36. Einbruch in Snapes Büro


Victoria blieb an diesem Abend noch lange im Gemeinschaftsraum sitzen, bis irgendwann um ein Uhr nachts, auch die letzten Schüler ins Bett gegangen waren.

Zornig hatte sie auch beobachtet wie Fred und George die steinernen Treppen in ihren Schlafsaal hinaufgestiegen waren. Sie hatte vorher ein letztes mal versucht sie noch von ihrem Plan abzubringen, doch sie hatte nur giftig geantwortet

>>Ich bleib dabei! Nichts was ihr sagt könnte mich davon abbringen!<<

Und so saß sie jetzt in ihrem Lieblings Sessel direkt am Fenster und wartete darauf, dass sie die Türen der Schlafsäle zu gehen hörte. Über ihren Pyjama hatte sie sich ihren dunklen Kapuzenpullover mit dem Schulwappen angezogen und die Kapuze tief ins Gesicht gezogen, ihr Medaillon trug sie offen auf dem Pullover. Heute Nacht brauchte sie es einfach, damit sie immer einen Blick drauf werfen konnte. Die Glut im Kamin glühte noch schwach. Die Gespräche die von oben herunter drangen verstummten langsam.

Bewaffnet mit ihrem Zauberstab verließ Victoria den Gemeinschaftsraum.

Jetzt, oder nie. Leise schlich sie sich die dunklen Gänge entlang. Kein Ton war zu hören und zu sehen war auch niemand. Plötzlich stand Mrs Norris, die staubgraue Katze von Filch, in einem der dunklen Flure vor ihr und sah sie mit ihren leuchtend roten Augen an. Als sie Victoria erblickte setzte sie sich auf ihr dürres Hinterteil und ließ sie nicht aus den Augen.

>>Gutes Kätzchen. Liebes Kätzchen, du verrätst mich doch nicht?<< langsam ging Victoria rückwärts und hob beschwichtigend die Hände. Aber Mrs Norris maunzte, stand auf und kam näher. Schon waren vom anderen Ende des Ganges die schlurfenden Schritte von Filch, dem Hausmeister, zu hören. >>Wo bist du denn meine Süße?<<

Panisch lief Victoria denselben Weg wieder zurück den sie gerade gekommen war. An einer Gabelung wusste sie nicht mehr aus welchem Gang sie gekommen war und sah sich nervös um, während Filchs Schritte immer näher kamen.

>>Na meine süße? Wen von diesen aufmüpfigen Bengeln hast du entdeckt? Wer schleicht sich hier herum? Ach wenn ich doch endlich Daumenschrauben verwenden dürfte... Oder wenigstens diese Bengel an den Knöcheln an der Decke baumeln lassen ...<< seine Stimme hatte diesen kranken verträumten Klang angenommen und, was wesentlich schlimmer war, kam immer näher.

Panisch sah Victoria sich um, als sie plötzlich von hinten gepackt und in eins der leeren Klassenzimmer gezogen wurde. Als sie schreien wollte wurde ihr eine Hand auf den Mund gedrückt. >>Sch! Oder willst du, dass der alte Dreckssack uns hier findet?<<

>>Ihr!<< sie riss sich los.

>>Höchst persönlich beehren wir dich mit unserer Anwesenheit. Immer bereit eine Jungfrau in Nöten zu retten.<< Fred und George verbeugten sich wie zwei Gentlemen. Skeptisch zog Victoria eine Augenbraue hoch.

>>Ach! Jetzt auf einmal? Vor ein paar Stunden, klang das aber noch ganz anders!<<

>>Denkst du wirklich, wir lassen dich den ganzen Spaß alleine haben? Sei froh, ohne uns wärst du jetzt Katzenfutter.<< George trat an die Tür und spähte heraus.

>>Filch und der Floh Sack sind weg.<< Immer noch beleidigt sah Victoria die beiden an. >>Schon gut, wir verstehen, dass du sauer bist. Es tut uns leid.<< Wütend funkelte sie die beiden an.

>>Du steigerst dich da in etwas rein, Victoria. Das ist keine gute Idee, Victoria. Was machst du wenn deine Eltern Muggel sind, Victoria? Snape bringt uns um!<< äffte sie die beiden nach.

>>Wir haben dir doch schon gesagt das es uns leid tut! Du hattest recht, ein Versuch ist es wert. Und wer weiß? Vielleicht finden wir am Ende ja doch etwas... Also, Frieden? Und hör gefälligst auf uns so anzusehen! Das macht einem Angst!<<

>>Ihr Vollidioten!<< rief sie immer noch leicht eingeschnappt und warf sich die langen dunkelroten Haare über die Schulter. >>Das nehmen wir dann mal als ja. Seit wann bist du denn so zickig? Also los geht's.<<

>>Zickig? Was soll das denn heißen?!<< rief sie empört doch die Jungs grinsten bloß.

