Professor Slughorn's größter Fehler
Unsicher schritt ich die steinernen Treppen hinab, Tom an meiner Seite. Meine Hand ruhte auf seinem ausgestreckten Unterarm, nichts weiter als ein ausgeklügeltes Detail in seinem Plan für den Abend. Tom liebte einen eleganten Auftritt: Vor den Lehrern, die während der Weihnachtsferien den Großteil seines Publikums ausmachten, würde ihm meine Gesellschaft den Anschein von Toleranz gegenüber Muggelstämmigen einbringen. Ich wusste allerdings, dass die Inszenierung eine andere gewesen wäre, hätte sich nur ein einziger seiner Anhänger unter den Zurückgebliebenen befunden. Sobald wir den Banketttisch erreichten und uns setzten, zog Tom seinen Arm in einer plötzlichen, geschmeidigen Bewegung zurück. Er strich den Stoff seines Ärmels sorgfältig wieder glatt, der wahrscheinlich ungewöhnlich warm von meiner Berührung war. Ich wäre so gerne näher zu meinem Begleiter gerutscht, doch ich hielt den angemessenen Abstand und beschäftigte meine leeren Hände stattdessen damit, meinen Festumhang aus azurblauer Seide über der Bank zu drapieren, ohne ihn zu verknittern. Ich fühlte mich wie eine Verräterin und mied den Blickkontakt mit Professor Dumbledore. An diesem Abend hätte eine stumme Entschuldigung darin gelegen, die Tom sofort erkannt hätte.
Stattdessen richtete ich meinen Blick zur verzauberten Decke: Ein Sturm aus Feuerwerken und Lichtern in allen erdenklichen Farben tobte über uns. Wir waren als die Letzten zum Neujahrsfest erschienen, die Vorspeisen waren bereits vom Tisch verschwunden und der Hauptgang war stattdessen erschienen.
Tom aß ohne große Begeisterung ein paar Bissen, goss sich eine kleine Menge Wein in sein Glas und hielt den Krug anschließend einladend in die Runde, so als wäre ihm der Gedanke eben erst gekommen. „Darf ich einschenken?" bot er höflich an und seine schwarzen Augen huschten für einen kurzen Moment zu Slughorn, dessen Augen bereits ein wenig glasig wirkten.
Meine Nerven quälten mich, also hielt ich dem Slytherin entgegen jeder Absprache mein eignes Glas hin, das er widerwillig füllte. Ich wollte das Glas an die Lippen setzen, doch Tom warf mir einen erbosten Blick zu und legte warnend eine Hand unter dem Tisch auf mein Knie. Mein Herz machte einen Sprung und ich ließ das Glas sofort sinken. Im nächsten Moment war seine Hand schon wieder verschwunden.
„Oh, sei so gut, Tom mein Lieber!" gluckste Professor Slughorn, dem wir uns wie abgemacht gegenüber gesetzt hatten. Ich sah Tom mit einem zufriedenen Lächeln registrieren, dass der Lehrer für Zaubertränke mit Sicherheit schon angetrunken war. Tom schenkte ihm dennoch großzügig ein und abwechselnd boten wir unserem Lehrer hin und wieder Nachschub an.
Als die Schulglocke schließlich ertönte und das neue Jahr ankündigte, nahmen wir an einer Reihe von traditionell magischen Spielen teil, um keinen Verdacht zu erregen. Es gab kleine Kristallkugeln, die einem eine Prophezeiung für das neue Jahr zuflüsterten, man konnte einen dickflüssigen Zaubertrank auf dem Tisch zerlaufen lassen, dessen Form erstarrte sobald man ihn berührte und einem die Zukunft verraten sollte. Außerdem gab es verzauberte Kekse, die, wenn man sie zerbrach, Pulver in bestimmten Farben und schwebenden Formen freisetzten und ebenfalls eine Bedeutung hatten.
Alle Schüler und Lehrer, von Tom und mir abgesehen, waren ausgesprochen vergnügt und ausgelassen. Tom lächelte zwar zur Schau, doch seine Augen huschten immer wieder nervös zu Professor Slughorn, der mit steigendem Alkoholpegel auch müder zu werden schien.
