Kapitel 18
[Casmiel sollte Modedesigner werden]
~Oder: Wieso Aspen sich in ein Kleid verliebt~
Casmiel hatte alles vorbereitet.
Für Aspen, Liope oder Milany gab es nichts mehr zu tun. Eleanor war eigentlich nicht wirklich für Strategie und Planung da, sondern wegen ihrem kämpferischen Geschick, doch dies schien nicht einmal von Nöten zu sein. Casmiel erledigte alles ohne Kämpfe, ohne Verletzungen, ohne Tode.
Er regelte es politisch. Manipulativ. Wie ein wahrer Tripe.
Aspen war wirklich beeindruckt davon. Sie konnte nicht so mit Worten umgehen wie die Anhänger ihres neuen Nachnamens, doch sie konnte kämpfen. Und scheinbar schön aussehen, denn das war ihre Aufgabe heute. Schön sein.
Casmiel hatte nicht gelogen, als er das Talent seiner Kontakte erwähnt hatte, die scheinbar Ellowen und Geneveive hießen, zwei Schneiderinnen, die Casmiel einen Gefallen geschuldet hatten. Kleider.
Sie selbst trug ein wunderschönes, dunkel-goldenes Kleid, dass ihre dunkle Haut betonte, mit einem freien Rücken, der nur von korsett-artigen Schnüren zusammengehalten wurde. Es hatte einen recht weiten Ausschnitt und als Ärmel nur dünne Schnüre, die aber erstaunlichen Halt gaben. Es betonte ihre Figur, schien aber dennoch zu fallen und ein weiter Beinschlitz zeigte ihre rechte Seite.
Es war wirklich wunderschön, doch irgendwie fühlte sie sich, wie in so ziemlich jedem Kleid, verletzlich. Sie hätte zwar auch einen Anzug anziehen können, doch Aspen war schon als kleines Kind von Kleidern begeistert gewesen. Sie wollte wie eine Prinzessin aussehen, aber leider waren Kleider scheinbar nicht für Assassine gemacht.
„Cassy. Das Kleid ist wirklich wunderschön, aber ist das dein Ernst?" fragte sie und sah an sich herab. Casmiel selbst war gerade damit beschäftigt, Liope einen wunderschönen Eyeliner zu verpassen, bevor er aufsah und Aspen in Augenschein nahm.
„Es ist beinahe perfekt. Warte kurz, Asp" wies er ihr an und ging in einen von Vorhängen versteckten ‚Raum', der eigentlich als eine Umkleide dienen sollte.
Casmiel hatte den alten, verstaubten und definitiv ungemütlichen Raum in ein Paradies verwandelt. Es sah fast aus wie eine eigenen Schneiderei. Stoffe und Schnüre waren überall verteilt. Ein paar Bänke und Stühle standen bereit und einige Sektionen von dem recht großen Raum waren abgetrennt, um als Umkleiden zu dienen. Es war praktisch, platzsparend und dennoch irgendwie heimisch, ganz im Gegenteil zu den anderen Räumen des alten Hauses.
Er selbst sah auch aus, als würde er hier hinein passen. Seine Haare waren in einen unordentlichen Dutt gebunden, der doch irgendwie alle Haare aus seinem Gesicht fernhielt und ein Stift steckte in diesem, bereit, verwendet zu werden.
Aspen hatte es eine Zeit lang als Versteck benutzt, bevor sie in die Arena gekommen war und von Zuhause weg gemusst hatte. Naja, weniger gemusst als gewollt, aber dennoch war es eine Zeit lang ihr Zuhause gewesen.
Casmiel kam zurück mit viel Schmuck auf dem Arm und einem ledernen Riemengestell in der anderen Hand. Er legte den Schmuck ab, faltete die Lederriemen aus und zeigte Aspen, was es war.
Sie grinste breit. Natürlich war Casmiel für alle Fälle bereit gewesen.
Aspen nahm es entgegen und befestigte den Lederhalfter an ihrem Bein. Sie deponierte auch sofort eines ihrer Messer darin und versteckte es mit dem Rock. Der Beinschlitz war auf der anderen Seite. Schließlich war es ein öffentliches Event und Aspen durfte wohl kaum mit einer Waffe dort herumstolzieren.