Auf leisen Sohlen verließen die drei den Klassenraum und machten sich auf den Weg zu Snapes Büro. Zweimal noch mussten sie Filch ausweichen, bevor sie über Umwege endlich vor der schweren Holztür zu Snapes Büro standen.

>>Alohomora<< Aber die Tür sprang nicht auf. >>Mist, ich muss gestern die Tür offen gelassen haben, als ich weg bin. Snape hat die Tür wahrscheinlich mit ein paar extra Zauberbannen verstärkt.<< Fred ging auf die Knie und zog ein kleines braunes Ledermäppchen aus der Tasche seines Pullovers.

>>Hat Dad uns zum Geburtstag geschenkt. Natürlich weiß Mom von nichts, die würde toben. Und ich glaube Dad bereut das auch schon so langsam. Die Muggel nennen das Dietriche. Damit können sie verschlossene Türen öffnen, auch ohne Schlüssel.<< Ein leises klicken und sie konnten die Tür öffnen.

>>Wenn ihr wüsstet, wie sehr ich diesen Trick während der Weihnachtsferien gebraucht habe!<< Mit einem leisen knarzen schoben sie die Tür auf. Das Büro war leer, aber die Schreibtischlampe brannte noch. >>Wo sind die Bücher?<< >>Oberste Schreibtischschublade auf der linken Seite.<< >>Verschlossen. Und jetzt?<< >>Alohomora<< versuchte Victoria es erneut. Die Schublade sprang auf, doch sie war leer.

>>Ich versteh das nicht! Gestern waren die noch da drin!<< verzweifelt wischte sich Victoria eine Haarsträhne aus dem Gesicht. >>Georgie, kommt dir nicht was seltsam vor?<< fragte Fred >>Wieso brennt hier eigentlich noch das Licht, obwohl keiner da ist? Haltet ihr Snape für so dumm, zu vergessen das Licht auszumachen? Könnte das womöglich eine-<< Sie blickten einander an.

>>Raus hier.<< sagte Victoria tonlos. Sie packten ihre Zauberstäbe und stürzten zur Tür. Krachend liefen die drei Snape direkt in die Arme.

>>Aha, wusste ich es doch! Die beiden Herren Weasley, hätte ich mir ja eigentlich denken können. Und Miss Young... Welch – Überraschung. Brechen wir hier etwa nachts in mein Büro ein?<< sagte er aalglatt. Snapes Gesicht sah auf sie im schwachen Licht ihrer Zauberstäbe herab, was seine Gesichtszüge scharf hervorstechen ließ. Seine schwarzen Haare hingen ihm in Strähnen ins Gesicht und seine schwarzen Augen funkelten die drei zornig an. Geschockt sahen sie ihn an und auf einmal hatte Victoria ein seltsames Dejá vu. Es war ihr als hätte sie diese Szene so, oder so ähnlich schon mal durchlebt, aber irgendwie anders.

>>Professor, ich-<< setzte sie zum Erklärungsversuch an. >>Mund halten, Young! Mitkommen auf der Stelle! Mal sehen was Professor McGonagall dazu sagt. Sie können von Glück reden, das ich sie alle drei nicht Augenblicklich zum Schulleiter bringe.<<


Wütend lief Professor McGonagall, im Schottengemusterten Morgenmantel, in ihrem Büro auf und ab. >>Was haben sie drei sich eigentlich dabei gedacht? Mitten in der Nacht in das Büro eines Lehrers einzubrechen, obwohl sie doch eigentlich in ihren Schlafsälen sein sollten!<< >>Dazu kommt, dass es wahrscheinlich nicht das erstemal war. Schon letzte Nacht bemerkte ich, wie jemand mein Büro durchwühlt zu haben schien.<< sagte Snape ruhig.

>>Also? Erklären sie mir das!<< Wütend sah Professor McGonagall die drei an.

>>Professor McGonagall, wir-<< legte George schon an, wurde aber von Victoria unterbrochen. >>Professor, ich war es!<< Victoria trat einen Schritt vor ihre Freunde. >>Auch gestern. Fred und George wollten nichts damit zu tun haben. Ich hab sie dazu überredet. Es ist meine Schuld! Sie haben mehrfach versucht mich aufzuhalten, aber ich hab nicht gehört. Sie haben mich die ganze Zeit versucht davon abzubringen!<<

>>Das ist gelogen! Wir wollten ihr hel-<<

>>Seien Sie still Mr Weasley!<< unterbrach Snape George kalt. >>Was wollten Sie aus meinem Büro entwenden?!<< wandte er sich nun an Victoria. >>Gar nichts! Also nicht direkt. Ich wollte bloß an die Jahrbücher.<<

>>Jahrbücher? Welche Jahrbücher?<< fragte Professor McGonagall verblüfft und sah Victoria fragend an.

