Abenteuer an Silvester - AU
„Was willst du noch hier?!", schrie die Mutter ihren Sohn an. Die Schwarzhaarige zeigte mit dem Finger auf die Tür des Stalles. „Du kannst im Stall schlafen!"
Mit gesenktem Kopf trottete Alec Lightwood zur morschen Holztür und knallte sie hinter sich zu, sodass sie fast aus den Angeln flog.
Nun saß er hier, im Stroh zwischen Hühnern, Schweinen und Kühen und fragte sich, wie seine Eltern nur so kühl und gemein werden konnten. Früher war seine Mutter die liebenswürdigste Person aller Zeiten, doch seitdem der König Valentin Morgenstern den Bauern ihre Felder genommen hatte, um darauf Fabriken zu bauen, war sie wie ausgewechselt.
Alec und seine drei Geschwister mussten leiden, doch Alec am meisten. Sein Adoptivbruder Jace hatte es gut. Er war mit der Tochter des Königs zusammen und bekam von jedem Aufmerksamkeit. Man könnte meinen, weil Jace mit Clarissa zusammen war, ginge es Jaces Familie gut, doch der König scherte sich einen Dreck darum, wie es den Bauern ging.
Seine kleine Schwester Isabelle musste auch viel von dem Hass seiner Eltern einstecken, doch sie war die meiste Zeit gar nicht Zuhause, da sie im Wald Kräuter sammeln war oder Pilze suchte, um für alle zu kochen. Doch nur Alec wusste, dass im Wald nicht nur die Pilze auf sie warteten. Außerdem schmeckte Izzys Essen scheußlich.
Und dann gab es noch den kleinen Max. Er war der jüngste und Alec tat alles, um ihn vor seiner Mutter zu schützen. So wie vor wenigen Minuten.
Max hatte Hunger und war noch an die Zeit gewohnt, als die Familie noch genug Essen hatte. Also hatte er sich einen ganzen Laib Brot genommen und im Stall gegessen, wobei er seiner Kuh Jaqueline immer mal wieder etwas abgegeben hat. Was er nicht wusste, war, dass das Brot im Hause Lightwood Festessen war und eigentlich für Heute Abend gedacht war. Denn heute war der letzte Tag im Jahr. Heute war Silvester.
Und ausgerechnet diese Nacht musste Alec nun im stinkenden Stall voller Tiere verbringen, da er die Schuld auf sich geschoben hatte.
Doch keine zehn Schweine brachten ihn dazu, länger hier zu bleiben.
Es war schon Abend und während seine Familie mehr oder weniger fröhlich am Tisch saß und zusammen das Ende des Jahres feierten, schlich Alec sich aus dem Stall zu seinem Zimmer, dass er sich mit Jace teilte.
Er nahm den größten Lederbeutel, den er fand und packte die dicksten Leinenhemden und Wollpullover hinein, die er besaß. Er stahl sich sogar die Wollsocken, die Jace vor einer Woche auf dem Markt erworben hatte, denn er wusste, dass Clary ihm massenweise davon geben konnte.
Er zog noch seinen Wintermantel über die drei dicksten Pullover, die er besaß und schnürte seine Stiefel zu.
So schnell, wie er gekommen war, verschwand er auch wieder aus seinem Zimmer. Er warf noch einen Brief unter den Türschlitz zum Zimmer von Isabelle, in dem stand, dass er wiederkommen würde, wenn die Zeit gekommen war, und dass sie auf Max aufpassen sollte.
Er öffnete die Tür, die vom Stall nach draußen führte. Kalter Wind blies ihm entgegen und Schnee sammelte sich in seinen schwarzen Haaren, als er durch die weiße Wiese stapfte.
Am nächsten Tag würden seine Spuren nicht mehr zu sehen sein.
Er wanderte die Pfade entlang und hielt nach etwas Ausschau, worin er die Nacht verbringen konnte.
Er hatte schon lange vorgehabt, von Zuhause wegzugehen. Doch eigentlich mit seinen Geschwistern, oder wenigstens Max. Wenn er eine Bleibe gefunden hatte, konnte er sie ja noch holen.
Etwa eine halbe Stunde später hatte Alec noch immer nichts gefunden, in dem er die Nacht über schlafen konnte. Es wurde immer dunkler und vereinzelt sah er schon die Sterne am Himmelszelt. Er fror.
„Auch nichts zum Bleiben?", fragte eine Stimme hinter ihm.
Sofort wirbelte der Lightwood herum und blickte in gold-grüne Augen, die zu einem Mann in etwa Alecs Alter gehörten.
