01 | a twentysix-year old nerd
Ich versuche mir nicht anmerken zu lassen, wie nervös ich bin, als ich das Blatt Papier neben meinen Dad auf den Tisch knalle.
Ich weiß, dass es Ärger geben wird. Viel Ärger.
Mein Vater schaut langsam von seiner Zeitung auf und stellt die Kaffeetasse zur Seite. Dann richtet er seine Lesebrille und greift nach dem Schreiben, das ich ihm so eben hingelegt habe.
Seine Miene verfinstert sich je mehr er von diesen Zeilen liest und als er das Stück Papier wieder ablegt, sind seine Lippen zu einer dünnen Linie verschmolzen.
Nervös trete ich von einem Fuß auf den anderen. Das hier wird nicht gut für mich enden. Gar nicht gut.
"Emma!", seine laute Stimme durchdringt den Raum und ich halte mir eine Hand vor die Stirn. Er ruft meine Mom. Na toll.
"Was ist, Logan?!", ruft sie mit lauter Stimme.
"Schau dir das hier mal an!", ruft mein Vater laut zurück und er nimmt seine Kaffeetasse wieder in die Hand. Ich höre wie Schritte lauter werden und wenige Sekunden später steht meine Mom auch schon im Esszimmer.
"Was ist los?", fragt sie und zieht dabei ihre Augenbrauen hoch, während sie meinen Vater eingehend mustert.
Dieser hingegen erwidert ihren stechenden Blick und deutet dann schließlich nur mit einem Nicken auf mich und anschließend auf das Schreiben neben ihm. Meine Mom runzelt die Stirn und sieht mich jetzt an, während sie auf uns zukommt.
Ihre Finger umschließen das Blatt Papier und ihre Augen überfliegen die Zeilen. Dann runzelt sie die Stirn. Liest nochmal, dieses Mal sorgfältig. Schließlich legt sie das Schreiben wieder hin, der Ausdruck in ihrem Gesicht unzufrieden.
"Avery?!", ihre Stimme klingt anklagend. Sie stemmt die Hände in die Hüfte.
"Was ist das?!", sie weiß genau was das ist. Sie hat schließlich gelesen. Vielleicht erwartet oder hofft sie zumindest, dass ich gleich sagen werde, dass es ein Irrtum ist und dass das hier gar nicht an mich addressiert sein sollte, doch den Gefallen kann ich ihr leider nicht machen.
"Meine Biologiearbeit.", sage ich langsam und runzle die Stirn. Das steht doch auch auf dem Papier - sie kann doch lesen, oder?
"Du bist durchgefallen.", stellt sie trocken fest und ich zucke mit den Schultern.
Ja, ich bin durchgefallen, aber das macht mir nicht besonders viel aus.
Ich meine ich habe ja noch ein paar Monate bis zu meiner Abschlussprüfung. Und bis dahin werde ich meine Note schon wieder ausbessern. Naja ich habe zumindest die Chance sie auszubessern. Theoretisch.
"Avery, es sind nur noch wenige Monate bis zu deinen Abschlussprüfungen!", ihre Stimme klingt wütend und sie verschränkt die Arme vor ihrer Brust, während ihr Blick an meiner Arbeit klebt.
"Eben ich habe noch Monate Zeit um mich zu verbessern.", erwidere ich unschuldig und streiche mir eine schwarze Strähne hinters Ohr.
"Das hast du vor ein paar Monaten auch schon gesagt.", ihre Augen funkeln wütend und sie schüttelt verständnislos den Kopf.
Ich schweige und sehe zu Boden. Schon damals habe ich diese Worte nicht ernst gemeint. Ich bin einfach eine Niete in Biologie und würde nie eine gute Note bekommen. Meine einzige Hoffnung ist, dass ich im nächsten Halbjahr einen jungen, männlichen Biologielehrer bekomme, der auf mich abfährt und ich so meine Note aufpolieren kann.
Dumm nur, dass meine aktuelle Biologielehrerin um die sechzig und verheiratet ist. Deshalb geht da mein Plan nicht ganz auf.
"Ich mache mir Sorgen, Avery. Auch diese Anmerkung von Frau Pietersen bestätigt das. Du musst endlich aufwachen, Kind! Du willst doch deinen Abschluss schaffen, oder?", meine Mom klingt wütend, aber auch enttäuscht.
Ich antworte ihr nicht. Denn ich weiß selbst nicht was ich will.
Aber wenn es nach meinen Eltern geht, brauche ich einen Einser-Abschluss um ein erfülltes Leben zu haben.
Mein Bruder hat so einen Abschluss, also erwartet man von mir, dass ich auch so gut abschneide.
Mein Bruder hat studiert, also erwartet man von mir, dass ich nachdem ich die Schule - natürlich mit einem perfekten Abschlusszeugnis - beende, auch an die Uni gehe.