„Falsches Bein, Asp" kommentierte Casmiel nur beiläufig während er den Schmuck zur Schau stellte, damit Aspen sich später ihre Wahl einteilen konnte und sie löste den Halfter wieder um ihn an ihr anderes Bein zu montieren. Das zwanzig Zentimeter lange Messer, das beinahe die Größe ihres gesamten Oberschenkels hatte, war nun klar und deutlich durch den Beinschlitz zu sehen und Aspen fühlte sich bereits viel sicherer in ihrer Haut.
„Ich habe goldenen und schwarzen Schmuck gewählt. Wenn du etwas silbernes zu diesem Kleid trägst, dann werde ich dich umbringen. Und ich werde es an Ella und Gwen weiterleiten. Die werden dich wiederbeleben und wieder umbringen. Vertrau mir, sie können Furien werden, wenn sie wollen" meinte er nur während er zurück zu Liope ging, der seinen Eyeliner stolz betrachtete und grinste.
Ihr Bruder sah das erste Mal in seinem Leben nicht aus, als würde er ein verlorener obdachloser Drogenjunkie sein. Liope trug einen schwarzen Anzug mit goldenen Ornamenten und einer vergoldeten Rose in der Brusttaschte. Seine gewöhnlichen Ohrringe waren ausgetauscht worden gegen hängende, goldene Schlangen, die das Familientier der Salems war und seine Abstammung repräsentierte. Seine wilden, schwarzen, inzwischen wirklich langen Haare waren in einen geübten Dutt gebunden, wie Casmiel ihn oftmals getragen hatte, doch bei Liope hingen die vorderen Strähnen präzise geplant heraus und umgaben sein Gesicht.
Goldener Lidschatten betonte seine grün-orangen Augen und die detailreichen Ornamente seines Anzugs, während er schwarze Eyeliner ihm etwas katzenartiges verliehen Selbst auf seiner unteren Wasserlinie zeigte sich ein goldener Kajal. Er sah wirklich verdammt gut aus, Casmiel hatte wirklich ganze Arbeit geleistet.
Auch Eleanor hatte sich auf Casmiels Make-Over eingelassen und trug einen dunkelroten Anzug. Die Hose war in der blutartigen Farbe, ebenso wie der lange Smoking. Das Hemd war jedoch schwarz und die ersten Knöpfe waren geöffnet, sodass man ihren Ausschnitt erkennen konnte. Um ihren Hals hingen viele goldene Ketten und eine goldene Brosche mit einem Stier war auf der rechten Lasche der Anzugsjacke. Der Stier war das Familientier der Tremblays und er passte perfekt zu Eleanor.
Sie trug kein Make-Up, da sie sich strickt dagegen gewehrt hatte und an ihrer Seite hing eine Waffe. Nur für den Fall, jedenfalls hatte sie das behauptet.
Juno hatte sich nicht herausgeputzt, sondern sah nur neugierig dabei zu, wie Casmiel alle nach und nach in wahre Stars verwandelte, die auf dem Red Carpet gehen könnten, da sie einen Oscar gewonnen haben. Es war beeindruckend wie gut Casmiel jeden von ihnen kannte und ihren Geschmack mit seinen Entscheidungen getroffen hatte.
Sie konnte nicht mitkommen, da sie noch verdeckt bleiben sollte, damit sie Charon und seine Lakaien ausspionieren konnte. Sie hatte nichts dagegen, war jedoch wirklich beeindruckt von Casmiels Arbeit.
Casmiel selbst war ebenso eine Augenweide und Aspen wusste schon jetzt, dass er dieses Interview für sich gewinnen würde. Er trug eine schwarze Hose und ein weißes Hemd. Ganz normal, gewöhnlich für ihn. Doch über dem weißen Hemd war ein mitternachtblaues Korsett gespannt, dass ihm eine feminine Taille verlieh. Dadurch, dass das Hemd leicht herausgezogen worden war, wirkte es etwas gepufft und schmeichelte so seiner Figur.
Er trug mehrere goldene Ketten, die alle detailliert und genau ausgearbeitete wirkten. Eine sah aus, wie aneinandergereihte Ahornblätter, eine andere wirkte wie Weinranken, die sich um seinen Hals schmiegten. Wieder andere hingen herab und zeigten entweder filigrane Drachen, oder auch einmal eine Hand, deren Oberfläche blutrot gefärbt war.