Grade als Tom meine Handfläche zu lesen versuchte, erhob sich der Professor wankend. In diesem Moment begann unsere einstudierte Szene. Unter dem Tisch schwang Tom unbemerkt den Zauberstab, sodass eine unsichtbarer Stolperstein im Gang vor Slughorn's Füßen erschien. Wie erhofft fiel der Professor und hielt sich hilfesuchend an einer Schar kleiner Hufflepuffs fest, die bedrohlich unter seinem Gewicht einknickten.
„Soll ich Sie begleiten, Professor?" hörte ich mich selbst fragen.
„Ach, das wäre wundervoll meine Liebe. Wenn es Ihnen keine Umstände bereitet?" hickste der Lehrer und richtete sich schwerfällig wieder auf.
„Keineswegs." antwortete ich und huschte um den Tisch herum. Wie befohlen wankte ich ein wenig unter dem stattlichen Gewicht des Professors, sodass Tom sich auch einschalten konnte.
„Lass mich dir helfen." ertönte seine kalte Stimme genau im richtigen Moment hinter mir.
Wir wünschten allen eine gute Nacht, ohne dass wir Aufmerksamkeit auf uns gezogen hätten.
Ungeduldig lenkte Tom uns mit schnellen Schritten durch die verworrenen Kerkergänge, um dem Professor endlich seine dringlichsten Fragen stellen zu können. Ich bemühte mich sein Tempo zu halten, obwohl mein Herz dank der Gewissensbisse schneller schlug und ich so viel lieber umgekehrt wäre.
Als Tom schließlich die Tür zu dem Büro des Professors aufstieß, glommen seine schwarzen Augen vor Erregung im Schein des schwachen Lichtes. Der Professor ließ sich auf einen freien Sessel plumpsen und blickte uns aus glasigen Augen entgegen.
„Vielen Dank meine *hicks* jungen *hicks* Helfer..." murmelte der Lehrer für Zaubertränke.
Ich reichte dem Professor ein großes Glas Wasser, doch hoffte nichts sehnlicher, als dass er einfach würde einschlafen mögen.
Tom ließ sich neben Professor Slughorn auf die Knie sinken und breitete fürsorglich eine Strickdecke über seinem Schoß aus. Slughorn griff mit seiner kleinen, dicken Hand nach Tom's und tätschelte sie rührselig.
„So ein guter Junge, Tom... So wohlerzogen und talentiert."
„Nun, ich habe einen wundervollen Mentor. Ich denke oft daran, wie sehr Sie meine Talente fördern und dass ich keinem anderen Lehrer mehr mit meiner Zukunft vertrauen könnte als Ihnen." säuselte Tom und die Brust von Professor Slughorn schien vor Stolz anzuschwellen.
Noch während Tom sprach, schien Slughorn langsam in die Welt der Träume abzugleiten, seine Lider flackerten bedrohlich. Tom warf mir einen auffordernden Blick zu und ich stieß auf seinen stummen Befehl hin eine gläserne Karaffe um, die laut klirrend auf dem Boden in tausend Teile zersprang.
Alarmiert riss Professor Slughorn die Augen wieder auf und griff sich erschrocken ans Herz. Er wirkte nun hellwach. „Ach du meine Güte!" stotterte er verwirrt, während ich mich mehrmals entschuldigte, das Gefäß mit einem Schwung meines Zauberstabes reparierte und ins Nebenzimmer verschwand, um einen Tuch für die Flüssigkeit zu holen. Professor Slughorn sollte glauben, dass er mit Tom alleine sei, doch ich versteckte mich hinter der Türe, um nichts zu verpassen.
Tom hatte mich in seine Pläne eingeweiht und obwohl ich die Szene nicht beobachten konnte, sah ich Tom's zermarterten Gesichtsausdruck vor meinem inneren Auge, den er dem Professor in diesem Moment wohl präsentierte.
Professor Slughorn biss nach einigen Sekunden an. „Was bedrückt Sie, mein Junge?"
„Ich... habe etwas auf dem Herzen." flüsterte Tom verlegen. Er spielte die schamhafte Verwirrung so meisterhaft, dass ich es ihm vielleicht selbst abgekauft hätte. „Ich stieß beim Lesen in der Bibliothek auf einen Begriff, den ich nicht verstand. Ich wusste nicht, an wen ich mich wenden sollte... Es handelt sich, denke ich, um dunkle Magie."
„Deshalb müssen Sie sich doch nicht schämen, Tom, mein Lieber! Sie können mich alles fragen!" erklärte Slughorn in väterlichem Ton und ich hörte wie der Sessel unter seinem Gewicht knarzte, als er sich näher zu Tom beugte, der nun leiser sprach, so als würde ihm die Worte nur schwer über die Lippen gehen.
