Oft kommt die Liebe mit dem Gesicht des Todes



Einige Wochen vergingen und Frederico arbeitete auf Hochdruck an seinem Plan. Der Fluch war komplizierter als er am Anfang dachte, doch er war vollkommen geblendet von seiner Rache so dass er nicht merkte das er tagelang weder aß noch schlief. Sie fraß ihn innerlich auf. Das einzige an was er denken konnte waren der Fluch und wie er das Amulett in die gut bewachte Villa schmuggeln sollte. Doch dies letzte Problem fand schon bald eine Lösung: Frederico erfuhr etwa eine Woche vor dem Ball das eine Hexe als Zofe bei den Morellas arbeitete.

So kam es das Frederico schon bald vor meiner Tür stand. Es war ein leichtes für einen Foscarini meinen Namen heraus zu finden. Ich war geblendet und eingeschüchtert von dieser Macht. Als kleine unbedeutende Hexe war es für mich eine Ehre einer Familie wie den Foscarinis zu dienen. Es kam wie es kommen musste und ich willigte ein das Amulett ins Zimmer der Prinzessin zu schmuggeln. Von dem Fluch war nie die Rede.

Er versprach mir mich ordentlich zu entlohnen für die Mühe und Gefahr. Ich willigte ein. Das Geld konnte meine Familie brauchen. Außerdem fand ich es romantisch. Damals wusste ich ja noch nicht das ich dem Mädchen den Tod brachte und das auf schwarzem Samt gebettet. Ich war von dieser Geste geblendet. Wie jedes junge Mädchen träumte auch ich davon eines Tages von einem jungen Mann umgarnt zu werden. Wie gesagt: Ich war jung und naiv. Dies war eine weitere Lektion die ich, Elena Santoro, noch lernen musste: Oft kommt die Liebe mit dem Gesicht des Todes.

Wie abgesprochen brachte mir Frederico das Kästchen mit dem Schmuckstück einen Tag vor der großen Feier. Das wichtigste sagte er, war es das die Prinzessin die Kette trage. Ich verstand nicht warum es ihm so wichtig war, doch ich nickte unterwürfig. Als ich die Schachtel schließlich öffnete und mein Blick auf die silberne filigrane Kette und den mit unzähligen Diamanten eingefassten Obsidian sah der auf dem schwarzen Samt gebettet lag war ich mir sicher: Prinzessin Giuseppina würde diese Kette lieben. Ich kannte die Eitelkeit des Mädchens zu gut: Alles was glänzte und wertvoll war musste sie haben.

Seufzend klappte ich die Schachtel wieder zu und lies sie in meine Tasche gleiten. Es würde ein Einfaches werden dieses Schmuckstück in die Gemächer der Prinzessin zu schmuggeln.

Und ich behielt recht: Am nächsten Tag betrat ich das Schloss durch den Dienstboteneingang. Über die Nacht hatte sich in mir ein ungutes Gefühl breit gemacht. Irgendetwas war ganz und gar faul an diesem Signore Foscarini. Ich hatte nichts Gute und auch nichts Schlechtes von dieser Familie gehört. Das einzige was ich von den Foscarini wusste war das sie eine sehr alte Zaubererfamilie sind. Ich schüttelte das ungute Gefühl ab und sagte mir das dieser Frederico nur ein verliebter Spinner war. Im Nachhinein denke ich das es besser gewesen wäre auf mein Gefühl zu hören.

Im Schloss und in der gesamten Stadt herrschte an diesem Tag geschäftige Unruhe. Alle waren schon aufgeregt und gespannt auf das Fest. Es wurde geschrubbt, poliert und auf Hochglanz dekoriert. Die Teuersten Kristallgläser und hochwertigsten Porzellanteller wurden aus ihren Vitrinen geholt. Blumen wurden drapiert und alle Angestellten mussten ihre besten knitterfreien und fleckenlosen Kleider tragen. Der Tag neigte sich zu ende und schon bald war es Zeit. Die geladenen hohen Gäste standen in ihren hochwertigsten Kleidern und parfümiert im großen Ballsaal, der über und über mit weißen Rosen geschmückt war. Lange Tafeln standen bereit die unter der Last von Unmengen an schmackhaften Essen, Kristalgläsern, Porzellan und versilbertem Besteck ächzten. Hunderte Stühle, die mit weißem Stoff überzogen waren, standen an den Seiten bereit für die Gäste. Am Kopfende des Saals stand eine lange Tafel, an der die Familie speisen würde.

