Epilog


************ Kyle P.O.V ************


Als meine Mutter mich angerufen hat und gesagt hat, ich solle sofort ins Krankenhaus kommen, habe ich natürlich den ersten Bus genommen.

Ich bin ein wenig nervös, weil ich nicht weiß, was auf mich zukommt. Sie klang ziemlich aufgelöst, während unseres Telefonates. Irgendwie habe ich Angst.

Ich stehe vor der Türe des Krankenzimmers. Mein Puls steigt. Dann öffne ich die Türe. Mein Blick wandert im Zimmer herum, bis ich sie auf dem Bett liegen sehe. Ihre Haut ist weiß. Totenweiß. Mein Herz pocht laut und deutlich. Ich blicke auf den Monitor neben ihrem Bett. Keine Regung. Sie ist tot. tot... Immer wieder wiederholt sioch dieser Satz in meinem Kopf. "Sie ist tot... ich konnte es nicht verhindern..."

Ein Arzt kommt herein und klärt mich auf, dass sie an einem Tumor gestorben ist, eine Depression und der daraus resultierende Mangel an Wasser und Nahrungsmitteln den Prozess beschleunigt hat. Dann geht er schnell wieder.

Vorsichtig setze ich mich zu ihr ans Bett und greife ihre Hand. Ich wünschte, ich hätte ihr sagen können, dass es mir Leid tut. Aber jetzt ist es zu spät.

Mein Blick fällt auf den weißen Umschlag auf ihrem Nachttisch. Ich öffne ihn und beginne zu lesen:


Der erste Brief

...Ich erinnere mich genau daran, wie ich vor zwei Jahren deinem damaligen Schwarm sagte, dass ich dich liebte und du es irgendwie mitbekamst. Du hast mich ignoriert und kamst, wenn du überhaupt mit mir gesprochen hattest, immer mit gemeinen Sprüchen an, aber du warst trotzdem noch der Kyle, inden ich mich einst verliebt hatte. Du warst immer mit ihr glücklich und mir ging es immer schlechter. Jede Berührung von euch war wie ein Messerstich in mein Herz. Und reden konnte ich auch mit niemandem, da meine einzigen Freunde nur Jungs, also auch deine Freunde, waren. Ich habe es damals bei den Mädchen verkackt, da ich, so wie SIE, auch in dich verliebt war und er anfangs mehr mit mir machte als mit IHR. Sie hassen mich bis heute noch...

Man, Alisha, es war nie meine Absicht, dass dich alle hassen. Es tut mir so Leid, dass ich dich so schlimm behandelt habe. Ich habe es nicht so wahrgenommen.


Der zweite Brief

Okay, so ähnlich ist es ja auch passiert, aber du warst wenigstens der einzige der dabei war und nur du hast mich ausgelacht, nicht die ganze Schule. Tatsächlich wollte ich dem ganzen ein Ende setzen, oder wenigstens so weit weg wie möglich.

Wollte sie sich etwa wegen mir umbringen?!


Der dritte Brief

...Es war für mich nicht wirklich begreifbar. Und am liebsten wäre ich off gegangen,aber ich wollte dich nicht verletzen. Ich wollte dir nicht zeigen, wie es mir damals ging. Deswegen schrieb ich okay. Und dann hacktest du weiter nach. Du wolltest wissen, ob ich genauso empfände und was ich denke. Ich konnte dir nicht ehrlich antworten, weswegen ich gesagt habe, dass ich erst einmal keine Beziehung möchte, um zu schauen, wie sich das alles entwickelt. Ich denke, dass war mein erster Fehler. Ein Fehler mit Folgen, wie ich jetzt, drei Stunden später, finde.

Das beste wäre wahrscheinlich gewesen, dass ich dir ehrlich gesagt hätte, dass ich nichts von dir wollte. Denn eigentlich wollte ich bloß keine Beziehung mit dir, ich war doch gerade erst über das alles hinweggekommen. Du hast verdammt nochmal meine ganzen Pläne durcheinander gebracht. Ich war dabei das alles zu vergessen. War wohl doch ein Reinfall. ...

Ach, jetzt weiß ich, was du wirklich darüber gedacht hast. Ich habe ja schon vermutet, dass da irgendetwas faul ist, aber ich hätte nicht gedacht, dass du so denkst. Ich bin schon irgendwie geschockt deswegen. Ich wollte eigentlich nur etwas Gutes tun und dich glücklich machen. Aber wie es aussieht, ist mein Plan wohl gescheitert...


