Kapitel 8
Toni
2 Tage später
An dem Abend in der Bar ist nichts weiter vorgefallen. Elian ist schon frühzeitig mit seinem bunten Knallbonbon abgehauen, nachdem sie sich wieder abgeregt hatte. Der Grund ihres kurzen, emotionalen Ausbruches war eine Spinne!
Eine blöde Spinne!
Ich vermute, bei genauerem Hinsehen findet man dort in der Bar weitaus schlimmere Dinge. Wie zum Beispiel alte Zwiebelringe! Leider muss ich gestehen, dass mich der Anblick, wie vertraut Elian mit dem bunten Wesen war, extrem stört. Wie passt so eine, wie sie zu jemandem, wie ihm? Er ist die Finsternis in Person, aber hat eine Freundin, die vor lauter Farben nur so explodiert.
Den darauffolgenden Tag ist nichts Bedeutsames passiert. Ich war kurz im Büro und habe mit meinem Chef alles Weitere besprochen. Wir haben uns darauf geeinigt, die Bar so schnell, wie möglich renovieren zu lassen.
Er hat sich direkt um einen Termin bei einer Baufirma gekümmert, den ich heute habe. Womöglich lenkt mich dieser Geschäftstermin von meinen Gedanken ab. Mir gefällt es zwar nicht, mich allein um alles zu kümmern, zumal ich nicht mal Ahnung davon habe, aber ändern kann ich es jetzt eh nicht mehr.
Demzufolge bringt Herummeckern nichts.
Ich stehe in meinem Schlafzimmer und ziehe mir ein enges schwarzes Kleid an und dazu ebenso dunkle Highheels, als mein Handy klingelt. Oh welch Überraschung ... Es ist mein Chef.
Nachdem dieser mir ein halbes Ohr am Telefon abgekaut hatte, komme ich verschwitzt und abgehetzt in dem vereinbarten Restaurant an. Das Lokal ist schön. Es ist ruhig und hell eingerichtet. Die Stühle sind aus Holz, mit roten Bezügen. Auf den Tischen stehen Kerzen in einem Halter, die aussehen wie diese chinesischen Lampions.
Ich weiß nicht, nach wem ich Ausschau halten soll, aber da man die Plätze hier reservieren muss, gehe ich zu dem Kellner an dem Pult.
»Guten Tag, wir haben reserviert für zwei auf den Namen Walker?« Es hört sich eher wie eine Frage an, weil ich mir nicht mehr sicher bin, aber der Mann nickt und scheint genaustens Bescheid zu wissen. Es erleichtert mich, dass wenigstens er weiß, mit wem ich mich treffen soll.
»Ja, Mr. Walker ist schon eingetroffen. Ich zeige Ihnen Ihren Tisch. Bitte folgen Sie mir.«
Ich gehe dem Kellner hinterher und schaue dabei die Gäste an. Völlig ahnungslos, auf wen ich hier treffen werde, straffe ich meine Schultern, um immerhin so zu tun, als wäre ich die Ruhe in Person. Anschließend bleibt er an einem Tisch stehen und mich trifft nahezu der Blitz.
Alpha-Kevin ...
Niemals besitzt so jemand wie er, eine eigene Firma!
Er reicht mir die Hand und ich schaue auf die beachtliche Anzahl von Tattoos auf seiner Haut. Mein Blick zu ihm hinauf schweifend, begutachte ich seine zwei Piercings in der Nase. Er hat an jeden Nasenflügel jeweils einen. An den Ohren hat er ebenfalls auf beiden Seiten drei kleine Stecker.
Generell finde ich es abstoßend, trotz alledem, ihm steht es. Ebenso wie seine Tattoos, die fast keine freie Stelle mehr aufweisen. Ich mag es nicht, aber an ihm fasziniert es mich.
Seine Ausstrahlung ist mir zu düster, doch bei ihm wirkt es geheimnisvoll und sexy. Oder wie meinte Leo?
Heilige Jungfrau Maria und Jesus Christus im Himmel! Scheiße sieht der gut aus!
Seine Augen funkeln mich belustigt an und ich sehe förmlich, wie er sich über meinen mehr als verwirrten Ausdruck lustig macht, während ich ihn genaustens mustere.
Sein Blick sagt so viel aus, wie »damit hast du jetzt wohl nicht gerechnet, was?«
Er zieht mich an der Hand dicht zu sich heran und sein heißer Atem trifft auf meine erhitzte Haut.
»So sieht man sich wieder, Krümel.«
Seine raue Stimme verursacht ein Kribbeln in meinem Bauch und ich senke schnell meinen Blick, ehe ich mich in den Tiefen seiner Augen verliere.
»Leider«, flüstere ich eingeschüchtert.
Ich sehe anhand seines Ausdruckes, dass er es genau verstanden hat, da er seine Kiefermuskulatur augenblicklich anspannt.
Nochmals schaue ich ihn beschämt an. Erst da fällt mir auf, dass er ein dunkelblaues T-Shirt trägt, mit dem Firmenlogo und Namen darauf. Ich muss umgehend darüber schmunzeln.
»Vergisst du den sonst?«, frage ich und kann mir ein Kichern nicht verkneifen, während ich auf den Stoff zeige.
»Möchtest du etwas trinken?«, entgegnet er und ignoriert meine vorherige Äußerung.
»Ja, ein Wasser, danke.«
Er bestellt bei dem Kellner zwei Wasser und dieser entfernt sich, nachdem er uns die Speisekarten gereicht hat.
Ich öffne diese und werde zunehmend nervöser in seiner Gegenwart. Die Art, wie er mich mal wieder mustert und ansieht, bereitet mir eine Gänsehaut.