„Es stand dort etwas von sogenannten... Horkruxen geschrieben."
Professor Slughorn keuchte schockiert. Offensichtlich hatte er kein derart schreckliches magisches Phänomen erwartet, doch er versuchte Tom zuliebe die Fassung zu wahren.
„Nun... Sie werden Schwierigkeiten haben ein Buch in Hogwarts zu finden, das Ihnen genaue Auskunft über Horkruxe gibt, Tom. Das geht viel zu tief in die Schwarze Magie hinein."
„Natürlich, ich verstehe, Sir. Es erschien mir nur unerträglich, etwas unaufgeklärt zu lassen. Ich wollte nicht, dass jemand annimmt, dass etwas anderes als bloßer Wissensdurst hinter meiner Frage stecken könnte... Doch ein Zauberer wie Sie, dem ich vertraue... Ich dachte, Sie könnten mir viellicht helfen."
Seine Worte waren so betörend, so brilliant und schmeichelhaft gewählt, dass mein Herz nur beim bloßen Zuhören schneller schlug. Ich hätte dem Blick in seine bittenden Augen nicht standhalten können.
Professor Slughorn konnte es wohl ebenso wenig. „Ach Tom, ich würde Sie niemals verdächtigen. Ich weiß, dass Sie nichts weiter als ein ambitionierter und neugieriger Schüler sind. Das sind die Besten übrigens meistens!"
Eine kleine Pause trat ein, in der keiner der beiden Männer sprach. Tom wartete so geduldig wie ein Raubtier, bis Professor Slughorn sich zum Weitersprechen durchringen konnte.
„Ein Horkrux... Ist das Wort für einen Gegenstand, in dem eine magische Person einen Teil der eigenen Seele verborgen hält. Wenn der Körper dieses Menschen zerstört werden sollte, würde er dennoch nicht sterben. Es sei denn, dieser eingeschlossene Seelenteil würde ebenfalls vernichtet werden."
Tom's Stimme klang überzeugend angewidert, als er weitersprach. „Aber... Wie würde etwas dergleichen geschehen können?"
Die Stimme des Professors klang schwer, als er weitersprach. „Nur durch die schlimmste vorstellbare Tat. Man muss einem anderen Menschen mit Gewalt das Leben nehmen, um die eigene Seele zu zersplittern. Anschließend wird dieser Teil durch einen Zauber - den ich bei Merlin nicht kenne und niemals kennen will - an einen Gegenstand gebunden."
Die Spannung in dem Raum war nun beinahe mit den Händen greifbar. Die nächste Frage, die Tom stellen würde, war ausgesprochen riskant. Ich hielt die Luft an und hoffte mit jeder Faser meines Körpers, dass Professor Slughorn sie nicht beantworten würde.
„Aber... Ein solcher Vorgang wäre doch sicher nur ein einziges Mal möglich, nicht wahr Professor? Kein Zauberer könnte seine Seele beispielsweise... sieben Mal spalten, habe ich recht?"
Tom's Akt war noch immer überzeugend, aber Professor Slughorn reagierte dennoch alarmiert. „Sieben? Wie kommen Sie auf genau diese Zahl, Tom? Wäre ein einziger Mord nicht schrecklich genug?"
„Natürlich!" besänftigte Tom rasch. „Ich wollte nur besser verstehen..." Er hoffte, dass Slughorn von selbst antwortete, doch dieser schwieg. Tom war gezwungen, noch einmal nachzufragen.
„Denken Sie also, es wäre möglich?" In seiner Stimme lag zwar die gespielte Angst, doch er konnte den heiseren Unterton des intensiven Verlangens nicht länger überspielen.
„Ich... Ich weiß es nicht... Vielleicht..." stammelte der Zaubertränkelehrer nun offensichtlich beunruhigt.
Ich verstand dies als mein Stichwort, um die Situation möglichst konfliktlos aufzulösen. Tom hatte Antworten auf all seine Fragen erhalten. Ich griff nach dem Tuch auf der Ablage und betrat erneut das Wohnzimmer, mit möglichst unbedachtem und fröhlichem Gesichtsausdruck. Professor Slughorn blinzelte verdattert, so als hätte er ganz vergessen, dass ich auch noch anwesend war. Tom stand hinter ihm, im Schatten, sein Gesicht von scharfen Kontrasten gezeichnet. Die befriedigte Gewissheit, die in seinen Augen lag, grenzte an Besessenheit.
