Summer
"Siehst du? Das ist genau unsere Situation!" Summer schob ihr Tablett mit dem Teller mit Suppe und den Brötchen gegenüber William auf den Tisch und knallte ein dickes Buch dazu, sodass die Suppe fast über den Rand der Teller schwappte. Will zuckte zusammen und sah höchst erstaunt zu dem Buch, was Summer ihm unter die Nase geschoben hatte. Gerichtsverhandlungen mit magischen Fällen. "Was genau nochmal für eine Situation?", fragte er sichtlich verwirrt. Summer verdrehte die Augen und zeigte auf Max neben sich, der ebenfalls sein Abendessen dabei hatte und sich gerade hinsetzte. "Njola Night und ihr Vielleicht-Gedankenlesen. Max hat gesagt sie hat sich während seiner Beschattung sehr komisch verhalten, beim Essen zu den Tischen der Elftklässler gestarrt und so und sie ist sehr interessiert an privaten Gesprächen mit uns."
Erst jetzt fiel Summer auf, dass sie immer noch stand und setzte sich sofort schnell gegenüber Will auf die Bank. Zum Glück achtete niemand auf die drei, die jetzt die Köpfe zusammen steckten. "Also. Ich habe nachgelesen und nirgendwo irgendeine Regel für Gedankenleser gefunden, die besagt, dass sie nicht einfach so in das Gedankengut anderer eindringen dürfen. Aber das hier habe ich gefunden." Sie schlug das Buch irgendwo in der Mitte auf. "In dieser Gerichtsverhandlung hat eine Frau jemanden ageklagt, weil sie sagte sie würde ständig ihre Gedanken lesen und ihre Ideen klauen. Die Richter waren ziemlich ratlos, weil es eben nicht beweisbar ist. Und wir wissen genau so wenig, ob Njola wirklich unsere Gedanken liest. Sie könnte auch einfach ständig in ihren eigenen Gedanken versunken sein und deswegen starren, ohne es selbst zu bemerken."
"Das mag sein", fügte Max hinzu. "Trotzdem ist ihr Verhalten gruselig. Und ich würde gerne wissen was dahintersteckt. Aber da ich mir nicht traue sie direkt darauf anzusprechen, habe ich zumindest eine Lösung gefunden wie wir verhindern können, dass sie in unsere Gedanken eindringt, falls sie es wirklich tut." Zweifelnd sah Summer Max an. Sie konnte nicht so recht glauben, dass Njola tatsächlich ihre Fähigkeit bei ihnen benutzte. Warum sollte sie? Sie war ja kaum eine Autorin, wie die Frau in der Gerichtsverhandlung, auf der Suche nach Ideen für irgendwelche Geschichten. "Will, hörst du eigentlich zu?", fragte Max und riss Summer damit aus ihren Gedanken. Will hatte an ihnen vorbei an einen anderen Tisch gestarrt und wandte den Blick jetzt wieder ihnen zu. "Ähm, ja klar", stotterte er und errötete. Dieses Verhalten kannte Summer und sie verengte schmunzelnd die Augen. Wen hatte ihrem Kumpel denn da den Kopf verdreht? "Summer, hör auf", schmollte Will, der wohl irgendwie ihre Belustigung spüren konnte. "Wir kommen später darauf zurück", grinste sie schelmisch. An dem Tisch, zu dem Will hin gestarrt hatte, saßen die Zwillinge Soyala und Niyol, Jeremy, Aurí, Caside und Helena. Höchst interessant...
