41. Der Kompass
>>HILFE!<< Victoria schrie so laut sie konnte und sprühte wieder rote Funken in den Himmel. Die zwei Gestalten kamen näher. Bald erkannte Victoria, dass es Madam Pomfrey und Professor McGonagall waren.
>>Kind was ist passiert!?<< riefen die beiden entsetzt.
>>Werwolf... im Wald und... er... Professor Snape... er hat sich zwischen mich und den Werwolf gestellt... Ich wollte das nicht! Und dann kam Lupin... Professor, ich wollte das alles nicht! Und dann war da Fawkes und er hat geweint... << stammelte Victoria und wischte sich über das, mit Dreck verschmierte, Gesicht. Immer noch kniete Victoria am Boden neben Snape.
>>Der Mann muss in den Krankenflügel!<< sagte Madam Pomfrey mit einen einzigen Blick auf Snapes Wunden. Sie beschwor eine Trage hinauf und eilte dann, mit Snape auf der Trage, zurück ins Schloss.
>>Kommen Sie Victoria. Wir sollten auch schnell zurück ins Schloss gehen, bevor der Werwolf zurückkommt.<< McGonagall zog sie vom Boden hoch. >>Wenn er jetzt stirbt! Das ist alles meine Schuld! Wenn er stirbt...<< >>Er wird nicht sterben! Er wird wieder gesund.<< Langsam liefen sie den Hügel hoch. Hin und wieder drang ein Heulen aus dem Wald, wobei Victoria jedesmal zusammen zuckte.
>>Er lockt ihn vom Schloss weg. Wie gut das Professor Lupin heute seinen Trank genommen hatte.<< sagte Professor McGonagall mit einem prüfenden Blick auf den Wald.
>>Professor? Sie wussten davon, oder?<<
>>Das Professor Snape Ihr Vater ist? Ich muss gestehen: Ja, ich wusste davon. Noch nicht lange, aber ja. Sie wissen gar nicht wie kurz ich davor war, es Ihnen zu erzählen, in der Nacht als Sie in Professor Snapes Büro eingebrochen waren. Aber ich musste ihm schwören, kein Wort zusagen, erst recht nicht zu Ihnen.<< Langsam humpelte Victoria neben McGonagall her.
>>Wir bringen Sie besser auch in den Krankenflügel. Madam Pomfrey sollte sich mal ihr Knie ansehen und diese Platzwunde über Ihrer Augenbraue gehört dringend gereinigt.<<
Oben im Schloss angekommen untersuchte Madam Pomfrey kurz das Knie, verband es und kümmerte sich danach um die Platzwunde.
Victoria reckte den Kopf um Snape zu sehen, doch um sein Bett war ein Sichtschutz aufgebaut worden. >>Minerva, sie braucht Schlaf. Würden Sie Victoria bitte in ihren Gemeinschaftsraum bringen? Ich kann sie nicht hierbehalten.<< sagte sie mit einem Seitenblick in Richtung des Sichtschutzes. >>Aber natürlich, Poppy.<<
Nur wiederwillig ließ Victoria sich aus dem Krankenflügel schieben. >>Professor, nein! Ich muss hier bleiben! Ich muss warten bis er wach ist! Ich-<< aus dem Krankenflügel war gepolter zu hören, so als ob Sachen durch den Krankenflügel fliegen und zu Bruch gehen würden.
>>JETZT BERUHIGEN SIE SICH! SIE BRAUCHEN RUHE!<< rief Madam Pomfrey aufgebracht.
Erschrocken starrten McGonagall und Victoria auf die Tür. Nach wenigen Sekunden herrschte wieder toten Stille. Professor McGonagall sah immer noch verblüfft auf die Tür des Krankenflügels, fasste sich aber schnell wieder und sagte dann >>Kommen Sie jetzt. Ich bringe Sie noch in Ihren Gemeinschaftsraum.<< >>Aber Professor, ich-<< >>Sie brauchen ebenfalls etwas Ruhe! Jetzt können Sie eh nicht zu ihm.<< Victoria ließ sich von Professor McGonagall mitschleifen. Als sie am Ende des Flurs angekommen waren, drang aus dem Krankenflügel erneut ein lautes Krachen und das Rufen einer aufgebrachten Madam Pomfrey. Erschrocken sahen McGonagall und Victoria zuerst sich an und dann nochmal den Flur hinunter.
