Kapitel 16: Mein Cousinchen ich hab Sorgen
Clint zögerte.
Konnte es womöglich gefährlich für Laura werden, wenn er ihr von den seltsamen Vorkommnissen bei seinen Bekannten erzählte?
Sicherlich nicht, er interpretierte bestimmt zu viel in die Sache hinein. „Du musst es mir wirklich nicht sagen, wenn du nicht willst.", erklärte Laura. Er wusste das.
„Nein, es ist schon okay.", antwortete er. „Mein Cousinchen, ich hab Sorgen. Nun ja, eine Sorge, die mir ein paar Probleme bereitet.
Vielleicht bilde ich mir alles auch nur ein, oder verstehe es falsch.
Aber es kommt mir nun einmal seltsam vor."
Sie nickte nur und blickte ihn aufmerksam an.
Nach einem kurzen Zögern begann Clint erneut zu erzählen.
Er sprach über das seltsame Verhalten von den Zwillingen und Steve Bucky gegenüber und von Scotts Warnung.
Er berichtete ihr von der kurzen Begegnung, die er mit Steves Freund gehabt hatte, als er das Paket für die Postbotin abgab.
Und er gab zu, über Steve und seinen Freundeskreis recherchiert zu haben, was ihn schließlich noch auf seinen Fund über diese „Roter – Stern – Gruppe" brachte, und Buckys Tattoo sowie Steves Kette mit genau dem gleichen Zeichen.
Laura musste sich anhören, dass ihm die Sache nicht mehr aus dem Kopf ging und er den Drang hatte, herauszufinden was es damit auf sich hatte.
Am Ende seines Berichts rieb sich Clint mit beiden Händen über das Gesicht. „Eigentlich bin ich auch hier her gekommen, um mal Abstand zu dem Thema zu bekommen.
Aber scheinbar ist das fehlgeschlagen.", murmelte er in seine Handflächen. Laura nickte langsam.
„Ich muss zugeben, es klingt schon etwas komisch.
Ich kann verstehen, dass du herausfinden willst was es damit auf sich hat."
Sie schien einen Moment ihre nächsten Worte zu überlegen.
„Und was willst du nun tun?"
Clint seufzte leise und nahm endlich wieder die Hände aus dem Gesicht.
„Ich habe nicht die geringste Ahnung." Laura lächelte ihn aufmunternd an. „Hey, das wird schon wieder.
Glaub mir.
Vielleicht steigerst du dich wirklich zu sehr in die Sache rein und es ist gar nichts los.
Das wäre doch gut – obwohl mir die Warnung von diesem Scott doch etwas seltsam erscheint.
Aber wenn es dich wirklich so sehr stört, dass du ständig daran denken musst, dann versuch dir eben etwas Ablenkung zu verschaffen.
Wie ich annehme, hast du noch immer keinen Platz zum Bogenschießen gefunden?"
„Leider nein.", antwortete Clint.
„Dann versuch etwas anderes zu finden, das dir Spaß macht.
Probiere was Neues aus, Dinge die dir gefallen könnten. Aber ich denke es ist besser, wenn du Abstand hältst und nicht tiefer nachbohrst.", riet sie.
Durch Clints Kopf geisterten plötzlich Bilder von ihm beim Stricken mit Kiloweise Wolle zu seinen Füßen, oder beim Backen mit geblümter Schürze und einem Muffin Tablett.
Oder beim Gärtnern, mit karierten Handschuhen und einer Gartenschere. Eilig schob er diese Gedanken beiseite. Sowas würde ihm sicher keinen Spaß machen.
Sollte er sich vielleicht in einem Schachclub anmelden?
Oder einen Zweitjob annehmen, um sich die Zeit zu vertreiben?
Keine der Vorstellungen gefiel ihm wirklich, aber er war trotzdem dankbar für Lauras Offenheit und ihren Bemühungen, ihm zu helfen und ihm mit ihrem Rat beizustehen.
„Ich denke jedenfalls, dass es besser ist, wenn du Abstand hältst und nicht tiefer nachbohrst.", sagte sie.
„Vielleicht sollte ich das tun.", antwortete er ihr schließlich.
Laura sah zufrieden aus.
„Na das klingt doch schon einmal nach einem Anfang.
Mach dir nicht so viele Sorgen und zerbrich dir nicht den Kopf.
