Kapitel 2
Benjamin
Okay. Fassen wir einmal alles zusammen. Ich bin Wilhelm Hufner, bin irgendwie in der Zeit zurück gereist, und ich weiß nicht wie, scheine ein Bauer zu sein und habe absolut keine Ahnung, was ich nun machen soll. Wie soll ich mich hier zurecht finden? Es ist so anders als die Zukunft, die Menschen verhalten sich anders und auch gibt es kein Stück Elektrizität. Und meine Freunde sind auch nicht hier...Aber was nun die wesentliche Frage ist, wo ist der eigentliche Besitzer dieses Körpers? Wieso bin ich in seinem Körper gelandet und was ist mit seiner Seele passiert? Haben wir die Plätze getauscht und er ist nun das "Ich" in der Zukunft? Immerhin kann er nicht einfach verschwunden sein. Aber dann würde er doch deutlich mehr Schwierigkeiten als ich haben. Mein Körper kann den Zusammenstoß unmöglich überstanden haben und wenn doch, dann muss sich der eigentliche Wilhelm mit den Schmerzen quälen und auch irgendwie mit all den wesentlichen Dingen klarkommen. Es muss ihn bestimmt sehr verwirren. Dennoch ist das alles mehr als merkwürdig.
Es ist, als hätten wir beide die Welten getauscht.
Ich scheine im Mittelalter gelandet zu sein, in irgendeinen Dorf in Deutschland, naja, nicht wirklich Deutschland aber auf jeden Fall in Europa, immerhin kann ich schon erste Klänge der deutschen Sprache verstehen. Aber es klingt so unglaublich kompliziert, dass ich mich ein wenig wundere, wieso ich es so gut verstehen und auch sprechen kann. Wahrscheinlich ein Vorteil von diesem Körper hier. Welches Jahrhundert genau kann ich nicht sagen, da ich nicht gerade der beste in Geschichte war, weshalb ich besonders gut aufpassen muss, um nicht irgendwann enthauptet zu werden. Doch da das jedoch älter sein muss, kann ich mir nur denken, dass ein König dieses Land regiert. Das Problem ist nur, da ich nicht weiß, in welcher Zeit ich bin, kann ich nicht sagen, welcher König gerade regiert und das wird mich bestimmt noch in Schwierigkeiten bringen. Vielleicht kann ich ja fragen, wer der König ist, aber das würde bestimmt merkwürdig rüberkommen, da sie denken, dass ich ihr Wilhelm bin und nicht irgendein Junge aus dem einundzwanzigsten Jahrhundert. Sie würden mich für verrückt halten.
Aber ich werde schon zurechtkommen. Ich darf nur kein Misstrauen erwecken, indem ich im Jugendslang rede oder Sachen sage, die ihnen noch vollkommen unbekannt ist, jedoch wird es bestimmt schwer, diese Art abzulegen.
Leise seufze ich, setze mich im Bett auf und schaue zu dem kleinen Jungen, welcher neben mir liegt und sich an meinen, für ihn wahrscheinlich schön warmen, Körper kuschelt, da die Decke auf den Boden gefallen ist. Der Schlaf ist vollkommen aus meinen Gliedern gewichen und auch halten mich meine Gedanken wach, weshalb ich kein Auge zu bekomme. Draußen ist es dunkel, der Mond lässt seine Strahlen zu Boden fallen und erhellt anstelle von der Sonne die Erde, wenn doch schwächer. Wie spät es genau ist weiß ich nicht und das ist die Hölle. Die Zeit nicht zu wissen, nur auf die Sonne zu vertrauen, da Bauern sich keine Uhren leisten können.
Sofort schüttel ich den Kopf, da ich schon wieder in Gedanken versunken bin und so leise wie möglich setze ich meine Füße auf den Boden, damit ich den kleinen Jungen nicht wecke. Als dies erfolgreich geschieht, stehe ich dann so still wie es nur geht auf und fast schon mit angehaltener Luft lausche ich, ob Joakim sich regt. Nichts regt sich und triumphierend gehe ich mein dreckiges Oberteil anziehen, bevor ich mich aus dem Haus schleiche und die frischen Luft einatme. Sie riecht frisch, stark nach Sommer und enthält keine Spur von Abgasen.
