Teil 3
Erst, als ich wieder aufwachte, wurde mir bewusst, dass ich überhaupt geschlafen hatte. Erst hielt ich die Schmerzen in meinen Gliedern für einen starken Kater, musste jedoch bei dem Versuch, meine Augen von der weißen Decke abzuwenden, feststellen, dass es etwas anderes war. Allerdings wusste ich nicht, was. Ich konnte meinen Kopf nicht mehr bewegen. Was war los? Hatte ich so viel getrunken, dass ich schon Lähmungserscheinungen hatte? Verdutzt wollte ich mir mit der Hand an den Kopf fassen, doch auch da rührte sich kein Zentimeter.
Scheiße, was ist los?! Bin ich gelähmt? Was ist passiert?, fragte ich mich panisch. Genau in dem Moment, in dem ich feststellte, das ich nicht einmal meinen Mund öffnen konnte, um um Hilfe zu rufen, hörte ich das Geräusch einer aufgehenden Tür und versuchte, so gut es ging, die Augen in besagte Richtung zu drehen. "Hallo, Zue! Endlich bist du wach. Wir haben uns schon Sorgen um dich gemacht", begrüßte mich eine tiefe Stimme, deren Besitzer sich nicht in meinem Sichtfeld befand.
Was ist los? Warum kann ich mich nicht bewegen? Wo bin ich hier? Wer bist du? Wieso habt ihr euch Sorgen gemacht?
So viele Fragen brannten mir auf der Zunge, doch es war mir nicht möglich, den Mund aufzumachen, und das machte mich wütend.
Los, du scheiß Mund, jetzt geh endlich auf! Normalerweise laberst du viel zu viel und jetzt geht plötzlich gar nichts mehr!
"Bleib bitte ganz ruhig, Zue."
Wer hat dir eigentlich gesagt, dass du mich duzen kannst, du Wichser? Und woher weißt du bitteschön meinen Namen? Was habe ich denn noch alles verpasst in dieser einen Nacht?!, fragte ich mich und je mehr ich nachdachte, was ich ja zwangsläufig musste, da ich mich nicht durchs Reden ablenken konnte, desto unruhiger, verwirrter und verzweifelter wurde ich.
"Zue, du bist hier im Rosenberg-Krankenhaus. Ich werde dir natürlich auch erklären, warum. Vielleicht erinnerst du dich sogar, aber das halte ich eher für unwahrscheinlich. Okay?"
Witzig, und wie soll ich jetzt antworten?
Mit größter Anstrengung schaffte ich es zu blinzeln und zum Glück verstand der Mann, den ich immer noch nicht sehen konnte, dass das "ja" hieß.
"Sehr schön. Wie ich sehe, hast du schon bemerkt, dass es etwas schwierig ist, dich zu bewegen. Mach dir deshalb keine Sorgen, das ist nur vorübergehend. Wir haben dich jedenfalls am Samstag, den 26. April, vorgefunden. Du warst wohl sehr stark betrunken, hattest drei Komma zwei Promille. Jemand von deinen Freunden, mit denen du eine Party gefeiert hast, hat uns angerufen. Wie wir feststellen konnten, auch aus einem guten Grund: du bist in eine Art großes Lagerfeuer gestürzt, vermutlich durch einen Unfall. Du hattest Verbrennungen dritten Grades, die wir sofort behandeln mussten. Da du die Schmerzen selbst mit starken Beruhigungsmitteln nicht ertragen hättest, mussten wir dich in ein künstliches Koma versetzen, zumindest so lange, bis keine akute Lebensgefahr mehr bestand. Wir haben deine Wunden versorgt und dich gleich an Beatmungsgerät, Flüssigkeits- und Vitamininfusion angeschlossen und so weiter und so fort. Es verlief alles nach Plan und zwei Wochen später war dein Zustand so weit stabil, dass wir dich nach und nach aus dem künstlichen Koma aufwecken wollten, sodass wir die Dosis langsam heruntergefahren haben. Ab da kamen die Probleme: du wolltest einfach nicht aufwachen und bist in ein natürliches Koma gefallen. Auch, nachdem wir die Beruhigungs- und Schmerzmittel vollständig abgestellt haben, bist du trotzdem in dem Zustand geblieben. Wir haben wirklich alles versucht, es hat nichts gebracht. Nun ja. Inzwischen sind drei Monate vergangen. Wir haben heute den 28. Juli. Das erklärt auch, warum du dich momentan nicht bewegen kannst. Alle deine Muskeln haben sich durch die lange Zeit ganz ohne Bewegung abgebaut. Trotzdem brauchst du dir keine Sorgen machen: wenn wir gleich morgen mit der Reha anfangen, wird es nicht mehr lange dauern, bis du wieder selbständig Atmen kannst. Als nächstes wirst du alles wieder neu lernen: das Essen, Trinken, Sprechen, Laufen und alles, was eben wichtig ist. Ja?"
Das war zu viel für mich. Was erzählte er da? Das konnte unmöglich wahr sein! Es konnte nicht! Ansonsten hätte ich ja alles verpasst-
Die Partys, die großen Feuer, den Abschlussball, ein Date mit Henry, und sogar meinen eigenen Geburtstag! Das konnte einfach nicht sein. Ich wollte weinen, um meinen Gefühlen wenigstens ein bisschen Ausdruck zu verleihen, doch es ging nicht. Nicht einmal das konnte ich.
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