39. Die Nacht in der der Mann den Mond besingt
Als Victoria zum Wasserspeier kam, war der Weg zu Dumbledores Büro, überraschenderweise frei. Eilig rannte sie mit den Büchern im Arm die Treppen herauf und nahm immer zwei Stufen auf einmal. Außer Atem blieb sie vor der Tür stehen. Sie hatte schon die Hand zum anklopfen gehoben, als sie plötzlich in der Bewegung inne hielt.
Die Tür war nur angelehnt und aus dem Büro drangen aufgebrachte Stimmen. Es waren die Stimmen der Professoren Lupin, McGonagall und Snape die eine hitzige Diskussion führten. Victoria schob die Tür ein Stück weit auf und sah durch den Spalt. Eine aufgeregte Professor McGonagall rief gerade >>Jetzt ist aber Schluss! Severus! Sie dürfen ihr das einfach nicht länger vorenthalten! Sie sehen doch wie sie leidet!<<
>>Minerva ich stimme Ihnen vollkommen zu-<<
>>Remus, ich danke Ihnen!<<
>>-aber er muss selbst wissen, wann er es ihr sagt. Ich für meinen Teil, werde mir das nicht mehr länger mit ansehen. Sie ist meine Patentochter, ich bin ebenfalls für sie verantwortlich und kann deshalb nicht zulassen, dass sie zerbricht! Es wird dir nicht gefallen Severus, aber ich habe Victoria unsere alten Jahrbücher gegeben.<<
>>DUHAST WAS?!<<
>>Sie verdient die Wahrheit und das weißt du! Ihre Verwandtschaft zu Lily wird sie ja wohl kaum übersehen können und-<<
>>Ich werde es ihr nicht sagen! Sie ist besser ohne mich dran.<< unterbrach er Lupin.
>>Severus, begreifen Sie denn nicht? Das Kind braucht ihren Vater! Ihren echten Vater!<< warf McGonagall wieder aufgeregt ein. >> Sie hat eine Familie die sie liebt. Ich- ich kann nicht...<< zum allerersten Mal klang Snape so richtig verzweifelt.
>>Hatte! Sie hatte eine Familie! Und wieso können Sie es ihr nicht sagen?!<< schrie Professor McGonagall ihn an. >>Weil er sie zu sehr liebt.<< sagte Dumbledore, der bis jetzt noch nichts gesagt hatte, ruhig. >>Stimmt doch?<< Snape antwortete nicht.
>>Ich habe mit den Herren Weasleys gesprochen. Sie isst nicht, sie redet nicht und sie schläft nicht, schon seit Wochen nicht mehr! Die beiden sagten, sie sei bloß noch am lernen für die ZAGs, um sich irgendwie abzulenken. Sie zieht sich immer weiter von ihren Freunden zurück und kapselt sich ab. Ihre Freunde machen sich große Sorgen um sie. Ich wurde auch bereits von mehreren ihrer Lehrer angesprochen, die ebenfalls angefangen haben sich Sorgen um sie zumachen. Victorias Beteiligung im Unterricht geht gegen null. Das dürfte selbst Ihnen aufgefallen sein, bei Victorias Talent und Kenntnissen im Fach Zaubertränke.<< fügte McGonagall spitz hinzu.
>>So kann das doch nicht weitergehen! Was denken Sie, wie lange wird das Kind das noch aushalten? Ich bitte Sie! Ich verstehe nicht warum es Ihnen so schwer fällt! Sie können sich doch nicht wirklich mit ansehen wollen wie sie leidet!<< sagte sie nun wieder mit erstickter Stimme.
>>Wenn sie davon erfährt wird sie mich hassen, weil ich, ich bin und nicht dazu geeignet Kinder groß zu ziehen.<<
>>Das ist doch komplett irrational sie irrsinnig inkompetenter Idiot!<< schrie Professor McGonagall, ihr Gesicht war rot und vor Zorn ganz verzerrt.
>>Eine treffend beschreibende Alliteration, Minerva. Aber es bleibt dabei.<< sagte Snape kraftlos und rieb sich müde übers Gesicht. Eine Bewegung, die man bei ihm nie sah und die unter anderen Umständen bestimmt beängstigend gewesen wäre, denn so müde und kraftlos zeigte sich Snape absolut niemandem.
>>Wie können Sie! Es geht hier um Ihre Tochter!<< Tränen strömten über Professor McGonagalls Gesicht. >>Minerva glauben Sie mir, ich könnte ihr nie der Vater sein den sie verdient und der ich gern für sie sein würde. Wenn sie es jemals erfahren sollte, wird sie mich hassen, es ist besser wenn sie es schon vorher tut... Sie muss mich einfach hassen, in den letzten Jahren war ich so abscheulich zu ihr wie zu sonst keinem.<<
Professor McGonagall hustete und es klang ganz danach, als habe sie dazwischen Harry Potter gehüstelt.
