四
Der Mann, dessen Worte bereits in der weitläufigen Hauptkammer verklungen waren, stand, sichtlich unbeholfen, im dunklen Durchgangsbereich zwischen den beiden Räumen, ein metallener Helm mit roter Kordel verdeckte sein Gesicht zur Gänze.
Seine grobschlächtige Statur wurde durch die klobige, mehrteilige Rüstung, noch unterstrichen; beinahe in Zeitlupe erschien es Taehyung, wie der hochgewachsene Mann mit routinierten Bewegungen die hellroten Schlaufen des schweren, metallenen Brustpanzers löste, ehe er ihn mit einem erschöpften Seufzer ablegte und ordentlich an eine der Steinwände lehnte.
Zum Vorschein kam ein langes, ebenfalls durchdringend rotes, fließendes Gewand, welches sich locker an die Brust des Mannes schmiegte; vereinzelt blitzten die goldenen Akzentuierungen an den Ärmeln und die filigranen Ornamente, die den unteren Saum des Kleidungsstückes zierten, im unruhigen Kerzenschein auf.
Wortlos betrachtete Taehyung, wie der Soldat die Schnalle seines ledernden Gürtels löste und zusammen mit dem gebogenen Langschwert, welches zur Gänze in seiner mattschwarzen, verkratzten Scheide steckte, ebenfalls zu seiner bereits abgelegten Rüstung stellte.
Die Haut des Mannes, die nun zum Vorschein kam, glänzte vor Schweiß, unruhig konnte man die hervortretende Halsvene sehen, welche sich in einem zarten lila über sein Schlüsselbein hinunter zu seiner Brust schlängelte.
Der Blick des jungen Prinzen glitt wie von selbst über die trainierte Statur, welche, ohne das schwere Metall, gleich um einiges weicher wirkte. Zu guter Letzt entledigte sich der Mann seines Helmes, verspielt fielen die pechschwarzen Locken in sanften Wellen in das Gesicht des Soldaten.
Während die dunkelroten Lippen fest aufeinander gepresst waren, funkelten seine Augen als hätten sie ein Stück Sternenhimmel eingefangen.
Vereinzelt klebten einige der matt schimmernden Haarsträhnen an seiner ebenfalls vor Schweiß glänzenden Stirn. Seine Gesichtszüge wirkten scharfkantig und grob, fast unwirklich schien dem Kronprinzen deshalb die zarte Röte, die dem jungen Mann ins Gesicht schoss gleich unmittelbar, nachdem sich ihre Blicke trafen.
Es war als würde jegliche Härte aus dem Antlitz des Soldaten weichen, trotz der gezackten Narbe, die mahnend auf seiner linken Wange prangte, kam Taehyung nicht umhin, seine makellose Schönheit zu bewundern, jedes Mal, wenn er den Jüngeren direkt anblickte.
»Was ist passiert?« Mit schnellen Schritten durchschritt der Mann die prunkvolle Kammer, als er Taehyungs glasige Augen bemerkte. Eines war ihm sofort klar – wenn Taehyung seine Deckung derart fallen ließ, musste etwas Gravierendes geschehen sein.
Tonlos füllten sich die Augen des Prinzen mit weiteren Tränen, ehe er dem Kavallerieoffizier, der sich indes besorgt vor den jungen Mann gekniet hatte, um den Hals fiel.
Als hinge sein Leben davon ab, klammerte er sich an den erschöpften Körper seines Gegenübers, welcher Taehyung ohne zu Zögern in eine tiefe Umarmung zog, während er ihm mit seiner von Schmutz und Ruß dunkel eingefärbten Hand beruhigend über den Rücken fuhr. Schwach schimmerten die bereits verblassten Narben auf seinen Oberarmen und nahmen gen Handgelenk stetig zu. Knubbelig und uneben erstreckten sie sich über der dunklen Haut des Soldaten.
Es brach ihm das Herz, den Älteren so zu sehen.
Er vermag kein Mann vieler geschweige denn weiser Worte sein, jedoch hatte Jeongguk sich bereits schon seit geraumer Zeit eingestanden, dass der auf den ersten Blick so unnahbare und aalglatte Kronprinz einen nicht unerheblichen Teil seines Herzens gestohlen hatte.
So wenig ihm das selbst auch gefiel, es ließ sich schlicht nicht weiter leugnen.
Unablässig glitt die, mit dicker Hornhaut überzogene, Handinnenfläche Jeongguks über den bebenden Leib des Prinzen.