"Also", räusperte Max sich vernehmlich. "Die Lösung, wie man jemanden aufhalten kann, der deine Gedanken lesen will... ist singen." "Singen?", fragte Summer ungläubig. "Ich soll also mal eben Happy Birthday singen, wenn Njola vorbei kommt?" "Ja... aber nicht so wie du denkst. Man muss im Kopf singen, nicht laut. Gedankenlesen kann man auf zwei Ebenen. Der oberen Ebene, das ist das was die Person gerade in dem Moment denkt und die ist einfach zu erreichen, so als würde die Person tatsächlich sprechen. Aber es gibt auch noch die untere Ebene. Nur wer als Gedankenleser genug Übung hat, kann dorthin gelangen und es kostet Zeit und Mühe. Das sind sozusagen die Archive des Gehirns. Alles, woran man sich erinnern kann ist dort gespeichert. Das Unterbewusstsein ist noch schwieriger zu erreichen und nur einzelne können es. Ich denke, dass...". Max brach ab, als er merkte, dass Summer ihn sprachlos anstarrte. "Woher weißt du das alles? Ich habe Stunden in der Bibliothek gesucht und nichts dazu gefunden!" Sie wusste, dass Max keine Fähigkeit hatte, also konnte er es nicht von sich selbst wissen. "Ach, ich kannte früher jemanden, die das konnte und mir alles dazu erklärt hat", sagte er etwas verlegen.
"Erzähl weiter", drängte Will, der schon wieder einen nervösen Blick zu dem anderen Tisch hinüber warf. Summer schaute sofort ebenfalls dorthin. Die anderen waren alle aufgestanden und brachten ihre Tabletts mit den leeren Tellern weg. "Ich denke, dass Njola bis jetzt nie tiefer eindringen konnte als die obere Schicht. Sie hatte nie genug Zeit oder die Ruhe zum Konzentrieren. Also ist es ziemlich egal, dass sie unsere Gedanken gelesen hat, weil die wahrscheinlich ziemlich unbedeutend waren. Trotzdem sollten wir vielleicht auch den anderen Bescheid sagen, weil naja... sie sind auch betroffen und sollten es einfach wissen." Summer überlegte. Sie war sich immer noch nicht sicher, ob Njola wirklich ihre Gedanken gelesen hatte und wenn ja, warum sollte sie das tun? Bestimmt gab es eine logische Erklärung für das alles.
"Allerdings gibt es die." Summer zuckte heftig zusammen, als plötzlich Njola Night an ihrem Tisch stand. Sogar Will schien den anderen Tisch und vor allem die Personen daran jetzt vollkommen vergessen zu haben und starrte die Lehrerin mit großen Augen an. "Ich weiß worüber ihr geredet habt und ich kann euren Grund zur Sorge verstehen." Sie setzte sich neben Will auf die Bank und saß somit Max gegenüber. Neben Will sah sie winzig aus, aber das schien sie nicht zu stören. "Ich lese eure Gedanken weder aus Eigennutz, noch um euch zu schaden. Ich handle in Absprache mit der Schulleitung und kann euch leider nichts weiter mehr dazu sagen. Aber Respekt wie schnell ihr es herausgefunden habt." Sie lächelte freundlich und Summer war irgendwie erleichtert. Ja, sie laß zwar die Gedanken, aber aus einem schulischen Grund, nicht zum Spaß. Wenn Kate McClatten und Vince Blavory es erlaubten, dann musste es doch ganz sicher in Ordnung sein.
"Ich will nicht unhöflich sein, aber ich will trotzdem nicht, dass sie in meinem Kopf sind", murmelte Max leise und sah dabei irgendwie verletzt aus. "Ich weiß. Aber es ist leider nicht anders möglich." "Was ist nicht anders möglich? Wenn ich nicht weiß warum sie es tun, werde ich es trotzdem den anderen sagen und ihnen raten zu singen." Njola blieb still, während sie Max ausdruckslos anstarrte. "Na schön", sagte sie schließlich. Summer hielt gespannt die Luft an. Würden sie jetzt endlich erfahren, warum ihre Gedanken gelesen wurden? "Vari wurde entführt, ein Lehrerbüro wurde durchsucht und die Fähigkeiten mancher Leute schlagen Alarm. Etwas geht in der elften Klasse vor sich. Vielleicht ist es ein böser Spion. Vielleicht ist es auch ganz harmlos. Ich habe die Aufgabe das herauszufinden und wenn ihr mir da im Weg stehen wollt; schön. Aber bedenkt, dass ihr dann verdächtig seid. Es sei denn... ihr helft mir." "Wie?", flüsterte Summer etwas überrumpelt. "Indem ihr mich mit Insiderwissen auf dem Laufenden haltet. Verhält sich irgendwer komisch hier zum Beispiel?" "Njola!" Ein Lehrer war erschienen und winkte sie zu sich. Es wirkte ziemlich dringend und Njola stand sofort auf. "Ich komme darauf zurück, keine Sorge."
