Kapitel 81

Louis P.o.v

Konzentriert sah ich auf meinen Bildschirm und las den Bericht durch, den Liam mir gerade geschickt hatte, damit auch ich wieder auf dem Laufenden war, was die vergangene Woche anging. Ich war ganz vertieft, doch auf einmal zuckte ich erschrocken zusammen, als ich Harrys Stimme durch die geschlossene Tür hindurch hörte.

«ein vierzigjähriger Sack, der seit fast zwanzig Jahren auf diesem Beruf arbeitet?!» schrie er. Mein Herz blieb für einen Moment stehen und ich sah bloss auf die Tür. Fuck, Harry schien richtig sauer zu sein. Ich wollte jetzt nicht an Mr. Jeffords Stelle stehen. Einen Moment war ich noch abgelenkt, dann versuchte ich mich wieder auf den Bericht zu konzentrieren, doch Harrys Schreien drang immer wieder durch die Wand hindurch und machte mich selbst nervös. Mein Herz raste schon richtig, als ich den Bericht wieder zumachte und meine Mails checkte.

«Sowas Inkompetentes wie Sie habe ich noch nie erlebt!», hörte ich noch, danach kehrte Stille in Harrys Büro ein. Schluckend klappte ich meinen Laptop zu und stand auf. Auf zittrigen Beinen ging ich rüber zu den Toiletten und atmete einmal tief durch. Ich wusste nicht, warum ich jetzt so aufgewühlt war, doch Harry so schreien zu hören war nicht schön. Es tat mir auf der einen Seite leid für Mr. Jeffords, auch wenn er es verdient hatte, angeschrien zu werden, auf der anderen Seite fühlte ich mich aber auch schlecht für Harry. Ich wusste, dass er eigentlich ein guter Mensch war, doch manchmal überkam ihn seine Wut so sehr, dass er sich selbst nicht mehr spürte, und ich machte mir ehrlichgesagt Sorgen, dass sich das schlecht auf seine Gesundheit auswirken könnte. Ich hatte schliesslich auch schon gemerkt, dass sein Körper ihm manchmal zu verstehen gab, dass er es langsamer angehen sollte. Auch wenn er das nie zugeben würde. Ich wusch mir die Hände, spritzte mir noch etwas kaltes Wasser ins Gesicht, um mich selbst etwas zu beruhigen, ehe ich das Klo wieder verliess. Ich wollte zurück an meinen Tisch, als die Tür zu Harrys Büro aufging. Mr. Jeffords erschien im Raum, hinter ihm stand Harry, welcher so einschüchternd aussah, wie schon lange nicht mehr. Ich blieb stehen, um Mr. Jeffords an mir vorbeizulassen, damit der so schnell wie möglich zum Aufzug konnte, denn ich vermutete stark, dass er dringend hier wegwollte. Ich sah ihm hinterher, zuckte allerdings zusammen und sah in die andere Richtung, als Harry seine Tür mit einem lauten Knall zuwarf. Sprachlos starrte ich auf die Tür, dann zu Mr. Jeffords rüber, welcher meinen Blick kurz erwiderte und dann in den Aufzug stieg. Ich fühlte mich unwohl. Total unbeholfen blieb ich mitten im Raum stehen. Ich wollte Harry beistehen und ihm helfen, sich wieder zu beruhigen, doch irgendwie hatte ich Angst, dass er seine übriggebliebene Wut nun an mir rausliess.

«Okay... Reiss dich zusammen, Harry braucht dich jetzt.», flüsterte ich mir selbst zu, atmete einmal tief durch und ging dann zur Tür rüber, um anzuklopfen. Ich bekam keine Antwort, öffnete die Tür aber trotzdem und trat vorsichtig in sein Büro ein. Harry stand vor seinem Schreibtisch und sammelte die Blätter ein. «Alles okay?», fragte ich, als er nicht auf mich reagierte. Sein Blick traf kurz auf meinen, doch eine Antwort bekam ich nicht. Er kam in meine Richtig und ich dachte, er wollte vielleicht einen Kuss oder eine Umarmung, stattdessen drückte er mir bloss die Blätter in die Hand und lief rüber zu seiner kleinen Bar, um sich einen Whiskey einzuschenken. Er nahm einen Schluck und sah dann auf das Glas in seiner Hand.

«Geh bitte raus.», sagte er ruhig. Verwirrt sah ich ihn an. Was war denn los? Er konnte doch mit mir reden und ich würde ihm liebend gerne helfen, wieder runterzukommen.

«Harry, ich-»

«Geh raus, Louis.», diesmal sah er mich an und sein Blick war definitiv warnend.

«Ich will dir doch nur helfen.», murmelte ich und senkte den Kopf enttäuscht.

«Du hilfst mir indem du raus gehst und die Dokumente an Horan schickst.», gab er zurück. Ich sah wieder hoch und in diese stechendgrünen Augen. Ehrlich gesagt tat es weh, dass er mich jetzt so abwies. Wozu war ich denn da, wenn nicht um ihn zu beruhigen? Er konnte doch mit mir reden. «Louis, ich bin wütend. Und ich habe Angst, dass ich das an dir rauslasse, wenn du hierbleibst. Also bitte, geh raus.» Okay, das konnte ich jetzt irgendwie verstehen. Auch wenn ich ihn jetzt lieber in den Arm genommen hätte, nickte ich leicht und verliess sein Büro, um die Dokumente an Horan zu schicken. Allerdings merkte ich in dem Moment, als ich draussen ankam, dass der Drucker und der darin enthaltene Scanner in Harrys Büro standen. Ich konnte die Blätter nicht einscannen, ohne hineinzugehen. Darum entschied ich mich, die Dokumente persönlich vorbeizubringen. Ich steckte das Handy ein, falls Harry was von mir brauchte in der Zeit, in der ich unten war, dann stellte ich mich in den Aufzug und fuhr runter in den vierten Stock, wo das Personalbüro war. Es fühlte sich komisch an, zu Mr. Horan zu gehen, wo ich doch wusste, dass seine Bemerkungen der Grund dafür waren, dass Harry sich mir gegenüber so verschlossen hatte. Trotzdem versuchte ich, selbstbewusst aufzutreten und klopfte an der Tür, des Büros.

«Herein?», hörte ich die Stimme des Iren und öffnete die Tür.

«Mr. Horan, ich habe hier ein paar Dokumente von Mr. Styles. Ich dachte, ich bringe sie gleich persönlich vorbei.», lächelte ich und hielt die Papiere hoch. Mr. Horan lächelte leicht und kam mir entgegen, um sie mir abzunehmen. Er sah sie sich durch, während er sich zurück an seinen Tisch setzte.

«Und? Wie war die «Geschäftsreise»?», fragte er schliesslich als er wieder hochsah. Beim Wort «Geschäftsreise» machte er kleine Gänsefüsschen mit den Fingern in die Luft. Mit zusammengekniffenen Augen musterte ich ihn. Worauf wollte er hinaus? War das ein weiterer Versuch, einen Keil zwischen Harry und mich zu schieben? Das konnte er gleich vergessen. Dieses Spielchen spielte ich nicht mit.

«Sehr gut, danke der Nachfrage.», lächelte ich daher und wünschte ihm noch einen schönen Nachmittag, ehe ich sein Büro wieder verliess.


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