40. Die Nacht in der die Funken sprühen



Ein tiefes Knurren drang aus dem Dickicht. Victoria versuchte sich am Baum abzustützen und aufzustehen. In der Dunkelheit konnte sie kaum etwas erkennen.

>>Wer- wer ist da?<< rief sie in den Wald hinein, doch keine Antwort kam wieder heraus. Das Laub des Gebüschs raschelte, wieder ein Knacken.

>>Ich warne Sie! Ich bin bewaffnet!<< Victoria versuchte mutig zu klingen, aber ihre Stimme zitterte. Sie hob ihren Zauberstab und im nächsten Moment kam sie sich ziemlich blöd vor. Rein objektiv betrachtet, war das bloß ein Stück Holz...

Ein langgezogenes Heulen erschütterte den Wald. Victorias Atem beschleunigte sich und in ihrem Kopf rauschte das Blut. Aus dem Schatten der Bäume löste sich langsam der Schatten eines riesenhaften grauen Werwolfs. Er fletschte die Zähne und knurrte sie an. Victoria blieb wie erstarrt stehen.

Die Gelben Augen des Werwolfs stierten sie an und er kam langsam auf sie zu. Victoria musste da weg und zwar schnell. Vorsichtig löste sie sich vom Baum und machte kleine Schritte von ihm weg. Mit einem schnellen Ruck, trotz aller Risiken, drehte sie sich um und rannte los. So schnell sie konnte, rannte sie durch den dunklen Wald. In ihrer Lunge brannte es und ihr Knie schmerzte. Tief hängende Äste schlugen ihr ins Gesicht und zerkratzten ihr die Arme und das Gesicht, schützend hob sie die Arme. Hinter sich hörte sie die Äste knacken und das Hecheln des Werwolfs, der die Verfolgung aufgenommen hatte. Sie beschleunigte ihre Schritte, wenn sie jetzt stehen bleiben würde, wäre sie tot. In der Ferne sah Victoria, durch die Äste der Bäume, die Lichter des Schlosses aufleuchten. Sie musste nur noch die Baumgrenze erreichen, an der peitschenden Weide vorbei und den Hügel hoch, dann wäre sie in Sicherheit.

Oder ich führe ihn direkt in das Schloss... schoss es ihr durch den Kopf.

Victoria drehte ab und lief jetzt in Richtung der peitschenden Weide, weg vom Schloss und somit von allen die darin lebten.

>>Victoria!<< hörte sie jemanden laut nach ihr rufen. Victoria erschrak und wendete den Kopf plötzlich in die Richtung aus der die Stimme gekommen war. Sie strauchelte und stürzte, nur wenige Meter außerhalb des Waldes, zu Boden. Erneut heulte der Werwolf auf. Er kam näher. Sie rappelte sich irgendwie auf und lief einige Schritte rückwärts um den Werwolf nicht aus den Augen zulassen, bis sie mit dem Rücken an einen Baum stieß.

>>LAUF WEG! Victoria! Verschwinde sofort von da!<< ein Stück von ihr entfernt kam Snape mit wehendem schwarzen Umhang vom Schloss, den Hügel hinunter gerannt, er hatte den Werwolf nun ebenfalls entdeckt. Aber Victoria konnte sich nicht bewegen. Sie zitterte am ganzen Leib, während sie mit weit aufgerissenen Augen auf den Werwolf sah, der sich nun langsam vom Waldrand löste und auf sie zu kam. Vollkommen ahnungslos was sie jetzt tun sollte.

>>Stupor!<< der helle Blitz, den Snape im laufen abgefeuert hatte, verfehlte den Werwolf nur knapp. Der Werwolf schien unbeeindruckt und näherte sich Victoria immer mehr ohne sie auch nur für eine Sekunde aus den Augen zu lassen.

>>STUPOR! SECTUMSEMPRA!<< aber auch dieses mal verfehlte er. Mit seinen gelben Augen taxierte der Werwolf Victoria. >>LAUF, VICTORIA! Verdammt nochmal, LAUF!<<

Snape hatte sie erreicht und packte sie am Arm um sie mit sich fort in Sicherheit zu ziehen, doch Victoria konnte sich nicht rühren. Mit weit aufgerissenen Augen starrte sie über Snapes Schulter hinweg, wie der Werwolf seine Zähne fletschte und sich zum Sprung bereit aufrichtete. Snape warf einen Blick über die Schulter, auch ihm war das nicht entgangen. Der Werwolf richtete sich zu seiner vollen Größe auf und ließ ein lang gezogenes Heulen ertönen.