Taina
Langsam wich die Anspannung aus Anatols vorher schmerzverzerrtem Gesicht. Taina nahm ihre Hand von der Wunde, die jetzt wieder geschlossen war. "Danke", murmelte Anatol und nahm einen alten Lappen, um das getrocknete Blut von seinem Arm zu wischen. Die anwesenden Lehrer atmeten beruhigt aus und fingen dann wie Verrückte an Fragen zu stellen. Gerade eben waren Kate und ihre fast identische Doppelgängerin, Vince, Anatol und Charlie wieder vom Festland zurückgekehrt. Anatol mit einer Kugel in seinem von Blut überströmten Arm, Vince mit der Wunde eines Streifschusses und Charlie mit etlichen Kratzern und blauen Flecken. Und bis jetzt hatten sie noch gar nicht gesagt was da draußen passiert war! "Ruhe", herrschte Kate alle an. "Wir werden erklären was vorgefallen ist, wenn ihr alle den Mund haltet." Es war auf einem Schlag Mucksmäuschenstill. Die fünf sahen echt erledigt aus, wie sie hier auf der Krankenstation auf den Betten saßen oder daneben standen. Taina selbst brannte vor Neugier was passiert sein konnte, aber sie wollte auf keinen Fall drängen. Ohne ein Wort zu sagen winkte sie auch Vince zu sich, um seine Wunde zu heilen.
"Wir haben uns am Hafen aufgeteilt. Vince und Charlie wollten zu dem Anwalt, um die Sache mit der Firma zu regeln, während Anatol und ich, mit Hilfe von Anatols Fähigkeit, Winny aufgespürt haben. Während wir drei in einem Café geredet haben, sind Vince und Charlie zu der explodierten Firma gegangen, um sich dort umzuschauen und danach weiter zu dem Anwalt zu gehen. Dazu sollte es aber nie kommen. Während sie in der Firma waren, wurden sie von etlichen maskierten und bewaffneten Personen angegriffen und getrennt. In der Zwischenzeit musste ich alleine und in Ruhe mit meiner Schwester reden und schickte deshalb Anatol los, um sich den anderen beiden anzuschließen. Mit seiner Fähigkeit fand er Vince und kletterte zu ihm ins Gebäude. Die drei lieferten sich ein Gefecht gegen die maskierten Männer, wurden dabei so zugerichtet und konnten schließlich durch einen Geheimgang, den Charlie aus seiner Kindheit zum Glück noch kannte, fliehen. Ich hatte während sich dies abspielte eine Vision von dem Geschehen und bin sofort mit Winny zu dem Ausgang des Geheimgangs gerannt. Wir kamen gerade rechtzeitig, hielten ein Auto an und konnten somit zu fünft fliehen."
Taina merkte, wie sie den Atem angehalten hatte und auch die anderen Lehrer waren ganz still. "Mir stellen sich natürlich ein paar Fragen und ich denke ihr alle wollt auch Antworten darauf. Vor allem: wer waren diese Männer und was wollten sie von uns?" "Sie wollten mich." Alle Köpfe flogen ruckartig zu Charlie herum, der blass, aber aufrecht und trotzig neben Winny stand. Vince, dessen Wunde Taina gerade geheilt hatte, seufzte gequält und sie schlussfolgerte, dass er davon gewusst hatte, es aber nicht hatte erzählen wollen. "Ich weiß nicht wer sie waren und auch nicht was sie von mir wollten, aber ich vermute, dass meine Eltern da mit drin stecken. Sie wollten mich mit ihrem angeblichen Tod und dem eingestürzten Gebäude dorthin, und mich dann in eine Falle locken. Wahrscheinlich wollten sie mich entführen, wenn nicht sogar töten." Taina erschrak von seinen Worten, fand es aber auch mutig von ihm, dass er als einziger Schüler inmitten der Lehrer so mit ihnen redete, als gehöre er dazu.
