Kapitel 19

E. konnte seine Finger nicht mehr von mir lassen. Er hatte mich hochgehoben und sich dann mit mir in Omegas Tempel niedergelassen, seine Finger in meinen Haaren, Dunkelheit in beständigen Wirbeln um seinen Körper herum.

„Ich hasse dich, Liliana", meinte er schließlich. „Ich hasse dich abgrundtief. Was hast du dir dabei gedacht?"

Ich antwortete nicht. Das tat ich bei seinen Vorwürfen nie. Außerdem hatte er recht. Ich hatte einen Fehler gemacht. Einen Fehler, der uns alle betroffen hat.

„Also, E., wo ist deine kleine Freundin hin?" Ajax hatte auf einem Sessel Platz genommen, Percy hatte sich zum Training verabschiedet und Zoë mitgenommen.

Erebos richtete sich leicht auf und ich konnte mir den stechenden Blick vorstellen, den er Ajax zu warf.

Ajax erwiderte den Blick gelassen, grinste sogar leicht. „Sag bloß, du weißt es nicht?"

Unter meinen Finger kam E.'s Herz aus dem Takt. Ich lehnte mich zurück und blickte zu ihm auf. „Ging es ihr gut?"

Er wandte mir seine schwarzen Augen zu. „Natürlich, klein Lila, ich säße hier nicht, wenn es anders wäre."

Ich schnaubte wütend. „Wen nennst du hier klein?"

E. verzog die Lippen zu einem Grinsen. „Du bist zweitausend Jahre jünger als ich, Lila, du bist ein Kücken."

„Halt die Klappe", schnappte ich zurück und verschränkte beleidigt die Arme. „Und jetzt sag, wo Maia ist! Ich brauche weibliche Unterstützung."

Erebos und Ajax tauschten einen langen Blick, ein Funkeln in den überirdischen Iriden, das mich die Augen verdrehen ließ. Dann brachen die beiden in Gelächter aus. „Du denkst doch nicht ernsthaft, dass Maia, die noch einmal älter ist als ich, dir zur Seite stehen würde, Kücken?", brachte E. hervor. Mein Ellenbogen fand seinen Weg zwischen Erebos Rippen.

„Alle beide, Maul halten!"

„Werden wir jetzt unhöflich, Monsterkind?"

„Werden wir jetzt suizidal, Dunkelgeburt?"

„Werden wir jetzt wohl die Klappe halten, Finsterkinder!"

„Klappe an die Glühbirne", schoss ich zurück und E. fügte hinzu: „Genau, Lichtergeburt."

„Das soll mich jetzt treffen, nicht?", kam es gespielt ratlos von Ajax und ich gab auf. Der dunkle Faden spannte sich zwischen meinem Mittelfinger und meinem Handgelenk und mit einem Kichern beobachtete ich, wie sich dunkle Fäden langsam um die Glühbirnen schlangen, bis kein Funke Licht mit hinaus drang und wir um Finstern saßen.

„Lass das!", schnauzte Ajax, doch E. hinter mir umschlang meine Hüfte mit einem Arm und zog mich fest an ihn. Ich konnte sein Grinsen förmlich sehen.

„Wag es nicht, aufzuhören", murmelte er leise sein heißer Atem direkt an meinem Ohr.

„Spuck nicht in mein Ohr", schnauzte ich zurück.

Ich schloss meine Handfläche und die Dunkelheit zog sich zurück.
„Jetzt krieg' Maia gefälligst hier her."

„Muss das sein?"

Erebos wandte sich unter Ajax und meinen Blicken.

Maia wurde als Kriegerin geboren. Als wahrhaft furchteinflößende Kriegerin. Als Kriegerin mit weißen Haaren und stahlblauen Augen.

Eine wütende Maia war genug um den Tartarus persönlich in Angst und Schreck zu versetzen. Demzufolge hatte ich sehr viel Verständnis für den kränklich bleichen Erebos, der klammheimlich Richtung Tor verschwand, als eine sehr, sehr zornige Maia mit kinnlangen Haaren in der Mitte des Camps landete und dabei einen Shuriken zwischen den Finger drehte.

Ohne Ajax wäre ich auch sehr, sehr schnell gerannt.
„Erebos, denk nicht einmal dran", meinte sie, hohe, leise Stimme scharf wie Glassplitter. Erebos zuckte zusammen und blieb stehen. Langsam drehte er sich um und grinste, in seinen Augen die blanke Panik.

„Hey, Süße."
„Halt deine Klappe." Die Luft rauschte um Maya herum, es war als wäre sie in einer Kapsel, die ihr eigenes Wetter hatte. Momentan war Sturm angesagt. Erebos schrumpfte in sich zusammen.

Mutig machte ich einen Schritt nach vorne und stellte mich vor den Gartenzwerg Erebos.
„Hey, Maia, lang nicht gesehen."

Maia zuckte zusammen, die Luft in ihrer Kapsel beruhigte sich schlagartig bevor sie leichte Kreise zu drehen begann.

„Lily, Baby", hauchte sie und rauschte auf mich zu. Ihre Finger fuhren über meine Lippen und meine Wangen bevor sie mir einen Kuss auf die Stirn hauchte, der so kalt wie ein Winterwind war.

„Mein kleines Baby." Eine Träne lief über ihre Wange und schwebte durch die Luft, die sich um mich herum zusammenzog und entspannte, als ob sie testen würde, ob ich tatsächlich hier wäre.

„Ich bin hier. Ich bleibe."
Maia ihre Arme umschlangen meinen Körper, ihr Gesicht vergrub sich in meinen Haaren und ihre Tränen rannen heiß über meinen Nacken.

„Du bleibst." Ein Befehl, keine Aussage.

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