Mein Bruder hat die Liebe seines Lebens gefunden und wird bald Vater, also erwartet man von mir, dass ich bald ebenfalls eine erfolgreiche und lange Beziehung führen werde. Aber natürlich erst, nachdem ich die Schule und die Uni beendet habe.
So war es schon immer und so wird es auch immer bleiben.
Mein Bruder legt vor und ich muss nachziehen.
Nur was wenn ich gar keine Beziehung haben will, wenn ich nicht studieren will? Tja dann habe ich enttäuscht.
Dieser Vergleich zwischen meinem Bruder und mir existiert schon so lange ich denken kann und ich bin immer diejenige, die verliert.
Mein Bruder ist einfach der Überflieger. Er hat bis jetzt immer im Leben Glück gehabt. Er hat gute Noten, ein gutes Zeugnis, sein Studium erfolgreich beendet und die Liebe seines Lebens mit nur neunzehn Jahren gefunden. Die er mittlerweile sogar geheiratet hat und mit ihr ein Kind erwartet.
Und dann bin da ich. Das Mädchen, das mit siebzehn Jahren immer noch keinen Plan vom Leben hat, das nicht einmal weiß, was sie nach der Schule machen will - falls sie ihren Abschluss überhaupt schafft und das ihren Eltern so ziemlich alles verschweigt, ihre Freunde eingeschlossen.
"Sie braucht dringend Nachhilfe.", ich schrecke aus meinen Gedanken, als ich die tiefe Stimme meines Dads wahrnehme.
Verständnislos schaue ich ihn an.
"Dad!", ist das einzige, das aus meinem Mund kommt und ich stöhne genervt.
Das letzte das ich jetzt brauchen kann, war irgendein nerviger Nachhilfelehrer.
"Das ist eine sehr gute Idee.", stimmt meine Mom dem Vorschlag von meinem Dad zu, ohne auf mich einzugehen.
"Ihre schwächsten Fächer sind Biologie und Chemie, ich könnte doch Tyler fragen, ob er ihr helfen kann.", schlägt mein Vater zugleich vor und meine Mom nickt begeistert von dieser Idee.
Ich unterdrücke ein erneutes Stöhnen.
Tyler Adams ist sowas wie ein Freund der Familie. Mein Dad hat ihn für seinen Sohn gehalten, da er mit Tylers Mutter zusammen war, diese ihn jedoch betrogen hat. Vor zwei Jahren hat er geholfen einen alten Familienstreit zu schlichten und so haben mein Vater und er wieder eine Verbindung zueinander aufgebaut.
Er kommt seitdem jeden Monat zum Familienessen zu uns nach Hause und ich kann ihn nicht leiden.
Denn er ist sowas wie das dritte Kind für meinen Vater und - was eine Überraschung - hat auch er einen wesentlich eindrucksvolleren Lebenslauf als ich.
Ich meine als angehender Arzt muss er ja ziemlich schlau und engagiert sein.
Also noch jemand der in dieser Familie besser als ich ist.
"Ich weiß, dass er einen Leistungskurs in Chemie belegt hat. Auch Biologie und Immunbiologie gehört zu seinen Stärken. Das wäre doch optimal.", mein Dad lächelt und sieht mich aufmunternd an, während ich versuche ihn mit meinen Blicken zu töten.
Ich will keinen Nachhilfelehrer, der angehender Arzt und so viel gebildeter als ich ist. Da komme ich ja noch dümmer rüber als sonst.
Und ich müsste mich wohl wirklich anstrengen und lernen. Und eventuell auf Freizeit verzichten.
Nur über meine Leiche.
Niemals.
"Ich brauche keine Nachhilfe!"
Meine Eltern schauen sich an, als diese Worte meine Lippen verlassen und meine Mom lächelt fast schon traurig.
"Tut mir leid, Schatz, aber deine Noten sprechen für sich. Wir sehen uns gezwungen diese Maßnahme zu ergreifen. Es ist nur zu deinem besten. Und Tyler ist doch wirklich ein sehr netter junger Mann."
Ich presse meine Lippen aufeinander und verschränke die Arme vor meinem Oberkörper.
Ich werde mich ganz sicher nicht von einem sechsundzwanzig jährigen Streber belehren lassen.
Und was wenn er ein miserabler Nachhilfelehrer ist?
Dann werden meine Eltern ihn feuern müssen.
Und ich werde ihn schon zu einem miserablen Lehrer machen, so viel steht fest.
1. Kapitel😊
Würd mich mal über Meinungen freuen, nochmal danke an alle die noch weiterlesen wollen❤
Ich weiß nicht, wann das neue Kapitel kommt, denn ich bin gerade wegen einem Schüleraustausch in Amerika :)
Aber ich bemühe mich so bald wie möglich zu updaten.
Danke fürs Lesen💕
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