◇Kapitel sechs◇
»Raus mit euch! Sofort! Durch den Hinterausgang!«, ruft Athea. Wir springen auf und Taron führt uns nach draußen, wo Duchess und Flynn bereits unruhig stehen. Rasch steigen wir auf, Jade und Lurai zuerst, dann helfen sie Runa und mir.
»Viel Glück!«
Athea winkt uns hinterher.
»Danke!«, erwidern Lurai, Runa und ich wie aus einem Mund.
»Was?«, fragt Taron verdattert, aber da preschen wir schon los. Weiter, schneller, durch die Gassen, in den Sonnenaufgang.
Wir preschen los auf der Suche nach den Drachen, um die Reiche vor der Prinzessin zu bewahren.
Einige wenige Leute spähen durch ihre Vorhänge, um einen Blick auf ihre neue Königin zu erhaschen, da es wohl eine sehr seltene Gelegenheit ist. Plebejer...
Das ständige Schneien ist mir irgendwann störend. Eine kleine, natürlich versteckte Handbewegung von mir reicht aus, um das Schneetreiben etwas zu beruhigen. Den Drachen sei Dank für diese Kräfte... Ich muss schmunzeln, als würde ich diesen etwas schulden.
Ich widme mich wieder dem Weg vor uns, der sich vor meiner edlen, weißen Stute schlängelt. Sie waren hier, das kann ich spüren - Der Schnee hier hat Vertiefungen, die selbst der rasche Fall nicht verbergen kann. Die Spuren hören vor einem Laden auf. Es scheint ein Blumenladen zu sein.
Sie sind hier hineingegangen.
Ich hebe die Hand und die Soldaten hinter mir halten an. Elegant schwinge ich mich vom Pferd, streiche meinen knielangen, weißen Mantel glatt und ziehe meinen hohen Zopf fest. Von den typisch knirschenden Geräuschen begleitet stolziere ich zum Eingang.
Die Tür schwingt nach außen auf, das sieht man deutlich in den Vertiefungen des Schnees - Sie sind frisch.
Mit einem leichten Nicken deute ich auf die Tür und ein Soldat klopft an. Ich bedaure es zutiefst, dass Herzogin Sharai nicht mitkam, mit ihr wäre Folgendes sicher amüsant gewesen...
»Macht auf, die Königin verlangt es!«, ruft der Mann und die Tür öffnet sich kurz darauf. Eine junge Frau fährt sich nervös durch die Haare, als ihre hellgrünen Augen mich ausmachen, fällt sie sofort auf die Knie.
Man kann von Glück sagen, dass der Schleier, ohne den ich mich dem normalen Volk nicht zeige, mein erhabenes Lächeln verbirgt.
»Meine Königin«, haucht die Floristin ehrfürchtig.
»Sprich, was ist dein Name?«
»Athea Damotil, Eure Hoheit. Ich führe diesen Laden hier gemeinsam mit meinem Mann Taron«, gibt sie Auskunft.
»Du darfst dich erheben. Lass mich und mein Gefolge herein, ich brauche etwas von dir.«
Athea Damotil richtet sich auf und tritt beiseite, um mir Platz zu machen. Erhaben schreite ich in den Raum, überall blüht es in bunten Farben.
Bei den Drachen, ich spüre ja beinahe schon, wie sich Kopfschmerzen anbahnen.
»Was braucht Ihr denn von mir?«, fragt die Floristin nach einigem Zögern.
»Informationen und ein Geständnis«, murmle ich wie beiläufig, während ich mir den Raum genauer ansehe. Aus dem Augenwinkel beobachte ich ihre Reaktion: Leicht hellere Gesichtsfarbe, Augen etwas zu weit offen.
Ertappt, Herzchen.
»Ja...? Was kann ich Euch schon bieten?«
Ihre Stimme zittert vor Ehrfurcht, oh, wie ich es liebe.
»Wo ist dein Mann?«, erkundige ich mich.
»Im Stall, er gibt unserem Pferd zu fressen.«
»Überprüfen«, meine ich an meine Soldaten gewandt, sofort machen sich zwei auf den Weg. Athea Damotil blickt ihnen hinterher, sie beißt sich auf die Lippe.
»Was befindet sich hinter dieser Tür?«
Ich deute auf die in dunklem Holz neben der Theke.
»Mein Wohnzimmer«, erwidert die Floristin, »Aber weshalb...?«
Mit einer Handbewegung würge ich ihr das Wort ab, öffne die Tür und betrete den Raum dahinter. Sofort fällt mein Blick auf die Ecke mit den Polstermöbeln.
Auf dem niedrigen Tisch haben vier Gläser und eine fast leere Glaskaraffe ihre Plätze gefunden, die hellen Polster haben Abdrücke. Ich fahre mit den Fingern über den Stoff. Warm.
»Sag, hast du Besuch?«, meine ich an Athea Damotil gewandt.
»Nein«, antwortet sie, doch es klingt mehr wie eine Frage.
Ich lehne mich gegen die Wand und verschränke die Arme. Eine Weile lang sehe ich ihr einfach in die Augen und man bemerkt deutlich, wie unangenehm ihr mein eisblauer Blick ist. Ich genieße diesen Zeitraum sehr, doch mir ist klar, dass die Soldaten mich beobachten.
Also stelle ich wie aus dem Nichts die Frage: »Kennst du eine Leytun, eine Lurai, eine Runa und eine Jade Burnwood?«
Mit Genugtuung stelle ich fest, dass die Floristin bleich wird und viel zu schnell antwortet.
»Nein, wer soll das sein?«
Sie hüstelt nervös.
»Athea Damotil, du bist angeklagt wegen Hochverrats. Dein Urteil ist längst von mir gefällt worden, alles, was du nun sagst, kann und wird nur gegen dich verwendet werden.«
Ich winke die Soldaten herbei.