Nervös stieg ich die Treppen hoch und huschte in die Kammer der Prinzessin. Sie hatte mich in die Küche geschickt, um ihr ein Glas gespritztem weißen Wein zu holen. Mir schien die Prinzessin heute außerordentlich nervös. Ich hatte von anderen Bediensteten gehört, das ihre Eltern ihr ein Ultimatum gestellt hatten. Heute Abend musste sie sich entscheiden und einen der Bewerber auserwählen. Es ziemte sich für eine Adelige nicht.

Mit dem Glas Wein in der Hand für ihre Nerven und dem Kästchen in der anderen trat ich schließlich in die Gemächer der Prinzessin. Wie üblich beachtete sie mich nicht. Eine andere Zofe steckte ihre langen schwarzen Haare kunstvoll hoch. Langsam trat ich näher und verneigte mich.

„Euer Wein, eure Hoheit" sagte ich. Giuseppina streckte gelangweilt die Hand nach dem Glas aus und nahm einen Schluck bis ihr Blick an dem Kästchen in meiner anderen Hand hängen blieb. Ich beobachtete zufrieden wie sie es neugierig betrachtete.

„Was hast du da in der Hand?" fuhr sie mich an.

„Ein Geschenk für eure Hoheit von einem eurer adeligen Bewerber" sagte ich und verneigte mich unterwürfig. Sofort stellte sie das Glas auf die Kommode und streckte wieder die Hand aus. Ungeduld stand in ihrem Gesicht als ich es ihr gab.

„Von welchem?" wollte sie sofort wissen.

„Er sagte mir keinen Namen. Doch wenn ihr es heute Abend tragen solltet würde er sich zu erkennen geben" improvisierte ich den ich wusste nicht was Frederico tun würde. Von seinen Plänen nach der Übergabe hatte er mir nichts verraten. Zufrieden beobachtete ich wie die Augen der Prinzessin größer wurden als sie das Amulett betrachtete. Ihre Finger wanderten andächtig über die filigrane Silberkette.

„Es ist wunderschön, Eure Hoheit" seufzte die Zofe, die gerade die Locken der Prinzessin hochsteckte.

„Das ist es. Und es passt perfekt zu meinem Kleid" stellte die Prinzessin fest und holte die Kette aus ihrem samtenen Bett. Im Schein der Kerzen schimmerte der Obsidian dunkelblau. Seine Reflektion erinnerte mich an die Wellen des Meeres wie sie langsam an den Strand rollten und ihre schaumigen Kronen. Wieder bahnte sich ein ungutes Gefühl in mir an, doch ich schluckte es hinunter.

„Es muss ein stattlicher Mann sein" stellte die Zofe fest.

„Vor allem reich" lachte die Prinzessin während dem sie mir befahl ihr die Kette umzuhängen. Das Silber fühlte sich kalt an in meinen Händen. Mit klammen Fingern schloss ich den Verschluss. Die Prinzessin betrachtete sich zufrieden im Spiegel. Ein Lächeln trat auf ihrem Gesicht.

„Perfekt" säuselte sie und ihre braunen Augen glänzten. Als ich nun in den Spiegel schaute und sah wie der schwarze Stein unmerklich aufleuchtete, erkannte ich das ich einen tödlichen Fehler gemacht hatte. Kalter Schauer lief mir über den Rücken. Doch wie sollte ich es aufhalten? Alles was ich wusste war das dieses Geschenk nicht aus Liebe war, sondern aus Hass. Ich wusste nicht was geschehen würde, aber es würde passieren und mir blieb nichts anderes übrig als es geschehen zu lassen. Ich fühlte mich wie erstarrt. Zitternd beobachtete ich wie sich Giuseppina elegant von ihrem roten Samt Stuhl erhob. Das dunkelblaue Brokatkleid fiel ihr in weichen Falten um die Hüften. Die Corsage war mit schwarzen Rosen bestickt und wurde hinten mit einem schwarzen Seidenband geknüpft. Es war ein wahrlich königliches Kleid. Sie drehte sich vor dem Spiegel und betrachtete sich noch einmal zufrieden. Ihre Finger fuhren immer wieder über den schwarzen Stein, der bei jeder Berührung pulsierte. Es schien als würde in ihm ein Sturm toben. Ich wandte mich zu dem Fenster, um mich abzulenken. Der Vollmond stand hoch am Himmel und warf sein Licht auf das Schloss.

