79. Kapitel

"Es tut mir so leid", flüsterte ich immer wieder vor mich hin, während Ethan weiterhin mit seinem Kopf auf meinem Schoß lag und schwer atmete. Ich streichelte über seine Haare, über seine Wangen und versuchte ihm wenigstens so, einen Teil seiner Schmerzen zu nehmen.

"Was... was wollte er von dir?", röchelte er und hustete gleich darauf so stark, das ich ihm hoch helfen musste. Sanft klopfte ich auf seinen Rücken und wartete, bis er sich einigermaßen erholt hatte.
"Er will Jayden", flüsterte ich und plötzlich schaute er mich mit großen Augen an.
"Nein!", ermahnte er mich und stützte sich  unter Schmerzen auf, um sich gekrümmt und mit einer Hand am Kopf haltend vor mich hinzustellen.

"Das wird auf keinen Fall passieren! Eher bringe ich diesen Bastard um!", fluchte er und schleppte seinen verletzen Körper hinüber zur Trage, um sich stöhnend auf sie zu setzen.
"Bist du eigentlich lebensmüde? Er wird dich umbringen", warnte ich ihn, doch selbst in dieser Situation schaffte er es noch, sein dreckiges Grinsen hervorzubringen.

"Soll er es versuchen. Ich reiße ihm seinen verdammten-"
Er schrie doch sein Husten ließ es nicht zu, dass er den Satz beenden konnte. Man merkte ihm an, das er schon viel Gewalt in seinem Leben erfahren hatte, denn ich wäre in seiner Situation sicher nicht mehr im Stande gewesen, zu fluchen oder meinen Mut zu behalten.

Er hielt sich schmerzverzerrt die Brust und nahm mich genau ins Visier dabei.
"Du wirst Jayden nicht ausliefern, egal was mit mir passiert! Meine Wunden heilen und selbst wenn nicht, ich sterbe zu gerne für ihn", befahl er mir und ließ sich dann unter Stöhnen auf die Liege fallen, um sich erschöpft von den Schlägen zu erholen.

Ich saß immer noch auf dem kalten Steinboden und versuchte eine Lösung zu finden, die alle retten würde, aber ich war nur ein stures, bockiges Mädchen,  dass anscheinend immer Mist baute und kein starker Alpha, der sicherlich schon einen Plan hätte. Ich hörte dem Röcheln von Ethan zu und schloss dabei die Augen. Vielleicht brachte Beten etwas, vielleicht würde unser Schutzengel meine Gebete erhören, doch selbst, nachdem ich sicher über eine Stunde dasaß, mit gefalteten Händen, brachte mir auch das leise Murmeln Richtung Himmel, keine Hoffnung auf ein gutes Ende.

Ich öffnete meine müden Augen, stand auf und lief Richtung Gitterstäbe, um die Flasche Wasser durstig an mich zu nehmen. Kaum trank ich einige Schlücke, fühlte ich das beruhigende Gefühl meines Magens, doch Ethans Atmen würde plötzlich so unregelmäßig, dass ich sofort zu ihm herübereilte.

"Ethan?", flüsterte ich und stellte die Flasche unter der Liege ab, um meine Hand an seine Stirn zu halten, die so heiß am glühen war, das ein normaler Mensch wahrscheinlich schon gestorben wäre.
Ich nahm mir die Flasche in die eine Hand und hob mit der anderen seinen schwitzenden Kopf an, um ihm einige Schlücke Wasser in den Mund laufen zu lassen.

Er wehrte sich lautlos, doch nicht mit mir. Ich hielt ihn fest und zwang ihm das Trinken auf. Es war nicht die Zeit, um stur zu sein und mir war klar, dass er der letzte war, der Schwäche zeigen wollte, aber ich war, wie Darius es schon erwähnt hatte, die Luna des Rudels und dieser Idiot hier musste verstehen, dass es in Ordnung war, Schwäche zu zeigen.

Er öffnete seine Augen und schaute mich kurz boshaft an, bis ich ihm lächelnd die Öffnung der Flasche an den Mund hielt und er dankend nickte und ich das Wasser in seinen Mund fließen ließ. Würden wir hier heil rauskommen, würde er diese Situation sicher niemals zugeben, dafür war sein Ego zu groß.

Nachdem er schwach mit dem Kopf schüttelte, zog ich die Flasche zurück und ließ seinen Kopf sanft herunter, sodass er die Augen wieder schloss und erneut vor sich hinröchelte. Die Wut über seine Erscheinung ließ mich wütend zu dem Stäben laufen und voller Kraft klopfte ich mit der Plastikflasche an das Eisen und schrie nach Hilfe, doch keiner kam. Ich wusste auch nicht, ob man uns überhaupt von hier unten hören konnte und erschöpft und kraftlos ließ ich mich an den Stäben heruntergleiten und saß wieder einfach nur da, bis ich irgendwann trotz Angst um Ethan vor Erschöpfung einschlief.

***

"Einen wunderschönen Guten Morgen wünsche ich meinen Gästen!"
Ich öffnete müde meine Augen und konnte mich kurz nicht bewegen. Mein Po fühlte sich erfroren an von dem kalten Steinboden, während mein Nacken steif wirkte.

Ich streckte meine Arme und nahm meine Umgebung langsam wahr, bis mein Blick auf Ethan fiel, der immernoch schlief aber schon viel besser aussah als vor meinem Schläfchen.
Erleichtert darüber, wollte ich gerade aufstehen und zu ihm rüber, da hielt mich von hinten  eine Hand um den Hals und schnürte mir die Luft ab. Ich riss die Augen auf und zappelte wild mit Armen und Beinen, doch er ließ nicht los und ich dachte, ich würde ersticken, doch kurz davor löste er seinen Griff und ich kippte zur Seite, um panisch nach Luft zu ringen.

"Ich hoffe, du verstehst, dass du jetzt deinen Anruf machen musst?", fragte mich Darius mit strengem Blick, während ich mich zu ihm drehte und seine Hand immernoch durch die Gitterstäbe gestreckt war.
"Sie wird gar nichts tun!", hauchte Ethan und setzte sich vorsichtig auf, um vor Darius keinen Schmerz zu zeigen.

"Ja, ich weiß das du für ihn sterben würdest, weil du niemand anderen hast und dein Leben mehr als nur erbärmlich ist, aber was, wenn ich meine Strategie ändere?", grinste Darius ihm entgegen und bevor ich verstehen und begreifen konnte, was er meinte, hatte er schon wieder meinen Hals gepackt und mich mit dem Kopf an die Gitterstäbe gezogen, was Ethan laut aufknurren ließ.

Mein Puls, der vorher schnell schlug, wurde ganz langsam und ruhig, während die Tränen meine Augen füllten und ich nichts mehr spürte, als den Schmerz um meinen Hals herum. Ich zappelte mit jedem Körperteil und versuchte mich zu befreien, doch es brachte einfach nichts. Das Letzte,  was ich sah, bevor alles schwarz wurde, war Ethan der wild fluchend aufstand.

_
1000

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top