Kapitel 10
Ich wache nur ganz kurz auf. Spüre sofort wieder den Schmerz in meinem Bein und wie es sich auch auf meinen ganzen Körper ausbreitet. Warum musste das überhaupt geschehen? Ich bin völlig verwirrt, wo ich bin und was in der letzten Zeit passiert ist. Ich bin nicht auf der Lichtung, das merke ich ziemlich schnell. Ich höre den gleichmäßigen Atem und blicke ein wenig nach oben. Es ist Newt, der mich noch immer trägt und in einem gleichmäßigen Tempo durch das Labyrinth joggt. Jetzt ist mir auch alles wieder klar und ich frage mich, wieso er das alles für mich getan hat? Ich habe ihm doch gesagt, dass er sich in Sicherheit bringen soll, doch das hat er einfach nur ignoriert. So ein Sturkopf. Ich habe keine Kraft, mich bei ihm zu beschweren oder mich zu bedanken, da ich einfach zu kaputt bin. Es wundert mich ehrlich gesagt, dass ich überhaupt wach bin und einen klaren Gedanken fassen kann Das ist wirklich sehr erstaunlich. Ich dämmere allmählich wieder weg, sein gleichmäßiger Gang, besser gesagt sein Joggen, ist auch irgendwie in einer gewissen Art und Weise einschläfernd. So kann ich wenige Sekunden nichts anderes mache, als mich dem hinzugegeben, als meine Augen zufallen.
***
Als ich auf etwas abgelegt werde, erwache ich das nächste Mal. Ich kann nicht gleich die Augen öffnen, da ich einfach viel zu erschöpft bin. Na toll, was ist jetzt passiert? Bin ich auf der Lichtung? Ich muss Newt doch danken, schließlich hat er mein Leben gerettet und sich in wirklich große Gefahr gebracht und das auch noch, obwohl ich es ihm eigentlich strikt verboten hatte. „Sie lebt noch oder? Hat sie auf dem Weg hierhin ich gelebt?", höre ich die Stimmen und ich glaube, dass sie zu April gehört. Das müsste dann aber bedeuten, dass ich wieder auf der Lichtung bin und bei den Sanis. Newt hat es dann geschafft, den Griewern zu entkommen. Was wird nun mit mir geschehen? Ich bin zwar noch am Leben, doch die Schmerzen werden jede Sekunde schlimmer und ich halte es jetzt nicht mehr aus. Ich glaube nicht, dass mein Körper da noch lange mitmachen wird. Er wird mich erst einmal wieder außer Gefecht setzen und dann werde ich ganz langsam sterben. Es ist kein Wunder, dass alle Stöcke, die von Griewern angegriffen wurden, bisher gestorben sind. Auch, wenn sie nicht direkt gestorben sind, wir hatten kein Gegenmittel, das wir ihnen hätten verabreichen können und mit dem wir sie dann gerettet hätten. „Newt hat doch diese Spritzen in seiner Tasche gehabt. Lass uns doch mal eine von denen ausprobieren", schlägt Sonya vor. Das erkenne ich. Der Gedanke, dass meine beste Freundin hier ist, lässt mich ein wenig entspannen. Die Schmerzen sind zwar nicht weniger, doch der Druck, der auf mir lastet, wird enorm weniger. Sie weiß genau, dass sie mich allein durch ihre Anwesenheit beruhigen kann. „Sonya, ich weiß nicht, ob da so eine gute Idee ist", widerspricht April, „wir haben das noch nie ausprobiert und wissen nicht wirklich, was das ist. Was ist, wenn es giftig ist und May schadet? Dann wird sie sterben und dann haben wir sie getötet!" „Ich muss Sonya recht geben. April, dein Einwand ist zwar berechtigt, doch sieh sie dir doch einmal an. Sie ist kurz davor, zu sterben. Wenn wir nichts tun, wird sie auch so sterben und dann sind wir erst recht schuld, weil wir nichts getan haben. Ich bin mir sicher, dass dieses Zeug sie retten wird, sonst hätte ich es doch nicht mit auf die Lichtung gebracht, wenn es ohne Bedeutung wäre. Und selbst, wenn es ihr nicht helfen würde, schlimmer kann es doch sowieso nicht mehr werden. Mehr als sterben kann sie nicht und wir müssen zumindest alles versuchen, ihr so gut zu helfen, wie es uns möglich ist." April zögert, dann höre ich sie tief seufzen. „Na gut, Newt, hol eine Spritze und ich bereite sie schon einmal vor und alles Wichtige. Wenn es wirken sollte, wird sie erst einmal ein paar Tage schlafen und in dieser Zeit muss ständig jemand nach ihr sehen und ihr zu essen und zu trinken geben." Ich höre Schritte, die sich entfernen und jetzt habe ich wieder keinen Grund, mich von meinen Schmerzen ablenken zu lassen. Sie sind wirklich grauenhaft und ich habe keine Ahnung, wie ich das noch eine Sekunde länger aushalten soll. Ich habe das Gefühl, dass sich ein Gift durch meinen ganzen Körper fressen würde und jedes Teil meines Körpers einzeln bekämpfen und zerstören würde. Als ob es eine Rechnung mit meinem Körper zu begleichen hätte. Alles brennt und schmerzt höllisch. „May, du bist stark. Halte noch ein bisschen durch. Dann wird es dir besser gehen. Du wirst schlafen, der Schmerz wird ich nicht mehr auffressen, du wirst ihn nicht mehr spüren. Und wenn du wieder aufwachst, wird er verschwunden sein." Sonya greift nach meiner Hand und streicht ganz sanft über sie. Ich bete einfach nur, dass sie recht behalten wird, sonst muss ich irgendwelche Maßnahmen ergreifen, die mir dabei helfen würden, dass es zu Ende wäre. Irgendetwas würde ich da schon finden. Ich bin Newt auf jeden Fall so dankbar. Er hat mir mein Leben gerettet, deswegen darf ich jetzt auch nicht aufgeben. Ich muss weiterkämpfen, bis er mit der Spritze zurück ist. Ich bin mir sicher, spüre einfach, dass sie mir helfen wird und mich nicht töten wird. Es liegt wahrscheinlich daran, dass ich ihm vertraue und weiß, dass er, auch unbewusst, nichts bei sich haben würde, dass uns töten würde. Wenn ich jetzt nicht kämpfen würde, wäre seine ganze Mühe umsonst gewesen und das kann ich auf keinen Fall zulassen. Ich höre Schritte, die sich nähern und spüre wie mein Ärmel nach oben geschoben wird. „Jetzt wird alles besser", höre ich Sonya in mein Ohr wispern und in der nächsten Sekunde umhüllt mich schon eine friedliche Leere.
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