Doch das waren nicht alle Ketten, die er trug, denn an dem Korsett waren noch mehr befestigt, die an den Befestigungsklammern angebracht waren und zu dem dezenten Muster noch einen goldenen Touch brachten, der weder zu viel noch zu wenig war.
Inzwischen hatte er auch seinen vorherigen Dutt gelöst. Sie waren so perfekt, dass er sie nicht einmal mehr stylen musste und jedes Model neidisch gewesen wäre.
Casmiels Haare waren offen und fielen galant über seine schmalen Schultern, während sein Gesicht von den weiß-goldenen, leicht gewellten Strähnen eingerahmt wurde.
Casmiels dunkelblaue Augen waren von einem dezenten, goldenen Eyeliner umgeben, der sich an der dunklen Iris spiegelte und goldene Ornamente in die tiefen Ozeane riss.
An seinen Ohren hingen zurückhaltende Drachen mit dunkelblauen Augen und einem ebenso dezenten Muster, dass man auch auf dem Korsett finden konnte, dass er trug.
Alles war eine zusammenpassende Komposition und der Komponist konnte verdammt stolz auf sich sein, denn Aspen betrachtete Casmiel, als würde sie ihn das erste Mal sehen.
Er schien zu leuchten. Seine Haare waren wie ein Heiligenschein, seine Augen wie Saphire. Alles war perfekt und schien genau da zu sein, wo es hingehörte. Man konnte keinen Fehler in seinem Äußeren finden und tatsächlich würde Aspen für ein Bild zahlen, um diese Schönheit immer wieder betrachten zu können.
„Jetzt weiß ich wieder, wieso ich mit ihm schlafen wollte" murmelte Liope seiner Schwester zu und sie nickte stumm. Er hatte einen Punkt. Casmiel sah umwerfend aus.
Heiß oder attraktiv waren einfach nicht passend genug für den Anblick der sich ihnen bot. Es war zu wenig. Erstaunlich, atemberaubend, ausgezeichnet. Aspen kannte nicht wirklich viele Adjektive für schön, aber sie alle würden Casmiels Gestalt nicht gerecht werden.
Cas zog seinen dunkelblauen Mantel über und irgendwie machte dieser alles nur noch besser. Neben dem Korsett war nun noch ein blaues Element eingefügt worden und auch wenn es logischer wäre, wenn seine Augen dadurch untergehen würden, taten sie es nicht. Sie stachen noch intensiver hervor und ließen die goldene Umrahmung leuchten.
„Fühlen sich alle wohl in ihren Sachen?" fragte Casmiel bevor er überhaupt irgendetwas anderes sagte. Den ganzen Nachmittag hatten sie damit verbracht, sich für dieses Event einzukleiden. Besser gesagt, Casmiel hatte den ganzen Nachmittag verbracht sie einzukleiden. Aspens, Liopes und Eleanors Aufgabe war es jegentlich gewesen, still zu sein, Cassy machen zu lassen und ihr griechisches Essen zu essen, dass sie sich bestellt hatten (der Liefertyp hatte es ihnen bezahlt, da es Casmiel gewesen war, der halbfertig in seiner Abendgarderobe das Essen angenommen hatte (Aspen wusste nicht, ob er seine Knöpfe absichtlich nicht ganz zugemacht hatte, oder ob es Zufall gewesen war (sie beschwerte sich definitiv nicht über dieses glückliche Ereignis)))
Keine Beschwerden. Niemand konnte behaupten, dass Casmiel etwas unbequemes oder unpassendes ausgesucht hatte. Tatsächlich hatte er allen die Wahl zwischen einem Kleid und einem Anzug gelassen, ihnen Shorts mitgebracht, sollten sie das Kleid wählen (und kämpfen müssen (Kleider waren aus Aspens Erfahrung nicht gut fürs Kicken geeignet)) und eine Variation an Schmuck angeboten. Alles hatte absolut atemberaubend ausgesehen, doch Casmiel hatte daraus ein Kunstwerk geschaffen.