>>Die, des Jahrgangs zwischen 1971 und 1978. Ich habe alle anderen Bücher schon durchgesehen, in der Hoffnung vielleicht Bilder von meinen leiblichen Eltern aus Schulzeiten zu finden oder einem von ihnen ähnlich zusehen. Vielleicht sind sie auch Zauberer und waren hier auf Hogwarts!<< McGonagall warf Snape einen schwer zu deutenden Blick von der Seite zu, der das jedoch nicht bemerkt zu haben schien.

>>Die Bücher dieser sieben Jahre habe ich in der Bibliothek allerdings nicht gefunden, als ich in dort danach suchte und mein Kompass zeigte mir, sie seien in Professor Snapes Büro.<< Stöhnend ließ Professor McGonagall sich auf ihren Stuhl fallen und massierte sich die Nasenwurzel. >>Severus, ich kümmere mich hierum allein. Sie können gehen, wenn Sie wollen.<< Snape warf einen angewiderten Blick auf Victoria, Fred und George, verließ dann aber wortlos den Raum. >>Und Sie beide auch, Wasleys. Ich möchte mit Victoria allein sprechen.<<

>>Professor wir-<<

>>Ich sagte sie sollen gehen.<< zögerlich verließen die beiden den Raum und warfen Victoria an der Tür nochmal einen letzten besorgten Blick zu. Professor McGonagall zog aus ihrem Schreibtisch eine Dose mit Keksen und stellte sie zwischen sich und Victoria.

>>Nehmen Sie sich einen Keks.<< >>Einen- Was?<< >>Nehmen Sie sich einen Keks und setzen Sie sich!<< zögernd griff Victoria nach einem der Kekse. >>Victoria, ich verstehe Ihre momentane Lage vollkommen. Das diese ganze Sache schwer für Sie ist, ist nur verständlich. Aber Sie können doch nicht einfach in das Büro eines Lehrers einbrechen!<< sagte McGonagall schockiert. Victoria knabberte an ihrem Zitronenplätzchen.

>>Ich weiß, aber ich wusste mir nicht anders zu helfen. Ich brauche Gewissheit! Ich muss wissen wer meine Eltern sind! Vielleicht waren sie auch hier auf Hogwarts. Professor, Sie unterrichten hier schon seit Jahren! Können Sie mir vielleicht sagen wer aus diesem Jahrgang infrage kommen könnte?<< McGonagall atmete tief durch. >>Tut mir leid, das kann ich nicht...<< >>Oh... Aber erkennen Sie das vielleicht wieder?<< Victoria nahm ihr Medaillon ab. >>Haben Sie es vielleicht schon mal bei jemanden gesehen?<<

>>Victoria, Sie scheinen vergessen zuhaben, wieso Sie hier sitzen.<< sagte Professor McGonagall beschwörend. >>Sie sind vorsätzlich in das Büro eines Lehrers eingebrochen! Ich kann das nicht unbestraft lassen. Hundert Punkte Abzug für Gryffindor.<<

>>Aber Professor!<< >>Die Herren Weasley werde ich morgen noch sprechen, weil sie Ihnen geholfen haben. Sie können von Glück reden, dass das nicht noch mehr Konsequenzen gibt. Aber wenn Sie noch einmal nachts außerhalb des Bettes erwischt werden, riskieren Sie einen Rauswurf. Haben Sie das verstanden?<<

>>Ja, Professor McGonagall... Es tut mir leid.<<

>>Ich versteh es ja, glauben Sie mir. Aber Sie haben gegen die Schulordnung verstoßen. Ich darf das nicht ignorieren. Sie wissen gar nicht, wie gern ich Ihnen helfen würde wenn ich dürfte... Sie haben mein vollstes Mitgefühl, aber jetzt gehen Sie zu Bett.<< sagte Professor McGonagall nun wesentlich sanfter und sah sie traurig an.

Victoria nickte schwach und verließ das Büro. Draußen auf dem Flur nahm sie ihr Medaillon in die Faust. Es fühlte sich so an, als sei es das einzige was ihr noch geblieben sei, auch wenn sie nicht wusste woher es kam. Ein schrecklicher Gedanke durchzuckte sie. Was wenn das Medaillon nie ihrer leiblichen Mutter gehört hatte und es einfach von irgendjemanden als Geburtstagsgeschenk auf ihren Nachttisch gelegt wurde?

Bald, mein Gänseblümchen

Erschien der Schriftzug auf der Rückseite wieder. Gänseblümchen... So hatte auch die Stimme ihrer Mutter sie genannt... Niedergeschlagen machte Victoria sich wieder auf den Weg in den Schlafsaal.


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