Severus Snape zog Victoria hinter sich und stellte sich somit schützend vor sie. >>Wage es nicht sie anzurühren, Greyback! Ich schwöre dir, ich bringe dich um!<<

Noch nie hatte Snapes Stimme so bedrohlich geklungen. Victoria zweifelte keine Sekunde daran, dass er den Werwolf auf der Stelle töten würde. Er breitete seine Arme wie einen Schutzschild vor ihr aus, aber der Werwolf setzte zum Sprung an. Er würde nicht von seiner Beute ablassen. Im Sprung riss er das Maul weit auf.

Danach ging alles sehr schnell.

Snape schubste Victoria aus dem Weg und sie stürzte zu Boden. Der Werwolf versenkte seine Messerscharfen Zähne in Snapes Schulter, dieser schrie vor Schmerz auf. Beide stürzten kämpfend zu Boden. Snape versuchte den Werwolf mit bloßen Händen abzuwehren, denn sein Zauberstab war beim Aufprall einige Meter weit weg geflogen. Mit seinen riesigen Pranken schlug der Werwolf immer wieder nach Snape aus und zerfetzte seinen Umhang und schlug ihm ziemlich heftige Wunden. Erneut biss der Werwolf zu, dieses Mal in Snapes Bein. Snape rief ihr währenddessen mit vor Schmerz verzerrtem Gesicht zu >>LAUF! BRING DICH IN SICHERHEIT! VERSCHWINDE!<< Aber Victoria, immer noch unfähig sich zu bewegen, starrte bloß auf das am Boden kämpfende Knäul aus Snape und dem Werwolf. Wie in Trance hob sie ihren Zauberstab und sagte >>Bombarda...<<

Ein hässliches Knacken war zu hören, Snape schrie auf und der Werwolf wurde von der Druckwelle erfasst und weggeschleudert. Knurrend und heulend rappelte er sich auf und wollte erneut zum Angriff ansetzen, als ein anderes langgezogenes Heulen aus dem Wald drang und über das ganze Schulgelände hallte. Der Werwolf hob den Kopf und schnupperte. Als der Werwolf scheinbar Witterung aufgenommen hatte, richtete er sich wieder zur vollen Größe auf und gab nun ebenfalls ein markerschütterndes Heulen von sich, ehe er in den Wald hineinrannte. Nach wenigen Momenten war der Werwolf im dichten Unterholz verschwunden. Victoria sah ihm wie betäubt hinterher.

Wenige Meter von ihr lag Snape immer noch am Boden und stöhnte auf. Victoria wurde aus ihrer Starre gerissen und war mit wenigen Schritten bei ihm. Sie ließ sich neben ihm auf den Boden fallen. Sein Umhang war an mehreren Stellen zerrissen und die Wunden bluteten stark. Besonders schlimm sahen die rechte Schulter und das Bein aus, dort wo der Wolf zugebissen hatte, aber auch seine linke Hand stand in einem unnatürlichen Winkel ab. Hilflos sah Victoria auf ihn herab.

Aus dem Wald kam ein Wolf herausgelaufen. Victoria hob ihren Zauberstab, da sie einen erneuten Angriff befürchtete. Doch das war nicht derselbe Werwolf wie vorhin.

>>Professor Lupin?<< rief sie überrascht. Der Werwolf nickte. >>Das waren Sie mit dem heulen!<< Der Wolf nickte erneut und deutete dann mit dem Kopf auf Snape und dann auf das Schloss. >>Er... er hat sich zwischen mich und den Werwolf gestellt!<< sagte Victoria fassungslos. Erneut deutete der Wolf auf das Schloss. >>Und was ist mit Ihnen?<< er deutete auf den Wald. >>Seien Sie vorsichtig.<< Lupin drehte sich um und lief zurück in den Wald.

