Kapitel 101
Louis P.o.v
«Willst du einen Film schauen oder lieber Friends weiterschauen?», redete ich fröhlich vor mich hin, als ich mein Handy in meine Hosentasche schob, als ich plötzlich einen dumpfen Knall hörte. Ich hob meinen Kopf an, sah zu Harry rüber, dieser stand aber nicht mehr wie vorhin noch bei meinem Tresen. «Harry?», fragte ich, ging um meinen Tisch herum und spürte, wie mein Herz in meine Hose rutschte, als ich Harry da am Boden liegen sah. «Harry!», schrie ich, fiel auf die Knie und fühlte erstmal seinen Puls, während ich mit der freien Hand mein Handy rausholte und den Notruf wählte. Mein Herz raste wie wild und ich hatte das Gefühl, aus meinem Körper hinauszutreten. Wie in Trance kniete ich neben ihm, rief einen Notarzt und gleich danach Liam an. Die Tränen strömten mir wie Bäche über die Wangen. Ich hätte ihn früher zum Arzt drängen sollen. Ich hatte doch gemerkt, wie schlecht es ihm ging, warum hatte ich nicht reagiert? Schluchzend fuhr ich Harry durch die Haare und behielt nebenbei seinen Puls im Auge. Sein Puls ging normal, doch ich hatte trotzdem schreckliche Angst. Es fühlte sich an, wie eine Ewigkeit, als Liam aus dem Treppenhaus gerannt kam und sich zu mir auf den Boden setzte.
«Was ist passiert?», fragte er hektisch und beugte sich runter, um ein Ohr auf Harrys Brust zu legen.
«I-Ich weiss nicht. Er lag p-plötzlich auf dem Boden.», schluchzte ich. Ich sah auf die Uhr, es waren erst zwei Minuten vergangen, seit ich den Krankenwagen gerufen hatte und trotzdem fühlte es sich an wie eine halbe Stunde.
«Okay, ganz ruhig, Lou. Er atmet, sein Puls geht normal, bestimmt nur sein Kreislauf, der mal kurz zusammengebrochen ist.», versuchte Liam mich zu beruhigen, doch leider vergebens. Ich machte mir ein schlechtes Gewissen, weil ich nicht viel früher daran gedacht hatte, ihn zum Arzt zu drängen. «Ich geh runter, damit der Notarzt weiss wohin.», meinte Liam und wollte gerade aufstehen, als ich ihn an der Hand zurückhielt.
«Nein, lass mich nicht allein.», schluchzte ich und sah ihn flehend an. Ich konnte nicht alleine hier blieben. Was wenn Harry aufhörte zu atmen? Oder sein Herz aufhörte zu schlagen? Ich konnte das nicht allein! Besorgt sah Liam mich an, schien einen Moment nachzudenken, ehe er sich wieder setzte und sein Handy zückte.
«Dann ruf ich aber beim Empfang an und sag ihnen, was los ist.», erklärte er. Ich nickte bloss und konzentrierte mich dann wieder auf Harry. Er war ganz blass. Seine Augenlider zuckten leicht, ehe er vorsichtig die Augen öffnete. Oh Gott sei Dank!
«Hazza? Hazza, hörst du mich?», fragte ich vorsichtig und beugte mich zu ihm runter. Mit den Händen umfasste ich sein Gesicht und strich sanft über seine Wangen.
«Was ist passiert?», murmelte er. Er versuchte, sich aufzurichten, doch ich hielt ihn am Boden fest. Nicht dass er gleich nochmal kippte.
«Ich hol ein Glas Wasser.», sagte Liam, stand auf und ging schnellen Schrittes in Harrys Büro.
«Du bist einfach umgekippt. Ich hab mir solche Sorgen gemacht.», schniefte ich, konnte aber nicht anders als zu lächeln, vor lauter Erleichterung. Liam kam zurück, hockte sich wieder neben mich und hielt Harry das Glas Wasser hin. Vorsichtig halfen wir ihm, sich ein bisschen aufzusetzen. Ich kniete mich hinter Harry, damit er an mir anlehnen konnte, während er vorsichtig ein paar Schlucke Wasser nahm. Endlich gingen dann die Türen des Aufzugs auf und zwei Sanitäter kamen zu uns, zusammen mit einer Dame vom Empfang.
«Ihr habt den Notarzt gerufen?», fragte Harry ungläubig. Mir war schon klar, dass er sich darüber nicht freuen würde. Für ihn war ja auch alles in Ordnung. Er sah nicht ein, wie schlecht es ihm ging und dass er sich mal durchchecken lassen sollte.
«Ja, haben wir und jetzt stell dich bloss nicht blöd an, sondern lass dir endlich mal helfen!», ermahnte Liam ihn direkt. Genervt verdrehte Harry die Augen, als die Sanitäter sich zu uns auf den Boden knieten und fragten, was passiert war.