„Ich bin Magnus.", stellte er sich vor.
„Alec." Er wollte seine Hand ausstrecken, wie man es ihm beigebracht hatte, aber es war einfach zu kalt und seine Manteltaschen waren relativ warm. „Und nein, ich habe keine Ahnung, wo ich die Nacht über bleiben kann."
„Hm...", machte Magnus und lief neben Alec die Landstraße entlang. „Du machst das hier noch nicht lange, oder?"
„Was?", fragte Alec verwirrt.
„Na, auf der Straße leben und so weiter.", antwortete Magnus, als wäre es das normalste auf der Welt.
„Nun ja, ich bin vor etwa einer halben Stunde von Zuhause weggegangen. Meine Eltern hassen mich und meine Geschwister. Ich hatte einfach kein Bock mehr." Alec blickte auf. „Und du?"
„Als ich elf war, ist meine Mutter gestorben. Mein Vater ist abgehauen, als ich geboren wurde. Seitdem habe ich keine feste Bleibe mehr. Bis letzte Nacht bin ich noch in einem Stall untergekommen, aber die Besitzer haben mich entdeckt. Jetzt suche ich ein neues Plätzchen. Du kannst ja mitkommen." Magnus lächelte ihn an und Alec war wie verzaubert von diesem Lächeln.
Magnus Geschichte war schlimm und trotzdem hatte er es geschafft, jeden Tag zu überleben. Also würde Alec dies auch schaffen.
„Gerne."
Und so kam es, dass die beiden nun zusammen durch den Schnee liefen und nach Häusern und Ställen Ausschau hielten. Sie erzählten sich nicht viel, aber die Stille zwischen den Beiden war nicht unangenehm, sondern eher beruhigend. Sie kannten sich nicht und doch vertrauten sie einander.
Nach weiteren zwei Stunden, in denen der Schneefall zugenommen hatte und die Nacht voranschritt, sahen sie von weitem endlich einen Stall, der nicht direkt an ein Haus angeschlossen war, sodass die Bewohner es nicht merken würden, wenn sie eine Nacht dort schlafen würden.
Es war dunkel im Stall und man hörte nur das Atmen der Tiere.
„Komm mit", sagte Magnus und stieg die Leiter zum Heuboden hinauf.
„Hier machen wir's uns jetzt gemütlich", sagte Alec und sah mit bewundern dabei zu, wie Magnus eine Öllampe und Streichhölzer aus seiner Tasche zog. An so etwas hatte der Lightwood nicht mal gedacht.
Alec zog seinen dicken Mantel aus und legte ihn über einen Balken zum Trocknen. Magnus tat es ihm gleich, doch dieser hatte statt drei dicken Pullovern nur ein leichtes Leinenhemd unter seiner Jacke.
„Frierst du nicht?", fragte Alec besorgt.
Magnus zuckte mit den Schultern. „Man gewöhnt sich dran."
„Hier", Alec warf ihm einen dunkelgrünen Strickpullover zu, den sich der Halbasiate schnell überzog.
„Danke", erwidere dieser.
Magnus zog ein Stück trockenes Brot aus seiner Tasche und teilte es in der Mitte durch. „Für dich."
„Danke", sagte nun auch Alec. „Ohne dich würde ich wahrscheinlich schon längst erfroren sein."
Magnus lächelte. „Immer wieder gerne."
Still saßen sie im Stroh nebeneinander, wärmten sich gegenseitig mit der Anwesenheit des anderen und aßen ihr Stück Brot.
Durch ein Loch in der Decke konnten sie den Mond sehen, der in diesem Moment genau in der Mitte des Himmels stand. Mitternacht.
Magnus zog eine Wunderkerze aus seiner Tasche. „Hab ich in der Fabrik geklaut.", erklärte er stolz.
Alec zündete ein Streichholz und hielt es an den Docht der Wunderkerze. Sofort sprühte diese Funken in alle Richtungen und die beiden Männer sahen dabei zu, wie sie langsam abbrannte.
„Frohes Neues Jahr, Alexander"
„Dir auch, Magnus."
Und Alec wusste, dieses Jahr wird zu einem Abenteuer. Ein Abenteuer, welches er zusammen mit Magnus durchleben wird.
Ein Abenteuer, welches sein restliches Leben bestimmen wird.
Ein frohes neues Jahr 2018 auch von mir!
Ich hoffe, ihr habt Spaß und lasst die Böller fliegen ;D
Eure Jana :)
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