Ich muss schon sagen, solche Luft ist wirklich erfrischend.
Das komplette Dorf ist ruhig, kein Wesen regt sich und schon gehe ich los, ohne irgendein Ziel und lasse meine Beine die Richtung bestimmen. Das Mondlicht leuchtet mir den Weg und ich entferne mich langsam immer mehr vom Dorf, hoffe innerlich, dass ich den Weg zurück finde und betrachte nebenbei die Gegend.
Es ist wirklich schön hier. Wirklich schade, dass das irgendwann von Häusern dominiert wird. Ich wusste gar nicht, dass die Natur so schön ist.
Aber wie denn auch? Ich bin in einer Stadt groß geworden, bin fast nie raus gekommen und habe selten außerhalb der Stadt etwas getan. Das muss ich nachholen, wenn ich wieder zurück komme. Naja, sollte ich zurück kommen.
Irgendwann entdecke ich einen kleineren Wald, welcher dicht besiedelt von Eichenbäumen ist, wobei mitten drin auch mehrmals Nadelbäume vertreten sind, und neugierig gehe ich auf den Wald zu. Kurz davor bleibe ich stehen, schaue hoch und trete dann zwischen zwei Bäume in den Wald. Meine Sicht ist ein wenig beschränkt, dennoch kann ich gerade so noch den Stolperfallen ausweichen und habe Glück, dass ich meine Hände noch sehen kann.
Immer tiefer gelange ich in den Wald, doch dann hört er plötzlich auf, als sich eine Lichtung vor mir erstreckt. Überrascht weiten sich meine Augen und ich komme aus dem Wald, spüre, wie einfach das Gras unter mir nach gibt, leise Stöcker entzweit werden und es hinter mir im Gebüsch raschelt, da wahrscheinlich ein Tier darein gelaufen ist, um sich zu verstecken.
Die Lichtung ist geschmückt mit den prächtigsten Blumen, verleihen ihr ein schönes Farbenmeer und in der Mitte der Lichtung ist ein kleiner See. Knapp neben dem See liegt ein umgekippter Baumstamm, um der Lichtung herum sind die ganzen Bäume aufgestellt, die die Lichtung vor den Blicken der Menschen schützen und ich wundere mich, wie solch atemberaubende Orte bloß existieren können.
Langsam setze ich einen Fuß nach dem anderen, gehe immer weiter auf die Lichtung hinauf und kann das Staunen fast schon gar nicht mehr stoppen, so schön ist dieser Ort. Plötzlich bleibe ich stehen, denke kurz nach und gehe dann auf den See zu, bevor ich am Rande stehen bleibe, mich etwas vorbeuge und auf das Wasser schaue.
Nur leicht kann ich mein Spiegelbild erkennen, ein blasser Junge mit grünen Augen und lockige, kurze, braune Haare, die das schmale Gesicht umschmeicheln. Sommersprossen beflecken die Wangen und ich muss sagen, Wilhelm ist ein wirklich hübscher Bursche. Seine schmale und zierliche Statur muss viele Frauen aber auch Männerblicke an sich ziehen, doch hoffe ich, dass sie mich bloß in Ruhe lassen.
Etwas länger betrachte ich mich in Wasser, als ich mit einem Mal hinter mir ein Räuspern höre und vor Schreck fast in das Wasser gefallen wäre. Sofort drehe ich mich um, will schon etwas sagen, doch verschlucke ich die Worte regelrecht und ein kleines krächzen entflieht meinem Mund, als ich einen muskulösen, jedoch nicht zu muskulös, er scheint Muskeln in einem gesunden Maße zu haben, etwas breiter gebauten Mann vor mir stehen sehe.
