Kapitel 14

Wie ein Altenpfleger, der einer alten Dame hilft, begleitet er mich aus der Hütte raus. Ich brauche für alles total lange und fühle mich dabei wie ein Pflegefall, um den man sich intensiv kümmern muss. Als wir endlich die ersten Schritte gemacht haben und im angrenzenden Wald verschwunden sind, kann ich aufatmen, da mich dann nicht mehr all die Blicke der anderen verfolgen. Sie haben mich teilweise angesehen, wie wenn ich ein außerirdisches Wesen wäre und sie mich gar nicht kennen würden. Ja, ich habe es mit einem Griewer zu tun gehabt und ich habe es überlebt, was soll ich denn dazu noch groß sagen. Dass es mir nicht so gut geht, kann man mir sicherlich ansehen, spätestens dann, wenn man sieht, dass ich beim Laufen eine Begleitung brauche. Vor allem Bianca hat sich wieder zu ihren Freundinnen gesellt und tuschelt irgendetwas, bei dem ich am liebsten gleich wieder alle guten Vorsätze über Bord werfen würde und ihr und ihren dummen Hühnern einfach nur an die Gurgel gehen würde. Sicherlich überlegen sie sich gerade einen Plan, wie sie es schaffen können, Newt auf ihre Seite zu ziehen, sodass er denkt, dass ich ein schlechter Mensch bin und er danach nichts mehr mit mir zu tun haben will. Ich traue ihnen ehrlich gesagt eigentlich alles zu. Diese fiesen Menschen kennen keine Grenzen. Wenn sie auch nur die Hälfte ihrer Energie, die sie verschwenden dafür verwenden würden, dabei zu helfen, zu planen, wie wir uns alle hier zurechtfinden sollen und womöglich auch fliehen könnten, wäre das eine große Bereicherung für uns alle. Doch das ist natürlich mein Wunschdenken, das ist mir klar. Als Newt und ich noch ein paar Meter weitergelaufen sind, begegnen wir auf einmal Bella, die anscheinend gerade ein paar Runden läuft, um fit zu bleiben. Mir ist gar nicht bewusst, dass sie das schon einmal gemacht hat. Vielleicht will sie auch einfach nur einen klaren Kopf bekommen, was ich vollkommen verstehen würde, da es mir auch so geht. „Hey, May, wie geht es dir? Ich habe von all dem gehört und habe all die Zeit die Daumen gedrückt, dass es dir möglichst bad wieder besser geht. Ohne dich wäre hier doch echt alles gelaufen. Da können alle etwas Anderes behaupten, aber ich kann sagen, dass es alles nur in einer einzigen Katastrophe ohne dich enden würde. Du wirst es schon schaffen, dass wir alle hier rauskommen, ich habe vollstes Vertrauen in dich und ich weiß, dass du zu so viel in der Lage bist. Du musst doch jetzt erst einmal noch ein wenig erholen und dann kannst du uns allen wieder helfen und beweisen, warum es die vollkommen richtige Entscheidung ist, dass du unsere Anführerin bist und niemand anders." Bei Bellas Worten, fange ich an, zu lächeln. Meine Wangen werden sogar ein kleines bisschen rot, so glaube ich. Ich bin so gerührt von ihren Worten, da ich niemals gedacht hätte, dass sie wirklich so von mir denkt. Ich habe mir natürlich schon gedacht, dass sie nicht so ist wie Bianca und ihre Freundinnen, doch dennoch habe ich ihren wahren Charakter nie zu 100 Prozent einschätzen können. „Auch du, Newt, das ist so lieb von dir, dass du so für May da bist und sie unterstützt. Du bist ja kaum von ihrer Seite gewichen. Ich wäre an Biancas Stelle auch ein kleines bisschen eifersüchtig, da du dich so gut um sie kümmerst. Aber ich verstehe dich, dass du das sicherlich gerne machst." Nun läuft Newt ebenfalls rot an. So bin ich zumindest nicht mehr alleine. Ich habe all die Zeit über gar nicht gewusst, dass Bianca wirklich eifersüchtig ist. Ich meine, ich wusste noch nicht einmal wirklich, warum sie überhaupt mit ihm zusammen ist. Wenn ich an ihrer Stelle wäre und er sich so um ein anderes Mädchen gekümmert hätte, wäre ich sehr wohl eifersüchtig gewesen, das kann ich ihr nicht verübeln. Doch eigentlich muss ihr auch klar sein, dass Newt einfach nur nett ist und rein gar nichts zwischen uns läuft und es auch nie sein wird. Ich würde niemals einem Mädchen ihren Freund wegschnappen, der dazu auch noch der Bruder meiner besten Freundin ist und für den ich nur freundschaftliche Gefühle habe. Ich mag ihn sehr. Wirklich. Doch nicht auf diese Art, dass ich schlaflose Nächte wegen ihm bekommen würde und ich ein wahnsinniges Kribbeln in meinem Bauch bekommen würde, wenn ich auch nur an ihn denke. Ich hoffe auch sehr, dass es niemals so weit kommen wird. „Ich danke dir wirklich, Bella, das ist sehr lieb von dir und ich bin auch wirklich froh, dich zu haben, du bist ein solch liebes Mädchen und ich kann dir wirklich vertrauen. Bald werde ich eine Versammlung einberufen und wir werden über alle zukünftigen Schritte reden und du wirst natürlich auch dabei sein." Sie lächelt mich an und winkt noch, bevor sie dann weiterjoggt. „Sie ist ein solch liebes Mädchen", sage ich zu Newt und er nickt zustimmend. „Hör mal, ich wusste gar nicht, dass es Bianca so hart trifft, wenn du Zeit mir mir verbringst. Ich an ihrer Stelle würde mich aber wahrscheinlich sich so fühlen ..." Okay, das kam jetzt wahrscheinlich total falsch und komisch rüber. „Ich denke, du solltest auf jeden Fall mit ihr reden und ihr sagen, dass sie das Mädchen ist, mit dem du zusammen bist und zwischen uns rein gar nichts läuft und wir beide nur Freunde sind." Newt blickt in den Himmel und brummt zustimmend, wirkt allerdings so, als hätte er mir gar nicht richtig zugehört. „Ja, ich weiß, nur Freunde. Kein Problem, ich werde mit ihr reden. Das werde ich nachher machen. Allerdings werde ich jetzt erst noch dafür sorgen, dass du ein bisschen an der frischen Luft bleibst." Er führt mich zu einem kleinen See, der sich im Wald befindet und setzt sich mit mir am Ufer nieder. Er schweigt seit seinem letzten Satz und macht auch nicht den Anschein, als sei er momentan in Plauderlaune. Habe ich etwas falsch gemacht?

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