Wer ist das?
"Hey..."
Das Wort klang undeutlich und schwach, wie in einem gerade verblassenden Traum.
Sanft wiegt sich mein Körper hin und her, als dieser von einer Hand an meiner Schulter bewegt wird.
Ich hatte Schwierigkeiten Realität von Traum zu Unterscheiden. Ich war noch so müde und seit Tagen nicht mehr wirklich fit.
Drei Tage hatten wir jetzt schon ohne Essen ausharren müssen. Mein Bauch schrie nach Nahrung und schmerzte vor Hunger. Es war ein Wunder, dass ich nachts überhaupt zur Ruhe kommen konnte.
"Hey, du Schlafmütze, aufwachen"
Die Stimme wurde klarer. Sie stammte eindeutig aus der Realität von jemandem direkt neben mir.
Die Hand auf meiner Schulter ließ diese los und wanderte zu meinem Kopf. Sanft strich sie über meine Wange und eine Haarsträhne, die ich auf meinem Gesicht spürte, zur Seite.
Ich musste lächeln, ich mochte das Gefühl. Die Augen hielt ich aber wegen dem Licht im Raum noch geschlossen.
"Na also, du bist wach", sagte Minho und lachte kurz leise.
Ich überredete mich dazu die Augen zu öffnen. Das erste was ich sah, war die helle Wand vor mir.
Ich drehte den Kopf und sah Minho auf der Bettkante sitzen.
"Du bist aber noch ziemlich verschlafen", sagte er lächelnd.
"Ich bin ja auch erst seit drei Sekunden wach", erwiderte ich, rieb mir die Augen und versuchte mich aufzusetzen. Minho saß mit dem Oberkörper nach vorne gelehnt da, da das obere Bett so niedrig gelegt war, dass er nicht mehr darunter passte, für mich war es gerade noch hoch genug.
"Hier", meinte Minho und warf mir etwas kleines, rundes zu. "Frühstück"
Verwirrt sah ich ihn an. Wie Frühstück? Hatten wir etwa wieder etwas zu Essen?
Und tatsächlich, das Rundliche, das mir Minho zugeworfen hatte, war ein Apfel.
"Wo hast du den her?", fragte ich erstaunt, hob den Apfel vom Bett auf und biss genüßlich rein. Dieses Gefühl nach drei Tagen hungern, endlich wieder etwas zwischen den Zähnen zu haben, unbeschreiblich.
"Draußen vom Aufenthaltsraum. Dort gibt's noch mehr Obst und Gemüse und anderes Zeug. Das war alles plötzlich da. Als die ersten aufgewa-"
"Jaja, später. Ich muss mich da jetzt konzentrieren", unterbrach ich Minho mit vollem Mund und deutete auf die rote Frucht in meinen Händen.
"Okay", lachte Minho und stand auf.
Ich sah, dass er noch einen zweiten Apfel in den Händen hielt.
"Ich weck mal Thomas auf. Ihr beide habt am längsten geschlafen. - Liegt wohl in der Familie...", meinte Minho und lächelte.
"Haha", sagte ich, stand ebenfalls auf und ging schnellen Schrittes nach draußen Richtung Lebensmittel.
Auf den Bänken und auch auf dem Boden saßen überall Jungs verteilt mit Essensbergen vor oder neben sich.
Auf einem der Tische lag ein großer Haufen aus Obst, Gemüse und diversen Tüten und Dosen zu einer unförmigen Pyramide aufgestapelt.
Bei dem Anblick lief mir das Wasser im Mund zusammen, also bahnte ich mir einen Weg zum Paradis quer durch die am Boden verteilten Lichter.
Soviel wie ich in meinen Armen tragen konnte lud ich an weiterem Obst, Tüten und Dosen auf.
"Pass auf, du triffst mich noch", hörte ich Newt sagen nachdem mir ein paar Äpfel und Orangen aus den Händen gefallen waren.
Er saß fast neben dem Vorrat im Schneidersitz auf dem Boden und sah abwechselnd von den Früchten neben sich zu mir.
"'Tschuldigung", sagte ich und setzte mich neben ihn.
"Minho und Tommy sind noch drinnen?", wollte Newt wissen und nickte zur Tür, von der ich gekommen war.
"Ja, müssten aber auch bald kommen", sagte ich und öffnete eine Dose mit Suppe.
Plötzlich war ein würgendes Geräusch zu hören. Die Lichter schauten sich suchend nach dem Ursprung des Geräusches um. Ein weiteres Mal ertönte das Würgen, gefolgt von dem aufklatschen einer Flüssigkeit am Boden.
Mir war sofort klar, um was es sich handelte und konnte auch die Quelle ausfindig machen.
Ein Lichter saß mit dem Rücken zu uns, das Gesicht in eine Ecke gewandt, da und musste brechen.
"Leute, was hat Minho extra gesagt?", rief Newt ernst. "Ihr sollt nicht so viel auf einmal essen. Sonst ergeht's euch wie ihm hier"
Ich wandte mich wieder von dem kotzenden Jungen ab und wollte mich wieder meinem Frühstück widmen, als mir plötzlich an der Wand gegenüber des Schlafraums ein großer weißer Fleck auffiel.
Der Fleck stellte sich als Anzug heraus, ein schneeweißer Anzug, getragen von einem ebenso blassen Mann, der hinter einem Schreibtisch saß und in einem Buch las.
"Hey, Newt, sag mir, dass ich träume", meinte ich und sah zu ihm.
"Du träumst", antwortete er schlicht.
"Nein, du Strunk", sagte ich lachend. "Ich meine, ob der da vorne schon immer da war. Und wer ist das?"
"Tja, wir wissen selbst nicht, wer er ist. Er hat noch nicht mit uns geredet. Sitzt seit heute Morgen schon da und liest in seinem bescheuerten Buch, als ob wir gar nicht da wären"
"Also wenn du mich fragst, sieht der aus wie 'ne Ratte.", meinte ich und musterte den Mann.
"Ja, finden wir auch", lachte Newt.
"Aber hat der gar nichts gesagt? Nicht mal aufgesehen oder sowas?", fragte ich ungläubig.
"Soweit ich weiß, nein. Aber warten wir ab, vielleicht redet er ja noch..."
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