Der vierte Brief

...Ich bin dann auch in dein Team gekommen, weil du es praktisch erzwungen hast, aber das war mir egal. Das Beach Soccer selber hat mega viel Spaß gemacht, vorallem weil du in meinem Team warst. Denn du bist der beste von uns. Mit Abstand. Mich würde es nicht wundern, wenn du später mal groß rauskommen würdest. Das wäre doch cool, oder? Ich wäre jedes Mal im Stadion und würde dich anfeuern, auch wenn du nicht mehr wüsstest, wer ich bin...

Ich fand es auch sehr cool, mir hat es damals auch mega Spaß gemacht. Ich hoffe einmal das du Recht hast und ich wirklich mal so gut werde wie die ganzen berühmten Fußballer. Natürlich würde ich dich nicht vergessen. Das könnte ich nicht. Niemals.


Der fünfte Brief

...Im Vergleich zu den paar Tagen direkt danach hat sich deutlich etwas verändert. Du behandelst mich wieder wie davor, wenn nicht sogar noch schlimmer. Meistens ignorierst du mich, und das ist auch schon einem deiner Kumpel aufgefallen, der mich darauf ansprach. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte und antwortete mit der Wahrheit. Ich wusste es nicht. Und tue es immer noch. Wenn ich dich darauf anspreche, weichst du mir aus. ...

Ja, das hat daran gelegen, dass ich in dieser Zeit gemerkt habe, dass du und ich nicht wirklich zusammenpassen und ich nicht mehr mit einem Mädchen zusammen sein konnte, welches ich nicht liebte. Ich bin dir absichtlich ausgewichen, weil ich dir nicht die Wahrheit sagen konnte und wollte.


Der sechste Brief

...Ich will wissen, was für Gerüchte über mich herumziehen, denn es wird auch getuschelt, wenn ich vorbeigehe. Das ist für mich sehr schlimm. Von dir fordere ich, dass du etwas dagegen sagst, aber bei einem Jungen wie dir kann man das wohl nicht erwarten. Das macht mich traurig, denn du bist ein Teil dieser lästernden Gruppe. Okaaayyyy. Ist ja nicht so dass du mir gesagt hast, dass du mich liebst... Aber sonst ist alles klar, oder?
Hoffe ich zumindest. ...

Ja also ich habe diese Gerüchte leider verbreitet... und es war gelogen. Bei mir war nichts klar. Ich habe dich angelogen und das ist nicht gut gewesen.


Der siebte Brief

... Nur leider ist es dieses Mal nicht so gut ausgegangen wie damals. Es war etwa zwei Monate später und eigentlich wollte ich mir heute erklären lassen, was dein Benehmen soll, aber soweit kam es nicht. Du warst nicht am Strand, obwohl es mit den anderen so verabredet war. Als ich dann unauffällig bei Jason, deinem besten Freund, nachfragte, zückte er sein Handy heraus und zitierte: "Ich bin bei Hannah...". Es war kurz davor, dass mir eine Beleidigung herauszurutschte. Es bliebt dann aber bei einem: Ist das sein Ernst?!
Kurz darauf hatte Jason mich von der Gruppe weggerufen und wir saßen nebeneinander im Sand. Er fing an mit "Alisha, also ich glaube es gibt da was, dass ich dir sagen muss." Dann raufte er sich die Haare und murmelte, dass du ihn umbringen würdest. Zuerst verstand ich nicht ganz, warum er das sagte, doch es wurde mir relativ schnell klar. "Also Kyle, er ist, wie soll ich sagen, es war eine Wette. Dass er dich liebt war eine Lüge, es war eine Wette zwischen ihm und Fabio. Wenn er dich rumbekäme, erhielte er 100 Euro von ihm. Er hat dich nie geliebt." Nach diesen Worten ist eine Welt für mich zusammengebrochen. Entgeistert starrte ich Jason an, ich konnte nicht fassen, was er gerade gesagt hatte. Ich war wie in Trance. Und Jason brachte mich netterweise nach Hause, sonst wäre ich sicherlich noch gegen ein Auto gelaufen.

Und jetzt sitze ich auf meinem Fenstersims und frage mich...:

| ...warum du das getan hast.

| ...warum du mich angelogen hast.

| ...ob ich dich überhaupt interessiere.

| ...oder ob es dir egal wäre, wenn ich jetzt sterben würde. ...