„Es wird Zeit hinunter zu gehen, Eure Hoheit" ertönte die Stimme der Zofe. Mit einem letzten Blick in den Spiegel drehte sich die Prinzessin zur Tür und verließ ihre Gemächer.

Wie in Trance folgte ich den anderen Zofen hinaus, den langen Gang entlang bis zur Treppe, die mit demselben roten Teppich ausgelegt war, der jeden meiner Schritte federte. Die Prinzessin trat an das Kopfende der Treppe. Die Stimme des Kastellanen hallte von den Mauern als er die Prinzessin vorstellte. Grazil schritt sie die Treppe hinunter. Mit angehaltenem Atem beobachtete ich die Szene. Die Mitte der Treppe lag ihm Schein des Vollmondes. Als die Prinzessin in das Mondlicht trat sah ich wie der Obsidian für einen kurzen Moment Dunkelblau aufleuchtete. Giuseppina strauchelte. Erschrocken fuhren ich und die anderen Zofen zusammen. Die Prinzessin hüstelte und griff sich fassungslos an den Hals. Wir Zofen eilten zu den Treppen hinunter. Das Gesicht des Mädchens war inzwischen blau und sie lag auf der Treppe. Sie hustete und gurgelte. Aus ihrem Mund lief eine klare Flüssigkeit. Es war ein verstörender Anblick. Jeder wollte der Prinzessin helfen, doch wir waren alle Hilflos. Am Ende starb die Prinzessin mit dem Kopf auf meinem Schoß. Sie war innerlich ertrunken.

Venedig lag daraufhin in tiefer Trauer. Innerhalb einer Woche verließen die Morellas die Stadt und wurden nie mehr wiedergesehen. Man sagt sie hätten den Tod ihrer einzigen Tochter nie verwunden.

Ich für meinen Teil suchte den Täter. Doch Frederico Foscarini hatte die Stadt sofort nach dem Ball verlassen. Ich fand die Villa der Foscarini verlassen vor. Verärgert wollte ich mich auf den Heimweg machen als hinter mir ein Ruf ertönte.

„Elena?" rief eine piepsige Stimme. „Elena Santoro?"

Als ich mich langsam umdrehte stand hinter mir eine Hauselfe. Nervös ließ sie ihre Schlappohren hängen und wackelte mit den Füßen. Ich nickte langsam.

Erfreut reichte sie mir ein Samtsäckchen, das mit einer silbernen Kordel geschlossen war und ein Stück zusammengerolltes Pergament, das mit einem Wachssiegel geschlossen war, auf dem ein Wolfskopf zu sehen war. Vorsichtig brach ich das Siegel und entrollte das Pergament.

Vielen Dank für ihre Hilfe. In dem Säckchen finden sie ihren zustehenden Lohn und noch mehr. Ich weiß sie missbilligen mein Handeln, doch denken sie darüber nach wie viel Leid dieser Stadt nun erspart bleibt. Denken sie darüber nach.

Mit freundlichsten Grüßen

Frederico Foscarini

Ich nahm das Säckchen, bedankte mich bei dem Hauselfen und verlies für immer die Stadt. Damit diese Geschichte nicht vergessen wird habe ich mich dazu entschlossen sie niederzuschreiben. Das Amulett verschwand zusammen mit Frederico, doch ich weiß das es nicht sein letztes Opfer sein wird. Die Elemente müssen bezahlt werden für ihre Dienste und nur wer sie erweckt hat kann sie auch wieder in den Ewigen Schlaf schicken. So will es das Gesetz.


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