Kapitel 25: Funkenflug

Clint hatte gestern lange mit Laura telefonieren müssen, um Lokis unerwartetes (und äußerst unerwünschtes) Auftauchen zu verarbeiten. Auch seine Cousine hatte es nicht fassen können und war sich nicht sicher, ob man Lokis Aussagen wirklich Glauben schenken könnte. „Er ist absolut manipulativ, das darfst du nicht vergessen!", hatte sie immer wieder gesagt. Und damit hatte sie ja auch vollkommen Recht. 

Clint wollte sich nicht an die kurze Zeit zurückerinnern, in der sie eine „Beziehung" geführt hatten – es hatte sich eher so angefühlt, als hätte Loki ihm damals eine Gehirnwäsche verpasst. Und nun war er einfach so wieder da und brachte sein Leben durcheinander. Wieder einmal. Aber diesmal nahm sich Clint vor, nicht auf ihn hereinzufallen. 

Er hoffte inständig, dass er gelernt hatte, die Worte seines Ex nicht mehr an sich heranzulassen. Dennoch hatte er es nicht unterlassen können, dass sein Kopf sich ständig über die seltsamen Namen Gedanken machte, die gestern gefallen waren. Wie war das noch gewesen? Winterman und der Ant Captain? Nein, das klang falsch. 

Missmutig darüber, dass es Loki mal wieder gelungen war, in seinen Kopf einzudringen, suchte er nach dem richtigen Schlüssel, um seine Wohnung aufzuschließen. Gerade, als er ihn ins Schloss stecken wollte, erklangen Schritte auf der Treppe hinter ihm. Dann rief jemand seinen Namen. 

„Clint! Hey, warte mal kurz!" 

Schnell huschte die Person die Treppe hinauf und tippte ihm auf die Schulter, noch ehe er sich zum Sprecher hatte umdrehen können. „Du hast wirklich lahme Reflexe, alter Mann." 

Clint stockte. Das konnte doch nicht wahr sein! Gestern Loki, und dann heute das! Warum war das Leben auf einmal so gemein zu ihm?
„Pietro.", sagte er möglichst kalt, und drehte sich ganz langsam um. Das Lächeln auf dem Gesicht des Jüngeren erlosch sofort. 

„Hör mal, ich ähm, möchte mich entschuldigen.", begann er, und trat nervös von einem Bein aufs Andere. „Wegen dem Kuss und das ich dich damit so bedrängt habe. Ich dachte, ich geh dir lieber ne Weile aus dem Weg, bis ich es wieder versuche und ..." 

„Besser du versuchst es überhaupt nicht wieder, Maximoff." 

Clint und Pietro drehten gleichzeitig die Köpfe zurück zur Treppe. Voller Erstaunen erkannte er dort Bucky, wieder ganz in Schwarz gekleidet, der sich erneut wie ein Schatten angeschlichen zu haben schien.
Er hatte die Worte nicht einmal laut oder bedrohlich ausgesprochen, sondern vielmehr leise und ruhig. Aber ihre Wirkung schien dafür umso kräftiger zu sein. 

Pietro trat mit bleichem Gesicht einen Schritt weg von Clint, während sein Blick verwirrt und unsicher zwischen dem Blonden Mann in der Tür und dem Dunkelhaarigen auf der Treppe hin und her irrte.
Clint fühlte einen ähnlichen Wirrwarr. Was war denn das jetzt für eine Aktion? 

Bucky hingegen sah nur Pietro an, welcher irgendwann unter dem starren Blick des Älteren einknickte. „Das meinte ich nicht so. Also mit dem Warten. Wegen der Entschuldigung wollte ich warten...", stammelte er. Sein Blick flog ein letztes Mal zu Clint hinüber, wobei er „Entschuldige Clint, es tut mir wirklich leid." sagte und sich dann eilig in die Wohnung von ihm und seiner Schwester zurückzog. 

Als er die Tür krachend hinter sich zuzog, sah Clint fragend zu Bucky hinüber, welcher noch immer wie eine regungslose Statue auf der Treppe stand. Ehe er jedoch nachfragen konnte, wozu das Ganze nun gewesen war, wurde ihm die Frage beantwortet.
„Ich hoffe, dass dich jetzt in Ruhe lässt. Er hat bei den Treffen ständig von dir geredet und dass er es unbedingt wieder bei dir versuchen muss – ich denke, nun wird er das lassen." 

Clint hatte keine Ahnung, von welchen Treffen die Rede war, aber er vermutete, dass sich die Freundesgruppe noch öfter mal gesehen hatte. Irgendwie versetzte es ihm einen Stich, dass ihn keiner dazu gebeten hatte; aber darum ging es nicht. 

Bucky war ihm nichts schuldig gewesen, er hätte ihm nicht helfen müssen. Außerdem war Pietro dieses Mal nicht aufdringlich gewesen und er hatte sich ja anscheinend lediglich entschuldigen wollen. 

Als hätte der andere Mann erneut seine Gedanken gelesen, sagte Bucky:
„Glaube mir, hättest du die Entschuldigung angenommen wäre er richtig anhänglich geworden. Es wäre nicht das erste Mal, dass er sich obsessiv an jemanden ranschmeißt." 

„Nun ja, wenn das so ist... Danke."
Mehr wusste Clint dazu nicht zu sagen. Er hinterfragte nicht einmal, ob es stimmte, was ihm da über Wandas Zwillingsbruder erzählt wurde. Er vertraute einfach darauf, dass das, was Bucky über Pietro sagte, wahr war. Und er war einfach noch immer perplex über das plötzliche Auftauchen von Steves Schatten, was sein rationales Denken irgendwie ausgeknipst zu haben schien. 

Bucky nickte nur und erklomm endlich die letzten Treppenstufen. Unschlüssig standen sie sich nun im Flur gegenüber.
Clint räusperte sich schließlich.
„Nun denn, ähm, ich werde dann mal reingehen."
Er deutete über seine Schulter auf die Wohnungstür. 

Bucky nickte wieder, schien aber ansonsten wieder in seine Schweigsamkeit zurückzufallen. 

„Wir sehen uns sicher nochmal die Tage. Irgendwann.", setzte der Blonde hinterher, wobei er nicht verhindern konnte, hoffnungsvoll zu klingen. 

„Ja, vielleicht sehen wir uns wieder, Clint Barton.", erwiederte Bucky leise.
Dann lächelte er.
Sehr leicht und sehr traurig, aber es war ein Lächeln. 

In Clints Bauch schienen kleine Funken aufzuflattern, tausende und abertausende. Dennoch konnte er nicht anders, als zurück zulächeln, breit und freudig. Dann drehte er den Schlüssel endlich im Schloss und flüchtete sich in seine sichere Wohnung, während ihm die vielen ungeahnten Begegnungen des gestrigen und heutigen Tages durch den Kopf schossen. 

Die kleinen Funken der Freude schwirrten unterdessen weiter lustig in seinem Bauch umher, als wären sie der Vorbote einer neuen Liebe.

(Mittwoch)

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