Kapitel 12: Die Warnung

Draußen herrschte Dämmerlicht.
Clint war auf dem Weg seiner mittlerweile schon routinierten Runde durch den Park.
Nebenbei hielt er nach einer Möglichkeit Ausschau, um sein Bogenschießen zu trainieren.
Vielleicht nicht draußen in der Öffentlichkeit, er wollte schließlich kein Risiko eingehen.
Aber es bestand ja die Chance, dass er zufällig auf eine Trainingshalle oder Ähnliches stieß, wo er ein paar Pfeile verschießen konnte.
Seine Finger vermissten die vertrauten Bewegungen bereits.
Clint knackte dabei unbewusst mit seinen Fingerknöcheln.
Die Stunden vor dem Laptop hatten ihm schon etwas zugesetzt und er war froh, wieder etwas Bewegung in seinen Körper bringen zu können.
„Hey. Hey!"
Er hörte die Stimme zwar, nahm aber nicht an, dass er gemeint war.
Deshalb setzte er seinen Weg unbehelligt fort.
„Ähm, Clint, richtig?"
Beim Klang seines Namens wurde er doch hellhörig.
Verwundert blieb Clint stehen und drehte sich um.
Der Mann, welcher mit einem nervösen Lächeln im Gesicht auf ihn zu eilte, kam ihm bekannt vor.
Erst, als er nicht weniger als sieben Schritte von ihm entfernt war, erkannte er ihn.
„Scott, nicht wahr? Wie geht's?"
„Alles bestens. Ich hab dich nur gesehen und erst war ich mir absolut nicht sicher, ob du es bist aber wie es scheint haben mich meine Augen nicht getäuscht.", plapperte Scott los, blieb ebenfalls stehen und begann augenblicklich sein Gewicht von einem Bein auf das andere zu verlagern. Warum war er nur so aufgeregt?
Clint sah ihn aufmerksam an und wartete, dass er noch mehr sagte.
Aber Scott schwieg.
Jetzt schien er auch nicht mehr zu wissen, wohin seine Hände sollten. Immer wieder steckte er sie in die Taschen seiner Jacke, und dann ließ er sie wieder lose neben sich hängen. „Und? Was wolltest du von mir?"
Clint wollte nicht unhöflich erscheinen, aber er fand sein Verhalten echt seltsam.
Sein Gegenüber sollte zur Sache kommen, außerdem wollte er noch Zuhause sein, bevor die Dunkelheit komplett die Überhand gewann.
Im Park gab es nämlich kaum Straßenlaternen und jeder wusste ja, was nachts in unbeleuchteten Parks so abging.
Clint hatte keine Lust, in irgendwelche kriminellen Machenschaften verwickelt zu werden und anschließend noch irgendwo tot im Straßengraben zu enden.
Scott räusperte sich und vermied es, ihm in die Augen zu sehen.
„Ja, ich sollte mich beeilen. Meine Tochter Cassie wartet drüben im Wagen.", damit deutete er in Richtung des Weges, von dem er gekommen war. Dort stand ein Auto mit laufendem Motor.
Clint nickte nur.
Scott räusperte sich noch einmal, dann sah er sich hektisch um.
„Hör zu Clint, ich mag dich. Jeder in der Gruppe tut das. Aber ich will dich warnen, okay? Du musst aufpassen."
Er senkte die Stimme und sah sich erneut um, ehe er einen weiteren Schritt auf Clint zutrat und ihn eindringlich anblickte.
„Ich habe schon mitgekriegt, dass du neugierig bist. Das ist auch keinesfalls schlimm, es ist nur so – frag einfach nicht nach. Das könnte gewaltigen Ärger geben.
Was Steve macht geht uns nichts an." Clint war verwirrt.
Er sollte aufpassen?
Und nicht nachfragen?
„Tu es einfach, okay? Dann bleibt alles beim Alten, alles bestens, alles gut. Schlag dir aus dem Kopf, mehr erfahren zu wollen."
Scott sah sich schon wieder um. Langsam begann seine Nervosität auf Clint abzufärben.
