37.
»›Druckmittel‹ klingt so barbarisch«, sagte Mark. »Du sollst nur ein bisschen Überzeugungsarbeit bei Riley leisten. Falls du damit keinen Erfolg hast, können wir immer noch über alternative Herangehensweisen diskutieren, die dich involvieren ... Oder eher das, was dann noch von dir übrig ist.«
»Aha«, machte ich langgezogen.
»Oder sollte ich dich lieber daran erinnern, dass Damian auch noch in meiner Gewalt ist?«, sagte Mark. »Ich könnte auch entscheiden, dass er die Konsequenzen deines Handelns tragen muss.«
Ich biss die Zähne zusammen, antwortete dann aber: »Du kannst hier viel behaupten. Eben wolltest du mir noch nicht einmal verraten, ob er noch am Leben ist. Woher soll ich wissen, dass du nicht lügst.«
Marks Miene verhärtete sich. »Weil du keine andere Wahl hast.«
Gut, vor mir stand also irgendein Möchtegern-Drogenboss. Sehr vertrauenserweckend. Waren das nicht immer diejenigen, die am Ende durchdrehten?
Aber mit einer Sache hatte er leider recht: Ich hatte keine andere Wahl.
»Also schön«, sagte ich. »Ich rede mit Riley.«
Mark erhob sich. »Es ist schon ein wenig erbärmlich. Damian ist dir so wichtig geworden, dass allein dieses Argument dich umstimmt.«
»Erzähl das jemandem, den es interessiert«, murrte ich. »Soll ich jetzt mit Riley sprechen oder nicht?«
»Hat dir schon einmal jemand gesagt, dass du eine wirklich unangenehme Gesprächspartnerin bist?«, hielt Mark dagegen.
»Man passt sich an das Niveau seines Gegenübers an.«
Mark schnaubte nur. Dann herrschte für einige Sekunden Schweigen, als müsste er sich einen Konter überlegen und dann abwägen, ob es zu spät dafür war.
Ich nahm ihm die Entscheidung ab, indem ich das Wort ergriff: »Machst du mich jetzt endlich los? Ich hatte nicht vor, hier zu versauern, bis du erkennst, dass du nicht wahnsinnig schlagfertig bist.«
Mark meinte nur: »Gehen wir.« Immerhin verzichtete er darauf, mich auf die Konsequenzen meiner Respektlosigkeit hinzuweisen und löste meine Fesseln.
»Ich werde nicht allzu lang auf dich warten«, verkündete Mark, kaum, dass er vor die Tür getreten war. Und leider war der Hinweis gerechtfertigt, denn das Betäubungsmittel und die Tatsache, dass mir sämtliche Knochen weh taten, sorgte dafür, dass ich mehr als einmal um mein Gleichgewicht kämpfen musste.
»Darf ich daran erinnern, dass du mich brauchst«, murrte ich.
»Ich bin freundlicher zu dir, wenn du dich ein bisschen beeilst.«
Ich brummte leise und musste mich zwingen, nicht noch langsamer zu laufen. Die Gänge, durch die Mark mich führte, erweckten ebenfalls den Eindruck, als wären sie direkt aus einem Agentenfilm entsprungen. Marmor schmückte die Gänge, Kronleuchter die Decken und an den Wänden hingen altertümliche Gemälde. Nur, dass sie nicht wirklich altertümlich waren – denn sie zeigten ausschließlich Mark.
Zuerst wollte ich es nicht glauben, aber auch auf den zweiten Blick bestand kein Zweifel daran: Mark hatte sich in verschiedensten Posen und vor verschiedensten Hintergründen porträtieren lassen.
»Haben wir eine kleine narzisstische Persönlichkeitsstörung?«, fragte ich trocken und erntete einen vernichtenden Blick.
»Es spricht nichts dagegen, Kunstliebhaber zu sein.«
»Das sieht mir aber eher nach Mark-Liebhaber aus.« Ich sollte mir besser keine Gedanken darüber machen, ob ich es mir leisten konnte, Mark zu beleidigen.
Als wir an einer Marmorstatur vorbeigingen, verzichtete ich trotzdem darauf, einen zu genauen Blick auf deren Gesichtszüge zu werfen. Ich wusste nicht, ob ich mich davon abhalten können würde, die Statue zu Staub zu verarbeiten, wenn sie ebenfalls Mark abbildete.
»Müssen wir eigentlich laufen, bis wir die richtigen Sixtinischen Museen sehen können?«, fragte ich bissig und versuchte, meine Atemnot zu verbergen.
»Bist du nach unserem kleinen Spaziergang schon erschöpft?«, erwiderte Mark scheinheilig. »Und ich dachte, du würdest die Aussicht genießen.«
Ich schnitt eine Grimasse.
»Riley«, erinnerte ich Mark, was ein Augenrollen bei ihm provozierte.
»Wenn du darauf bestehst. Du musst wissen, ich habe wirklich schon begeistertere Reaktionen auf eine Hausführung bekommen.«
»Warst du oder dein Gesicht da anwesend?«
Mark rümpfte die Nase und blieb vor einer der unzähligen Türen stehen. »Ich bleibe draußen. Es ist besser, wenn nur ihr beide zuerst miteinander redet.«
Ich fragte mich, ob ich ein Kontingent an bösen Blicken hatte, das ich an einem Tag loswerden konnte, bevor sie ihre Wirkung verloren. Schließlich drückte ich einfach die Türklinke herunter und betrat den Raum dahinter.
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