Jeder andere wäre sich vermutlich komisch vorgekommen, eine fremde Person so zu betrachten, doch Elian scheint dies sichtlich egal zu sein. Ohne seinen Blick auf die Karte geworfen zu haben, packt er diese auf den Tisch und meint:
»Das Lammfilet mit Gemüse ist hervorragend.«
Ich lächele nur unsicher und streiche mir nervös eine Strähne aus dem Gesicht.
Warum schüchtert er mich mit seiner Miene so sehr ein?
»Ich glaube, ich nehme einen einfachen Salat.«
Er schaut mich abermals mit einer hochgezogenen Augenbraue an, ohne etwas zu antworten. Meine Augen gleiten direkt in seine und all das Stimmengewirr um mich herum verblasst. Wie erstarrt blicke ich in die Iriden, die sowohl Kälte als auch Wärme durch meinen Körper segeln lässt.
Der Kellner kommt zurück und bringt uns die Getränke, woraufhin Elian das Essen bestellt. Kurz darauf räumt er auf seiner Tischseite alles beiseite und legt ein Tablet vor sich, das er umgehend entsperrt. »Also. Dein Chef sagte, er möchte die Bar kernsanieren und renovieren lassen. Das Technische habe ich schon mit ihm besprochen. Die Innenausstattung und Gestaltung meinte er, solle ich mit dir alles abklären.«
Er sieht mich ernst an und ich frage mich, warum mein Arbeitgeber ausgerechnet mir diese Entscheidungen überlässt.
»Ja, also ich habe davon nicht viel Ahnung. Mein Chef denkt, weil ich eine Frau bin, habe ich da eher ein Händchen für.«
Ich zucke mit den Schultern und sehe, wie mein Gegenüber zunehmend genervter wird, als er sich Notizen auf seinem Dokument macht.
»Also, kann ich davon ausgehen, dass du kein Händchen für sowas hast?«, fragt er und sieht dabei zu mir auf.
Er versteckt nicht mal seine Abneigung.
»Ich hätte schon Vorstellungen. Aber inwieweit diese umsetzbar wären, weiß ich nicht«, erwidere ich leise und werde zum wiederholten Mal verlegen.
Er raubt mir mit seinen intensiven Blicken jegliche Eigendisziplin. Elian scheint zu merken, wie unschlüssig ich bin. Ihn nervt es offenbar, mit so jemanden zusammen arbeiten zu müssen. Zumindest deutet mir seine Körperhaltung dies deutlich.
»Dafür bin ich da. Du sagst, was du gerne hättest, und ich sage dir, ob es machbar ist oder nicht. Zudem können wir uns auch in meinem Büro treffen und ich zeige dir ein paar Entwürfe«, meint er und wackelt anzüglich mit seinen Augenbrauen. Von seinen Stimmungsschwankungen bekomme ich Kopfschmerzen.
»Das würde dem bunten Knallbonbon aber bestimmt nicht gefallen«, entgegne ich mit einem patzigen Unterton. Von mir selbst enttäuscht, verdrehe ich innerlich meine Augen.
Ich habe weder das Recht, so über seine Freundin zu reden, noch möchte ich, dass er denkt, es würde mich nur ansatzweise interessieren.
Elian neigt daraufhin seinen Kopf und sieht mich mehr als verwirrt an.
»Was für ein Bonbon?«, fragt er und runzelt dabei seine Stirn.
»Egal«, erwidere ich hastig und würde mich für meine Aussage am liebsten selbst hauen.
»Ach, du meinst Augenkrebs-Vicky«, stellt Elian eine Oktave lauter fest. Der Name gefällt mir besser!
Ich kann mir ein Lachen nicht verkneifen und als ich in Elians Gesicht schaue, sehe ich, wie auch seine Mundwinkel leicht nach oben zucken.
»Ich trage nicht umsonst im Dunkeln eine Sonnenbrille«, erklärt er beiläufig und zuckt mit seinen Schultern.
Ich weiß nicht, was ich darauf erwidern könnte, doch Elian spricht zum Glück augenblicklich weiter, ohne das Thema zu vertiefen.
»Gut, also würde ich sagen, du überlegst dir etwas und ich mache mir ebenfalls ein paar Gedanken und entwerfe eventuell bis dahin schon ein oder zwei Entwürfe.«
Erneut notiert er sich einiges, ehe er das Display des Tablets sperrt und mich erwartungsvoll ansieht.
Er spricht zwar beherrscht, aber man merkt ihm an, dass es ihm lieber wäre, wenn ich genaue Anweisungen geben und so seine Arbeit vereinfachen könnte. Zum Glück kommt der Kellner mit unserem Essen und ich kann kurz durchatmen, ehe ich mich seinem ernsten Blick wieder stellen muss.
»Ich würde vorschlagen, dass wir uns morgen bei mir im Büro treffen, um dort weitere Details zu besprechen. Es ergibt jetzt wenig Sinn, darüber zu reden, wenn du so unvorbereitet zu einem Termin kommst.«
Mir klappt die Kinnlade herunter bei seinen Worten.
Redet er mit all seinen Auftraggebern so?
Ein Wunder, dass er dann überhaupt welche hat! Ich picke beleidigt Salat auf meine Gabel und stecke sie mir in den Mund, um einen unangebrachten Kommentar zu vermeiden.
»Tut mir leid, das sollte jetzt nicht so schroff rüberkommen. Vielleicht machst du dir bis morgen Gedanken. Dann kommen wir dem Ziel hoffentlich auch etwas näher.«
Lass es lieber! Es wird nicht besser!
Das restliche Essen verbringen wir fast ausschließlich schweigend und ich bin froh, als wir fertig sind und uns verabschieden.
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