Griewer
Gelangweilt begann ich mit einem herumliegenden Stück Holz etwas in die Erde zu zeichnen.
Inzwischen war es bereits später Nachmittag, Newt hatte am Vortag beschlossen, dass, seitdem Alby die Spritze bekommen hatte, er rund um die Uhr bewacht werden sollte.
Er war deutlich ruhiger als gestern, stöhnte kaum noch und schlief viel, bestätigten auch die anderen, die zur Wache eingeteilt worden waren.
Gelegentlich versuchte ich Alby so gut es ging etwas zu trinken zu geben, aber die meiste Zeit saß ich einfach nur neben ihm und wartete, dass die Zeit verging.
Vorhin hörte ich etwas, das so klang als würden sich Unmengen an Wänden im Labyrinth auf einmal verschieben, was ungewöhnlich war, da sich die Mauern für gewöhnlich nur nachts veränderten.
Plötzlich hörte ich wie jemand die Sanihütte betrat und auf mich zukam.
"Newt sagt, ich soll dich ablösen"
Teresa stand vor mir und lächelte mild.
"Mir soll's recht sein, ich sitze jetzt schon den halben Nachmittag hier.", sagte ich und stand auf. "Alby schläft. Wenn's Probleme gibt, melde dich einfach", fügte ich hinzu.
"Ja, mach ich", sagte Teresa.
Ich verließ die Sanihütte und verschaffte mir erstmal einen Überblick.
Die Sonne stand schon eher tief, ein Großteil der Lichtung lag bereits im Schatten der hohen Mauern. Bald würden sich die Tore wieder schließen, Thomas und Minho müssten jeden Moment zurück kommen.
Vor dem Spalt in der Mauer, hinter dem das Labyrinth lag, hatte sich bereits eine kleine Gruppe von neugierigen Lichtern gebildet, die als erstes die Neuigkeiten aus dem Labyrinth erfahren wollten.
Ich stellte mich zu ihnen, in dem Moment in dem die beiden Läufer gerade in den Weg zur Lichtung einbogen und auf uns zuliefen.
"Was ist da draußen schon wieder los, Thomas?", fragte Newt gleich, wegen dem Lärm von vorhin.
"Wir haben was gefunden", antwortete Thomas. "Einen neuen Durchgang. Wir glauben, es ist ein Ausgang."
"Ja, wir haben ein Tor geöffnet, das ich noch nie gesehen hab", setzte Minho fort. "Ich glaub die Griewer halten sich dort tagsüber auf."
"Wartet, soll das etwa heißen ihr habt das Nest der Griewer gefunden? Und ihr glaubt, dort kommen wir raus?", fragte Chuck.
"Wo sie reinkommen, könnten wir rauskommen, Chuck, einen Versuch ist es wert.", meinte Thomas.
"Oder wir könnten von einem Dutzend Griewern angegriffen werden!", mischte Gally sich ein. "Thomas weiß mal wieder nicht was er tut, wie sonst auch!"
Thomas drehte sich zu Gally um. "Aber im Gegensatz zu dir tu ich was, Gally, und verstecke mich nicht hinter diesen Mauern!", fuhr er ihn an.
"Ich sag dir mal was, Frischling, du bist seit drei Wochen hier, ich seit drei Jahren, kapiert?!", gab Gally zurück.
"Und siehe da, du bist immer noch hier! Ich weiß nicht, ob du für den Rest deines Lebens hier drinnen eingeschlossen sein willst, aber ich hab's jetzt schon satt und deshalb -" "Hey! Jungs!"
Thomas wurde von Teresa unterbrochen, die zu uns gekommen war. "Es geht um Alby. Er ist aufgewacht."
"Wirklich?", fragte Newt und begann in Richtung Sanihütte zu gehen, Thomas und Minho folgten ihm und gemeinsam mit Teresa liefen sie zur Hütte.
Die restliche Gruppe zerstreute sich wieder, ich blieb noch vor dem offenen Tor stehen. Inzwischen war die Lichtung ganz vom Schatten verschlungen, auch wenn der Himmel noch schwach beleuchtet war. Normalerweise ging zu dieser Zeit immer das Tor zu, doch auch nach fünf Minuten stand es immer noch offen.
Auch anderen war dies aufgefallen, die sich wieder beim Eingang zum Labyrinth versammelten und sich ratlose und teils verängstigte Blicke zuwarfen.
"Das ist nicht normal", hörte ich Chuck neben mir sagen.
"Ich weiß.", bestätigte ich. "Die Tore hätten längst zugehen sollen"
Thomas, Newt und die anderen stießen ebenfalls wieder zu uns. Fragend sahen wir um uns, das Labyrinth war unberechenbar, keiner wusste, was als nächstes passieren würde.
Und es geschah tatsächlich etwas, das sich niemand vorstellen konnte oder wollte.