Du weißt ja, zu viel Nachdenken führt bei dir zu nichts."
Sie kicherte und Clint schlug ihr entrüstet gegen den Arm. „Hey!"
„Entschuldige, das musste einmal sein." Laura versuchte, ihr Lachen zu unterdrücken.
Er verdrehte nur die Augen, konnte sich dann aber selbst ein Grinsen nicht verkneifen.
Wenigstens hatte sich dich Stimmung so wieder aufgehellt.
Er blieb noch mehrere Stunden bei Laura, bis sie los musste, um ihre Kinder von der Geburtstagsfeier abzuholen.
Während sie sich verabschiedeten, nahm er ihr das Versprechen ab, sie auch alle herzlich von ihm zu grüßen und zu drücken, außerdem vereinbarten sie, sich bald wieder einmal zu treffen.
Dann stieg Laura in ihr Auto und auch Clint warf sich in seinen Wagen und sie fuhren in entgegengesetzte Richtungen in den langsam dämmernden Abend. Als er wieder in seiner inzwischen sehr vertrauten Wohngegend ankam, stellte er sein Auto ab und lief hinüber zum Haus, während das Licht hinter manchen Fenstern gelbliche Vierecke auf den Weg zeichnete.
Wieder in seinen eigenen vier Wänden kochte Clint sich zum Essen ein paar Nudeln in einem Topf, der für die Masse, die er hineingetan hatte, eigentlich viel zu klein war.
Dann setzte er sich mit einem Teller auf sein Sofa und schaltete den Fernseher ein.
Es dauerte eine Weile, bis er endlich einen Kanal gefunden hatte, auf dem etwas halbwegs Anständiges lief.
In diesem Fall war es irgendein Action Film, den er schon einmal gesehen hatte und sich daran erinnerte, dass er ganz gut gewesen war.
Ungefähr bei der Hälfte des Films, und zwei Portionen Nudeln später, vibrierte sein Handy.
Clint stellte den Fernseher leiser, räumte seinen leeren Teller weg und suchte nach dem kleinen Gerät.
Fündig wurde er in seiner Jackentasche. Neugierig zog er es heraus und las auf dem Display, wer ihm geschrieben hatte. Der Absender verwunderte ihn für einen Moment.
Die Nachricht war von Pietro.
Was wollte der denn noch so spät am Abend von ihm?
Hoffentlich war nichts Schlimmes passiert!
Etwas beunruhigt entsperrte Clint sein Handy und schaute nach, was sein Nachbar ihm geschrieben hatte.
Hey Clint, meine Schwester ist mit dem König ausgeflogen und ich wollte fragen, ob du rüber kommst? Ich hab auch ordentliches Zeug da.
Das Erste, was Clint erstaunte, war, dass Pietro ihn nicht „Alter Mann" genannt hatte.
Und gerade in dem Moment, als er sich fragte, was der jüngere mit „ordentlichem Zeug" gemeint hatte, schickte Pietro ein Bild von ein paar Flaschen, die schon auf dem ersten Blick als welche mit alkoholhaltigem Inhalt identifiziert werden konnten. Mindestens die Hälfte von ihnen war allerdings bereits leer.
Eigentlich hatte Clint nicht wirklich Lust, sich volllaufen zu lassen, wie das Pietro so offensichtlich vorhatte – beziehungsweise schien es so, als hatte er sogar schon angefangen.
Andererseits konnte er ihn vielleicht durch seine Anwesenheit davon abhalten, noch mehr und zu viel zu trinken.
Er wusste sich schließlich nicht, was Wanda dazu sagte.
Aber er freute sich für sie, dass sie etwas mit T'Challa unternahm.
Dass es zwischen den beiden gefunkt hatte, war ja schon seit längerem unübersehbar.
Clint zögerte trotzdem noch mit seiner Antwort.
Wenn er doch eigentlich keine Lust hatte, konnte er doch auch absagen.
Er musste schließlich auch mal nein sagen können . . . aber nicht heute.
Mit einem leisen Seufzen teilte er Pietro mit, dass er gleich zu ihm kommen würde, er wollte nur noch aufräumen. Und damit tat er genau das und brachte seine Wohnung noch ein bisschen auf Vordermann, ehe er sich auf den Weg zur Nachbarwohnung machte.
(Dienstag)
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