Wir wechselten nur noch einige wenige Worte mit Professor Slughorn, der das eben Geschehene offensichtlich noch nicht verarbeitet hatte. Dennoch schien es Slughorn etwas zu beruhigen, dass Tom wieder zu seinem alten, beherrschten und kühlen Selbst zurückgefunden hatte. Er versuchte sich ganz offensichtlich einzureden, dass Tom die Wahrheit gesagt hatte und Gespräch belanglos gewesen war.
Als Tom und ich uns kurz darauf verabschiedeten und erneut durch die einsamen Kerker liefen, konnte ich seine Hochstimmung kaum ignorieren. Seine Augen strahlten, seine Schritte waren leicht und federnd und am Seltsamsten von alledem war, dass ein breites Lächeln auf seinen Lippen lag. Es war beunruhigend.
Ich selbst befand mich in einem Gefühlstief. Ich wusste nicht, wie ich Tom irgendwie davon würde überzeugen können, dass das Erschaffen eines Horkruxes nicht der richtige Weg für ihn war. Doch es wirkte immer mehr so, als hätte er seine Entscheidung bereits getroffen. In diesem Moment schien er sich nichts auf der Welt sehnlicher zu wünschen.
„Warum freust du dich nicht für mich, Evangeline?" verlangte Tom plötzlich barsch zu wissen. Er hatte wohl erwartet, dass ich ihm zu seinem Geniestreich gratulieren und ihn für seine kleine Theatereinlage bewundern würde.
„Ich habe es dir doch schon erklärt!" antwortete ich und kämpfte gegen das zugeschnürte Gefühl in meiner Kehle an. „Ich will nicht, dass du deine Menschlichkeit verlierst!"
Tom's Blick flackerte zu mir hinüber, dann hielt er meinen Arm fest und drückte mich mit dem Rücken sanft gegen die steinerne Wand des Ganges, legte eine Hand unter mein Kinn und sah mir direkt in die Augen. Ihm war offensichtlich etwas eingefallen, das er zuvor vergessen hatte.
„Was hast du vorhin damit gemeint, dass du mir nicht folgen wirst? Du hast gesagt, dass du mich liebst! So funktioniert es doch, oder etwa nicht? Man sagt die Menschen würden alles für diejenigen tun, die sie lieben!" Er lächelte nun nicht mehr, nagelte mich stattdessen nur mit seinen kalten, schwarzen Augen auf der Stelle fest. Ich fragte mich, warum es ihm auf einmal so wichtig zu sein schien.
Wütend entgegnete ich seinen Blick aber wich der riskanten Frage aus. „Trotzdem muss es einen Grund geben, warum man bei dieser Person bleiben will."
Tom ließ mich los und trat einen Schritt zurück. „Welche Gründe könnte es geben?" bohrte er neugierig nach. „Ich dachte man sagt, dass Liebe blind macht."
„Mich nicht." behauptete ich selbstüberzeugt und verschränkte trotzig die Arme. Doch ich war mir nicht ganz sicher, ob das tatsächlich der Wahrheit entsprach.
„Ach ja?" fragte Tom amüsiert. „Was würde dich dann dazu bringen, dich mir anzuschließen?"
„Überzeugung, ein bindendes magisches Versprechen - das ich dir aber nicht geben werde - oder ... " Meinen letzten Gedanken sprach ich nicht aus, doch Tom schien zu wissen, dass ich an erwiderte Gefühle dachte und zog spöttisch eine Augenbraue nach oben.
Für einige Momente hing er seinen eigenen Gedanken nach und Stille legte sich über uns. Seine Miene war unergründlich. „Was ist mit Angst? Schmerz?" wollte er lauernd wissen und zog in einer blitzhaften Bewegung seinen Zauberstab, mit dem er mir vorsichtig über den Hals strich.
Ich fürchtete seine Unberechenbarkeit und die plötzlichen Ausbrüche von Grausamkeit nach wie vor, doch auf diese Frage hatte ich eine klare Antwort.
„Niemals." wisperte ich.
Tom's Mundwinkel zuckten, so als müsse er ein frustriertes Lachen unterdrücken. Noch war all das ein Spaß für ihn, doch ich spürte, dass die Stimmung nun schnell kippen könnte, wenn er nicht bald die Oberhand gewinnen würde.