«Es geht mir gut.», grummelte Harry.
«Ihm geht es nicht gut. Er ist kollabiert, vermutlich weil er seit Monaten Stress hat und sich einfach nicht helfen lässt.», widersprach ich. Harrys Blick könnte mich im Moment wohl umbringen, doch das war mir egal. Ich würde ihn das nicht länger durchziehen lassen. Ich wusste, dass er Hilfe brauchte. So konnte es nicht weitergehen. Also gingen Liam und ich aus dem Weg, um die Sanitäter ihre Arbeit machen zu lassen. Sie versuchten aus Harry Informationen rauszukriegen, doch der sagte bloss wieder, dass es ihm gut ging. Zum Glück liess er sie aber trotzdem ein EKG anhängen und einige Tests machen.
«Wir würden Sie gerne für weitere Abklärungen mit ins Krankenhaus nehmen, Mr. Styles.», sagte dann einer der Beiden und ich war ihnen unglaublich dankbar. Endlich würde er sich durchchecken lassen.
«Kommt nicht in Frage.», widersprach Harry aber. Jetzt reichts!
«Und wie das in Frage kommt, Mister! Du gehst mit und lässt endlich mal einen Arzt an dich ran! Harry, dir geht's nicht gut! Mir kannst du nichts vormachen, ich sehe doch, wie es dir von Tag zu Tag schlechter geht! Lass dir endlich helfen! Liam kann sich ums Geschäft kümmern, du musst jetzt nicht den Starken spielen. Gib endlich zu, dass es dir nicht gut geht. Wenn du jetzt nicht mit gehst, verfrachte ich dich höchstpersönlich ins Krankenhaus, Freundchen!», drohte ich ihm. Ergeben liess er den Kopf fallen und seufzte.
«Also gut. Aber ich fahre nicht im Krankenwagen mit, das erregt zu viel Aufsehen. Louis fährt mich.», gab er sich schliesslich geschlagen. Damit konnte ich leben.
«Geht das?», fragte ich daher nach. Die beiden Sanitäter stimmten zu, da Harry jetzt in einem guten Zustand war, bestanden aber darauf, dass wir jetzt sofort da hin fuhren. Vorsichtig halfen wir Harry auf die Beine, welcher, stur wie er war, darauf bestand, dass er das selbst konnte. Ich sah jedoch, wie wackelig er auf seinen Beinen stand. Mit dem Arm um seine Hüfte, lief ich zum Fahrstuhl und wir fuhren runter, jedoch erst, nachdem die Sanitäter weg waren. Harry wollte nicht, dass wir gleichzeitig das Gebäude verliessen.
Der Krankenwagen fuhr gerade weg, als wir aus der Tür traten. Langsam lief ich mit Harry zu seinem Auto und hielt ihm die Tür zum Beifahrersitz auf.
«Ich kann das schon.», maulte er wieder. Ich ignorierte ihn einfach und half ihm, einzusteigen. Liam stand bloss kopfschüttelnd daneben, als ich die Tür schloss.
«Soll ich mitkommen?», fragte er, doch ich schüttelte bloss den Kopf.
«Nein, das geht schon, danke.», kurz umarmte ich ihn, dann stieg ich auf der anderen Seite in und fuhr los. Die meiste Zeit der Fahrt verlief schweigend. Harry starrte bloss zum Fenster raus, die Arme vor der Brust verschränkt. Wie konnte er bloss so stur sein? Ihm ging es offensichtlich scheisse, warum konnte er das nicht einfach zugeben?
«Lou?», brach er irgendwann dann doch das Schweigen. Ich sah kurz zu ihm rüber. Seine Augen waren geschlossen und er hatte den Kopf gegen die Lehne gelegt. «Mir ist schlecht.», murmelte er.
«Musst du dich übergeben?», fragte ich nach, als ich zurück auf die Strasse sah, um einen geeigneten Ort zu finden, wo ich rausfahren konnte. Von Harry kam nur ein leises «Mhm». Schnell fuhr ich an den Strassenrand, stieg aus und lief auf die andere Seite rüber. Gerade noch rechtzeitig, konnte ich Harry aus dem Auto helfen, ehe er sich in die Wiese übergab. Seine Hand krallte sich in mein Hemd, während ich versuchte, ihn zu stützen. Tiefe Schluchzer unterbrachen sein Würgen und ich konnte selbst kaum die Tränen zurückhalten. Ich hasste es, ihn so zu sehen.
«Geht's wieder?», fragte ich vorsichtig, als alles draussen war. Langsam richtete Harry sich wieder auf und lehnte sich gegen mich.
«Bitte bring mich ins Krankenhaus, Lou.»
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