Kapitel 4

„Du wirst mir so fehlen, Boobear.", seufzte meine Mum den Tränen nahe, als ich mit meinem Koffer die Treppe runter kam. Sie stand bei der Tür und breitete die Arme aus. Ich stellte den Koffer neben die Tür und schloss sie in die Arme. Sie erdrückte mich fast mit ihrer Umarmung, bis ich kaum mehr Luft bekam und sie wegdrücken musste.

„Es sind doch nur ein paar Wochen, Mum.", beruhigte ich sie, die Augen verdrehend.

„Ja das sagst du jetzt, aber was ist, wenn du in London bleiben willst?", schluchzte sie und wischte sich die Tränen von den Wangen. Ist ja nicht so, als wäre es ihre Idee gewesen, mich nach London zu schicken.

„Dann komm ich dich besuchen. Ausserdem wird das eh nicht der Fall sein. Ich bezweifle, dass ich in London einen Job finde."

„Sei nicht so negativ. Selbst wenn du keinen Job findest, vielleicht findest du stattdessen deinen Traummann? London hat hübsche Männer.", grinste sie und zwinkerte mir zu.

„Ich geh jetzt.", seufzte ich, bevor sie sich noch eine perfekte Traumwelt ausmalte, in der ich einen reichen Mann traf und mich sofort in ihn verliebte. Ich gab ihr einen Kuss auf die Wange und nahm meinen Koffer, um ihn in mein Auto zu laden. Ich winkte ihr nochmal zu, bevor ich einstieg und losfuhr.

Drei Stunden Weg standen vor mir. Natürlich hatte ich die beste Zeit erwischt, es war so viel Verkehr, dass ich andauernd wieder im Stau stand. Dementsprechend kam ich total erschöpft in der grossen Stadt an und musste nun erstmal einen Parkplatz in der Nähe der Wohnung meiner Schwester finden, denn die waren hier recht rar. Sie wohnte mitten in der Stadt. Bestimmt fünf Mal war ich schon an ihrem Block vorbei gefahren, bis endlich ein Parkplatz direkt davor, frei wurde und ich mir diesen sofort schnappte. Erleichtert machte ich den Motor aus und sackte erschöpft im Sitz zusammen. Wie gerne würde ich jetzt einfach ein Schläfchen machen. Doch wie würde das denn aussehen? Hier liefen immer wieder Leute vorbei, die mussten mir nun wirklich nicht beim Schlafen zusehen. Also rappelte ich mich auf und stieg aus dem Wagen. Meinen Koffer nahm ich aus dem Kofferraum und ging die Treppe zur Klingel hoch. Zum Glück wusste ich bereits, wo die meiner Schwester war, sonst würde ich hier ewig nach ihrem Namen suchen, so viele Leute wohnten hier. Ich drückte ihre Klingel und wartete, bis das Summen mich hineinliess. Ich drückte die Türe auf und ging auf direktem Weg zum Aufzug, welcher zu meiner Verwunderung sogar bereits auf diesem Stock war. Drinnen lehnte ich mich gegen die Wand und drückte die Taste, auf welcher mit geschnörkelter Schrift die Zahl 12 stand. Ziemlich schnell war ich oben angekommen. Der Fahrstuhl gab ein kleines „Ding" von sich, als der zwölfte Stock erreicht war. Langsam gingen die Türen auf und ich erschrak, als ich meine Schwester bereits davor stehen sah. Quietschend kam sie in den Fahrstuhl hinein gehüpft und warf sich fast schon auf mich. Etwas überfordert legte ich die Arme um sie und drückte sie an mich.

