Kapitel 1: Ein Anfang
Clint Barton mochte Regen nicht besonders.
Leise vor sich hin schimpfend stieg er aus seinem Auto und hinaus in das ungemütliche Wetter.
Ein paar Straßenlaternen warfen ein verdrecktes, gelbes Licht auf ihn hinunter, während er sich an seinem Kofferraum zu schaffen machte und schließlich die Klappe öffnete.
Er hatte sich weitaus bessere Umstände für den Tag seines Einzuges vorgestellt, als diese wahrhaftige Sintflut.
Das Wasser rann über die Straße und den schmalen Gehweg, neben dem Clint geparkt hatte und bildete dort tiefe Pfützen.
Der Blonde machte sich daran, einen großen Karton aus seinem Kofferraum zu wuchten und damit hinüber zu einem Miethaus zu wanken.
Bereits nach wenigen Schritten war er vollkommen durchnässt und seine Laune sank weit unter den Nullpunkt. Eigentlich hatte er selten schlechte Laune, aber Regen schaffte es immer wieder ihn diesbezüglich umzustimmen.
Tropfend stellte er den Karton vor der Haustür ab und eilte zurück zu seinem Auto, die Hände über dem Kopf, um sich wenigstens etwas vor der Nässe zu schützen.
Mit einem lauten Knall warf er die Klappe des Kofferraums zu, schloss ab und rannte dann wieder zurück zur Eingangstür des Hauses.
Egal was von seinen Sachen in diesem Karton war, es musste genügen bis der Regenschauer aufhörte.
Clints nasse Hände kramten in seiner Jackentasche nach dem richtigen Schlüssel.
Er fluchte, als es ihm zu lange dauerte, aber genau in dem Moment hielt er den Schlüssel für die Tür in der Hand.
Er schloss auf, nahm den Karton und rettete sich in die stickige Wärme des Treppenhauses.
Hinter ihm fiel die Tür mit einem leisen Krachen ins Schloss.
Das Geräusch verhallte in dem menschenleeren Gang.
Clint blickte sich um und hätte beinahe laut geseufzt – an dem Fahrstuhl hing ein schneeweißes Blatt Papier, auf dem in großen roten Blockbuchstaben das Wort DEFEKT stand.
Dann musste er eben die Treppe nehmen.
Er ließ eine nasse Spur hinter sich zurück, während er die Stufen in den ersten Stock hinauf stieg.
Vor seiner neuen Wohnung stellte er den ebenfalls nassen Karton ab und machte sich erneut daran, den richtigen Schlüssel zu suchen.
Neben dem Geklapper des Schlüsselbundes hörte er, wie draußen Regentropfen gegen die Hauswand und auf das Dach platschten.
Aber dann war es ihm, als würde die Eingangstür erneut aufgehen. Interessiert hielt er in der Bewegung inne, den Schlüssel fast im Schloss, und lauschte nach unten.
Schritte kamen die Treppe nach oben, aber er konnte schwer einschätzen, ob es sich um eine oder zwei Personen handelte.
Schulterzuckend wandte er sich wieder seiner Wohnungstür zu und schloss auf. Mit einem leisen Klicken öffnete sich ihm der Weg in sein neues Heim.
Die Schritte kamen näher und wurden lauter.
Clint fragte sich, wer wohl zu dieser späten Stunde noch draußen unterwegs war.
Er selber hatte eigentlich bereits am Nachmittag hier sein sollen, aber er war in einen üblen Stau geraten.
Jetzt war es kurz vor Mitternacht – was eigentlich gar nicht so spät war, wenn er genau darüber nachdachte.
Clint griff nach dem Karton und rümpfte bei dem Gefühl von durchweichter Pappe unter seinen Händen leicht die Nase.
Hinter ihm erreichte die Person – oder die Personen – das Ende der Treppe. „Kann ich dir helfen?"
Bei dem Klang der männlichen Stimme erschrak Clint so heftig, dass ihm der Karton aus den Händen fiel.
Seine Sachen verteilten sich, begleitet von einem lauten Poltern, über den Flur.
Er drehte sich um und sein Blick fiel auf den blonden Mann, der nicht weniger erschrocken als er selbst aussah.
„Oh man, das tut mir leid!"
Er eilte neben Clint und streckte ihm hilfsbereit die Hand entgegen.
„Steve Rogers. Soll ich dir helfen, dass aufzusammeln?"
„Clint Barton."
Er ergriff und schüttelte Steves Hand. Dabei stellte er fest, dass der andere um fast einen Kopf größer als er selbst war. Was für ein Riese!
„Nein danke, ist schon okay. Ich hatte einfach nicht damit gerechnet, angesprochen zu werden."
Steve nickte nur.
Plötzlich drehte er sich um und machte eine eher unauffällige Handbewegung in Richtung des Flures.
Verwirrt folgte Clint seinem Blick und bemerkte erstaunt einen anderen Mann, der stumm und still wie ein Schatten neben der Treppe stand.
Steves Geste schien sich wohl an ihn zu richten.
Für einen Moment wanderte der Blick von Steves Begleiter zu Clint und schien ihn förmlich zu durchbohren.
Er schluckte schwer und konnte nicht verhindern, dass Gänsehaut über seine Arme kroch.
Mit solch einem kalten Blick war er noch nie bedacht worden.
Dann jedoch blinzelte der Mann und wandte sich zum Gehen.
Kein Wunder, dass Clint ihn nicht wahrgenommen hatte – er bewegte sich fast vollkommen lautlos und er war schnell.
Innerhalb weniger Sekunden war er am Ende des Ganges verschwunden.
Kaum war er weg, drehte Steve sich mit einem freundlichen Lächeln zurück zu ihm um.
„Wer war das?", fragte Clint interessiert. Steve sah in fragend an.
„Wer war wer?"
„Der Mann da? Dem du gerade dieses Handzeichen gegeben hast. Ich meine, es geht mich eigentlich nichts an, aber – "
„Tut mir leid.", unterbrach Steve ihn, „Aber egal was du gemeint hast, zu sehen – ich habe nichts bemerkt."
Clint zog verwirrt die Augenbrauen zusammen.
Hatte er sich das gerade eingebildet? Vielleicht brauchte er auch einfach etwas Schlaf.
„Ich wohne am Ende des Ganges. Ich denke wir sehen uns wieder Clint." Damit hob Steve grüßend die Hand und entfernte sich.
„Tschüss!", rief Clint verwundert.
Er wandte seinen Blick von dem Flur ab, als Steve verschwunden war und begann seine Sachen wieder in den durchweichten Karton zu packen.
Steve schien nett zu sein, auch wenn seine seltsame Reaktion ihn etwas unheimlich erscheinen ließ.
Aber auf keinen Fall unheimlicher als sein schattenhafter Begleiter – wenn er denn nun keine Einbildung gewesen war.
Leicht den Kopf schüttelnd betrat Clint seine neue Wohnung und versetzte der Tür einen Fußtritt, so dass sie ins Schloss fiel.
Er hätte morgen sicher noch Zeit, um sich über die anderen Bewohner dieses Hauses Gedanken zu machen.
Jetzt wollte er erst einmal raus aus seinen nassen Klamotten!
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