8. Kapitel

Antworten

Die Sonne war untergegangen. Wir schwiegen und ich zitterte. Doch nicht vor Kälte, sondern durch das krampfhaft anspannen meiner Muskeln.
Ich wusste nicht, warum ich mich so weigerte ihm von meinem Leben zu erzählen. Vielleicht weil ich selbst nur die Hälfte davon weiß, vielleicht weil er immer noch eine Bestie ist, ein Werwolf, trotz seines netten Verhaltens. Vielleicht auch, weil ich durch die vielen Jahre in Einsamkeit, keinerlei Menschenkenntnis hatte und so nicht einschätzen konnte, was für Absichten er hatte. Oder vielleicht auch einfach, weil das meine Art ist, in sich gekehrt, misstrauisch und allein.

Scott bemerkte mein Zittern ziemlich schnell, auch wenn er es anscheinend falsch deutete. Deshalb richtete er sich an dem Baum auf, an welchem er saß, und öffnete seine Arme. Ich wusste was er wollte, doch warum sollte er dies wollen?
“Jetzt komm schon her. Ich hab gesagt, ich ‘beschütze’ dich vor allen Gefahren auf dem Weg zu deinem Ziel, dazu zählt auch eine Erkältung”

Trotz dessen, dass die Kälte nicht der Grund für mein zittern war, ging ich ohne zögern oder Widerspruch zu geben zu ihm, kuschelte mich an ihn und genoss seine Wärme. Ich hatte schon Hoffnungen, dass er mein Unbehagen sieht und es einfach vergisst, mich zu fragen.
Leider nicht.
“Willst du nun mit mir reden? OK ich weiß deine Antwort. Aber bitte, red' mit mir! Ich kann dir genauso wenig vertrauen wie du mir, wenn ich nicht weiß, wie du so lange überleben konntest. Aus meiner Sicht, beherrscht du entweder Magie oder hast sehr viele Werwölfe auf dem Gewissen. Denn irgendwann, hätte dich doch mal ein Wolf gesehen und dann, hätten wir es erfahren.”

Nun konnte ich ein kleines Schmunzeln nicht verhindern
“Ich kann dich beruhigen, ich habe weder irgendwelche magischen Fähigkeiten, noch habe ich einen Werwolf getötet. Jedenfalls nicht, dass ich wüsste” er könnte ja nicht ahnen, dass ich selbst mein halbes Leben vergessen hatte.
Ich fügte noch ‘zumindest noch nicht’ hinzu, wobei er nur lächelnd seine Augen verdrehte.
“Dann bin ich ja beruhigt. Trotzdem hätten wir es erfahren. Also, wo warst du?”

Wieder seufzte ich ergeben.
“Ich war in Berlin” Er sah mich erschrocken an
“Da ist doch gar kein Leben möglich” kurz lachte ich verbittert auf
“Schwer. Aber möglich ist es. Ich war größtenteils in den Hochhäusern. Manchmal musste ich auch aus der Stadt raus, um mir Beeren oder so etwas zu sammeln. Doch dann musste ich immer aufpassen, dass ich nicht auf das Frankreich- oder Polen-Rudel treffe oder vereinzelt auch Schweiz. Natürlich war es schwer, in einer so unfreundlichen und verpesteten Gegend zu leben, aber ich schaffte es. Wenn auch oft nur knapp.”
Er sah mich bemittleidend an
“Aber wenn es dir dort relativ gut ging, warum riskierst du es, hier entdeckt zu werden? Von Berlin bis hier her sind es fast 1.500 km.”
Bei dem Wort ‘gut’ musste ich wieder kurz lachen.

“Ich bin nicht freiwillig gegangen. Vor ca 10 Tagen musste ich wieder essen sammeln. Also bin ich an den Stadt Rand. Dort finde ich in der Regel immer etwas. Leider bin ich zu nahe an das Revier vom Frankreich Rudel gekommen. Oder eher, sie breiten sich immer weiter aus. Als ich schon den Schutz des Stadtzentrums verlassen hatte, wollte ich noch nach neuen Klamotten suchen. Als ich ein schönes Kleid gefunden hatte, hörte ich schon Wolfsheulen und rannte um mein Leben. Das eine Kleid hatte ich noch mit genommen”
Während des redens, kramte ich in meinem Rucksack nach besagtem Kleidungsstück und zeigte ihm das schwarze Stoffbündel.

“Danach lief ich noch zu meinem Lager, griff meinen Rucksack und verschwand von dort, Hauptsache weg.”
Er sah nachdenklich zu meinem Beutel “Also bist du in dem Sinne gar kein Rebell. Du willst gar nicht den Werwölfe irgendwas antun. Sondern nur überleben.”
“was sollte ich alleine schon tun?”
Er zuckte grinsend mit den Schultern “und wo wolltest du jetzt hin?” “in die Türkei. Dort werden schon keine Wölfe kommen”
“Du weißt aber, dass auf deinem Weg das West-Russland Rudel kommt oder?” ohne zu zögern und mit einem leicht hinterlistigen Grinsen antwortete ich ihm.
“Ja. Deshalb kommt mir dein Versprechen auch gut gelegen.”
“Was hättest du ohne mich gemacht?” Diesesmal war ich es, welche mit den Schultern zuckte.

Nach einer Weile fragte er “Kann ich wissen, was noch in dem Rucksack ist?”
“Wenn du willst” Ich streckte mich zu der Tasche, zog sie zu mir ran und hob die einzelnen Teile hoch “ein paar Klamotten, deine Decke und die letzten Reste der Beeren von vor 3 Tagen oder so” Ich hielt ihm ein paar uversehrte hin, welche er sofort gierig aß. “was war das schwarze?” leicht zögernd holte ich das gestohlene Tablet vom Frankreich Rudel raus. Seine Augen weiteren sich.

“Seit wann hast du das?”
“Weiß nicht, seit ungefähr zwei Jahren?”
“Dann warst du das.” zögernd fragte er “Weißt du was danach passiert ist?” verwirrt schüttelte ich mit meinem Kopf. “der verantwortliche Werwolf, wurde verbannt. Und nur mit Glück, wurde er nicht getötet.” habe ich das grade richtig verstanden? Wegen mir wurde fast ein Wolf getötet?

- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -
Seit Wochen hielt er mich bei sich.
Wie ein treu doofer Hund musste ich ihm nach laufen, lächeln und seinen Besitz repräsentieren und so tun als wäre ich glücklich. Dabei wollte ich nur meine Aufgabe zu Ende erfüllen und dann wieder in die endlose leere eintauchen, damit alles von vorne beginnen konnte. Doch dazu würde es nicht kommen. Er hatte gar nicht vor, mich gehen zu lassen. Mein einziger Trost war der nicht mehr ganz so unbekannte dunkelblonde Mann.

____________________
Stellt mal Vermutungen auf zu Scott und dem Text!

Danke

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top