»Fesseln und knebeln.«
»Was?«, quietscht die Floristin verängstigt und weicht vor den zwei starken Männern zurück, »Ich bin unschuldig!«
Ich muss leise lachen.
»Du hättest wohl lieber an deinen Schauspielkünsten als an diesem lächerlichen, kleinen Laden gearbeitet.«
Ihre Augen machen deutlich, dass ich an einen wunden Punkt getroffen habe. Athea Damotil erschlafft und lässt ihre Hände hinter dem Rücken fesseln.
»Lächerlich?«, wispert sie.
Ich verdrehe die Augen.
»Denkst du wirklich, dass Leute hier, in Nyma Taësi, der Hauptstadt der Kälte, Blumen kaufen? Noch dazu Exemplare, dessen Farben greller als Nyma Alora bei Festen sind«, setze ich dazu.
Sie erwidert nichts mehr und sieht betrübt zu Boden.
Oh, habe ich da etwa jemanden Trauer und Enttäuschung spüren lassen? Habe ich einen Traum gebrochen, wie die Strömung im Fluss das Eis? Wie sehr ich doch weiß, wie sehr ich doch nachvollziehe, wie dies schmerzen muss.
Doch auf Reue darf ich lange warten - Ohne solch nutzlose Gefühle komme ich kaum voran und das kann ich mir nicht leisten. Zeit ist nicht Geld, Zeit ist Macht. Und diese Macht wird mir gehören.
»Was ist ihr Ziel?«, frage ich mit zusammengekniffenen Augen.
»Das werdet Ihr niemals erfahren.«
Lächelnd schüttle ich meinen Kopf. Genau in diesem Moment betreten die zwei vor wenigen Minuten losgeschickten Soldaten mit Taron Damotil in der Mitte den Raum.
»Königin, er hier wollte flüchten, als er uns sah. Wir konnten ihn aufhalten«, berichtet einer der beiden. Oh, es läuft alles glatt wie das Eis in meinen Gärten.
»Athea Damotil, ich denke schon, dass ich es erfahren werde...«
Lächelnd schreite ich auf Taron Damotil zu.
»Festhalten«, spreche ich an die Soldaten gewandt, die sofort tun wie ihnen geheißen, »Und einen Dolch.«
Derjenige, der eben gesprochen hat, reicht mir einen.
Quälend langsam stolziere ich um die Männer herum, bevor ich den Dolch von hinten an Taron Damotils Kehle halte. Mir ist bewusst, dass er das kalte Metall spüren kann. Er zieht scharf die Luft ein und zittert.
»Nein! Tut ihm nichts! Bitte!«, fleht Athea Damotil und will zu uns stürmen, doch einer meiner Soldaten hält sie. Zur Antwort drücke ich die Waffe nur tiefer in die Haut.
»Ich... Nein...«, schluchzt die Floristin.
»Mein einziges Begehr ist diese Information...«, wispere ich.
»Also gut, sie suchen die Drachen!«, ruft Athea Damotil verzweifelt. Ich muss lachen.
»Es ist die Wahrheit! Sie sehen es als einzige Hoffnung an!«
Nun mischt sich auch Panik mit zur Verzweiflung in die Stimme.
Ich muss mich geehrt fühlen, wenn diese Mädchen das Suchen nach mystischen Kreaturen als beste und einzige Möglichkeit mich aufzuhalten sehen.
Doch halt... Vielleicht kann ich es so biegen, dass sie unterbewusst für mich arbeiten. Denn die Drachen existieren wirklich, das weiß ich sicher, und dann könnten sie einfach die Drecksarbeit für mich erledigen, die Drachen zu suchen.
»Nun gut.«
Ich lasse von dem jungen Mann ab und gebe den Dolch seinem Besitzer zurück. Mit einem Kopfnicken deute ich auf die Floristin und sofort wird ihr der Knebel umgebunden.
»Schleier«, befehle ich eiskalt, halte meine Hand auf und kurz darauf legt mir ein Soldat eines dieser weißen, edlen Seidentücher in diese. Sorgfältig streiche ich den Stoff glatt, bevor ich die paar Schritte zu Athea Damotil zurücklege.
Lächelnd beuge ich mich zu ihr hinunter und lege ihr sanft den Schleier an, um den Knebel zu verbergen.
»Du hättest ihnen nicht helfen sollen, auf Hochverrat steht Todesstrafe«, wispere ich in ihr Ohr, genieße den Ausdruck der Verzweiflung auf ihrem Gesicht und zwinkere ihr zu.
Schwungvoll drehe ich mich um und führe eine Handbewegung in Richtung meines Trupps aus, die sie auffordert, mir zu folgen.
»Nehmt die zwei Gefangenen mit, wir gehen.«
Kurz bevor ich den Laden verlasse, wende ich mich an einen der Männer mit der Nadel auf der Uniform.
»Gefreiter, sagt jedem auf der Straße, der nach Athea und Taron Damotil fragt, dass diese Hochverrat begangen haben und dementsprechend verurteilt werden.«
Dann schreite ich lächelnd hinaus in den Schnee.
Anmerkung der Autorin:
Yee, Eisblumenprinzessin! Wohoo! Ungelogen, diese Szene hat so viel Spaß gemacht zu schreiben... Hoffe, auch ihr fandet es toll!
Apropos: In meinem Special könnt ihr abstimmen, was ich für die 70 Follower machen soll - Eine der Auswahlmöglichkeiten hat etwas mit der Prinzessin zu tun... ;)
Außerdem suche ich nach einer neuen Aesthetik und Grafiken für 'the iceflowerprincess', aber wirklich qualitativ gute. Könnt ihr mir Shops beziehungsweise User empfehlen, die so etwas können?
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