Soweit ich erkennen kann, hat er schwarze kurze Haare und dunkle Augen, die sich direkt in meine, naja Wilhelms, bohren. Seine Arme sind vor der Brust verschränkt und seinen Kopf hat er schief zur Seite gelegt.
Er sieht gut aus. Das kann ich nicht abstreiten, jedoch darf ich nicht so denken, da Alexander noch immer auf mich warten könnte und ich nicht anderen Männern hinterher schauen möchte, da er es auch nie getan hat.
"Was tust du hier?", spricht der Mann so plötzlich in die Stille hinein, mit solch einer tiefen aber angenehmen Stimme, dass ich erstmal verarbeiten muss, was er überhaupt gesagt hat. Doch dann fange ich mich schnell und schaue in seine Augen, wobei ich meinen Kopf etwas anheben muss, da er gute zwei Köpfe größer ist als ich, und lecke mir einmal über meine plötzlich spröden gewordenen Lippen. "Ich...uh...bin spazieren gegangen...und habe dann diese Lichtung zufällig entdeckt.", antworte ich stammelnd und schaue zur Seite, da ich seinem Blick nicht mehr standhalten kann.
Wieso sieht er so einschüchternd aus?
"Und das soll ich dir so einfach glauben? Du bist doch bestimmt ein Spion!", mit einem Mal greift er zu seiner Rechten und zieht ein Schwert hinaus, welches er gegen meinen Hals hält und sich meine Haare deshalb aufstellen. Mein Herz schlägt schnell gegen meine Brust, das kalte Metall ist nur wenige Millimeter von meiner Haut entfernt und ich habe das Gefühl, als würde ich jeden Moment in Ohnmacht fallen, so sehr spüre ich die Angst, jeden Moment abgestochen zu werden.
Ich schaue ihn an, ehe ich langsam meine Hände hebe, wobei er jedoch das Schwert gegen meine Haut drückt. Sofort schlucke ich, doch dann rolle ich mit den Augen und versuche irgendwie stark zu wirken. "Beruhig dich doch bitte. Sehe ich so aus wie ein Spion? Ich bin nichts weiter als ein armer Bauer.", sage ich mit fester Stimme, damit er sieht, dass ich wirklich keine Bedrohung bin, doch scheint er noch immer nicht so ganz überzeugt davon zu sein. "Ich trage keine Waffe bei mir. Also nimm deine bitte herunter, ich kann dir nicht weh tun."
Lange passiert nichts, ich spüre die Ungeduld in mir aufkommen, jedoch nimmt er sein Schwert auf einmal weg, tut sie an ihren Platz zurück und meine Hand wandert sofort zu meinem Hals und legt sich darum, damit er mich dort nicht mehr verletzen kann. "Ich vertraue dir nicht, aber du scheinst unbewaffnet zu sein. Und nun sage mir deinen Namen.", verlangt er, ist dabei nicht gerade freundlich und ich muss mir dabei ein gemeines Kommentar verkneifen, um nicht doch noch irgendwie in Gefahr zu geraten.
Leicht schmunzel ich, gehe ein paar Schritte nach hinten, sodass eine größere Lücke zwischen uns entsteht und schüttel dabei den Kopf. "Wieso soll ich meinen Namen nennen? Damit du mich ausfindig machen kannst und mich vielleicht in Schwierigkeiten bringst? Du erscheinst mir nicht gerade vertrauenswürdig .", erwidere ich dann doch mit etwas scharfen Unterton und er presst seine Lippen zusammen, was, ich muss es leider zugeben, schon wirklich heiß aussieht.
"Ich Befehle dir, dass du mir deinen Namen nennst.", knurrt er fast schon und ich runzel die Stirn, als er die Worte sagt und direkt verschränke ich meine Arme vor der Brust, da ich mir von einem fremden nicht sagen lasse, was ich zu tun habe. "Befehlen kannst du es nicht. Immerhin bist du nicht irgendein König oder Adeliger. Wenn du nett bittest, könnte ich ihn dir vielleicht verraten.", brumme ich und seine Augen starren mit einem Mal in meine, lassen einen kalten Schauer über meinen Rücken rasen und seine Miene sagt mir, dass er überhaupt nicht erfreut ist, wie ich mit ihm rede.