"Junge, du weißt nicht was du da sagst", schüttelte Leonora, die Krankenschwester, traurig den Kopf. "Warum sollten sie ihren Sohn entführen oder sogar töten wollen?" Taina blickte nervös wieder zu Charlie hinüber. Er sah angespannt aus und er hatte seine Hände zu Fäusten geballt. "Weil ich nicht mehr ihr Sohn bin", erwiderte er mit eisiger Ruhe. "Ich bin von dort abgehauen und lebe woanders in einer Wohnung. Diese Firma war ein Deckmantel für Schmuggel und Waffenhandel. Verbrecher hatten dort ihr Versteck und Anschläge wurden dort geplant. Meine Eltern sind Mörder und ich sollte diese Firma erben und ihr aufgebautes Imperium fortführen. Genau aus dem Grund, dass ich das hier sagen könnte, sollte ich wohl aus dem Weg geräumt werden." Es war noch stiller als gerade eben und Taina war genau so sprachlos wie alle anderen.
Die Lehrer wurden weggeschickt und Taina durfte als einzige in dem Krankenzimmer bleiben, um auch Charlies Kratzer noch zu heilen. Er sagte es sei nicht nötig, aber sie bestand darauf, sodass sie noch alleine mit ihm reden konnte. "Das, was du vorhin gesagt hast... das tut mir leid", sagte sie mitfühlend. Kurz blieb er einfach nur still und starrte konzentriert nach vorne und Taina dachte schon er würde einfach nicht mehr darüber reden wollen und schwieg deshalb lieber, aber schließlich antwortete er doch. "Es ist nicht so schlimm für mich, wirklich nicht", versicherte er ihr. "Ich habe es zwar vorhin nicht gesagt, aber ich wohne zusammen mit Zelda und Shy in der Wohnung. Sie sind auch von Zuhause abgehauen, weil ihre Eltern Shy misshandelt haben und sie verkaufen wollten." Taina sog scharf die Luft ein. Warum hatte sie das alles nicht von ihren Schülern gewusst? Wurde es den Lehrern etwa extra nicht mitgeteilt, damit sie nicht aus Mitleid bessere Noten gaben? Aber Kate, die musste doch davon wissen! Vorsichtig schielte sie zu der Schulleiterin hinüber, die zusammen mit Winny und Vince an Anatols Bett stand und sich leise mit ihnen unterhielt. Anatols Wunde war zwar wieder geheilt worden, aber er hatte viel Blut verloren und musste sich dringend ausruhen.
"Fertig", sagte sie genau in dem Moment, in dem Leonora mit einer Flasche natürlichem Beruhigungsmittel ankam und drei Gläser damit füllte. "Vince, Anatol und Charlie, ihr trinkt das und bleibt über Nacht hier im Krankenflügel. Und ihr anderen: geht bitte, damit die drei sich ausruhen können, das ist jetzt dringender als Gespräche über maskierte Männer." Sie sah Kate scharf an und sogar diese wiedersprach der Krankenschwester nicht.
Auftritte:
Summer West
Max Collins
William O'Kelly
Njola Night
Taina Kawa
Kate McClatten
Winny McClatten
Vince Blavory
Anatol Lowlaze
Charlie Hunter
Dieses Kapitel ist jetzt wieder nicht so gut, aber ich bin müde und hatte zwar Lust zu schreiben, aber irgendwie auch wieder nicht, wenn ihr wisst was ich meine. Trotzdem finde ich es krass, dass ich einfach schon bei Kapitel 18 bin, so schnell kann es halt gehen, wenn man motiviert ist.
Da in den letzten Kapiteln viel passiert ist, vor allem auch viel Wichtiges, was die Geschichte voran bringt, werden die nächsten Kapitel wohl etwas ruhiger werden. Eher in Richtung Unterricht, Streiche und Beziehungen, die vertieft werden.
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