Vorsichtig, als könne er ihm auch nur mit der kleinsten falschen Bewegung unwiederbringliches Leid zufügen, ließ er von dem Rücken Taehyungs ab, um sanft mit beiden Händen die erhitzten Wangen des Älteren umschließen zu können. Die großen, dunkelbraunen Augen funkelten ihn im Schein der Kerzen zurückhaltend aus seinen dichten Wimpern heraus an, welches Jeongguks Herz dazu veranlasste, einen weiteren Sprung zu tun. Eine Reaktion, für die er sich insgeheim noch immer verfluchte.
Als wäre sein Leben nicht ohne diese ganze Sache schon hart und kompliziert genug.
So dankbar war Jeongguk dem Königshof dafür gewesen, ihn aufzunehmen, als er alles verloren hatte. So hart hatte er gearbeitet, so viel Schweiß und so viel Blut hatte er vergossen bis er endlich an einem Punkt angelangt war, an dem er sich nicht mehr völlig nutzlos in seiner Existenz gefühlt hatte: Offizier einer Reiterkavallerie mit über 8000 Mann.
Das Vertrauen, welches der König höchstpersönlich in ihn zu stecken vermochte bei der Verleihung eines solchen Titels an einen Mann wie ihn.
Ein Mann, der sich aus dem Dreck gekämpft hatte, ein Mann, der in seinen gerade mal 19 Lebensjahren schon so viel Leid und so viel Kummer hatte miterleben müssen - zu viel eigentlich für ein einzelnes Menschenleben.
Und wie dankte er dem König dieses Vertrauen? Indem er mit seinem einzigen Sohn das Bett teilte.
Stumm betrachtete Jeongguk die geröteten Tränenbahnen auf der makellosen Haut des Prinzen. Selbst jetzt war er für ihn wunderschön.
Sachte fuhr er mit seinem schmutzigen Daumen über die erhitzte Gesichtshaut, ehe er sich, als dies nicht von Erfolg gekrönt zu sein schien, langsam vorbeugte und begann, die salzigen Tropfen Stück für Stück von der weichen Haut des Älteren zu küssen, welches diesem dann endlich das zaghafte Kichern entlockte, welches Jeongguk so liebte.
»Hey-«, setzte der junge Offizier mit heiserer Stimme an, ein kehliges Lachen folgend, als er sah, dass Taehyungs Wangen ein blasses Rosa zierten und er schüchtern lächelnd die Nase rümpfte. Seine Miene wurde ernst. »Sag mir, was geschehen ist«, flüsterte er leise, während er zum wiederholten Male den unbändigen Drang unterdrücken musste, die vollen, symmetrischen Lippen des Älteren sofort zu küssen.
Unruhig wand sich dieser daraufhin unter dem eindringlichen Blick Jeongguks; in seinen Augen schienen Angst und Wehmut einen ebenbürtigen Kampf auszutragen.
»Taehyung«, wiederholte der Jüngere daraufhin erneut, »ich dachte, du könntest mir an meinem Geburtstag keinen Wunsch abschlagen.« Feixend funkelte der Soldat seinen Liebhaber aus seinen dunklen Augen heraus an, währenddessen weiteten sich die Taehyungs vor Schock um ein Vielfaches. »Oh nein, Jeongguk!«, rief dieser daraufhin nur voller Entsetzen aus. »Das habe ich bei dem ganzen Ärger vollkommen vergessen, ich hatte so eine schöne Überraschung geplant.« Trauer huschte über das Gesicht des Älteren und sogleich bereute Jeongguk, seinen Geburtstag überhaupt zur Sprache gebracht zu haben. Er selbst hätte diesem Tag ohnehin keine Beachtung geschenkt.
»Ich schere mich nicht um Überraschungen«, entgegnete der Jüngere schnell, »oder um irgendwelche Geschenke«, fügte er noch rasch hinzu, als er sah, dass Taehyung den Mund geöffnet hatte, um etwas zu erwidern. Resignierend schloss er ihn jedoch daraufhin sogleich wieder.
Unsicher kratzte der junge Soldat sich am Kopf. Er verstand nicht viel davon, andere Leute zu trösten, generell pflegte er keine engere zwischenmenschliche Beziehung bis auf die mit dem zartbesaiteten Prinzen.
Ein Wunder, dass solch ein grundsätzlich verschiedenes Paar dennoch zueinandergefunden hatte.
»Mein Vater schickt dich fort. Gleich morgen sollst du mit deinen Männern nach Chungju reiten, um dort die Hauptstadt zu verteidigen.« Aufgebracht entwichen die Worte ohne Vorwarnung der Kehle Taehyungs, doch anstatt einer geschockten oder gar aufgebrachten Reaktion sah er lediglich Schuld in den Augen seines Liebhabers aufblitzen.
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