Im Gemeinschaftsraum angekommen, setzte sich Victoria kraftlos in einen der Sessel. Jetzt war schon lange keiner mehr hier. Alle schliefen und sie war vollkommen allein mit ihren Gedanken. Wie war es möglich, dass alle anderen die sie kannte, jetzt friedlich in ihren Betten schliefen? War es wirklich erst knapp eine Stunde her, dass sie noch mit ihren Freunden hier gesessen hatte und gefürchtet hatte in die Bücher zu sehen? Immer wieder wiederholten sich die Erlebnisse der Nacht in ihrem Kopf, dazu mischte sich Trelawneys heisere Stimme in ihrem Kopf.
Wieso hatte Snape sie gerettet? Er hasst sie! Wieder kam ihr das was sie vorhin in Dumbledores Büro belauscht hatte in den Sinn. Aber das konnte schlicht und ergreifend nicht war sein! Snape konnte nie im Leben ihr Vater sein! Das ergab alles keinen Sinn! Es war schlichtweg gelogen oder ein großes Missverständnis! Ja, so musste es sein. Ein großes Missverständnis.
Sie stand auf. Schlafen konnte sie eh nicht, selbst wenn sie gewollt hätte. Victoria verließ den Gemeinschaftsraum wieder und lief Ziellos durch das Schloss. Laut hallten ihre Schritte in den Gängen wieder. In dem Flur vor der Bibliothek begegnete sie dem fast Kopflosen Nick.
>>Hallo Nick.<< >>Victoria! Solltest du nicht in deinem Bett sein?<< >>Wahrscheinlich sollte ich das. Und was machen Sie hier, Sir Nicolas?<< fragte sie ihn und steckte ihre Hände in die Taschen ihrer kaputten und verdreckten Jeans.
>>Ach, ich streife nur so durch die Gänge und genieße die Ruhe der Nacht. Tagsüber ist hier immer so viel los. Und was ist mit dir, wenn du schon nicht schläfst?<< Victoria ertastete einen harten schweren Gegenstand in ihrer Hosentasche und zog den Kompass hervor. Die Nadel zeigte stur in die Richtung, aus der sie gerade gekommen war.
>>Planlos kreiselt unsere innere Kompassnadel umher, bis wir uns im Klaren darüber sind, wonach wir uns von Herzen sehnen. Manchmal schlägt die Nadel aus und wir wissen noch nicht was wir uns wünschen, aber dann müssen wir unserem Herzen vertrauen und der Kompassnadel folgen.<< schossen ihr auf einmal Dumbledores Worte wieder durch den Kopf. Der Kompassnadel folgen... Er hatte ihr damals gesagt was sie tun sollte, doch sie hatte seinen Hinweis nicht verstanden...
>>Victoria? Ist dir nicht gut?<< >>Hm? Es ist alles gut. Ich folge jetzt der Kompassnadel.<< sagte Victoria mit einer Sicherheit, von der sie selbst überrascht war.
>>Dann wünsche ich dir dabei viel Glück, aber sei vorsichtig. Dieser unerträgliche Filch streift zusammen mit seiner Floh verseuchten Kreatur von einer Katze durch den vierten Stock.<< mit diesen Worten schwebte Nick durch die Wand davon.
Victoria sah im hinterher und machte dann auf dem Absatz kehrt und lief den Gang zurück, den Blick immer auf die Kompassnadel gerichtet. Nach einigem hin und her, stand sie schließlich wieder vor der Tür des Krankenflügels, aus dem schon wieder gepolter zu hören war. Victoria war überhaupt nicht überrascht, dass der Kompass sie hier her geführt hatte. Viel mehr überraschte sie die Tatsache, dass sie eben nicht überrascht war, wieder vor dem Krankenflügel gelandet zu sein.
