Kapitel 56

„Ich akzeptiere deine Meinung, aber das heißt nicht, dass ich ihr entsprechend handeln werde. Au, hast du den Verstand verloren?", schimpfte Vaughn und erntete nur ein kurzes Auflachen. 

„Du benimmst dich wie ein Arsch, Bruder. So arrogant habe ich dich lange nicht mehr erlebt. Und glaub mir, ich habe es nicht vermisst. Du wirst sie gehen lassen."

Nach einer Weile erhob er wieder die Stimme. „Du versteht das nicht. Ich kann sie nicht gehen lassen, Liora."

„Wieso nicht?", fragte sie und ich blieb an die Mauer gedrückt stehen um seine Antwort abzuwarten. Eigentlich war ich nur hier um mich von den beiden Schwestern zu verabschieden. Das ich dieses Gespräch mitanhörte, war also eher Zufall und dennoch äußerst erfreulich.

„Arabella, wie schön dich zu sehen." Caylin lehnte mir gegenüber an der Tür und ich rollte nur die Augen.

„Konntest du dir nicht noch einen unpassenderen Augenblick aussuchen", zischte ich sie an, woraufhin sie nur schief grinste. Die minimale Hoffnung, dass wir unbemerkt geblieben waren, zerplatzte, als Vaughn die Tür öffnete. 

„Hallo Brüderchen." Caylin klopfte ihm auf die Schulter, als sie an ihm vorbei zu Liora ging. 

„Wir müssen reden." Vaughn ließ mich nicht aus den Augen. 

„Das glaube ich kaum", widersprach ich mit süßer Stimme, die seine Augenbrauen nach oben schnellen ließen. 

„Es gibt eine Erklärung", begann er. 

„Die ich nicht hören will", endete ich und schaute demonstrativ an ihm vorbei. „Ich wollte mich nur von euch verabschieden." Liora lächelte unglücklich und Caylin winkte unbekümmert.

Mit einem Knall schlossen sich die Türen und Vaughn stand plötzlich direkt vor mir. „Was für eine Machtdemonstration", spottete ich. „Du kannst Türen schließen." Ich hob meine Hände um zu applaudieren, doch ehe ich dazu kam, hatte er sie ergriffen und an die Wand gedrückt. Ich tastete nach meiner Magie und wollte sie ihm entgegen schleudern, aber es ging nicht. Als würde sie sich weigern.

„Du willst wieder weglaufen? Weil wir dir eröffnet haben, dass wir dir nicht vertrauen? Du vertraust uns auch nicht. Erst als du es ausgesprochen hast, war dir klar, dass du mich tatsächlich eingelassen hättest. Vielleicht. Dass du es in Betracht gezogen hättest, trifft es bestimmt eher." Er seufzte und verstärkte den Griff um meine Handgelenke, als ich mich wehrte. Wieso war er plötzlich so mächtig? „Du kennst die Grenzen meiner Magie nicht annähernd", drohte er und presste mich noch stärker an die Steinwand. 

„Dann erläutere mir doch, wieso ich nicht gehen soll. Wofür du mich brauchst", fauchte ich leise.

„Du bist nützlich", höhnte er. „Mehr als ich anfangs angenommen habe. Du willst dein Land retten. Alles andere spielt für dich keine Rolle." Er löste seinen Griff um meine Hände und trotzdem blieben sie an Ort und Stelle. Das war beängstigend. „Außer deinem Vater bist du wohl noch nie jemandem begegnet, der stärker ist als du." Von seinen Arroganz getränkten Worten musste ich würgen und ihm vor die Füße zu kotzen, hätte mir tatsächlich einiges an Befriedigung geschenkt.

Er grinste nur und hob mein Kinn an. „Wenn es nur das ist, was du willst, werde ich dir helfen. Im Gegenzug möchte ich lediglich, dass du deinen Vater tötest." 

„Wieso machst du es nicht selbst?", fuhr ich ihn prompt an. 

„Wo bleibt denn da der Spaß?", fragte er nur und seine Augen funkelten gefährlich. 

„Das ist bereits Teil meines Planes. Was hast du davon?" 

„Ein Problem weniger", antwortete er grinsend. „Und dass du mir etwas schuldest, Prinzessin", fügte er hinzu. Dann verstärkte er den Druck auf mein Kinn, sodass ich zu ihm aufschaute und nicht umhin kam die Zufriedenheit in seinen Augen zu bemerken. 

Dann geschah es. Innerhalb von Bruchteilen eines einzelnen Augenblicks hatte er sich nach unten gebeugt und seine Lippen auf meine gelegt. Stockstar verharrte ich. Dann spürte ich ihn. Sein gesamter Körper war an meinen gedrückt und meine Lider schlossen sich flatternd. Etwas an dem Kuss veränderte sich und ich brauchte lange, sehr lange, bis ich erkannte, dass es die Tatsache war, dass ich ihn auch küsste.

Ich vergaß alles. Alles um mich herum. Alles, was war und alles was sein wird. Und vor allem auch, wen ich da gerade küsste. Seine Hand lag an meinem Hals und durch den Druck seines Daumens, hob ich mein Kinn noch höher und ließ zu, dass der Kuss intensiver wurde. Das Blut rauschte in meinem Körper und es breitete sich eine Wärme aus, die sich in meiner Mitte sammelte und all meine Empfindungen verstärkte.

Noch ein paar letzte Küsse. Ich genoss wie wohltuend und zärtlich sie waren. Dann öffnete ich meine Augen und der Moment war vorbei. Ganz kurz, gleich in dem ersten Augenblick, indem Vaughn seine Augen öffnete, sah ich ein Verlangen, dass mir den Atem stocken ließ. Dann war es vorbei. Er trat einen Schritt zurück und ich verließ in angemessenen Tempo den Flur.

Als ich den Turm betrat, warf sich etwas gegen mich und ließ mich taumeln. Ein grinsender Keno und ein sabbernder Okku grinsten mich an. Bei zweitem hoffte ich jedenfalls, dass es ein Grinsen und kein Ich-fress-dich-gleich-Ausdruck war. Ich war so froh und erleichtert die beiden zu sehen und wir waren so im Rausch uns gegenseitig auf den neusten Stand zu bringen, dass Keno schließlich derjenige war, dem ich als Erstes von der Begegnung mit den Hexen erzählte. Er hing so gebannt an meinen Lippen, als würde ich gerade sein Lieblingsmärchen aus dem Buch mit dem dunkelroten Einband vorlesen. Anschließend stellte er allerlei Fragen, die mir nur zu einem kleinen Teil relevant erschienen. Mich dafür aber zum Lachen brachten.

Okku hatte es sich zu unseren Füßen gemütlich gemacht. Noch zwinkerte er ab und zu, aber aus Erfahrung konnte ich sagen, dass es nicht mehr lange dauern würde, bis er einschlief. Schon komisch, dass diese beiden, die waren, in deren Gesellschaft ich mich am wohlsten fühlte.

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Uhhh, was sagt ihr???

Uuund ich gucke gerade Haus des Geldes 😍😍 außerdem war heute mein zweiter Arbeitstag in der Grundschule, in der ich ab Oktober soziale Arbeit studieren werde🥰

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