Mit ohrenbetäubendem Lärm wurden auf den anderen drei Seiten der Steinmauer weitere Öffnungen sichtbar. Der Boden vibrierte, alle hielten den Atem an und starrten in Richtung der neuen Eingänge.
Ich schluckte. Die Lichtung war den Gefahren des Labyrinths nun wehrlos ausgesetzt, den Griewern stünde für einen Angriff nun nichts mehr im Wege.
"Ruhig bleiben, Leute!", rief Thomas, der sich anscheinend als erster wieder gefasst hatte, den umstehenden Lichtern zu. Dann drehte er sich zu unserer kleinen Gruppe und sprach leiser. "Chuck, du gehst zum Versammlungsraum.", wies er an.
"Lisa, geh mit ihm und verbarrikadiert die Tür", fügte Thomas an mich gewandt hinzu.
"Okay", sagte ich und lief Chuck nach. Ich konnte noch hören, wie Newt Winston sagte, dass er ebenfalls zum Versammlungsraum kommen sollte.
Ich war fast in der Ecke der Lichtung angekommen, als mich meine Neugier zwang stehen zu bleiben.
Ich hörte den Ruf eines Griewers, es klang wie eine Mischung aus Fauchen und Krächzen. Ich schaute nach links zum nächsten Tor. Die davor versammelten Lichter liefen so schnell davon weg, als hätten sie etwas sehr Verstörendes im Gang dahinter entdeckt. Im nächsten Moment stürmte etwas sehr Großes auf die Lichtung. Es hatte metallene Beine, wie eine Mischung aus Roboter und Spinne, einen Körper, schleimig wie der einer Schnecke, aber kräftig wie ein Raubtier und einen ebenfalls metallenen Schwanz wie ein Skorpion, aber mit Greifarmen an der Spitze.
Ein Griewer.
Etwas so Widerwärtiges und doch Angsteinflößendes hatte ich noch nie gesehen, hoffte ich zumindest, und hätte ich mir im Leben nie ausdenken können.
"Lisa! Komm Jetzt!", rief Chuck und riss mich von dem Anblick des Griewers los.
Ich rannte in den Versammlungsraum, aus den Augenwinkeln konnte ich sehen wie aus den übrigen Toren ebenfalls Griewer auf die Lichtung drängten.
Chuck und Winston legten Bretter und Kisten aus dem Inneren des Hauses bereit um damit die Tür zu verschließen, während manche der Jungs panisch in den Raum hineinliefen.
Ich konnte drei Griewer von weitem erkennen, sie krabbelten auf die hölzernen Gebäude und zerstörten einige Hütten, eines der aggressiven, biomechanischen Wesen hatte sich bereits einen Jungen mit seinem Greifarm geschnappt und schleuderte ihn wild umher.
Die Luft war erfüllt mit Menschen- und Griewerschreie, die Lage schien fast aussichtslos und diese Nacht würde einige Opfer bringen.
Immer mehr Griewer erreichten die Lichtung und hatten in meinen Augen nur ein Ziel: Die Lichtung und ihre Bewohner vernichten.
Aus der Richtung, wo gerade ein Griewer eine kleinere Holzhütte dem Erdboden gleichgemacht hat, kam Minho auf uns zugerannt. Er trug mehrere Waffen, überwiegend Speere und Messer, in den Händen und hatte Mühe diese nicht fallen zu lassen. Ihm stand die Angst förmlich ins Gesicht geschrieben, offensichtlich war er gerade nur knapp dem Angriff des Griewers entkommen.
Ich nahm ihm ein paar Waffen ab und wir legten sie, für jeden schnell erreichbar, in die Mitte des Versammlungsraumes.
Kurz danach liefen auch Thomas und Teresa mit Alby und Newt in das Haus. Ich half Winston die Tür mit den Holzbrettern zu verriegeln, da die Hütte nun voll war.
Ich wollte möglichst weit weg von der Holzseite des Hauses und stellte mich neben Minho, Thomas und Teresa auf der anderen Seite stützten den immer noch geschwächten Alby.
Aufmerksam warteten wir was passiert, doch jedem einzelnen konnte man ansehen, dass ihm nicht ganz wohl war. Aufgeregt schaute ich zwischen den Jungs hin und her und bemerkte, dass ich etwas schwitzte.
Unbewusst griff ich nach Minhos Hand, was mir ein bisschen das Gefühl von Sicherheit gab. Minho erwiderte den Händedruck, er schien dasselbe zu fühlen.
Alle, inklusive mir, die im Versammlungsraum Zuflucht gefunden hatten, hielten den Atem an. Jeden Moment könnten vielleicht hunderte von Griewern über uns herfallen.
Wir lauschten dem Lärm von draußen, doch blieben selbst ruhig.
Und plötzlich hörten wir das mechanische Geräusch eines Roboters unmittelbar hinter der Tür.
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