Okay. Ich bin auch nicht gerade respektvoll, aber dieser Mann irritiert mich ganz schön und lässt mich komisch fühlen.
Mit einem Mal schreitet er voran, bleibt dicht vor mir stehen und schaut zu mir herunter, während sein Blick alles andere als fröhlich ist. "Du erkennst nicht Mal mehr, wenn dein Herrscher vor dir steht? Ich bin Zacharias Aderkas, der König dieses Landes.", raunt er und augenblicklich entweicht jegliche Farbe aus meinem Gesicht und ich könnte einen Konkurrenzkampf mit einem Geist führen.
"D-Der König?", stammel ich und innerlich schlage ich mir mit der flachen Hand gegen die Stirn.
Na super. Da begegne ich einem fremden Mann mitten im Wald, bin frech zu ihm und natürlich muss ausgerechnet er der König sein. Hoffentlich ist er mir nicht allzu sauer..
"Oh..", ich kratze mir am Hinterkopf und leicht verlegen schaue ich weg, um seinen einschüchternden Blick nicht mehr sehen zu müssen, welcher mich fast schon schwach werden lässt. "Nun sag mir deinen Namen.", wiederholt er sein Verlangen und ich überlege stark, ob ich es ihm wirklich sagen soll. Doch dann kommt mir eine Idee und ich grinse, gehe auf die Zehenspitzen und beuge mich zu seinem Ohr vor. Dabei kommen wir uns wirklich nahe, ich kann seinen Geruch riechen und bin überrascht, dass er so lieblich riecht.
Eine Mischung aus Honig und seinem Eigengeruch, was unglaublich gut riecht. Okay, er ist der König, habe ich etwas anderes erwartet? Würde er schlecht riechen, dann wäre das wirklich verwunderlich.
Jedoch schüttel ich leicht den Kopf, versuche seinen Geruch auszublenden und schaue auf seine Haare, während ich spreche. "Es wäre doch langweilig, würde ich es dir sagen, nicht? Wieso versuchst du nicht, ihn herauszufinden?", wisper ich in sein Ohr und ich kann erkennen, wie er stockt und für einen Moment zu erstarren scheint.
Jedoch löse ich mich dann, gehe ein paar Schritte zurück und schaue ihn grinsend an, da es mich amüsiert, wie er reagiert hat und er legt den Kopf schief, während seine Hand auf seinem Schwert ruht.
"Du spielst nicht gerade fair. Aber gut, wenn du es so möchtest...aber ich werde keine Ruhe geben, bis ich ihn weiß.", antwortet er mit tiefer Stimme und ich schlucke leicht.
Ich nicke und dann verbeuge ich mich deutlich zu dramatisch und grinse ihn verschmitzt an. "Na dann, Zacharias Aderkas. Wir werden uns hoffentlich nie wieder sehen. Ich bin schon gespannt, wie du es anstellen wirst, um meinen Namen zu erfahren, auch wenn es für dich irrelevant ist.", hauche ich, er schaut mich nur stumm an und schon verlasse ich langsam die Lichtung, spüre seinen stechenden Blick auf meinem Rücken und ich atme einmal tief durch.
Das war eine Erfahrung, die ich nie wieder machen will.
Nach längerem gehen finde ich den Weg zurück zum Dorf und ich schleiche mich hinein in das Haus, wo ich wohne und lege mich so leise wie möglich neben Joakim.
Zacharias...wir werden bestimmt noch oft aufeinander treffen. Irgendwie freue ich mich schon darauf, denn ich habe deutlich eine Spannung zwischen uns gefühlt. Aber andererseits will ich ihn nicht wieder sehen, da es bestimmt noch stressig wird, da ich mit einem König kommuniziere und ich eigentlich nur meine Ruhe von Stress haben will.
Oh das wird noch interessant.
Schmunzelnd schüttel ich den Kopf und schließe dann meine Augen.
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