„Perfekt. Dann gibt es nichts mehr, was uns aufhält. Milany, du wirst hierbleiben und unsere Lage überwachen. Liope hat in die Ohrringe Kommunikatoren eingebaut. Sollte etwas passieren, wissen wir es. Sollte jemand von der Gruppe getrennt werden, sind wir noch immer zusammen. Entfernt euch nur nicht zu weit, das Signal ist nicht das Beste." Erklärte er und befestigte eine eigene Brosche an seinem Mantel. Es war, wieder, ein goldener Drache mit dunkelblauen Augen. Aspen glaubte sogar, dass es echte Saphire sein könnten.
„Frage. Wieso die Familientiere und -wappen? Ich meine, ist ja ganz niedlich, aber wir sind so ziemlich die letzten, die ihre Familien repräsentieren. Außer Liope vielleicht" meinte Eleanor nur mit verschränkten Armen und den goldenen Stier an ihrer Brust skeptisch betrachtend, als würde er dort ohne Erlaubnis hängen.
„Repräsentation ist alles. Wir wollen auffallen. Familienwappen und -tiere müssen nicht unbedingt erkannt werden, um Macht und Reichtum auszustrahlen. Generell sind diese Outfits so konzipiert, um Leute zu beeindrucken und zugleich praktisch zu sein. Sie sind aus einem speziellen Material, dass Geneveive selbst herstellt. Sie ist ein Phoenix und hat die Fähigkeit, Stoffe zu manipulieren. Dieses Material ist perfekt für alles. Reißfest, wetterresistent und zu einem gewissen Grad auch feuerfest. Sie hat bei euren Kampfanzügen mehr auf die Sicherheit geachtet, weshalb diese hier nicht alles aushalten, euch jedoch definitiv schützen werden. Heute geht es mehr um das Angeben. Wir zeigen Stärke und Frische, indem wir uns herausputzen, uns aber nicht verstecken" erklärte Casmiel und deutete auf Aspen.
„Charon arbeitet mit genau diesem Prinzip. Bei Aspens Hochzeit hatte er ein weißes Kleid und weißes Make-Up für sie vorgesehen, als Zeichen, dass es nicht um sie, sondern um die Hochzeit ging. Er hat dafür gesorgt, dass sie mit dem Hintergrund verschmilzt, eins mit der Halle der Tripes wird und nicht heraussticht, wie man es eigentlich für Hochzeiten planen sollte. Dieses Prinzip hat Aspen mit ihrem schwarzen Kleid zerstört und hat somit Macht sowie auch Individualität ausgestrahlt, die sehr wichtig war, da sie sich bei den Assassinen dauerhaft beweisen muss, um nicht als schwach zu gelten. Charon war es zwar im Endeffekt egal, da er zwar nach Idealen strebt, sie jedoch nicht unbedingt erwartet und es nichts an Aspens Rolle verändert hat. Doch für die Assassinen und Aspen selbst war es ein wichtiger Akt der Repräsentation, da Aspen mit dieser Tat Stärke gezeigt hat, was für Assassinen übersetzt Wert ist" erklärte Casmiel als wäre er ein Professor, doch seine Stunden wären definitiv interessant, da sie keinesfalls normal sein würden.
Es war ein erster Schritt von Manipulation. Das Präsentieren. Der erste Eindruck zählt, da dieser die Grundlage für eine erfolgreiche Manipulation bietet, auf der der Rest aufgebaut wird. Ist die Grundlage unsicher und wackelig, droht das gesamte Bauwerk zusammenzustürzen. Man kann zwar Stützpfähle einbauen, doch sie ruinieren die Schönheit der Kunst und damit ihren gewissen Reiz.
„Ich hoffe ihr wisst, dass ihr euch an gesellschaftliche Regeln halten müsst. Nehmt eure Waffen mit, zeigt sie den Menschen um Macht auszustrahlen, doch brecht keine Regeln, die meine Bemühungen vernichten könnten" mit diesen Worten drehte sich Casmiel um und wollte aufbrechen. Doch bevor er den Salon verließ, drehte er sich noch einmal zu Aspen um und sagte ruhig:
„Oh, bevor ich es vergesse: Das Kleid hat Taschen."
Aspen griff an ihre Seite und fand tatsächlich zwei wirklich tiefe Taschen. Sie quickte vergnügt auf und hatte sich offiziell in Geneveive und Ellowen (und ihr absolut fantastisches Kleid) verliebt.
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