„Boo! Ich freu mich so, dass du da bist! Wir werden so viel Spass haben!", schrie sie mir ins Ohr, weshalb ich sie etwas wegdrückte. Bevor der Fahrstuhl seine Türen wieder schloss, nahm ich meinen Koffer und schob meine Schwester raus in den Gang. Gemeinsam liefen wir um die Ecke, wo die Tür zu ihrer Wohnung weit offen stand. Meine Schuhe zog ich gleich aus und liess mich von Lottie mit sich ziehen, bis wir im Gästezimmer ankamen, das sie schön hergerichtet hatte. Das Bett war mit gefühlt tausend Kissen verziert, was eine Höllenarbeit werden würde, wenn ich ins Bett wollte. Ich stellte meinen Koffer beim Schrank ab und ging mit ihr mit ins Wohnzimmer. Ich staunte immer wieder über ihre Wohnung. Sie war so gross und modern, ganz anders als unser Haus in Doncaster. Klar, wir hatten es schön, doch es war bei weitem nicht auf dem gleichen Level wie Lotties Designer Wohnung. Ich liess mich auf ihre grosse weisse Couch fallen und legte die Füsse auf dem Glastisch vor der Couch ab. Lottie folgte mir, schlug als erstes meine Füsse vom Tisch runter und polierte die Stelle mit dem Ärmel ihres Pullis, bevor sie sich dicht neben mich fallen liess.

„Autsch.", murmelte ich beleidigt, wurde allerdings gekonnt ignoriert.

„Wir sollten heute Abend ausgehen. Lass uns richtig die Sau raus lassen!", schlug sie aufgeregt vor. Eigentlich keine schlechte Idee. Mir war danach, mich zu betrinken. Die ganze scheiss Situation zu vergessen. Also stimmte ich zu, was meine grosse Schwester wieder freudig aufquietschen liess.

„Also los, geh duschen, du stinkst.", meinte sie schmunzelnd. Beleidigt sah ich sie an und brachte sie damit zum Lachen. „Was erwartest du denn? Du hast doch bestimmt den ganzen Weg hier her im Auto geraucht. Du stinkst wie ein Aschenbecher!", verteidigte sie sich. Vermutlich hatte sie da gar nicht so Unrecht. Also erhob ich mich und verschwand im Gästezimmer um mir frische Kleider und meine Duschsachen aus dem Koffer zu holen. Eine Stunde später sass ich wieder im Wohnzimmer, fertig gestylt und angezogen, um feiern zu gehen. Lottie hingegen war immer noch in ihrem Bad und machte sich fertig. Es verging eine weitere Stunde, in der ich auf dem Sofa sass und mich mit meinem Handy beschäftigte, bis sie dann endlich wieder rauskam. Sie trug ein bauchfreies schwarzes Top und dazu helle zerrissene Jeans. Ich hatte mich für ein einfaches weisses T-Shirt und eine schwarze Jeans entschieden. Ich musste ja nicht gleich auffallen. Sie schnappte sich ihre Handtasche und schon waren wir aus ihrer Wohnung verschwunden. Mit dem Aufzug fuhren wir ins Erdgeschoss und nahmen uns dann ein Taxi zu ihrem Lieblingsclub. Es war ziemlich voll, weshalb es schwer war, an den Leuten vorbei zu kommen. Schliesslich hatte Lottie mich zu einer Sitzecke gezogen und liess sich auf das schwarze Leder fallen.

„Holst du uns was zu trinken an der Bar?", rief sie mir über die laute Musik entgegen. Ich nickte und sah mich kurz um, bis ich die Bar entdeckt hatte, die mitten im Club platziert war. Vorsichtig kämpfte ich mich durch die Menge und schaffte es unversehrt zur Theke, wo ich dem Barkeeper meine Bestellung zurief. Ich bezahlte die total überteuerten Drinks. Nicht zu fassen. Dieselben Getränke hätten bei uns in Doncaster nicht mal die Hälfte gekostet. Die wussten wohl, wie die ihr Geld machen konnten hier in London. Mit den beiden Gläsern in der Hand drehte ich mich um, klatschte dabei aber direkt gegen jemanden und verschüttete dabei beinahe die Drinks.

„Oops, sorry!"

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