehöft ist. Wieso muss das hier denn alles passieren? „Leute?", wispert Fiona in die Dunkelheit hinein. Wir haben auch jegliches Licht ausgemacht und auch keine Fackeln bei uns, da wir so nur Aufmerksamkeit auf uns lenken würden. Ich blicke in ihre Richtung und kann ihre kleine, schmächtige Gestalt nur schwer ausmachen. Wir haben uns hier alle auf die Boden gesetzt und uns zusammen an die Wand gepresst, so weit wie möglich entfernt, falls ein Griewer uns angreifen würde. Wobei dann unsere Position womöglich ziemlich egal ist. Doch ich wollte wenigstens versuchen, etwas zu tun, was vielleicht sinnvoll ist. Ich drehe jetzt schon fast durch, wie wir hier alle im Stillen sitzen und uns anschweigen, weil wir leise sein müssen. So zieht sich die Zeit bis zum Morgen noch viel mehr und die Angst steigert sich ebenfalls. „Ich habe so schreckliche ..." Fiona kann ihren Satz allerdings nicht beenden, da uns ein fürchterliches Kreischen zusammenzucken lässt. Es kommt nicht vom Gehöft, ist allerdings auch nicht wirklich ein entfernt. Es muss eines der Verstecke gewesen sein, die wir uns gerade noch alle gesucht haben. Mein Herz hört fast auf, zu schlagen, da ich so erschrecke. Ich fühle mich schlecht, so schlecht, da ich das Kreischen, das immer schlimmer wird, ignorieren muss. Denn es entfernt sich immer mehr in Richtung Labyrinth. Der Griewer hat seine Beute nun schon in seiner Gewalt und keiner von uns kann da jetzt noch etwas machen. Ich weiß nicht, welche der Lichter es ist, aber ich bete für sie, dass der Griewer es schnell zu Ende bringt und sie nicht noch länger mit ihrer panischen Angst alleine lässt und wenigstens ihrem Leid und ihrem Schmerz schnell ein Ende setzt. Wenn wir versuchen würden, ihr zu helfen, würden wir es nicht schaffen und wir würden uns in unmittelbare Gefahr begeben und wahrscheinlich in ein paar Sekunden die nächsten Opfer sein. Ich höre, wie Fiona leise schluchzt, es allerdings so gut es geht, zu verbergen. Die Kleine tut mir so leid, wie traumatisch es erst für sie sein muss. Sie ist ja gerade mal 12. Da dürfte man nicht schon so viel durchgemacht haben. Das Kreischen verstummt. Ich hoffe, dass es nun zu Ende ist und sie keine Schmerzen hat und nicht, dass der Griewer sie so verletzt hat, dass sie nicht mehr schreien kann. Ich linse zu Sonya herüber, die Fiona gerade in den Arm nimmt und ihr beruhigend über die Haare streicht. Ich bin ihr wirklich dankbar dafür. Ich greife automatisch nach Newts Hand, er sitzt direkt neben mir. Mir ist das im Moment auch gar nicht peinlich und es kommt mir auch nicht unnatürlich vor. Er verschränkt seine Finger mit meinen und drückt unsere Hände fest, um mir so Trost zu spenden. Jetzt fühle ich mich schon ein kleines bisschen besser und es schleicht sich sogar ein kleines Lächeln auf meine Lippen. Doch der Moment der Ruhe währt nicht lange. Ich höre erst die Schritte eines Griewers, der schon ein paar Mal um das Gehöft herumgelaufen ist, doch er ist nun näher als jemals davor. In der nächsten Sekunde kracht die Wand des Gehöfts in unserem Stockwerk zusammen und es erscheint ein riesiges Loch. Der Griewer schießt seinen Spike zu uns in den Raum hinein, so schnell, dass man es mit bloßem Auge fast nicht sieht. Er schießt gezielt nach vorne, als hätte er schon einen von uns als sein Ziel ausgewählt. In der nächsten Sekunde merke ich dann auch, dass das stimmt. Er schließt seinen Griff des Spikes um Fiona und fängt an, sie blitzschnell zum Loch zu ziehen. Ich reagiere blitzschnell und bekomme gerade noch ihre linke Hand zu fassen, doch auch ich scheine so fast durch das Loch gezogen zu werden. Newt fängt an, mich festzuhalten, um uns mehr Halt zu geben. Ich darf Fiona auf keinen Fall loslassen. Ich muss sie beschützen. Sie ist noch so jung und sie ist so unschuldig, da darf sie jetzt nicht sterben. Auch Sonya ist nun nach vorne gehechtet und fasst ihre rechte Hand, um sie hierzubehalten. Wir müssen schnell etwas tun, lange können wir sie nicht mehr halten. Fiona sieht uns panisch an, sie ist zu geschockt, um zu schreien und sie wehrt sich auch nicht, da sie wie gelähmt ist. Ich sehe auf einmal, wie April ein Schwert, das wir letztens aus der Box geliefert bekommen haben, hebt und anfängt, auf den Spike des Griewers einzuhacken. Sie hat zwar nicht genug Kraft, das Bein durchzutrennen, doch ich sehe, dass sie mit jedem Schlag dem Ziel näher kommt. Wir müssen es nur noch schaffen, Fiona etwas länger zu halten. Endlich fällt der Spike ab und wir reißen Fiona wieder zu uns. Wir können allerdings nicht aufatmen, schon in der nächsten Sekunde feuert der Griewer blitzschnell seine Giftspritze ab und zwar mitten in Aprils Bein.
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