>>Sie wird morgen auch noch da sein! Wenn Sie sich schon nicht ausruhen wollen, dann lassen Sie wenigstens dem Kind ein wenig Ruhe. Meinen Sie nicht, dass sie heute Nacht schon genug durchgemacht hat?<< rief Madam Pomfrey.
>>UND JETZT NEHMEN SIE VERDAMMT NOCH MAL IHREN TRANK! Geht doch!!<<
Stille kehrte ein. Victoria öffnete die Tür einen Spalt breit und lugte herein. Sofort war Madam Pomfrey bei ihr und trat auf den Flur. >>Hatte ich mich nicht klar ausgedrückt? Ich muss mich hier um einen verwundeten kümmern und Sie brauchen auch etwas Schlaf!<<
>>Lassen Sie mich bitte zu ihm!<<
>>Nein! Er schläft endlich. Aber vorher musste er mir noch den ganzen Krankenflügel zerlegen!<< sagte Madam Pomfrey und ging wieder rein. Victoria stand hilflos draußen im Gang und starrte auf die Tür.
Nervös begann sie auf und ab zu schreiten. Irgendwann mussten sie sie da rein lassen und wenn sie die ganze restliche Nacht darauf warten müsste! Es war zum verrückt werden! Mit beiden Händen strich Victoria sich die Haare nach hinten und legte den Kopf in den Nacken.
Erneut wurde die Tür geöffnet. Zu ihrer großen Überraschung trat Lupin heraus. Scheinbar war der Mond bereits wieder untergegangen. Er sah, milde gesagt, furchtbar aus. Er hatte tiefe Schatten unter den Augen und sein mit grauen Strähnen durchzogenes Haar stand wirr vom Kopf ab. Über sein Gesicht, das unnatürlich blass war, zogen sich tiefe Kratzer, sein linker Arm steckte in einer Schlinge und er stütze sich auf einen Gehstock.
>>Professor! Was ist mit Ihnen passiert?!<<
>>Ich habe versucht Greyback vom Schloss wegzulocken und bin im Wald auf einer Lichtung mit ihm aneinander geraten. Ich kann dich beruhigen, er sieht jetzt wahrscheinlich schlimmer aus als ich. Ich kam wenigstens in den Genuss Ärztlicher Behandlung. Greyback ist geflohen. Bei dir alles okay?<< Stumm nickte sie und sah wieder zur Tür.
>>Sie haben mir- und ihm- das Leben gerettet... Danke. Ich weiß nicht, was ich mehr sagen soll. Danke, Professor.<< Lupin lächelte.
>>Lass das doch endlich mit dem Professor. Einfach Remus, ich bin schließlich dein Patenonkel!<< Victoria kniff die Lippen zusammen und schüttelte den Kopf.
>>Tut mir leid, aber das kann alles nicht wahr sein! Es ist nicht wahr. Ein Missverständnis. Anders kann es nicht sein...<< sagte sie mehr zu sich selbst als zu Lupin.
>>Ich bin mir nicht sicher, aber entweder glaubst du Severus einfach nicht oder du willst es nicht glauben.<< stellte Lupin fest und sah sie ihr nun direkt in die Augen. >>Victoria ich versichere dir, es ist die Wahrheit. Aber es ist nur verständlich, wenn du das von ihm selbst hören willst. Wenn du mich brauchst, du weißt wo du mich findest und sonst komm ich später eh nochmal hier vorbei.<< aufmunternd klopfte er ihr mit seiner gesunden Hand auf die Schulter und humpelte dann seiner Wege, wobei er sein rechtes Bein nachzog und der Stock jedesmal ein dumpfes plonk auf dem Boden machte. Victoria sah ihm hinterher bis er um die Ecke verschwunden war. Müde ließ sie sich an der Wand, gegenüber der Tür, auf den Boden gleiten und zog ihre Beine an sich heran. Victoria lehnte ihren Kopf an die kühle Mauer und schloss die Augen.
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Ohhhhh!!! 11.07.18 Platz 1 im Rang #halbblutprinz
Dankeschön! Auch für die fast 1000 reads! <3 :))
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