»Das-«, der junge Prinz machte eine kurze Pause, bevor er sich ebenfalls aufrichtete, »das ist nicht fair!«, rief er verzweifelt und seine Stimme zitterte mehr, als ihm lieb war.

Er wollte nicht so schwach sein, wollte nicht so viel von seiner Seele, von seinen Gedanken und Gefühlen offenlegen, während Jeongguk sich derart kalt und abweisend verhielt.

Taehyung kannte den Offizier schon lange genug, um zu erahnen, wie es tatsächlich in ihm aussah; jedoch verletzte es ihn umso mehr, dass der Jüngere es trotz dessen schaffte, seine Emotionen so im Zaum zu halten.

Verächtlich schnaubend wandte sich Jeongguk plötzlich um, seine Augen bohrten sich funkelnd in die des noch immer weinenden Prinzens. »Fair?!« Seine Tonlage überschlug sich fast. »Das Leben ist nicht fair, Taehyung. Es freut mich, dass du das auch endlich begriffen hast.«

Er war selbst nicht nicht in der Lage auszumachen, woher diese unbändige Wut mit einem Mal herrührte; War es die Wut auf den desillusionierten Prinzen, der immer noch glaubte, er könne sich seiner Verantwortung als Thronfolger entziehen und ihm als Offizier seine letzte Ehre rauben?
Oder war es die Wut auf den alten König, der ohne Sinn und Verstand auf den egozentrischen Oberbefehlshaber vertraute, welcher hingegen nur seine eigenen zwielichtigen Ziele verfolgte?
Oder war die Wut einfach Wut, welche sich über viele Jahre bereits in seinem Bauch angestaut hatte, welche er immer wieder heruntergeschluckt, immer wieder unterdrückt, verdrängt und getröstet hatte mit einem ›Das Leben ist nunmal unfair‹.

Vielleicht trafen ihn die Worte, die zuletzt die Lippen des naiven Prinzen verlassen hatten, ihn aus diesem Grund mit solch einer Härte.
Vielleicht war es aber auch die Angst, zu verlieren.

Nicht den Krieg, sondern die Person, die ihm mehr bedeutete: die ihm mehr bedeutete als seine Ehre und mehr als sein eigener Stolz.

Die Person, die ihn vor der Dunkelheit gerettet hatte. Und die er nun im Begriff war, in ebendieser zurückzulassen.

»Vielleicht ist so besser«, flüsterte Jeongguk heiser. »Eine klare Trennung. Du wirst mich fürs Erste nicht mehr sehen und ich werde dich mit deiner«, er schürzte seine Lippen und formte zynisch die folgenden Worte, »geliebten Frau nicht mehr sehen. So ist es für alle besser.«

Bedeutungsvoll verklang die vibrierende Stimme Jeongguks in der prunkvoll geschmückten Gebetskammer.

Die von Grund auf verschiedenen Männer schwiegen, doch das Schweigen schien lauter als jeder Streit, den sie bisher geführt hatten.

Allmählich löste sich der Offizier aus seiner Starre; langsam, als seien schwere Gewichte an seinen Unterschenkeln befestigt, setzte er einen Fuß vor den anderen Richtung Ausgang, die Augen starr nach vorn gerichtet, ohne noch einen Blick zurück auf den verzweifelten Mann zu werfen.

»Jeongguk«, hauchte Taehyung, welcher seinen eisernen Gang jedoch unbeirrt fortsetzte. »Jeongguk!«, wiederholte der Ältere daraufhin erneut, seine Stimme bebend, der flehende Unterton veranlasste das Herz des Soldaten abermals, seinen Schlag zu beschleunigen.

Ein schwaches Zucken fuhr durch seinen hochgewachsenen Körper, doch dachte er nicht daran, stehen zu bleiben. »Jeon Jeongguk!«, schrie der junge Kronprinz plötzlich, durchdringend hallte seine gebrochene Stimme von den Wänden des runden Saals wider.

Jeongguk verharrte in seiner Bewegung, machte jedoch keine Anstalten, sich umzudrehen. Wortlos stand er da, den Kopf zu Boden gesenkt, die Hände zu Fäusten geballt.

Ohne einen weiteren Gedanken daran zu verschwenden, schritt Taehyung nun auf den erstarrten Offizier zu, ehe er ihn auch schon mit einer für ihn untypisch harschen Bewegung an der Schulter griff und zurück riss.

»Das soll es jetzt gewesen sein?«, fragte der Ältere mit erhobener Stimme. Jeongguk, dessen Augen weiterhin zu Boden gerichtet waren, sein Gesicht so gänzlich verdeckt von seinen zerzausten, schwarzen Haaren, die ihm strähnig über die Augen fielen, schwieg. »All die Berührungen«, rasch umfasste er die verkrampfte Faust des Offiziers und strich behutsam über die durchscheinende Haut seines Handrückens, »all die Worte, all die Gedanken, die wir geteilt haben?« Noch einen Schritt näher trat der Prinz an ihn heran, währenddessen schob er behutsam seine noch freie Hand unter das Kinn des Jüngeren, ehe er ihn mit einer hauchzarten Bewegung zwang, ihm in sein Gesicht zu schauen. »Ein ›So ist es besser für alle‹ und das wars?«

Der Anblick des Prinzen traf ihn noch verheerender, als Jeongguk angenommen hatte.

Die bereits getrockneten Tränenbahnen wurden erneut von glitzernden Tropfen abgelöst, rot und geschwollen waren die Augen Taehyungs, mit denen er verzweifelt den Offizier zu fixieren schien, sein Blick derart intensiv, dass es Jeongguk die Sprache verschlug.

»Du magst das Leben als unfair betrachten. Doch ich tue das nicht«, sanft löste er Jeongguks noch immer geballten Finger und verschränkte sie abermals mit den seinigen, ehe er mit heiserer Stimme gegen seinen Lippenbogen hauchte, »denn es hat mich dich treffen lassen.«

Stürmisch löste sich der Soldat aus seiner Schockstarre, überbrückte die letzten Zentimeter zwischen den Mündern der beiden Männer, bevor er sie zu einem leidenschaftlichen Kuss vereinte.

Es war ein Kuss, der all die zurückgedrängten Emotionen und Ängste, die sie miteinander teilten, entlud.

Überrascht entfuhr dem jungen Prinzen ein gedämpftes Keuchen, während Jeongguks Hände sich um seine Taille schlossen und ihn enger an seinen Körper heran pressten, als hätte er Angst, Taehyung könnte ihm jeden Moment entrissen werden.

Zaghaft suchte sich die Hand des Älteren den Weg zu der trainierten Brust Jeongguks, welcher daraufhin nur ein belustigtes Grollen ausstieß: »Mir gefällt diese stürmische Seite an dir«, flüsterte er mit rauer Stimme, bei dessen Klang sich sogleich seine feinen Nackenhärchen aufstellten und der ihn dazu veranlasste, geschickt die schlanken Finger um den Nacken des Jüngeren zu legen, bevor er ihn mit einer Kraft, die sein Gegenüber ihm kaum zugetraut hätte, zurück in die Mitte des Raumes zog, sodass sie sich ohne voneinander abzulassen, sogleich auf den dünn gepolsterten Bambusmatten wiederfanden.

»Dann sei gespannt, welche Seiten von mir dir bis jetzt noch verborgen geblieben sind«, raunte Taehyung in das Ohr des Jüngeren.

Und nur für einen Augenblick, nur für diesen Moment vergaßen die Männer den bevorstehenden Krieg, die Hochzeit und die potentielle Trennung, die ihnen noch bevorstehen sollte.

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