>>Sie kennen mein Problem mit Potter. James Potter wurde wenigstens ein Jahr mit seinem Sohn und Lily geschenkt, aber mir kein einziger Tag!<<
Snape wollte sich zum gehen wenden, wurde aber von Lupin aufgehalten, der ihn am Arm packte und ruhig sagte. >>Du täuschst dich, sie hasst dich nicht. Vor wenigen Wochen, nachdem sie ins Eis einbrach, sagte sie zu mir, dass sie dich sogar für einen hervorragenden Lehrer hält. Hatte sie dir das nicht Anfang des Schuljahrs sogar noch selbst gesagt? Bei der ganzen Sache mit dem Duell? Sie wird dich nie hassen, Severus.<< Snape sah auf. >>Weißt du was sie zu mir über dich sagte? Sie sagte, du tust bloß so, als habest du kein Herz damit dich keiner mehr verletzt, weil du schon einmal verletzt wurdest. Victoria hat dich vollkommen durchschaut. Sie ist Lilys Tochter und vor allem ist sie deine Tochter! Willst du wirklich mit ansehen wie einer der letzten Teile von Lilys Seele, der in Victoria lebt, stirbt? Beantworte mir eine Frage Severus, hast du deine Tochter je geliebt?<<
>>Wenn ich Victoria sehe, sehe ich nicht wie meine Augen mich aus dem Gesicht von Lily ansehen, sondern ich sehe in Victoria meine Tochter. Sie besitzt so viele Eigenschaften die Lily auch hatte. Aber immer wieder entdecke ich, wie viel sie von mir in sich trägt, vielleicht sogar mehr als von Lily. Sie bleibt meine Tochter, auch wenn ich alles verpasst habe als sie aufwuchs. Nicht mich nannte sie Dad, nicht ich war dabei als sie ihre ersten Schritte tat, oder als sie ihr erstes Wort sagte. Ich glaubte nie wieder lieben zu können. Mein Herz starb damals mit Lily, aber es wurde mit Victoria neu geboren. Sie brachte es mir zurück.<<
>>Das beantwortet nicht meine Frage. Liebst du deine Tochter?<< eindringlich sah Lupin Snape an.
>>Ich habe meine Tochter immer geliebt. Mehr als Worte es je beschreiben könnten. Mehr als alles andere. Mehr als-<< Snape stockte und eine Stille trat ein.
>>Mehr als Lily.<<
Im Büro war es ganz still geworden, niemand sprach ein Wort. Professor McGonagall tupfte sich mit einem Spitzentaschentuch die Augen und schnäuzte sich leise. Lupin stand da und hielt Snape immer noch am Arm fest.
>>Wie ein Phönix aus der Asche...<< sagte Dumbledore fast flüsternd und lächelte wissend. Fawkes begann eine sanfte Melodie zu singen, die die ganze Szene noch einmal unterstrich und die unmöglich zu beschreiben war, denn jeder hörte und spürte sie für sich anders.
>>Ich bitte euch. Victoria darf nie erfahren, dass ich ihr Vater bin. Es ist besser so... für alle. Vor allem für Victoria. Ich will nicht,dass sie noch mehr zu leiden hat.<<
Victoria hatte die ganze Unterhaltung über still hinter der Tür gestanden.Das konnte nicht war sein! Das durfte nicht war sein! Ihre Arme waren unter der Last der Bücher schwer geworden und sie ließ sie fallen.Krachend fielen sie zu Boden.
Victoria riss die Tür auf und alle Köpfe drehten sich zu ihr herum.Stocksteif stand sie da. >>Das ist nicht wahr.<< Die Lehrer schwiegen.
>>DAS IST NICHT WAHR! Das – ist – eine –Lüge!<< schrie sie nun und schüttelte den Kopf.
>>Victoria, ich-<< setzte Snape zu einem Erklärungsversuch an, verstummte aber als er sah wie sie ihn anblickte.
Victoria machte auf dem Absatz kehrt und rannte halsüberkopf die Treppen hinunter. >>Victoria! Warte!<< schrie Snape ihr hinterher, doch sie blieb nicht stehen. Victoria rannte durch die verlassenen Flure des Schlosses. Keiner war mehr draußen, alle waren in ihren Gemeinschaftsräumen oder ihren Schlafsälen. Auf der großen Treppe geriet Victoria mehrfach ins straucheln. Schon im laufen, zog sie ihren Zauberstab und richtete ihn auf die großen Eingangsportale die krachend aufflogen. Für einen Moment blieb sie an den geöffneten Toren stehen. Von oben hallten Schritte.
>>Bitte warte! Du musst mir zuhören! Ich wollte nicht-<< am Treppen Ansatz erschien Snape mit wehendem schwarzen Umhang. Victoria drehte sich um und rannte in die Nacht hinein aus dem Schloss, den Hügel hinunter in Richtung des verbotenen Waldes.
Es war eine Lüge! Es konnte nicht wahr sein! Unmöglich! Als sie an der peitschenden Weide vorbeikam war ihr Gesicht so tränen überströmt, dass sie kaum noch sah wo sie hin trat.
Ohne langsamer zu werden lief sie in den Wald. Immer tiefer, bis absolute Dunkelheit sie umgab. Nur wenig Licht des Vollmonds drang durch das dichte Laub Dach. Nach einigen hundert Metern rutschte Victoria auf einer feuchten Wurzel aus und stürzte. Vor Schmerz schrie sie auf. Ihre Jeans war am Knie zerrissen und ihr Knie blutete. Außer atem stützte sie sich am Stamm eines Baumes ab. Im Unterholz knackte es. Panisch sah sie sich um, fast erwartete sie schon, dass Snape hinter einem der Bäume auftauchen würde.
>>Haben Sie nicht verstanden? Ich will Sie nicht sehen! Sie sind ein Lügner!<< Erneut knackte es. Das, was sich durch das Unterholz langsam auf sie zu bewegte, war nicht Professor Snape. Das war etwas anderes. Etwas Großes.
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