Snape ächzte, seine Augenlieder flatterten und er drohte das Bewusstsein zu verlieren. >>Professor! Sie müssen wach bleiben! Ich kann Sie nicht alleine ins Schloss bringen! Ich brauche Ihre Hilfe.<<

Es schien als wolle er etwas sagen, seine Lippen zitterten doch Victoria konnte nichts verstehen. >>Was? Was haben Sie gesagt?<< sie beugte sich zu ihm hinunter um besser hören zu können. >>Ver... verzeih mir... mein... Kind...<< flüsterte Snape schwach. Das war das erste Mal, dass Severus Snape um etwas flehte. Victoria sah ihn wortlos und verblüfft an. Sie öffnete den Mund und wollte etwas sagen, aber Snape regte sich nicht mehr. Blut tropfte auf das Gras und glänzte schwarz im Mondlicht. >>Professor! Wachen Sie auf! Bitte!<< rief Victoria. Tränen liefen ihr über das dreckige Gesicht und hinterließen helle Spuren.

Das hatte sie nicht gewollt! Sie konnte nicht glauben, dass dieser Mann ihr Vater sein sollte, aber das er sich zwischen sie und den Werwolf stellte und damit sein eigenes Leben riskierte, hatte sie nicht gewollt! Wenn er nun starb?! Es war alles ihre Schuld! Sie war weggelaufen und hatte sich nicht mal anhören wollen was er zusagen hatte!

>>Bitte! Sie müssen aufstehen!<< doch Snape blieb reglos liegen. >>Nein, nein, nein! PROFESSOR!<< sie rüttelte ihn an seinen Schultern, aber das brachte nichts.Panisch sah sie sich um bis sie Snapes Zauberstab nur wenige Meter von sich auf dem Boden liegen sah.

>>Accio!<< Snapes Zauberstab flog in ihre Hand. Sie brauchte Hilfe! Wenn sie länger wartete, würde er verbluten oder schlimmeres. Victoria nahm ihren eigenen Zauberstab und schickte rote Funken in den Himmel. Irgendjemand im Schloss musste diesen Hilferuf doch sehen oder wenigstens das heulen gehört haben! Immer wieder sprühte sie hunderte von Funken in den Himmel, sodass der Himmel rot zu glühen schien.

>>... bis zu dem Tag an dem die Funken sprühen und der Mann den Mond besingt...<<

Unwirklich laut hallte die Stimme von Professor Trelawney in ihrem Kopf wieder, sodass sie das Gefühl hatte, die Stimme dröhne über das gesamte Gelände.

>>Bitte wachen Sie auf! Ich höre mir alles an, was Sie mir erklären wollen! Ich will nicht, dass Sie sterben! Haben Sie mich gehört? Ich will nicht, dass Sie sterben!<< Victoria hatte ihre Jacke ausgezogen und presste sie auf die Wunden, um die Blutungen zu stoppen.

>>Ich brauche Hilfe.<< sagte sie mehr zu sich selbst, als zu dem Bewusstlosen Snape. Durch den Tränenschleier konnte Victoria nicht sehen, wie Fawkes vom Schloss durch die Dunkelheit auf sie zugeflogen kam. Mit einem leisen aufschrei ließ der Schwanengroße Vogel neben ihr nieder. Hilflos sah sie den prachtvollen Phönix an.

>>Bitte... Lass ihn nicht sterben! Er darf nicht sterben...<< flehte sie ihn mit Tränen in den Augen an.

Fawkes sah von Victoria, die immer noch ihre Blutdurchtränkte Jacke auf seine Wunden drückte, zu Snape, dann hüpfte er näher und legte den Kopf schief. Eine einzelne Träne tropfte auf Snapes Schulter, dann flatterte er zu Snapes Bein und ließ wieder eine Träne in die Wunde fallen. >>Dankeschön...<< wisperte Victoria. Der Phönix neigte majestätisch seinen Kopf und verschwand Sekunden darauf in einer hellen Stichflamme. Victoria sah auf die Stelle wo der prachtvolle Phönix verschwunden war, aber dort lag nur noch eine lange rot goldene Feder. Ehrfürchtig nahm sie sie in die Hand und erst dann bemerkte sie, wie zwei Gestalten vom Schloss den Hügel hinuntergerannt kamen.







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