„Du gehörst mir!" zischte er einen Moment später wie ein wütendes Kind, dem man sein Lieblingsspielzeug wegzunehmen versuchte.
Ich wandte den Blick ab, doch schüttelte langsam den Kopf.
Tom schnaubte vor Wut und wollte mir offensichtlich durch eine Lektion Gehorsam beibringen, als er seine Strategie plötzlich ein weiteres Mal änderte.
Er lehnte sich neben mich an die Wand und lächelte herausfordernd. „Dann werde ich deine Liebe erwidern."
Ich keuchte vor Schreck und taumelte einen Schritt zurück. „Sag das nicht. Es ist nicht wahr."
Tom grinste, als er erkannte, womit er mich am Besten quälen konnte. „Warum? Ist es nicht das, das du wolltest, Evangeline?" Mein Name klang aus seinem Mund so anziehend für mich, dass ich erschauderte.
In dem verzweifelten Versuch die Kontrolle zu bewahren, wich noch einen Schritt zurück und musste gegen das Verlangen ankämpften, mir die Ohren zugehalten, um seine Lügen nicht hören zu müssen. Doch Tom folgte mir, erwischte meinen Handgelenk und zog mich zurück.
„Bleib doch hier." raunte er in mein Ohr, als er sich zu mir hinunter lehnte. Ich hätte ihn gerne von mir gestoßen, doch ich war nicht stark genug. Tom's kühler Atem strich sanft über meine Haut, seine langen Finger fanden ihren Weg zu Nacken. Als er sich wieder zurücklehnte, berührten seine kühlen Lippen tatsächlich für den Bruchteil einer Sekunde meine Wange. Ich wagte es nicht mich zu bewegen, doch meine Fingernägel bohrten sich vor Anspannung in meine Handinnenflächen.
Tom beobachtete mich aufmerksam, sein Zeigefinger strich langsam über meinen Hals bis zu meinem Kinn, bis seine Fingerspitzen schließlich meine Lippen erreichten. Meine Haut prickelte unter der Berührung und ich öffnete widerwillig die Augen, die ich zuvor zugepresst hatte. Sein Gesicht war nur wenige Zentimeter von meinem entfernt und seine Augen spiegelten den Ausdruck von überlegener Machtbesessenheit, den ich mittlerweile so gut kannte, wider.
Tom trat noch einen Schritt näher, sodass ich zwischen der Wand und seinem Körper festgehalten wurde. Die Sekunden verstrichen quälend langsam, in denen Tom mir sehr langsam immer näher kam, bis seine Lippen meine beinahe berührten. Ich hielt dem intensiven Blickkontakt nur mit Mühe stand und meine Knie schienen zunehmend weicher zu werden. In seinen tiefschwarzen Augen lag etwas Herausforderndes: Er wollte mir offensichtlich beweisen, dass ich den letzten Schritt gehen würde. Ich rang mit mir, ignorierte seinen Körper gegen meinem und das Verlangen, meine Lippen gegen seine zu pressen. Tom grinste noch etwas breiter, da er meinen innerlichen Kampf unschwer in meinen Augen ablesen konnte. Sanft ließ er seine Hand an der Seite meines Körpers entlang gleiten; über meine Hüfte, dann die Taille und schließlich die Rippen. Mein Bauch schien sich zu verknoten und ich konnte es nicht mehr aushalten: Ich handelte unüberlegt und plötzlich und war beinahe selbst überrascht, als meine Lippen tatsächlich seine berührten. Keine Sekunde verstrich, bevor sich Tom wieder zurücklehnte und das, das man kaum einen Kuss nennen konnte, wieder beendete.
Seine hellen Zähne blitzten kurz im schwachen Licht der Fackeln auf, als er mir ein spöttisches Grinsen schenkte. Er hatte erneut die Oberhand gewonnen und schien endlich befriedigt. Er griff erneut nach meinem Kinn und drückte so fest, dass ich vor Schmerz zusammenzuckte. Tom lachte erneut und strich sanft und entschuldigend über meine Wange.
„So vorhersehbar und schwach... Wenn die Zeit reif ist, wirst du mir folgen."
Kein Zweifel lag mehr in seiner kalten Stimme und die Angst, dass er recht haben könnte, breitete sich in mir aus.
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