Alisha, dass mit der Wette tut mir wirklich Leid. Aber es ist die Wahrheit. Leider. Ich habe das getan, weil ich es eh tun sollte und das Geld war dann die gelungene Erweiterung. Ich habe dich angelogen, weil ich dir nicht die Wahrheit sagen konnte, aber ich unbedingt wollte, dass du glücklich bist. Ich hätte ja nicht gedacht, dass Jason mich verpetzt. Es ist mir nicht egal, dass du tot bist, verdammt! Es macht mich traurig, weil es auch größtenteils meine Schuld ist.


Der neunte Brief

... Und wenn wir mittwochs alleine im Bus sitzen, dann ist es still. Nicht still still sondern unangenehm still. Es ist eine Qual, so zusammen zu sitzen und es zu hassen, weil keiner etwas sagt oder etwas sagen will. Ich hasse es so sehr. Auch Hannah setzt sich immer neben dich und dann, wenn ich mich auch zu dir setzen will, bringt sie mich fast mit ihren Blicken und den Worten, die sie zu dir sagt, um. Ich hasse das so sehr! Okay ich gebe es zu, ich bin eifersüchtig! ...

Das hat alles seine Gründe. Schon damals war ich mit ihr zusammen und sie fand das nicht so toll, obwohl sie den Grund kannte.


Der elfte Brief

... Und sie heulte wie ein Schlosshund, als sie in deinen Armen lag. Und das machte mich so wütend, dass ich meine Wasserflasche nahm und sie über euch schüttetet. Ich hoffe, es dämmt die Schmerzen, meinte ich. Du holtest ihr ein Handtuch, ...

Hätte ich es nicht gemacht, wärst du dann glücklich gewesen? Es tut mir Leid...


Der einundzwanzigste Brief

...Mir ist tatsächlich der Atem stehen geblieben. In der Schachtel lag eine kleine silberene Kette. Vorsichtig habe ich sie herausgenommen und auf meine Hand gelegt. Sie ist wunderschön. ...

... Ich habe die Kette euch gezeigt. Auf ihr stand etwas: Alisha(Herz). Außerdem lag innen noch ein kleiner Brief. "Stay strong", stand darin. ...

..."Das letzte Lied" hieß es und ich senkte meinen Kopf, da ich traurig war, dass du nicht tanzen konntest. Auf Sarahs Frage, warum ich so traurig war, sagte ich, dass ich mir meinen letzten Tanz für eine ganz besondere Person aufheben wollte und deutete auf meine Kette, woraufhin sie lächelte. Aber ich hatte meine Hoffnung bereits aufgegeben. Doch dann standest du auf und liefest auf mich zu. Du hast verschmitzt gegrinst und verbeugetest dich leicht: "Darf ich bitten?" Ich lächelte wie eine Verrückte. "Liebend gerne." Er nahm mich an der Hüfte und wir begannen zu tanzen. Es lief das perfekte Lied: I think I'm in love again. Ich blickte glücklich im Raum herum und bekam auch einige vielsagende Grinser von Sarah und Luana aber einen bösen Blick von Hannah. Das machte mich nur noch trauriger. ...

Es freut mich, dass mein Geschenk dir wirklich gefallen hat. Ich finde es super, dass du meine Quälereien so zu schätzen wusstest.


Der vierundzwanzigste Brief

Kyle: Meine Zeit ist jetzt vergangen und ich will, dass du weißt, was ich in den letzten Monaten
gedacht und gefühlt habe. Du sollst all diese Briefe lesen und verstehen. Deine Aufgabe soll
es auch sein, meiner Familie diese Abschiedsbestimmungen vorzulesen. Ich vertraue dir.
Du hast bezüglich mir viel Scheiße gebaut, aber ich war immer nur enttäuscht, denn ich
konnte dir nicht böse sein, weil ich dich liebe. Ja, ich tue es immer noch und ich werde bei
meinem letzten Atemzug an dich denken. Versprochen. Ich möchte, dass du glücklich wirst,
von mir aus auch mit Hannah, aber vergiss mich bitte nicht. Ich liebe dich! Für immer!

Werde ich nicht, versprochen. Es tut mir so leid, dass du wegen mir in diese Depression gefallen bist.

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********************** Ten years later *************************

Ich bin nun ein berühmter Fußballer und bin wirklich beinahe so gut wie Pele und Co. Gestern habe ich mir ein neues Tattoo stechen lassen. "Stay strong" heißt es. Es erinnert mich immer an dich und an das, was ich getan habe. Und daran, dass ich nie aufgeben soll.

Ich bin momentan Single. Das mit Hannah hat nicht wirklich lange gehalten. Ich habe dich aber nie vergessen. Und das werde ich nie...


ENDE







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