War das nur Aufregung oder konnte es sogar ein Hauch von Angst sein?
 „Aber warum? Wieso sagst du mir das?", fragte er.
Scott schüttelte nur leicht den Kopf.
„Ich glaube, dass du ein guter Kerl bist und du das wissen musst. Sie dich vor allem vor, worüber du mit Sam redest. Steve und er sind beste Freunde." Irgendwo in der Ferne wurde der Motor eines anderen Autos laut.
Scott drehte sich abrupt in dessen Richtung.
Er wirkte in dem Moment fast wie ein gejagtes Tier, gehetzt und verängstigt. Clint war mit seiner Antwort absolut nicht zufrieden.
Was sollte das heißen? Worauf wollte sein Gegenüber hinaus?
„Ich habe vielleicht schon zu viel gesagt.", murmelte Scott abwesend, mehr zu sich selbst als zu Clint.
„Auf Wiedersehen, Clint. Denk bitte daran, was ich gesagt habe. Halte dich raus und frage nicht nach."
Damit drehte er sich um und hastete zurück zu seinem Auto.
Dann stieg er ein, warf die Tür mit einem lauten Knall zu und brauste davon.
Clint meinte noch den Schatten eines Kindes auf dem Beifahrersitz zu erkennen, dann war das Auto auch schon in der heranbrechenden Nacht verschwunden.
Er war verwirrt.
Sehr verwirrt.
Scott hatte ihn gerade vor etwas gewarnt.
Aber wovor?
Er sollte nicht nachfragen und Steve seine Sachen machen lassen . . .
Das ergab doch keinen Sinn!
Außerdem, woher sollte Scott wissen, dass er sich für die Vergangenheit von den Leuten interessierte, mit denen er Zeit verbrachte?
Es sei denn er spielte darauf an, weil Clint hatte wissen wollen, wer Steves Schatten war.
James Barnes, das war ihm ja mittlerweile bekannt.
Aber was hatte Steve an sich damit zu tun?
Grübelnd biss er sich auf die Unterlippe, dann machte er sich auf dem Weg nach Hause.
Der Weg aus Kieselsteinen knirschte unter seinen Schuhen, während er völlig gedankenverloren den letzten Rest des Parks durchquerte und schließlich auf einem Fußweg neben einer dicht befahrenen Straße ankam. Scotts Versuch, ihn dazu zu bringen sich rauszuhalten, erreichte leider genau das Gegenteil.
Das bestärkte nämlich sein Gefühl, dass irgendwas nicht mit seinen neuen Bekannten stimmte.
Und scheinbar lag die Lösung des Rätsels bei Steve und seinem Schatten. Clint überquerte die Straße und folgte dem Weg, an dem die Parkplätze waren, die zu seinem Haus gehörten.
Hatte es was mit dem roten Stern zu tun?
Oder war es etwas anderes, was gar nicht auf der Idee von ein paar Schülern beruhte?
Und noch eine weitere Frage ließ ihn nicht los.
Warum hatte Scott nur so nervös gewirkt?
Er hatte gesagt, dass er ihn mochte, wie die ganze Gruppe.
Und er wollte, dass alles beim Alten blieb.
Was würde Clint wohl finden, wenn er nachfragte und somit genau das Gegenteil von dem tat, was der Mann ihm geraten hatte?
Als er endlich sein Haus erreichte, fühlte er sich bereits wieder frustriert. Es war immer wieder das gleiche.
Er bekam Antworten – mehr oder weniger – und diese warfen neue Fragen auf.
Langsam wurde es nervig.
Er lief an seinem eigenen Auto vorbei, sowie an dem der Post, welches in der Einfahrt stand.
Er hätte nicht gedacht, dass so spät noch Pakete und Briefe ausgeliefert wurden.
Aber gut, in der Stadt war alles anders, als auf dem Land.
Und in Großstädten ganz besonders. 

(Montag)

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